Sohn des KAROLINGERS Bernhard
aus seiner 1. Ehe mit einer Fränkin; Enkel Karl
Martells
Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 105
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Adalhard, Abt von Corbie 780-826
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* um 750, + 2. Januar 826
Als Sohn von König Pippins Bruder Bernhard Vetter und Berater KARLS DES GROSSEN, nach Paschasius Radbertus (MGH SSR G II, 525) mit diesem zusammen erzogen, seit 771 Mönch in Corbie und zeitweilig Monte Cassino, um 780 als Abt nach Corbie zurückgerufen. Von hier aus in enger Verbindung mit dem Königshof, an dessen Bildungsbestrebungen er als Mitglied des Hofkreises unter dem Pseudonym "Antonius" lebhaften Anteil nahm. Er stand Alkuin freundschaftlich nahe, ebenso Paulus Diaconus, der ihm die emendierten Briefe Gregors des Großen sandte (MGH Epp. IV, 617). 809 nahm er an der Synode von Aachen teil. KARL DER GROSSE beauftragte ihn im gleichen Jahr mit einer Gesandtschaft an Papst Leo III. und vertraute ihm unter dem unmündigen König Bernhard (812-814) als missus die Regierung von Italien an. Nach dem Tode KARLS fiel er bei LUDWIG DEM FROMMEN in Ungnade und wurde nach Noirmoutier verbannt, von wo er 821 zurückkehrte. Zuvor hatte er 815 zusammen mit seinem Bruder Wala in Sachsen das Kloster Corvey gegründet, das 822, wiederum durch Adalhard, seinen heutigen Platz bei Höxter erhielt. An der Gründung des nahen Frauenstiftes Herford scheint er beteiligt gewesen zu sein. Er verfaßte eine (nur aus der Überarbeitung Hinkmars bekannte) Hofordnung KARLS DES GROSSEN sowie die "Statuta antiqua Sti. Petri Corbeiae"; ebenfalls verloren ist seine von Flodoard erwähnte Schrift "De ratione lunae Paschalis".
Literatur:
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Abel-Simson, Jbb. Frk. Reich, Karl der Große I,
1888; II, 1888 s. v. - B. Simson, Jbb. Frk. Reich Ludwig d. Fromme I, 1874;
II, 1876 - Hauck II, 1952, 177-180 - P. Bauters, A. van Huize (750-826),
Abt von Corbie en Corvey, 1965 - Kunst und Kultur im Weserraum 800-1600,
Ausstellung Corvey 1966.
51 Adalhard
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Adalhardus ...
Bernardi
filius fuisse, fratris magni Pippini regis,
... non abnuitur; Paschasius Radbertus, Vita Adalhardi
c. 61, Migne, Pl 120, Sp. 1539. Ebd., c. 32f., Sp. 1525f.:
Erant quinque
tunius viri semine propagati ... Erat autem maior natu senex noster sanctissimus
(=
Adalhard)
... Deinde Wala, virorum clarissimus
... Quibus inhararebat ex latere sexu soro Gundrada
... Reliqui vero duo, videlicet Bernarius noster et Theodrada soro eius
Deo devota.
Schieffer Rudolf: Seite 74,82,89,108-110,114,121
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„Die Karolinger“
Auch die etwa gleichzeitige Verstoßung der Tochter
des Desiderius, an deren Stelle bald
Hildegard
als neue Gemahlin KARLS trat, blieb
nicht ohne Widerspruch, denn es ist gut bezeugt, daß des Königs
Vetter Adalhard, ein Enkel Karl
Martells (über dessen illegitimen Sohn Bernhard),
aus Unmut über diese Entwicklung die Umgebung KARLS
verließ und ins Kloster Corbie eintrat, von wo aus er später
freilich noch mehrfach zurückkehren sollte.
Dazu bedurfte es verantwortlicher Erzieher und Berater
der jungen KAROLINGER, also der Entstehung
weiterer Königshöfe, an denen in Italien Männer wieKARLS
Vetter Adalhard von Corbie, der dux
Rotchild und als Leiter der Hofkapelle Abt Angilbert von Saint-Riquier,
in Aquitanien ein gewissern Arnold und als Kapellan Bischof Reginbert von
Limoges hervorragten.
Unter Bernhards Kindern,
den Stiefvettern und -cousinen KARLS,
ragte der bereits erwähnte Adalhard
hervor, seit 780/81 Abt von Corbie, der nach dem Ende seiner faktischen
Regentschaft für Pippin von Italienum
790 als prominenter Berater in KARLS
Nähe zurückkehrte. Er hat eine wertvolle Schrift "Über die
Ordnung des Hofes und die Verwaltung des Reiches" verfaßt.
König Pippin
hinterließ einen illegitimen Sohn Bernhard
und fünf Töchter, die am Hof des Großvaters Aufnahme fanden,
während sein Stiefvetter Adalhard von Corbie
wie schon nach 781 wieder als Regent über die Alpen geschickt wurde.
Der Universalerbe wurde keineswegs sogleich an den zentralen
Hof berufen; vielmehr traf man ohne seine Beteiligung 812 zunächst
eine ursprünglich wohl nicht vorgesehene Entscheidung über Italien,
wo der junge, bis dahin in Fulda wohl zum Kleriker erzogene Bernhard
trotz seiner anfechtbaren Abkunft gut zwei Jahre nach dem Tod des Vaters
Pippin
als König mit Adalhards Halbbruder
Wala,
selber einem uillegitimen KAROLINGER,
als maßgeblichen Berater eingesetzt wurde. Was der künftige
Kaiser
LUDWIG als einschränkemde Hypothek für seine Allgewalt
hinzunehmen hatte, scheint Adalhard,
Walaund
andere führende Männer um KARL
zur langfristigen Sicherung eines eigenen politischen Aktionsfeldes, wenn
nicht gar als dynastische Alternative, erstrebenswert gewesen zu sein.
Ihre kühle Reserve gegenüber dem aquitanischen König und
seinem Anhang zeigte sich auch noch 813, als es mehrfacher Beratungen in
Aachen bedurfte, bis der 35-jährige dorthin eingeladen und von einer
Reichsversammlung im September auf Befragen KARLS
als Kaiser anerkannt wurde.
Ausgespart blieb Italien, wo der neue Kaiser gemäß
dem Willen seines Vaters das Königtum des Neffen Bernhard
anerkannte, nachdem dieser zur Huldigung in Aachen erschienen war. Dagegen
nahm er den Stiefvettern Adalhard und
Wala
ihren zuletzt bei KARL und Bernhardbedeutenden
Einfluß; der ältere wurde nach Noirmoutier an der Loiremündung
verbannt, der jüngere trat ins Kloster Corbie ein.
Stärker noch markiert der Tod des Abtes Benedikt
von Aniane (11.2.821) einen Wendepunkt, denn seither fehlte die treibende
Kraft der kirchlichen Reformpolitik und wurde andererseits der Weg frei
zur Aussöhnung mit den Gegnern der letzten Jahre. Auf der Diedenhofener
Reichsversammlung vom Oktober 821 begnadigte LUDWIG
die überlebenden Teilnehmer der Rebellion Bernhards
von Italien und hob diei Verbannung Adalhards
und Walas, der Stiefvettern
KARLS,
vom Hof auf:; wenig säter fiel die Entscheidung, die ins Kloster verdrängten
Halbbrüder des Kaisers ebenfalls mit angemessenen Würden zu bedenken.
Gleichwohl bestand das Bedürfnis, die Überwindung der Zerwürfnisse
auch religiös zu manifestieren, und so erlebte die Reichsversammlung
von Attigny im August 822 die unter KARL DEM GROSSEN
schwer vorstellbare Szene, da der Kaiser öffentlich seine Verfehlungen
gegen Brüder und Vettern sowie seine Mitschuld am Tode des Neffen
Bernhard
bekannte und sich dafür der Kirchenbuße unterwarf, während
die anwesenden Bischöfe ihrerseits unumwunden die eigene Nachlässigkeit
und Pflichtvergessenheit eingestanden und Besserung gelobten. Augenscheinlich
begann das christliche Ideal eines an feste Normen gebundene amtsähnliche
Herrschertum bei dem neuen Kaiser tiefere Wurzeln zu schlagen, und es war
der alte Adalhard, der die historische
Dimension des Vorgangs erfaßte, wenn er spontan formulierte, "Seit
der Zeit König Pippinshabe er
keinen erhabeneren und ruhmreicheren Fortgang der öffentlichen Dinge
miterlebt".
Riche Pierre: Seite 114,128,167,180
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"Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."
KARL zog einen Teil
von Karlmanns Gefolgsleuten
an sich - darunter seinen Vetter Adalhard,
Abt Fulrad, Graf Warin - und vereinigte dann den Reichsteil des Bruders
mit seinem eigenen.
Sein Vater ließ Pippin
nach Pavia bringen und stellte ihm seinen Vetter Adalhard
sowie einige fränkische Amtsträger zur Seite.
In Italien war Pippin,
der in Pavia residierte, als Stütze seiner Herrschaft KARLS
Vetter Adalhard beigegeben.
Bei seiner Ankunft in Aachen war LUDWIG
entschlossen, die eigene Herrschaft mit Veränderungen udn Reformen
einzuleiten. Die bisherigen Ratgeber KARLS
wurden entfernt: Seine Vettern, die Brüder Adalhard
und Wala, mußten sich in die
Klöster Noirmoutier beziehungsweise Corbie zurückziehen, ihre
Schwester Gundrada wurde nach Poitiers
in ein Nonnenkloster verwiesen.
Herm, Gerhard: Seite 77,82
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"Karl der Große"
Unter solchen Auspizien wurde das Bündnis dann auch
beseigelt.
Adalhard, ein Vetter KARLS
und
Karlmanns, beschwor
feierlich, daß seine Könige sich an die getroffenen Abmachungen
halten würden und daß einer von ihnen bereit war, die Tochter
des Desiderius zu heiraten. Den auserkorenen
Bräutigam scheint man dabei gar nicht lange gefragt zu haben.
Zunächst mußte KARL
eine ganze Reihe von politischen Schlägen einstecken. Wen alles hatte
er nicht vor den Kopf gestoßen und was alles nicht zerschlagen? Vetter
Adalhard,
dem es zugefallen war, sich für die Gültigkeit des Eheversprechens
zu verbürgen und die Dauer dieser Verbindung zu garantieren, erklärte,
einer "ehebrecherischen" Königin nicht dienen und einen Eidbruch auf
sein Gewissen nehmen zu können. Er ging ins Kloster.
Wies Ernst W.: Seite 66,73,197
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"Karl der Große. Kaiser und Heiliger."
KARLS Schritt fand
nich die einhellige Zustimmung seiner Franken. Sein Vetter Adalhard,
der mit zu den Trauzeugen gehört hatte, fühlte sich durch diese
Tat meineidig gemacht. Er verließ den Hof und trat in das Kloster
Corbie ein.
Dort trat, man bedenke die Kürze der Zeit, eine
Art Reichsversammlung zusammen. Die Vornehmsten unter Karlmanns
Großen, zugleich auch ehemalige Paladine König
Pippins, waren der Erzkaplan Fulrad; Abt von St. Denis, der
auch später eine bedeutende Rolle in KARLS
Reich spielte und der Erzbischof Wilcharius von Sens, der Nachfolger Chrodegangs
von Metz, an der Spitze der fränkischen Reichskirche. Von den weltlichen
Großen sind uns die Namen der Grafen Warin und Adalhard
benannt, wobei wir nicht wissen, ob es sich bei diesem Adalhard
um jenen Vetter KARLS DES GROSSEN handelt,
der sich, anläßlich der Verstoßung von KARLS
langobardioscher Frau, enttäuscht ins Kloster von Corbie zurückzog.
KARLS Vetter Adalhard
(+ 826), der berühmte Abt von Corbie, hat uns über
Hinkmars von Reims Schrift "libellis De ordine palatti" ein genaues Bild
des karolingischen Königshofes
überliefert.
Literatur:
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Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische
Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite
529,532 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des
Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987,
Seite 65,99 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen
Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 44,306,357,
446 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf,
Wien, New York 1987, Seite 77,82 - Illig Heribert: Das erfundene
Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. ECON
Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite 178 - Mühlbacher
Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische
Verlagsgesellschaft Athenaion - Rappmann Roland/Zettler Alfons:
Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen
Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 276,391 - Riche
Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch
Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 114,128,167,170,180,402
- Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart
Berlin Köln 1992, Seite74,82,89,108-110,114, 121,127 - Schmid,
Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter.
Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983,
Seite 492,500,503 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom
Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 366,438 - Schnith Karl Rudolf:
Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den
Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 46,50 - Werner
Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher
Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 418,423,426
- Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle
Verlag Esslingen 1986, Seite 66,73,94,197,201,224,226 -