Älterer Sohn des Grafen
Anselm vom Nagoldgau und der Bertha
Dr. L. Schmid: Seite 38-41 1853
**************
"Geschichte des Pfalzgrafen von Tübingen"
Anselms
älteren Sohn, Heinrich, werden
wir unten neben dessen Bruder
Hugo, der seinen Sitz auf dem Schlosse Graveneck hatte,
im Jahr 1087 ausdrücklich im Besitz der Grafschaft der oberen Nagoldgegenden
finden, während ein Graf Hugo von "Tuwingen", den wir, vorläufig
gesagt, für den Sohn des älteren Hugo halten, 1092 neben den
so genannten Hugo von Graveneck vorkommt.
Das schon erwähnte urkundliche Auftreten eines Grafen
Heinrich des Nagoldgaues (1087) neben einem Bruder Hugo,
die Angaben der Blaubeurer Chronik, zusammengehalten mit der päpstlichen
Bulle (1099), setzen es außer Zweifel, dass Graf
Anselm 2 Söhne, Heinrich
und Hugo,
hinterließ. Graf Heinrich und
vor allem seine Gemahlin Adelheid
ließen es sich ganz besonders angelegen sein, der Klosterstiftung
ihre Vollendung zu geben. Heinrich
schenkte für sich Hadenhausen (unbekannt), Berghülen, Hohenhülen,
Tragenweiler, Winnenden, mit seinem Bruder Hugo
Bremelau, 2 Bauernhöfe bei Asch und 2 bei Gerhausen. Der
Adelheid wird insbesondere die bereits erwähnte Schenkung
Anselms von Rotenacker und Heudorf zugeschrieben. Sie überbot ihren
Gemahl noch an frommen Eifer, für das Kloster zu sorgen. Um der Stiftung
die Krone aufzusetzen, reiste sie nach Rom, legte das von ihrem Schwiegervater
"von Grund auf gestiftete" Kloster den Wünschen ihres Gemahls und
Schwagers gemäß, auf den Altar des heiligen Petrus nieder, übergab
es dem päpstlichen Stuhl als Eigentum, und bat um Bestätigung
der Stiftung. Gerne gewährte der Heilige Vater die Bitte "seiner geliebten
Tochter".
Außer der Bestätingungsurkunde brachte die fromme Adelheid
von dem Sitze aller Gnaden dem Kloster verschiedene Reliquien, die sie
nebst mancherlei Kostbarkeiten dem Kloster übermachte. Der Gemahl
der Adelheid,
Graf Heinrich, wird nun in der Stiftungsgeschichte
des Klosters nicht mehr genannt, wir folgen ihm auf den Schauplatz seiner
Tätigkeit als Gaugraf. Er ist das 1. Glied unseres Hauses, das als
Graf von Tübingen (Tuingen) mit Bezeichnung der ursprünglichen
Grafschaft der Familie auftritt.
Als ein gewisser Bobo ("vir probus generossus") im Jahr 1087 (1. August)
ein Gut, gelegen bei Gunderichingen (Gündringen, Oberamts Horb), dem
Kloster schenkte, wohnte der Schenkungsverhandlung, die in dem Kloster
selbst vor sich ging, Graf Heinrich,
"in dessen Grafschaft das genannte Gut gelegen", nebst seinem Bruder
Hugo, seinem Verwandten, Graf Hermann von Sulz, und dem Schirmvogt
des Klosters, Graf Adalbert von Calw an. - In gleicher Eigenschaft finden
wir den Grafen Heinrich in dem nächsten
Jahre (25. Januar), als Güter ebenfalls bei Gündringen, bei Scietingen
(Schietingen, Oberamts Nagold), und Altheimb (Altheim, Oberamts Horb) an
dasselbe Kloster geschenkt wurden.
Die meisten älteren Genealogien der Grafen von Tübingen lassen
ihn im Jahre 1089 im Rheine ertrinken. Nach den Worten der päpstlichen
Urkunde von 1099 lebte er um diese Zeit noch, starb aber bald darauf, da
sein ihn überlebender Bruder Hugo
1103 starb. Heinrichs Gemahlin, Adelheid,
die ihn um viele Jahre überlebte, schenkte nach seinem Tode an das
Kloster Reichenbach 3 Huben, ohne die dazu gehörigen Gebäude
zu Sindelingen (Sindlingen, Oberamts Herrenberg), und die halbe Kirche
in Niefern.
Sönke Lorenz: Seite 305-308 1995
***********
"Staufer, Tübinger und andere Herrschaftsträger im Schönbuch"
in: Von Schwaben bis Jerusalem
Im Zusammenhang mit Ausgang und Erbe der HILDRIZHAUSER ist aber unbedingt
auch noch an die Grafen von Tübingen zu erinnern, und zwar an die
bei der Schenkung Diemars von Trifels ebenfalls als Zeugen angeführten
Heinrich und Hugo,
deren Namen immerhin eine verwandtschaftliche Nähe zu den HILDRIZHAUSERN
vermuten lassen.
Besondere Betrachtung verdient ein nur von der älteren Handschrift
- zwischen 1099 und 1105 geschrieben - des Schenkungsbuches überliefertes
Rechtsgeschäft, das für St. Gregor von erheblicher Bedeutung
war. Aufgrund der näheren Umstände ist der undatierte Vorgang
im Jahr 1085 zu suchen, vielleicht sogar etwas früher. Es ging um
eine curtis in villa Dornsteten. An dem Hof haftete das Recht, im Schwarzwald
Holz zu schlagen, Fische zu fangen, Vieh zu weiden sowie aller weiteren
Nutzungen teilhaftig zu werden, wie dies auch den übrigen Bewohnern
der villa Dornstetten zustand. Der Vorgang tangierte auch die Rechte der
für die Herrschaft und Verwaltung von Dornstetten - Reichskirchengut
- zuständigen Kräfte. Und so wird man die Zeugen dieses Rechtsgeschäftes
nicht bloß als zufällig anwesende Personen, sondern als maßgeblich
an der Sache Beteiligte ansehen dürfen. Die Zeugen hießen (in
der Reihenfolge ihrer Erwähnung): Graf Heinrich
von Tübingen, Adalbert von Salzstetten, Bubo von Iflingen
(Oberiflingen), Dietrich von Waldach, Rudolf von Hallwangen, Rudolf von
Breitenstein, Willehart von Grüntal, Graf
Hugo von Tübingen, Ogger von Vfwilare, Wolfelin von Dornstetten,
Magegold von Wittlensweiler.
Die Präsenz der Brüder Heinrich
I. und Hugo
II. von Tübingen läßt wohl keinen Zweifel daran
aufkommen, wer in Sachen Dornstetten bei solch weitreichenden Entscheidungen,
wie sie die betreffende Schenkung darstellt, zu fragen war. Auf alle Fälle
bietet der Vorgang einen kaum zu unterschätzenden Beleg für die
Kompetenzen der Grafen von Tübingen. Denn mit Dornstetten läßt
sich einer jener Orte fassen, über die der König verfügt
hat.
Das Schenkungsbuch bietet weiterhin den frühesten datierten Hinweis
auf die Existenz der beiden Grafen: am 22. Juli 1087 schenkte Bubo von
Iflingen dem Kloster ein Gut in Gündringen an der Steinach, und zwar
in Gegenwart von Abt Wilhelm von Hirsau, des Hirsauer Vogtes Graf Adalbert
II. von Calw, des Grafen Heinrich von Tübingen,
in cuius comitatu idem predium situm est, und dessen Bruder Hugo.
In das Jahr 1088 gehört eine weitere Schenkung an das Kloster Reichenbach,
die Grundbesitz in Gündringen und dem Nachbarort Schietingen betrifft,
und die in Gegenwart des, wie eben deutlich wurde, zuständigen Grafen
Heinrich von Tübingen stattfand. Gleichfalls in Gegenwart
dieses Grafen wurde 1087 Besitz in Altheim an St. Gregor übertragen.
Aber nicht bloß die genannten Orte geben sich als räumliche
Bestandteile der von den TÜBINGERN
verwalteten Grafschaft zu erkennen, sondern auch das Kloster Reichenbach
selbst, wie dem Schenkungsbuch zu entnehmen ist.
So läßt sich mit Hilfe des Schenkungsbuches von Klosterreichenbach
folglich zweifelsfrei ermitteln, wer im Nordschwarzwald und den nach Osten
angrenzenden Landschaften (in früheren Quellen als Nagoldgau bezeichnet)
die maßgebende Position unter dem hier begüterten Adel besaß
und die zu dieser Zeit immer noch von amtsrechtlichen Vorstellungen geprägte
Funktion eines Grafen innehatten: es sind die
TÜBINGER. Ihnen kamen als Träger des Grafenamtes die
maßgeblichen Funktionen in Verwaltung und Rechtspflege zu. Und ihnen
oblag auch - wie im Fall von Dornstetten sichtbar - die Aufsicht über
die in der Grafschaft befindliche Reichskirchengut.
Gleichwohl verkennt der katholische Abt Christian Tubingius von Blaubeuren
(1548-1562) nicht die Stellung und Rolle der Grafen
Heinrich I. und Hugo
II. von Tübingen, die sich vor allem durch eine Bulle Urbans
II. für Blaubeuren vom 25. Januar 1099 erschließt. Heinrichs
I. Gemahlin Adelheid
(von Enzburg) war nach Rom gezogen, um im Sinne der Hirsauer Reform,
das neue Kloster dem heiligen Petrus zu übertragen. Mit Blick auf
die Gräfin hielt die Bulle fest, dass Blaubeuren "durch den Eifer
ihres Schwiegervaters von Grund auf gebaut wurde". Den Namen des Vaters
von Heinrich I.
und Hugo
II. teilt das Schreiben Urbans II. aber nicht mit, für ihn
trägt allein Tubingius die Gewähr, der den principalis inchoator
et fundator Blaubeurens als Graf/Pfalzgraf
Anselm namhaft macht. Als Gemahlin Anselms
nennt der Chronist eine Bertha, die auch als Mutter von Heinrich
I. und Hugo
II. bezeichnet wird. Anselm
hatte laut Tubingius mehrere Brüder: Sigiboto
comes de Rugga (Ruck), Hugo
I. von Tübingen und - der Chronist ist sich nicht sicher -
einen Walter.
In der Bulle Urbans II. für Blaubeuren werden Heinrich
I. und Hugo
II. noch als lebend erwähnt. Heinrich
I. starb vor 1105, an einem 28. Februar, denn
laut einem Eintrag in den zwischen 1099 und 1105 erstellten Anlageteil
der St. Pauler Handschrift des Schenkungsbuches von St. Gregor vermachte
seine Witwe Adelheid
dem Priorat an der Murg 3 Huben in Sindlingen (bei Herrenberg) und die
Hälfte der Kirche in Niefern an der Enz. Die Schenkung in Sindlingen
vollzog Graf
Hugo II. pro anima fratris sui Heinrici
comitis, und zwar auf Veranlassung von Gräfin
Adelheid. Hugo
II. hat folglich den zwischen 1099 und 1105 verstorbenen und anscheinend
kinderlosen Bruder überlebt.
oo Adelheid von Enzberg, Tochter des Grafen Zeisolf im Kraichgau
x
-11.3.1122