Begraben: Kloster Susteren
Illegitimer Sohn des Kaisers
ARNULF VON KÄRNTEN von der Konkubine
Ellinrat
Lexikon des Mittelalters: Band IX Spalte 726
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Zwentibold, König von Lotharingien 895-900
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* ca. 871, + 13. August 900 gefallen
im Maasgau
Begraben: Kloster Susteren
Illegitimer Sohn Kaiser ARNULFS und einer unbekannten Konkubine
oo Oda (LIUDOLFINGERIN), Tochter Ottos des Erlauchten
Der in der karolingischen Familie einmalige Name stammt vom Taufpaten Svatopluk, Fürst des Großmährischen Reiches. Vom Vater wurde Zwentibold (mit seinem ebenfalls illegitimen Halbbruder Ratold) zunächst für die Nachfolge im Reich vorgesehen (Mai 889 Hoftag in Forchheim) und mit militärischen Kommandos in Oberitalien (893) und Burgund (894) betraut. Nachdem ARNULF 893 ein legitimer Sohn, Ludwig IV., geboren worden war, setzte er gegen anfängliche adlige Widerstände (894) auf einem Wormser Hoftag im Mai 895 die Königswahl seines Erstgeborenen Zwentibold in Lotharingien durch; Hoffnungen auf die Einbeziehung Burgunds (Annales Fukdenses 895: König "in Burgundia et omni Hlotharico regno") erfüllten sich nicht. Zwentibolds selbständige Herrschaft, getragen von einer eigenen Hofkapelle unter Erzbischof Hermann I. von Köln und einer neugebildeten Kanzlei unter Erzbischof Radbod von Trier, suchte in Aufnahme der Traditionen des 869 untergegangenen lotharingischen Mittelreichs (Annales Vedastini 895: "regnum quondam Hlotharii") die Integration des dortigen Grafenadels in ein karolingisches Königtum zu befestigen. Anfängliche Erfolge 895/96 wichen dem Verlust politischer Konsensfähigkeit. Zwentibolds Scheitern hatte mehrere Ursachen: Seit ARNULFS schwerer Erkrankung (896/97) fehlte der Rückhalt des Vaters; wechselvolle Verwicklungen in den Auseinandersetzungen zwischen Odo und Karl III. 'dem Einfältigen um die westfränkische Königsherrschaft (Feldzug Zwentibolds ins W-Fränkische Reich 895; wiederholte Flucht Karls nach Lotharingien 895 und 896; dort Treffen mit ARNULFS Gegnern um Kaiser LAMBERT in Remiremont) gingen seit 897 mit zunehmenden Spannungen mit Erzbischof Radbod von Trier und führenden Grafen Lotharingiens einher (898 Abfall Graf Reginars zum westfränkischen König Karl III. und erfolgloser Vorstoß Karls nach Aachen und Nimwegen. Nach ARNULFS Tod (8. Dezember 899) riefen führende Adlige seinen legitimen Nachfolger im O-Fränkischen Reich, Ludwig das Kind, nach Lotharingien (Huldigungen im März 900 in Diedenhofen). Von all seinen Bischöfen und Grafen verlassen, fand Zwentibold im Sommer 900 gegen die Grafen Gerhard, Matfrid und Stephan den Schlachtentod. Die Memoria an den letzten autonomen Herrscher Lotharingiens brachte seine kultische Verehrung als Königsheiligen hervor.
Quellen:
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MGH SS Karol. dt. 4 - Böhmer-Mühlbacher, RI
1, 1908 [Nachdr. 1966]
Literatur:
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1988 - R. Schieffer, Die Karolinger, 1992, 190-194.
VI. Generation
22
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Zu Zwentibold
jetzt grundlegend MG Die Urkunden d. dt.Karolinger 4, Die Urkunden Zwentibolds
und Ludwigs des Kindes, bearb. v. Th. Schieffer, Berlin 1963, dort 3-15
Einleitung zu Zwentibold;
vgl. ferner Schieffer, Deutsches Archiv 14 (1958), 23.
Das Jahr der Eheschließung
mit Oda,
von Brandenburg in der Annahme B VI, 16 richtig gegeben, ist in der Tafel
aus 897 zu "879" verdruckt. Brandenburg nennt die Gattin "Ota,
Tochter eines Grafen Otto". Es besteht jedoch kein Zweifel daran, daß
es sich um die Tochter Herzog Ottos von Sachsen und damit um die Schwester
König
HEINRICHS I. handelt (vgl. Schieffer 4).
Ebenso sicher ist auf sie zu beziehen der Eintrag im Hildesheimer Nekrolog
VI
Non. Iul Oda regina
soror nostra, den schon Dümmler 3,455,
Anm. 2 zitiert. Oda
starb also am 2. Juli, und zwar nach 952, denn im D 159 OTTOS
I von 952XII 30 wird sie erwähnt
als nostra amitia mulier. Deo nobisque devota nomine Uota,
die ihm Besitz in Deventer, der zweifelllos auf Zwentibold
zurückging, übereignete (zit. schon bei Dümmler, a.a.O.,
die Identifizierung zuerst durch Ottenthal). Ob man aus der gegenüber
dem eben erwähnten Original nur kopialen Überlieferung des D
216 von 960 VIII 28 schließen darf, daß Oda
auch
damals noch lebte, scheint mir zweifelhaft. Sie wird zwar nicht ausdrücklich
als verstorben genannt, aber von dem Besitz in Deventer heißt es
quae
nobis Uda
nostra nepta (so hier allgemein für
Verwandte) legitime hereditando permisit, es ist also möglich,
daß OTTO,
dem der Hof zu Deventer 952 von seiner noch lebenden Tante übereignet
worden war (wie üblich unter Vorbehalt des Nießbrauchs) und
des ihn alsbald an St. Moritz in Magdeburg weitergeschenkt hatte, ihn jetzt,
nach dem Tode der Oda
(hereditando) unmittelbar in die Hand bekam und darum die Schenkung
erneut vollzog. Das Datum von Odas
Hochzeit mit Zwentibold
läßt
sich nach Dümmlers Angaben a.a.O. auf zwischen Ostern (III 27) und
VI 13 des Jahres 897 begrenzen. Die Ehe wurde vielleicht auf der Wormser
Reichsversammlung im Mai 897 geschlossen, vgl. DD Zwentibolds, Schieffer
4 und 42. - Oda
hat noch im Todesjahr Zwentibolds
den lothringischen Grafen Gerhard, Bruder Matfreds, einen der Feinde ihres
erschlagenen Gatten, geheiratet, vgl. Renn 33.
Schieffer Rudolf: Seite 190-194
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"Die Karolinger"
Die Großen O-Frankens sicherten 889 in Forchheim
König
ARNULF das Erbrecht seiner beiden außerehelichen Söhne
Zwentibold
und
Ratbod
zu,
falls ihm kein legitimer Sprößling von Oda
beschieden sein würde. Zwentibold
wurde 893 von seinem Vater nach Italien geschickt, drang auch bis Pavia
vor, konnte aber gegen Kaiser WIDO
nichts ausrichten. Gegen den schwer zu packenden WELFEN
Rudolf von Hoch-Burgund waren ein erneuter Feldzug Zwentibolds
und eine Zusammenkunft ARNULFS mit
LUDWIG VON DER PROVENCE im Sommer 894 gerichtet, zu einem guten
Teil aber auch ARNULFS Plan, den Erstgeborenen,
der seit der Geburt Ludwigs des Kindes
sein Thronfolgerecht in O-Franken eingebüßt hatte, mit einem
gesonderten Regnum auszustatten, das außer dem eigentlichen Lotharingien
auch Burgund umfassen sollte. Nachdem die Großen dies, bemerkenswerterweise,
894 in Worms noch abgelehnt hatten, setzte sich ARNULF
im Mai 895 an gleicher Stätte durch und ließ Zwentibold in Gegenwart
Odos
von W-Franken unter allgemeiner Zustimmung zum König in
Burgundia et omni Hlotharico regno salben und krönen.
Der einzige unter ARNULF
Söhnen, der politisch handlungsfähig geworden ist, war
Zwentibold,
dem der Vater 895 die Hoheit über Lotharingien mit allen Merkmalen
der Eigenständigkeit, also auch einer gesonderten Hofkapelle unter
Erzbischof Hermann von Köln und einer Kanzlei unter Erzbischof Radbod
von Trier, zugestanden hatte. Gewiß verband sich damit die Erwartung
engsten Zusammenwirkens mit O-Franken, doch kam es gerade dazu nicht, denn
statt flankierend zu dem nach Italien strebenden ARNULF
weiter Rudolf von Hoch-Burgund
unter Druck zu setzen, ließ sich Zwentibold
sogleich im Sommer 895 für den fast schon gescheiterten Karl
den Einfältigen gewinnen und drang, auch in der Hoffnung
auf eigenen Gebietszuwachs, ins W-Reich ein, wo er bis vor Laon gelangte,
ohne indes Odos Vormacht erschüttern
zu können. Im Winter 895/96 und nochmals im Sommer 896 bot er Karl
Zuflucht in seinem Reich und verhinderte nicht, dass er im Vogesenkloster
Remiremont mit ARNULFS Widerpart in Italien, dem flüchtigen
Kaiser LAMBERT, und wahrscheinlich
auch Rudolf von Hoch-Burgund zusammentraf.
Nicht bloß diese eigenwillige Außen-, besser Familienpolitik,
sondern auch heftige Zerwürfnisse
Zwentibolds
mit dem lotharingischen Grafenadel veranlaßten den kranken Kaiser
ARNULF, sich 897 nach Worms zu bemühen, wo es zur einstweiligen
Aussöhnung und im Sinne einer stärkeren Bindung an das O-Reich
zur Verabredung einer Heirat des Königs mit der LIUDOLFINGERIN
Oda,
Tochter des sächsischen Machthabers Otto des Erlauchten, kam. Offenbar
hinderten diese Vorgänge Zwentibold
an weiteren Eingreifen im W, wo ein Ausgleich zwischen Odo
und Karl
zustande kam.
Der Herrscherwechsel nach dem Tod König
Odos hatte indes Rückwirkungen auf Lothringen, weil sich
unzufriedenen dortigen Großen nun in Gestalt Karlseine
dynastische Alternative zu Zwentibold
bot. Insbesondere kam es zum scharfen Bruch zwischen dem König und
der bis dahin maßgeblichen Figur seiner Umgebung, dem Maasgau-Grafen
Reginar, Sohn Giselberts und einer Tochter LOTHARS
I., und zu dessen Hilferuf an Karl,
der im Sommer 898 bis Aachen und Nimwegen vorstieß, wogegen Zwentibold
offenbar vergebens Beistand seines sächsischen Schwiegervaters suchte.
In der Gegend von Prüm wurde im Oktober eine offene Schlacht zwischen
den beiden KAROLINGERN durch einen
Waffenstillstand abgewendet, doch zeigten die Friedensverhandlungen im
Frühjahr 899 in St. Goar am Mittelrhein, bei denen die ostfränkischan
Abgesandten ARNULFS, Erzbischof Hatto
von Mainz sowie die KONRADINER Konrad
und Gebhard, ein gewichtiges Wort mitsprachen, dass es um Zwentibolds
Autorität und Autonomie immer schlechter bestellt war. Die Großen
des Lothar-Reiches warteten augenscheinlich nur noch das unabwendbare Hinscheiden
Kaiser
ARNULFS ab, das am 8.12.899 in Regensburg eintrat, und die Nachfolge
seines am 4.2.900 in Forchheim erhobenen und gekrönten Sohnes
Ludwig das Kind, um diesen ins Land zu rufen und ihm im März
in Diedenhofen zu huldigen. "Von allen seinen Bischöfen und Grafen
im Stich gelassen", wie man in Regensburg notierte, ist König
Zwentibold am 13.8.900 bei einem Gefecht im Maasgau umgekommen.
Seine Ruhestätte fand er später Überlieferung zufolge in
der Abtei Susteren.
27.3./13.6.897
oo 1. Oda von Sachsen, Tochter des Herzogs
Otto
875/80-2.7.nach 952
900
2. oo Gerhard (MATFRIEDE) Graf
von Metz
870-22.6.910
Kinder:
Cäcilia Äbtissin von Süsteren
-17.8.
Benedikta Äbtissin von Süsteren
-17.8.
Literatur:
-----------
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