Erb-Tochter des Grafen Wilhelm XII. von Auvergne-Boulogne
und
der Margaretha von Evreux, Tochter
von Graf Ludwig I.
 
Treffer Gerd: Seite 187-191
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"Die französischen Königinnen. Von Bertrada
bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)"
    JOHANNA VON
BOULOGNE - die Witwe für den Witwer
    *
1320, + 21. November 1361
 
 
Gemahlin Johanns II., des Guten
(*1319; König: 1350-1364)
Heirat: 19. Februar 1350 Nanterre
Eigentlich hätte
Johann,
der Thronfolger, Blanche
von Navarra heiraten sollen, nachdem
ihm die Pest seine erste Frau Bonne
geraubt hatte. Doch sein Vater, Philipp
VI., hatte Blanche
für so begehrenswert gehalten, daß er sie gleich selbst geheiratet
hatte. Johann
sucht nun eine neue Braut. Die Wahl fällt auf
Johanna von Boulogne, eine Nachfahrin
Ludwigs
des Heiligen, die einzige Tochter Wilhelms
IX., des Grafen von Boulogne und der Auvergne, und Margaretes
von Evreux.
Beide sind verwitwet. Johanna
war mit Philipp von Burgund, Graf
von Artois verheiratet gewesen, dem sie mehrere Kinder geschenkt
hatte und der 1349 [Richtig: 1346] bei der Belagerung von Aiguillon
verstorben war.
Johann seinerseits
war - wie gesagt - mit der frommen Bonne von Luxemburg
verheiratet gewesen. Bonne war die
zweite Tochter Johanns des Blinden,
Herzog
von Luxemburg [Richtigstellung:
Graf
von Luxemburg. Erst Johanns Sohn,
Kasier
KARL IV. verlieh seinem Stiefbruder Wenzel
den Herzogstitel.], König
von Böhmen und Elisabeths von
Böhmen gewesen, Enkelin des deutschen Kaisers
HEINRICH IV. (der nach Canossa ging) [Richtigstellung: HEINRICH
IV. ging im Jahre 1077 nach Canossa und kann somit nicht Bonnes
Großvater gewesen sein. Bonne war
die Enkelin von Kaiser HEINRICH VII. (+ 1313)]
und
ältere Schwester des berühmten deutschen Kaisers
KARL IV. (der die Prager Universität gründete). Die
Ehe war am 23. Juli 1332 in Melun geschlossen worden. Johann
war
vierzehn, Bonne sechzehn Jahre alt
gewesen. Diese von König Philipp VI.
eingefädelte Ehe hatte in fünfzehn Jahren der
Dynastie VALOIS neun Kinder beschieden, darunter den nächsten
König: Karl
V. von Frankreich.
Bonne,
obgleich Mutter eiens Königs von Frankreich, sollte nie den Titel
einer französischen Königin tragen. Sie starb zwei Jahre vor
der Krönung ihres Mannes am 11. November 1348.
In der Geschichte der Heiraten im französischen
Königshaus ist diese Hochzeit, die am 19. Februar 1350 in Nanterre
in der Kapelle Saint-Genevieve gefeiert wird, durchaus ungewöhnlich:
Vor den Altar tritt ein Witwer von einunddreißig Jahren, der mit
zahlreicher Nachkommenschaft ausgestattet ist, um eine Witwe von dreißig
Jahren zu heiraten, die Mutter mehrerer Kinder ist. Obgleich das Land von
Pest, Hungersnot und Kriegen verwüstet wird, sind die Festlichkeiten
munter. Der künftige König ist ein seltsamer Mensch, launenhaft,
sprunghaft, der Luxus und Feiern liebt. Sechs Monate später, am 22.
August 1350 stirbt Philipp VI., und
Johanna wird mithin Königin von Frankreich an der
Seite Johanns II., ihres Gemahls. Beide
werden am 26. September 1350 zu Reims gesalbt. Johanna
zieht
am 17. Oktober feierlich in Paris ein.
Johann erbt ein vom
steten Krieg gegen England ausgeblutetes Land. Die königliche Armee
ist in Crecy vier Jahre zuvor vernichtend geschlagen worden. Eduard
III. hat Calais besetzt, er kontrolliert die Regionen von Ponthieu
und Boulogne. Seine Truppenstreifen durch die Normandie und die Bretagne.
Seine Garnison in der Guyenne bereitet Einfälle ins Poitou vor und
will sich mit seinen Kräften in der Ober-Bretagne vereinen.
Johanns Verschwendungssucht
und politische Unfähigkeit beschleunigen den wirtschaftlichen Verfall
Frankreichs. Große finanzielle Probleme tun sich auf, zwingen zu
einer Abwertung des Geldes.
In Geldnot ist der französische König gezwungen,
die Generalstände einzuberufen. Die Vertreter der drei Stände
erklären sich am 8. Februar 1351"bereit, mit dem König zu leben
und zu sterben und Leben und Gut in seinen Dienst zu stellen". Unter ihnen
ist der Provost der Pariser Kaufleute, Etienne Marcel. Die Generalstände
beschließen, Abgaben zu erheben auf Waren, Klöster und die reichen
Vasallen. Das reicht, um eine Armee von 30.000 Mann zu unterhalten, ist
aber insgesamt ein eher bescheidenes Zugeständnis.
Am 30. April 1351 begibt sich die Familie auf eine lange
Reise durch ihr Königreich. Besonders ausgezeichnet wird Burgund.
Johann
ist der Provinz doppelt verbunden, einmal durch seine Mutter Johanna,
zum anderen durch seine Ehefrau, deren Sohn aus erster Ehe - Philippe
de Rouvre, ein fünfjähriger Bub - den stolzen Titel
eines Herzogs von Burgund trägt. Johann
ist Verwalter dieses Herzogtums anstelle seines kleinen Stiefsohns.
Im Februar 1352 gibt es ein neues Fest. Der König
verheiratet seine Tochter Johanna mit
Karl
dem Schlechten, dem König von Navarra (der übrigens
Bruder der letzten Königin, Blanche von Navarra,
ist). Zwischen den beiden Souveränen wird es fortan zu einem zunächst
verdeckt-hinterlistigen, dann offenen Kampf kommen, bei dem sich Mordanschläge
und Massaker abwechseln.
Die innere Lage Frankreichs ist katastrophal. Die Engländer
können sie als schadenfrohe Dritte ausnützen. 1355 führt
Eduards
III. Sohn, der erühmte "Schwarze
Prinz", eine Armee durch das Languedoc und die Gascogne.
Der Hof lebt dennoch in unbekümmerter Fröhlichkeit,
und wenn auch der Thronerbe Karl nicht
sehr fügsam ist, so überträgt ihm der König doch das
Herzogtum Normandie. Aber England läßt nicht zu, daß der
"gute" König sein Reich genießt. Trotz der von den Generalständen
bewilligten Truppen wird Johann am
19. September 1356 in Maupertuis bei Poitiers geschlagen. Der Engländer
hat Zeit genug, den Schlachtenort zu wählen. König
Johann verfügt überdies nicht über die geballte
Macht seiner Truppen. Einen Teil hat er in der Normandie einsetzen müssen,
um jenen des Herzogs von Lancaster Paroli zu bieten. Johann
begeht nun den gleichen entscheidenden Fehler wie sein Vater bei der Schlacht
von Ctrecy. Er entscheidet sich zu frontalen Massenattacken gegen die englischen
Stellungen. Mehrere Anläufe blieben wirkungslos. Ein Regen von Pfeilen
stoppt die Stürmenden, und die wenigen, die die englischen Gräben
erreichen, werden vom überlegenen Feind schlicht in Stücke gehauen.
Prinz
Eduard ist ein geschickter Taktiker. Sobald der Wehrbann
Johanns erschöpft ist, läßt er seine Truppen
los, und Frankreich wird vernichtend geschlagen. Der Schwarze
Prinz nimmt ihn gefangen und nachLondon mit.
Ein König in der Hand seines Feindes. Das haben
andere Königreiche bereits erlebt, England etwa mit Richard
Löwenherz, das wird Frankreich wieder erfahren (mit
Franz I. im Turm von Madrid). Dennoch ist es eine verzweifelte
Lage. Wenn der König gefangen ist, bedarf es eiens Stellvertreters,
der in seinem Namen herrscht. Wird die Regentschaft der Königin übergeben?
Keineswegs. Johann hat einen Sohn aus
erster Ehe: Karl ist achtzehn, aber
durchaus ein Mann. Ihm wird die Sorge um das Reich übertragen. Johanna
fühlt sich übergangen, überflüssig, selbst in Gefahr.
Sie zieht sich nach Burgund zurück. Dort trägt man ihr recht
kuriose Neuigkeiten zu. Man berichtet: ihr Mann führe in England ein
recht fröhliches Leben und bekümmere sich nicht um den desolaten
Zustnd seines Reiches. Frankreich aber, so erfährt sie, ist dem fremden
Herren keinesfalls wohlgesonnen. Wenn die königliche - die offizielle
- Armee geschlagen wurde, so wird es nun eine inoffizielle geben. Denoch
muß sich die Königin die Frage stellen: Ist nicht der Thronfolger-Regent
gezwungen, den Generalständen bedeutende Zugeständnisse zu machen,
während Karl der Schlechte aus
seinem Navarra herbeieilt, um in Paris Intrigen der Opposition anzufachen,
die von dem Provost der Kaufleute, Etienne Marcel, geführt wird?
Überall im Königreich tun sich Banden zusammen,
greifen englische Stellungen an, schaffen ein Klima der Unsicherheit, führen
- so würde man heute sagen -  einen Guerillakrieg. In der Bretagne
erfährt er eine besondere Prägung. Der Herzogsthron ist vakant,
und es gibt zwei Prätendenten, MONTFORT,
der zu den Engländern hält, und Charles de Blois, einen Anhänger
der Lilien udn nahen Verwandten des Königs. Die Welt blickt auf dieses
Duell, von dem Untergang der Wiedererstarken Frankreichs abhängen.
Hier schon macht ein wackerer Krieger, Bertrand du Guesclin, auf sich aufmerksam.
Er macht den Männern MONTFORTS
das Leben schwer. Er allein ist eine ganze Armee wert. Am 31. Juli 1358
wird Etienne Marcel von einem Parteigänger des Thronfolgers ermordet.
Im Januar 1359 unterzeichnet Johann II. ein
Dokument, das seine Freiheit bewirken soll. Er übergibt England die
Hälfte seines Reiches zuzüglich vier Millionen Deniers. Die Generalständ
esind enzsetzt. Sie beschließen, daß dieser Vertrag "weder
annehmbar, noch machbar (sei) und befehlen dieserhalb, den Engländern
einen guten Krieg zu machen". In Paris brechen Aufstände aus. Zur
gleichen Zeit treiben Hungersnot und Elend die Bauern in die Picardie,
der Champagne und der Ile de Farnce zur revolte: die große Jacquerie.
Der junge Regent schlägt sie erbarmungslos nieder.
Jenseits des Kanals nimmt 1359 Eduard
III. derweil den Titel eines Königs von Frankreich an,
er läßt Münzen mit seinem Bild schlagen und landet auf
dem Kontinent, um sich in Reims krönen zu lassen. Er ist aber so unpoplär,
daß er umkehren muß.
Johanna hat man geschildert,
ihr Gemahl gebe sich einer fröhlichen Gefangenschaft hin. Andere beschreiben
ihn als krank, geschwächt, von bitterer Gefangenschaft gezeichnet,
als einen Mann, der sich von allen verlassen fühlt, der nicht weiß,
daß sein Land keineswegs auf den Kampf vezichtet hat. Historiker
(jener Zeit) neigen zu gefälliger Geschichtsschreibung, auf den Sieg
ihrer jeweiligen Partei hoffend. In diesem Fall werden sie enttäuscht.
Es gibr keinen klaren Sieger, keine eindeutigen Verlierer. Wie auch immer:
1360 wird schließlich der Vertrag von Bretigny unterzeichnet. Er
beendet Johanns Gefangenschaft gegen
ein Lösegeld von drei Millionen Goldecus und die Herrschaft Englands
in Aquitanien. Erst 1362 wird Johann
in seine Hauptstadt zurückkehren.
Johanna wird ihren
Mann nicht wiedersehen. Sie stirbt am 21. November 1361 und wird
feierlich in Saint-Denis begraben.
Der heimkehrende König ist nur noch ein Schatten
seiner selbst. Körperlich geschwächt, seelisch vernichtet durch
den Frieden von Bretigny, den er sich zum Vorwurf macht. Seinen Sohn hat
Karl
als Geisel nach England entsandt. Der aber geht die Dinge ganz anders an
und flieht 1364. Johann, der sich durch
ritterlichen Eid gebunden fühlt, kehrt daraufhin in englische Gefangenschaft
zurück. Der König von Frankreich stirbt am 8. April 1364 in London.
Calmette, Joseph: Seite 31
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"Die großen Herzöge von Burgund"
Zum Beispiel besaß der Herzog die beiden Grafschaften
Boulogne und Auvergne. Sie waren von seiner Mutter
Johanna von Boulogne, der Tochter Wilhelms XII. von Auvergne,
auf ihn gekommen. Johanna, die König
Johann den Guten als Witwer zurückließ, hatte als
nächsten Verwandten ihren Onkel Johann von Boulogne, den richtigen
Bruder ihres Vaters, wie es die Stammtafel KAPETINGER
und VALOIS zeigt.
 
 
 
  26.9.1338
  1. oo Philipp Erb-Prinz von Burgund
        10.11.1323-22.9.1346
  9.2.1350
  2. oo 2. Johann II. der Gute König von Frankreich
             
26.4.1319-8.4.1364
 
 
 
 
Kinder:
1. Ehe
Philipp von Rouvres Herzog von Burgund
1344-21.11.1361
 
 
 
 
Literatur:
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Calmette, Joseph: Die großen Herzöge
von Burgund. Eugen Diederichs Verlag München 1996 Seite 31 - Ehlers
Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die
französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII.
888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 267,269 - Treffer
Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette
(8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 187-191
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