NORTHUMBERLAND
Lexikon des Mittelalters:
********************
Northumberland, Earldom und Grafschaft
----------------------------------------------------
Entwickelte sich allmählich aus dem nördlichen Teil
(Bernicia) des alten Königreiches von Northumbria und
umfaßte das Gebiet zwischen den Flüssen Tweed (im Norden)
und Tees (im Süden) sowie das Gebiet östlich der Pennine
Chain.
Im späten 11. Jh. und frühen 12. Jh. wurde
der Kirchenbesitz von Durham
(»St. Cuthbert's Land«)
von Northumberland
losgelöst und bildete vielleicht die 'Pfalzgrafschaft' (county palatine) von Durham. Nun
bestand Northumberland
weitgehend aus dem Land nördlich der Flüsse Derwent und Tyne.
Doch auch in diesem verkleinerten Territorium gab es Bezirke
(»Liberties«), die von der direkten königlichen
Kontrolle durch sheriffs
befreit waren, so gehörte zum Beispiel Hexhamshire (Hexham) den
Erzbischöfen von York, Tynedale den Königen von Schottland
und Redesdale der Familie von
UMFRAVILLE. Nach der
normannischen
Eroberung übertrugen die englischen Könige Northumberland
verschiedenen Earls, bei denen es
sich meistens um weltliche Magnaten
altenglischer Herkunft handelte, doch gehörten auch die vom
Kontinent stammenden Robert de
Commines und Robert de
Montbrai
(Mowbray) sowie Walcher,
Bischof von Durham,
zu ihnen.
1095-1139 unterstand Northumberland
direkt der englischen Krone, doch nach dem zweiten Vertrag von Durham
zwischen Stephan
von Blois und David I. wurde es Heinrich (†
1152), dem Erben des schottischen Thrones,
übertragen. Die schottischen Könige behielten Northumberland
bis 1157, als der englische
König Heinrich II.
es wieder in Besitz nahm.
Der ehrgeizige Bischof von Durham,
Hugh du Puiset, hatte das Earldom (1189-1194) unter Richard I.
inne und fügte 1189 durch Kauf den südlichsten Teil von Northumberland,
den wapentake of Sadberge, zu
den bischöflichen Ländereien. Seit ca. 1200 war Northumberland
kein Earldom mehr, sondern
entwickelte sich zu einer Grafschaft (county).
Es gab nur einen sheriff, der
sich auf die
königlichen Burgen von Newcastle upon Tyne und Bamburgh
stützte. Ihm unterstanden zwei coroners
für die Gebiete nördlich bzw. südlich des Flusses
Coquet. Obwohl Northumberland
mit seinen »Liberties«
flächenmäßig eine
der größten englischen Grafschaften bildete, blieb es immer
eine der ärmsten. Nur Newcastle upon Tyne war hinsichtlich seines
Wohlstandes und seiner Größe vergleichbar mit Städten
im südlichen England.
Die langen
kriegerischen
Auseinandersetzungen zwischen England und Schottland (1296-1357) hatten
weitreichende Folgen für Northumberland. Die
Ämter des warden der
östlichen Mark (East March)
und des warden der Mittleren Mark (Middle
March) wurden seit ca. 1333 bedeutender als das ältere Amt
des sheriffs. Die Familie der PERCY
erwarb unter der
Hand die Herrschaft der DE
VESCI
in Alnwick mit ihrer
Burg. Da
die PERCIES
ständig das Amt eines warden
der Mark innehatten, besaßen sie faktisch die Vorherrschaft in Northumberland,
die 1377 durch die Übertragung des Earldom of Northumberland
anerkannt wurde. Seit dieser Zeit war das Earldom eher ein Ehrentitel
für den bedeutendsten Vertreter des englischen Adels als ein
Provinz-Earldom alter
Prägung. Die
PERCIES besaßen
das Earldom
bis 1670. 1388 verlor Harry
»Hotspur« ('Heißsporn'), der Erbe des
ersten
Earl of Northumberland,
die Schlacht von
Otterburn gegen die Schotten und wurde
gefangengenommen. Während Northumberland
im 12. Jh. über nur wenige Burgen verfügte, nahm ihre
Zahl seit dem 14. Jh. erheblich zu. Neben den großen Burgen
(unter anderem Bamburgh, Warkworth, Prudhoe und Newcastle) entstanden
nun viele Burgen mittlerer Größe (zum Beispiel Harbottle,
Mitford, Bothal, Aydon), sogar kleine Grundbesitzer und Pächter
errichteten befestigte Wohntürme (bastles, peels).
G.W.S. Barrow