Heinrich                                                    Graf vom Tübingen 1078
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    -28.2.1103 (1099-1105)
 

Älterer Sohn des Grafen Anselm vom Nagoldgau und der Bertha
 

Dr. L. Schmid: Seite 38-41  1853
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"Geschichte des Pfalzgrafen von Tübingen"

Anselms älteren Sohn, Heinrich, werden wir unten neben dessen Bruder Hugo, der seinen Sitz auf dem Schlosse Graveneck hatte, im Jahr 1087 ausdrücklich im Besitz der Grafschaft der oberen Nagoldgegenden finden, während ein Graf Hugo von "Tuwingen", den wir, vorläufig gesagt, für den Sohn des älteren Hugo halten, 1092 neben den so genannten Hugo von Graveneck vorkommt.
Das schon erwähnte urkundliche Auftreten eines Grafen Heinrich des Nagoldgaues (1087) neben einem Bruder Hugo, die Angaben der Blaubeurer Chronik, zusammengehalten mit der päpstlichen Bulle (1099), setzen es außer Zweifel, dass Graf Anselm 2 Söhne, Heinrich und Hugo, hinterließ. Graf Heinrich und vor allem seine Gemahlin Adelheid ließen es sich ganz besonders angelegen sein, der Klosterstiftung ihre Vollendung zu geben. Heinrich schenkte für sich Hadenhausen (unbekannt), Berghülen, Hohenhülen, Tragenweiler, Winnenden, mit seinem Bruder Hugo Bremelau, 2 Bauernhöfe bei Asch und 2 bei Gerhausen. Der Adelheid wird insbesondere die bereits erwähnte Schenkung Anselms von Rotenacker und Heudorf zugeschrieben. Sie überbot ihren Gemahl noch an frommen Eifer, für das Kloster zu sorgen. Um der Stiftung die Krone aufzusetzen, reiste sie nach Rom, legte das von ihrem Schwiegervater "von Grund auf gestiftete" Kloster den Wünschen ihres Gemahls und Schwagers gemäß, auf den Altar des heiligen Petrus nieder, übergab es dem päpstlichen Stuhl als Eigentum, und bat um Bestätigung der Stiftung. Gerne gewährte der Heilige Vater die Bitte "seiner geliebten Tochter".
Außer der Bestätingungsurkunde brachte die fromme Adelheid von dem Sitze aller Gnaden dem Kloster verschiedene Reliquien, die sie nebst mancherlei Kostbarkeiten dem Kloster übermachte. Der Gemahl der Adelheid, Graf Heinrich, wird nun in der Stiftungsgeschichte des Klosters nicht mehr genannt, wir folgen ihm auf den Schauplatz seiner Tätigkeit als Gaugraf. Er ist das 1. Glied unseres Hauses, das als Graf von Tübingen (Tuingen) mit Bezeichnung der ursprünglichen Grafschaft der Familie auftritt.
Als ein gewisser Bobo ("vir probus generossus") im Jahr 1087 (1. August) ein Gut, gelegen bei Gunderichingen (Gündringen, Oberamts Horb), dem Kloster schenkte, wohnte der Schenkungsverhandlung, die in dem Kloster selbst vor sich ging, Graf Heinrich, "in dessen Grafschaft das genannte Gut gelegen", nebst seinem Bruder Hugo, seinem Verwandten, Graf Hermann von Sulz, und dem Schirmvogt des Klosters, Graf Adalbert von Calw an. - In gleicher Eigenschaft finden wir den Grafen Heinrich in dem nächsten Jahre (25. Januar), als Güter ebenfalls bei Gündringen, bei Scietingen (Schietingen, Oberamts Nagold), und Altheimb (Altheim, Oberamts Horb) an dasselbe Kloster geschenkt wurden.
Die meisten älteren Genealogien der Grafen von Tübingen lassen ihn im Jahre 1089 im Rheine ertrinken. Nach den Worten der päpstlichen Urkunde von 1099 lebte er um diese Zeit noch, starb aber bald darauf, da sein ihn überlebender Bruder Hugo 1103 starb. Heinrichs Gemahlin, Adelheid, die ihn um viele Jahre überlebte, schenkte nach seinem Tode an das Kloster Reichenbach 3 Huben, ohne die dazu gehörigen Gebäude zu Sindelingen (Sindlingen, Oberamts Herrenberg), und die halbe Kirche in Niefern.
 
Sönke Lorenz: Seite 305-308  1995
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"Staufer, Tübinger und andere Herrschaftsträger im Schönbuch"
in: Von Schwaben bis Jerusalem

Im Zusammenhang mit Ausgang und Erbe der HILDRIZHAUSER ist aber unbedingt auch noch an die Grafen von Tübingen zu erinnern, und zwar an die bei der Schenkung Diemars von Trifels ebenfalls als Zeugen angeführten Heinrich und Hugo, deren Namen immerhin eine verwandtschaftliche Nähe zu den HILDRIZHAUSERN vermuten lassen.
Besondere Betrachtung verdient ein nur von der älteren Handschrift - zwischen 1099 und 1105 geschrieben - des Schenkungsbuches überliefertes Rechtsgeschäft, das für St. Gregor von erheblicher Bedeutung war. Aufgrund der näheren Umstände ist der undatierte Vorgang im Jahr 1085 zu suchen, vielleicht sogar etwas früher. Es ging um eine curtis in villa Dornsteten. An dem Hof haftete das Recht, im Schwarzwald Holz zu schlagen, Fische zu fangen, Vieh zu weiden sowie aller weiteren Nutzungen teilhaftig zu werden, wie dies auch den übrigen Bewohnern der villa Dornstetten zustand. Der Vorgang tangierte auch die Rechte der für die Herrschaft und Verwaltung von Dornstetten - Reichskirchengut - zuständigen Kräfte. Und so wird man die Zeugen dieses Rechtsgeschäftes nicht bloß als zufällig anwesende Personen, sondern als maßgeblich an der Sache Beteiligte ansehen dürfen. Die Zeugen hießen (in der Reihenfolge ihrer Erwähnung): Graf Heinrich von Tübingen, Adalbert von Salzstetten, Bubo von Iflingen (Oberiflingen), Dietrich von Waldach, Rudolf von Hallwangen, Rudolf von Breitenstein, Willehart von Grüntal, Graf Hugo von Tübingen, Ogger von Vfwilare, Wolfelin von Dornstetten, Magegold von Wittlensweiler.
Die Präsenz der Brüder Heinrich I. und Hugo II. von Tübingen läßt wohl keinen Zweifel daran aufkommen, wer in Sachen Dornstetten bei solch weitreichenden Entscheidungen, wie sie die betreffende Schenkung darstellt, zu fragen war. Auf alle Fälle bietet der Vorgang einen kaum zu unterschätzenden Beleg für die Kompetenzen der Grafen von Tübingen. Denn mit Dornstetten läßt sich einer jener Orte fassen, über die der König verfügt hat.
Das Schenkungsbuch bietet weiterhin den frühesten datierten Hinweis auf die Existenz der beiden Grafen: am 22. Juli 1087 schenkte Bubo von Iflingen dem Kloster ein Gut in Gündringen an der Steinach, und zwar in Gegenwart von Abt Wilhelm von Hirsau, des Hirsauer Vogtes Graf Adalbert II. von Calw, des Grafen Heinrich von Tübingen, in cuius comitatu idem predium situm est, und dessen Bruder Hugo. In das Jahr 1088 gehört eine weitere Schenkung an das Kloster Reichenbach, die Grundbesitz in Gündringen und dem Nachbarort Schietingen betrifft, und die in Gegenwart des, wie eben deutlich wurde, zuständigen Grafen Heinrich von Tübingen stattfand. Gleichfalls in Gegenwart dieses Grafen wurde 1087 Besitz in Altheim an St. Gregor übertragen. Aber nicht bloß die genannten Orte geben sich als räumliche Bestandteile der von den TÜBINGERN verwalteten Grafschaft zu erkennen, sondern auch das Kloster Reichenbach selbst, wie dem Schenkungsbuch zu entnehmen ist.
So läßt sich mit Hilfe des Schenkungsbuches von Klosterreichenbach folglich zweifelsfrei ermitteln, wer im Nordschwarzwald und den nach Osten angrenzenden Landschaften (in früheren Quellen als Nagoldgau bezeichnet) die maßgebende Position unter dem hier begüterten Adel besaß und die zu dieser Zeit immer noch von amtsrechtlichen Vorstellungen geprägte Funktion eines Grafen innehatten: es sind die TÜBINGER. Ihnen kamen als Träger des Grafenamtes die maßgeblichen Funktionen in Verwaltung und Rechtspflege zu. Und ihnen oblag auch - wie im Fall von Dornstetten sichtbar - die Aufsicht über die in der Grafschaft befindliche Reichskirchengut.
Gleichwohl verkennt der katholische Abt Christian Tubingius von Blaubeuren (1548-1562) nicht die Stellung und Rolle der Grafen Heinrich I. und Hugo II. von Tübingen, die sich vor allem durch eine Bulle Urbans II. für Blaubeuren vom 25. Januar 1099 erschließt. Heinrichs I. Gemahlin Adelheid (von Enzburg) war nach Rom gezogen, um im Sinne der Hirsauer Reform, das neue Kloster dem heiligen Petrus zu übertragen. Mit Blick auf die Gräfin hielt die Bulle fest, dass Blaubeuren "durch den Eifer ihres Schwiegervaters von Grund auf gebaut wurde". Den Namen des Vaters von Heinrich I. und Hugo II. teilt das Schreiben Urbans II. aber nicht mit, für ihn trägt allein Tubingius die Gewähr, der den principalis inchoator et fundator Blaubeurens als Graf/Pfalzgraf Anselm namhaft macht. Als Gemahlin Anselms nennt der Chronist eine Bertha, die auch als Mutter von Heinrich I. und Hugo II. bezeichnet wird. Anselm hatte laut Tubingius mehrere Brüder: Sigiboto comes de Rugga (Ruck), Hugo I. von Tübingen und - der Chronist ist sich nicht sicher - einen Walter.
In der Bulle Urbans II. für Blaubeuren werden Heinrich I. und Hugo II. noch als lebend erwähnt. Heinrich I. starb vor 1105, an einem 28. Februar, denn laut einem Eintrag in den zwischen 1099 und 1105 erstellten Anlageteil der St. Pauler Handschrift des Schenkungsbuches von St. Gregor vermachte seine Witwe Adelheid dem Priorat an der Murg 3 Huben in Sindlingen (bei Herrenberg) und die Hälfte der Kirche in Niefern an der Enz. Die Schenkung in Sindlingen vollzog Graf Hugo II. pro anima fratris sui Heinrici comitis, und zwar auf Veranlassung von Gräfin Adelheid. Hugo II. hat folglich den zwischen 1099 und 1105 verstorbenen und anscheinend kinderlosen Bruder überlebt.
 
 
 
 

  oo Adelheid von Enzberg, Tochter des Grafen Zeisolf im Kraichgau
   x           -11.3.1122