TOWER
Lexikon des Mittelalters:
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Tower
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1. Donjon (oder Keep)
ein befestigter Wohnturm, der Wehr-, Wohn-, Repräsentations- und
Wirtschaftsfunktionen vereint und besonders in der Frühzeit die
dauernd bewohnte Residenz des Burgherrn war. Dieser bewohnbare,
mächtige Donjon
entwickelte sich wohl eher aus der einfachen Turmburg (Burg) als aus
der Turmhügelburg normannischer Prägung (Motte), in
Frankreich (Langeais und Montbazon wohl noch 11. Jh., Montrichard
1109-1130, Loches um 1100, Arques bei Dieppe und Beaugency) und nach
der Invasion Wilhelms des Eroberer 1066
auch in England (London 1070, Colchester 1078, Canterbury 1080, Essex 1090).
Auch im Normannen-Reich
Süd-Italiens findet sich der Donjon
(Aderno/Sizilien um 1080, Paterno/Sizilien um 1100, La Zisa und La Cuba
in Palermo 3. Viertel 12. Jh., Lucera, Termoli, Bari, Cephaludi), aber
auch auf zahlreichen deutschen Pfalzen und Burgen (Xanten, Siegburg
10./11. Jh.), unter französischem Einfluß häufiger seit
dem späteren 12. Jh.
In Spanien spielen die Donjons
als Lehnstürme bei der Auseinandersetzung der christlichen
Königreiche eine wichtige Rolle, ähnlich im
ostmitteleuropäischem Raum (Rabý bei Schottenhofen/CSSR um
1300, Primda/Böhmen, CSSR 12. Jh.). In seiner
Verteidigungsfunktion entspricht der Donjon
dem Bergfried, wegen der Wohnnutzung ist er aber größer im
Grundriß und teilweise mehrräumig.
Seit dem 11. Jh. sind es meist mächtige rechteckige Türme mit
dicken Mauern, in die Wehrnischen, Wehrgänge und Treppensysteme
sowie Wandräume, Kammern und Fallschächte eingefügt sind
(Gravensteen in Gent um 1180, Hedingham/Essex, England 1. Hälfte
12. Jh., Provins/Seine-et-Marne, Frankreich, Arques bei Dieppe,
Rochester Castle 1126/39, Richmond/Yorkshire 2. Hälfte 12. Jh.,
Dover Castle 2. Hälfte 12. Jh., Largoeten-Elven/Bretagne 14. Jh.).
Dann wird ein Treppenturm (Hedingham/Essex, England 1. Hälfte 12.
Jh., Eltville/Rhein 14. Jh.) oder ein kleinerer Raum angebaut
(Rochester Castle/England 1126/39, Loches/Indre-et-Loire um 1010,
Schlössel bei Klingenmünster/Pfalz Ende 11. Jh.). Die
Außenmauern werden durch Lisenen oder halbrunde Vorlagen
gegliedert (Loches/Indre-et-Loire um 1100, Houdan bei Yvelines Anfang
12. Jh., Montbazon/Indre-et-Loire Mitte 12. Jh., Richmond/Yorkshire 2.
Hälfte 12. Jh., Beaugency/Loire 13. Jh.). Schließlich werden
die Ecken und die Mittelachsen risalitartig betont (Rochester
Castle/England 1126/39, Hedingham/Essex 1. Hälfte 12. Jh.,
Montrichard/Anjou um 1130, Kenilworth/Warwickshire 12. Jh., Dover
Castle/England 2. Hälfte 12. Jh., Bamburgh/Northumberland 13.
Jh.). Im Innern wird der Bau durch eine Längsmauer zweigeteilt
(Dover Castle 2. Hälfte 12. Jh., Rochester Castle 1126-39, Tower
in London um 1080, Aderno/Sizilien um 1080, Arques bei Dieppe,
Nideggen/Eifel 2. Hälfte 12. Jh., Paterno/Sizilien um 1100,
Bamburgh/Northumberland 13. Jh.) und durch Zu- oder Einbau einer
Kapelle (Burgkapelle) bereichert (White Tower in London um 1080,
Nideggen/Eifel 2. Hälfte 12. Jh., Dover Castle 2. Hälfte 12.
Jh.). Im Untergeschoß, das nur vom ersten Obergeschoß
zugänglich ist, befinden sich Lagerräume. Über dem
hochgelegenen Eingang erreicht man durch einen Wachraum, häufig im
Anbau, das erste Obergeschoß mit dem großen beheizten Saal.
Im zweiten Obergeschoß liegen ebenfalls Säle und die
Kapelle, im dritten Obergeschoß sind Schlafräume,
darüber die Wehrplatte. Seit der Mitte des 11. Jh. entstehen runde
Donjons (Sachsenstein bei
Bad Sachsa/Süd-Harz 1073, Lohra/Sachsen vor 1116, Falkenburg im
Kyffhäuser um 1100, Hamburg 11. Jh., Steinenschloß bei
Pirmasens/Pfalz 1. Hälfte 12. Jh., Neuenburg an der Unstrut vor
1150, Anhalt im Selketal/Harz vor 1140, Lillebonne/Seine-Maritime
1205-1211, Coucy-le-Château/Aisne um 1230, Tour de Constance in
Aigues-Mortes Ende 13. Jh.), daneben auch Sonderformen wie sechseckige
(Raglan Castle/Wales 1430/45), achteckige (Provins/Champagne Mitte 12.
Jh., Odiham Castle 13. Jh., Largoet-en-Elven/Bretagne 14. Jh.),
zwölfeckige (Oxford 1170); Donjons,
als Vierpaß (D'Etampes/Seine-et-Oise Ende 12. Jh., Clifford's
Tower/York, Pontetract Castle) oder rund mit Spitze
(Roche-Guyon/Vexin-Seine Mitte 12. Jh.,
Château-Gaillard/Normandie 1197/98). Auch werden rechteckige
Bauten errichtet mit zwei halbrunden Anbauten, in mehreren Geschossen
(mit Kaminen), die über eine Wendeltreppe zugänglich sind
(Kasselburg bei Gerolstein/Eifel 14. Jh.), oder viereckige Bauten mit
runden Ecktürmen (Ravensteyn bei Heenvliet 13. Jh., Vincennes bei
Paris um 1360, Anjony/Auvergne 1434/39, Nunney Castle/Dorset). Der
Umfang beträgt durchschnittlich 15 × 15 m bis 15 × 25
m bei 30 m Höhe, der Durchmesser der Rundtürme beträgt
zumeist etwa 13-20 m. Vom Bergfried und Donjon
ist der Geschlechterturm in den Städten beeinflußt.
2. London