Johanna von Auvergne-Boulogne               Königin von Frankreich
----------------------------------------              Prinzessin von Burgund
8.5.1326-29.9.1360
 

Erb-Tochter des Grafen Wilhelm XII. von Auvergne-Boulogne und der Margaretha von Evreux, Tochter von Graf Ludwig I.
 

Treffer Gerd: Seite 187-191
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"Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)"

    JOHANNA VON BOULOGNE - die Witwe für den Witwer
    * 1320, + 21. November 1361
 
 

Gemahlin Johanns II., des Guten (*1319; König: 1350-1364)
Heirat: 19. Februar 1350 Nanterre

Eigentlich hätte Johann, der Thronfolger, Blanche von Navarra heiraten sollen, nachdem ihm die Pest seine erste Frau Bonne geraubt hatte. Doch sein Vater, Philipp VI., hatte Blanche für so begehrenswert gehalten, daß er sie gleich selbst geheiratet hatte. Johann sucht nun eine neue Braut. Die Wahl fällt auf Johanna von Boulogne, eine Nachfahrin Ludwigs des Heiligen, die einzige Tochter Wilhelms IX., des Grafen von Boulogne und der Auvergne, und Margaretes von Evreux.
Beide sind verwitwet. Johanna war mit Philipp von Burgund, Graf von Artois verheiratet gewesen, dem sie mehrere Kinder geschenkt hatte und der 1349 [Richtig: 1346] bei der Belagerung von Aiguillon verstorben war. Johann seinerseits war - wie gesagt - mit der frommen Bonne von Luxemburg verheiratet gewesen. Bonne war die zweite Tochter Johanns des Blinden, Herzog von Luxemburg [Richtigstellung: Graf von Luxemburg. Erst Johanns Sohn, Kasier KARL IV. verlieh seinem Stiefbruder Wenzel den Herzogstitel.], König von Böhmen und Elisabeths von Böhmen gewesen, Enkelin des deutschen Kaisers HEINRICH IV. (der nach Canossa ging) [Richtigstellung: HEINRICH IV. ging im Jahre 1077 nach Canossa und kann somit nicht Bonnes Großvater gewesen sein. Bonne war die Enkelin von Kaiser HEINRICH VII. (+ 1313)] und ältere Schwester des berühmten deutschen Kaisers KARL IV. (der die Prager Universität gründete). Die Ehe war am 23. Juli 1332 in Melun geschlossen worden. Johann war vierzehn, Bonne sechzehn Jahre alt gewesen. Diese von König Philipp VI. eingefädelte Ehe hatte in fünfzehn Jahren der Dynastie VALOIS neun Kinder beschieden, darunter den nächsten König: Karl V. von Frankreich. Bonne, obgleich Mutter eiens Königs von Frankreich, sollte nie den Titel einer französischen Königin tragen. Sie starb zwei Jahre vor der Krönung ihres Mannes am 11. November 1348.
In der Geschichte der Heiraten im französischen Königshaus ist diese Hochzeit, die am 19. Februar 1350 in Nanterre in der Kapelle Saint-Genevieve gefeiert wird, durchaus ungewöhnlich: Vor den Altar tritt ein Witwer von einunddreißig Jahren, der mit zahlreicher Nachkommenschaft ausgestattet ist, um eine Witwe von dreißig Jahren zu heiraten, die Mutter mehrerer Kinder ist. Obgleich das Land von Pest, Hungersnot und Kriegen verwüstet wird, sind die Festlichkeiten munter. Der künftige König ist ein seltsamer Mensch, launenhaft, sprunghaft, der Luxus und Feiern liebt. Sechs Monate später, am 22. August 1350 stirbt Philipp VI., und Johanna wird mithin Königin von Frankreich an der Seite Johanns II., ihres Gemahls. Beide werden am 26. September 1350 zu Reims gesalbt. Johanna zieht am 17. Oktober feierlich in Paris ein.
Johann erbt ein vom steten Krieg gegen England ausgeblutetes Land. Die königliche Armee ist in Crecy vier Jahre zuvor vernichtend geschlagen worden. Eduard III. hat Calais besetzt, er kontrolliert die Regionen von Ponthieu und Boulogne. Seine Truppenstreifen durch die Normandie und die Bretagne. Seine Garnison in der Guyenne bereitet Einfälle ins Poitou vor und will sich mit seinen Kräften in der Ober-Bretagne vereinen.
Johanns Verschwendungssucht und politische Unfähigkeit beschleunigen den wirtschaftlichen Verfall Frankreichs. Große finanzielle Probleme tun sich auf, zwingen zu einer Abwertung des Geldes.
In Geldnot ist der französische König gezwungen, die Generalstände einzuberufen. Die Vertreter der drei Stände erklären sich am 8. Februar 1351"bereit, mit dem König zu leben und zu sterben und Leben und Gut in seinen Dienst zu stellen". Unter ihnen ist der Provost der Pariser Kaufleute, Etienne Marcel. Die Generalstände beschließen, Abgaben zu erheben auf Waren, Klöster und die reichen Vasallen. Das reicht, um eine Armee von 30.000 Mann zu unterhalten, ist aber insgesamt ein eher bescheidenes Zugeständnis.
Am 30. April 1351 begibt sich die Familie auf eine lange Reise durch ihr Königreich. Besonders ausgezeichnet wird Burgund. Johann ist der Provinz doppelt verbunden, einmal durch seine Mutter Johanna, zum anderen durch seine Ehefrau, deren Sohn aus erster Ehe - Philippe de Rouvre, ein fünfjähriger Bub - den stolzen Titel eines Herzogs von Burgund trägt. Johann ist Verwalter dieses Herzogtums anstelle seines kleinen Stiefsohns.
Im Februar 1352 gibt es ein neues Fest. Der König verheiratet seine Tochter Johanna mit Karl dem Schlechten, dem König von Navarra (der übrigens Bruder der letzten Königin, Blanche von Navarra, ist). Zwischen den beiden Souveränen wird es fortan zu einem zunächst verdeckt-hinterlistigen, dann offenen Kampf kommen, bei dem sich Mordanschläge und Massaker abwechseln.
Die innere Lage Frankreichs ist katastrophal. Die Engländer können sie als schadenfrohe Dritte ausnützen. 1355 führt Eduards III. Sohn, der erühmte "Schwarze Prinz", eine Armee durch das Languedoc und die Gascogne.
Der Hof lebt dennoch in unbekümmerter Fröhlichkeit, und wenn auch der Thronerbe Karl nicht sehr fügsam ist, so überträgt ihm der König doch das Herzogtum Normandie. Aber England läßt nicht zu, daß der "gute" König sein Reich genießt. Trotz der von den Generalständen bewilligten Truppen wird Johann am 19. September 1356 in Maupertuis bei Poitiers geschlagen. Der Engländer hat Zeit genug, den Schlachtenort zu wählen. König Johann verfügt überdies nicht über die geballte Macht seiner Truppen. Einen Teil hat er in der Normandie einsetzen müssen, um jenen des Herzogs von Lancaster Paroli zu bieten. Johann begeht nun den gleichen entscheidenden Fehler wie sein Vater bei der Schlacht von Ctrecy. Er entscheidet sich zu frontalen Massenattacken gegen die englischen Stellungen. Mehrere Anläufe blieben wirkungslos. Ein Regen von Pfeilen stoppt die Stürmenden, und die wenigen, die die englischen Gräben erreichen, werden vom überlegenen Feind schlicht in Stücke gehauen. Prinz Eduard ist ein geschickter Taktiker. Sobald der Wehrbann Johanns erschöpft ist, läßt er seine Truppen los, und Frankreich wird vernichtend geschlagen. Der Schwarze Prinz nimmt ihn gefangen und nachLondon mit.
Ein König in der Hand seines Feindes. Das haben andere Königreiche bereits erlebt, England etwa mit Richard Löwenherz, das wird Frankreich wieder erfahren (mit Franz I. im Turm von Madrid). Dennoch ist es eine verzweifelte Lage. Wenn der König gefangen ist, bedarf es eiens Stellvertreters, der in seinem Namen herrscht. Wird die Regentschaft der Königin übergeben? Keineswegs. Johann hat einen Sohn aus erster Ehe: Karl ist achtzehn, aber durchaus ein Mann. Ihm wird die Sorge um das Reich übertragen. Johanna fühlt sich übergangen, überflüssig, selbst in Gefahr. Sie zieht sich nach Burgund zurück. Dort trägt man ihr recht kuriose Neuigkeiten zu. Man berichtet: ihr Mann führe in England ein recht fröhliches Leben und bekümmere sich nicht um den desolaten Zustnd seines Reiches. Frankreich aber, so erfährt sie, ist dem fremden Herren keinesfalls wohlgesonnen. Wenn die königliche - die offizielle - Armee geschlagen wurde, so wird es nun eine inoffizielle geben. Denoch muß sich die Königin die Frage stellen: Ist nicht der Thronfolger-Regent gezwungen, den Generalständen bedeutende Zugeständnisse zu machen, während Karl der Schlechte aus seinem Navarra herbeieilt, um in Paris Intrigen der Opposition anzufachen, die von dem Provost der Kaufleute, Etienne Marcel, geführt wird?
Überall im Königreich tun sich Banden zusammen, greifen englische Stellungen an, schaffen ein Klima der Unsicherheit, führen - so würde man heute sagen -  einen Guerillakrieg. In der Bretagne erfährt er eine besondere Prägung. Der Herzogsthron ist vakant, und es gibt zwei Prätendenten, MONTFORT, der zu den Engländern hält, und Charles de Blois, einen Anhänger der Lilien udn nahen Verwandten des Königs. Die Welt blickt auf dieses Duell, von dem Untergang der Wiedererstarken Frankreichs abhängen. Hier schon macht ein wackerer Krieger, Bertrand du Guesclin, auf sich aufmerksam. Er macht den Männern MONTFORTS das Leben schwer. Er allein ist eine ganze Armee wert. Am 31. Juli 1358 wird Etienne Marcel von einem Parteigänger des Thronfolgers ermordet. Im Januar 1359 unterzeichnet Johann II. ein Dokument, das seine Freiheit bewirken soll. Er übergibt England die Hälfte seines Reiches zuzüglich vier Millionen Deniers. Die Generalständ esind enzsetzt. Sie beschließen, daß dieser Vertrag "weder annehmbar, noch machbar (sei) und befehlen dieserhalb, den Engländern einen guten Krieg zu machen". In Paris brechen Aufstände aus. Zur gleichen Zeit treiben Hungersnot und Elend die Bauern in die Picardie, der Champagne und der Ile de Farnce zur revolte: die große Jacquerie. Der junge Regent schlägt sie erbarmungslos nieder.
Jenseits des Kanals nimmt 1359 Eduard III. derweil den Titel eines Königs von Frankreich an, er läßt Münzen mit seinem Bild schlagen und landet auf dem Kontinent, um sich in Reims krönen zu lassen. Er ist aber so unpoplär, daß er umkehren muß.
Johanna hat man geschildert, ihr Gemahl gebe sich einer fröhlichen Gefangenschaft hin. Andere beschreiben ihn als krank, geschwächt, von bitterer Gefangenschaft gezeichnet, als einen Mann, der sich von allen verlassen fühlt, der nicht weiß, daß sein Land keineswegs auf den Kampf vezichtet hat. Historiker (jener Zeit) neigen zu gefälliger Geschichtsschreibung, auf den Sieg ihrer jeweiligen Partei hoffend. In diesem Fall werden sie enttäuscht. Es gibr keinen klaren Sieger, keine eindeutigen Verlierer. Wie auch immer: 1360 wird schließlich der Vertrag von Bretigny unterzeichnet. Er beendet Johanns Gefangenschaft gegen ein Lösegeld von drei Millionen Goldecus und die Herrschaft Englands in Aquitanien. Erst 1362 wird Johann in seine Hauptstadt zurückkehren.
Johanna wird ihren Mann nicht wiedersehen. Sie stirbt am 21. November 1361 und wird feierlich in Saint-Denis begraben.
Der heimkehrende König ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Körperlich geschwächt, seelisch vernichtet durch den Frieden von Bretigny, den er sich zum Vorwurf macht. Seinen Sohn hat Karl als Geisel nach England entsandt. Der aber geht die Dinge ganz anders an und flieht 1364. Johann, der sich durch ritterlichen Eid gebunden fühlt, kehrt daraufhin in englische Gefangenschaft zurück. Der König von Frankreich stirbt am 8. April 1364 in London.


Johanna war die Erbin von Auvergne und Boulogne.

Calmette, Joseph: Seite 31
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"Die großen Herzöge von Burgund"

Zum Beispiel besaß der Herzog die beiden Grafschaften Boulogne und Auvergne. Sie waren von seiner Mutter Johanna von Boulogne, der Tochter Wilhelms XII. von Auvergne, auf ihn gekommen. Johanna, die König Johann den Guten als Witwer zurückließ, hatte als nächsten Verwandten ihren Onkel Johann von Boulogne, den richtigen Bruder ihres Vaters, wie es die Stammtafel KAPETINGER und VALOIS zeigt.
 
 
 

  26.9.1338
  1. oo Philipp Erb-Prinz von Burgund
        10.11.1323-22.9.1346

  9.2.1350
  2. oo 2. Johann II. der Gute König von Frankreich
              26.4.1319-8.4.1364
 
 
 
 

Kinder:
1. Ehe

Philipp von Rouvres Herzog von Burgund
1344-21.11.1361
 
 
 
 

Literatur:
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Calmette, Joseph: Die großen Herzöge von Burgund. Eugen Diederichs Verlag München 1996 Seite 31 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 267,269 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 187-191 -
 
 
 
 
 
 
 


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