Jüngere Tochter des Herzogs
Heinrich I. von Bayern und der
Judith von Bayern, Tochter
von Herzog Arnulf
Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 1824
********************
Hadwig, Herzogin von Schwaben
-----------
* um 938/40, + 28. August 994
Tochter Heinrichs I. von Bayern, des Bruders OTTOS I. und der Judith
Hadwig, der ursprünglich wohl eine byzantinische Eheverbindung zugedacht war, heiratete Herzog Burchard II., dessen Politik maßgeblich durch seine Verschwägerung mit den bayerischen LIUDOLFINGERN bestimmt wurde (starker Einfluß Heinrichs II.' des Zänkers', des Bruders von Hadwig). Die Herzogin, die aktiv am geistigen Leben teilnahm, gründete gemeinsam mit ihrem Mann in der Pfalz Hohentwiel ein Kloster. Hadwigs tradiertes Bild einer selbstbewußten und gebildeten hocharistokratischen Frau der OTTONEN-Zeit beruht im wesentlichen auf der St. Galler Chronik Ekkehards IV. und deren romanhafter Ausschmückung in J.V. v. Scheffels "Ekkehard" (1855).
Literatur:
-----------
NDB VII, 419 [K. Schmid] - O. Feger, Hzgn. H. ... in
Dichtung und Wirklichkeit (Hohentwiel ..., 1957).
Ihr Vater, der Bayern-Herzog
Heinrich, der kämpferische Bruder
OTTOS
DES GROSSEN, hatte zwei hochgelehrte Töchter: Gerbirg,
die Äbtissin von Gandersheim, die Freundin der dichtenden Nonne Hroswitha,
und die kluge, herrische Hadwig. die
Gemahlin des Schwaben-Herzogs Burkhart III. Victor Scheffel hat
an Hand der St. Gallener Klosterchronik eine brennende Liebe Hadwigszu
dem
Mönch Ekkehart in seinem Roman "Ekkehart" ausführlich
geschildert. Dieser Mann, einem Helden ähnlicher als einem Mönch,
dem der "Ruhm näher stand als die Demut", muß auf die junge
Herzogin, die Griechisch und Lateinisch sprach und las, einen unauslöschlichen
Eindruck gemacht haben. Sie zog ihn als Lehrer auf ihre Burg Hohentwiel
im Hegau über dem Bodensee und wurde seine gelehrige Schülerin;
gemeinsam widmeten sie ihre Zeit den Studien der antiken Dichter. - Ihren
ersten Brautwerber, den "byzantinischen König", hatte
Hadwigauf
originelle Weise abfahren lassen: Sie schnitt dem königlichen Hofmaler,
der sie abkonterfeien sollte, solche Grimassen, daß er nicht zum
Malen kam. Ihrem Gatten, der 973 verstarb, hatte sie in 18-jähriger
Ehe keine Kinder geschenkt; ihr eigenwilliges Wesen hatte die Ehe nicht
glücklich werden lassen. Es scheint, daß auch Ekkehart oft
genu an ihrem strengen und jähzornigen Wesen litt. Das Kloster St.
Gallen indessen wurde mit reichen Geschenken bedacht und die Burg Hohentwiel
wurde in ein Benediktinerkloster verwandelt. Sie brachte ihren Meister
Ekkehart auch an den ottonischen Hof
und hätte ihn gern noch in höhere Ämter gebracht, wenn er
nicht 990 zu Mainz verstorben wäre. Sie war eine der "gelehrtesten
Frauen" hohen Stils und bleibt auch ohne dicherische Romantik ein charaktervolles
Original von selbstgeprägter Art.
V. Generation
22 Hadwig 973 "dux",
-------------
* 940/45, + 994 VIII 26
949
(oo) "Constantinus Graecus rex" (richtig: Kaiser Romanos
II.)
Verlobung gelöst
oo Burchard II. Herzog von Schwaben (seit 954)
+ 973 XI 12
Den Filiationsbeleg und die Heirat Hadwigs
mit Burchard - die wir nicht vor oder nach dessen Erhebung zum Herzog
einordnen können - bezeugen uns Widukind III c. 44, S. 125, Ekkehard
IV. v. St. Gallen, Casus s. Galli c. 90, S. 184, und (nur die Nachricht
von Hadwigs Heirat mit Burchard)
die Casus monasterii Petrishusensis I c. 43, S. 74.
Die Verlobung Hadwigs mit
dem "Constantinus Graecus rex", von
der uns Ekkehard IV. c. 90, S. 184, berichtet, ist nicht bis ins Letzte
gesichert; vgl. Köpke-Dümmler S. 172 und BO 174a sowie die Anm.
74 des Ekkehard-Hg. Haefele.
Im Merseburger Nekrolog sind die Todestage Hadwigs
und ihres Gemahls Burchard aufgeführt; vgl. Althoff, Adelsfamilien
Kommentar H 30 und H 39, jeweils mit weiteren Hinweisen. Es sei hier darauf
hingewiesen, dass in der Literatur zwei unterschiedliche Zählungen
der schwäbischen Herzöge Verwendung finden: nach Stälin,
Wirtembergische Geschichte Bd. 1, S. 141, ist der 926 vor Novara gefallene
Herzog Burchard
als Burchard I.
und der Gatte Hadwigs als
Burchard
II. zu zählen, während zum Beispiel Maurer, Herzog S. 30
f., die beiden als Burchard
II. und
Burchard
III. nummeriert. Keller, Einsiedeln S. 162, Anm. 86, zeigt, dass der
Gemahl
Hadwigs ein Sohn des 926 gefallenen
Herzog
Burchard I. war.
Zur Stellung Hadwigs
nach dem Tode ihres Mannes vgl. Decker-Hauff, Ottonen S. 237 f., und
Maurer, Herzog S. 55 f.
Allgemein unterrichtet über Hadwig
der
einschlägige Artikel von Karl Schmid in NDB Bd. 7, S. 419.
H 30
Me: 26.8. Hatheuui
ductris + 994 Gemahlin Burkhards II. von
Schwaben
Hathwig war die Tochter
Heinrichs
I. von Bayern (H 37), gehörte also zur
bayerischen Linie
der
ottonischen
Familie.
Zu den Traditionen aus Bayern, die von HEINRICH
II. nach Merseburg transferiert wurden, s. oben S. 197.
Hathwigs Witwensitz
war der Hohentwiel, von wo sie mehrere alemannische Klöster mit umfangreichen
Schenkungen bedachte; vgl. Uhlirz, Jbb. Ottos II. und Ottos III. 2, S.
167 f.; Zotz, Der Breisgau und das alemannische Herzogtum, passim (Register
S. 251); Maurer, Der Herzog von Schwaben, passim (Register S. 354); vgl.
ferner NDB 7, S. 419 f. und FW H 7 mit weiteren Hinweisen.
Zum Todesdatum: BU Nr 1115c.
Decker-Hauff Hansmartin: Seite 238
**********************
"Die Ottonen und Schwaben"
Das ist damals und später ganz und gar ungebräuchlich;
fürstliche Witwen räumen die Pfalz und beziehen einen Witwensitz,
noch dazu, wenn wie hier eine Dynastie erlischt und der Nachfolgeherzog
Otto
I. - nicht besonders nahe mit dem vorhandenen Herrscherpaar
verwandt ist. Dazu kommt im besonderen Falle noch der jahrzehntelange,
tiefgehende und unüberbrückbare Gegensatz zwischen den beiden
feindlichen Linien des ottonischen
Hauses, der Familie Hadwigs und der
Herzog
Ottos, und die ausgesprochen unfreundliche, ja kriegerische
Haltung, die der Nachfolger jahrelang gegen die Sippe der Witwe seines
Vorgängers eingenommen hat. Herzog Otto I.
tat ja, im Bunde und im Einvernehmen mit seinem "dilectus aequivox" Kaiser
OTTO II. Hadwigs nächsten Angehörigen stärksten
Abbruch, ja er hat schließlich 974 geradezu das Herzogtum des wegen
Hochverrats vom Kaiser abgesetzten Herzog Heinrich
von Bayern, des leiblichen Bruders der Hadwig
eingenommen. Die Beziehungen Hadwigs zu
Herzog
Otto blieben bis zu dessen Tode gespannt, und auch zu Konrad,
Ottos
Nachfolger, ist die Herzogin soweit wir sehen, nie in ein näheres,
geschweige denn ein gutes Einvernehmen getreten.
Die Stiftung eines Klosters auf dem Twiel wird schwer
verständlich, sobald man den Berg als Herzogsgut, die Burg als jeweilige
Herzogsresidenz betrachtet. Gerade bei ihrer Kinderlosigkeit mußten
sich die Stifter bewußt sein, daß der Twiel für eine fromme
Stiftung ein denkbar ungeeigneter Platz war. Es sind jedoch aus jenen Jahrzehnten
keine klösterlichen Gründungen bekannt, die anders als auf Eigen
errichtet und anders als mit Eigen bewidmet wurden. So wird auch von dieser
Überlegung her die Geschichte des Twiel eher verständlich, wenn
man Berg und Burg als Eigengut ansieht. Und zwar nicht als Eigengut Burkhardsoder
eines anderen schwäbischen Herzogs, sondern als Eigen der bayerischen
Herzogstochter. Dies war über ihre Urgroßmutter, die Schwäbin
Kunigunde,
Mutter des Herzogs Arnulf von Bayern, auf sie gekommen.
Stälin Paul Friedrich: Seite 188
*****************
"Geschichte Württembergs""
Nach Burchards Tode behielt seine kinderlose Witwe Hadwig, Geschwisterkind König OTTOS II. (richtig: OTTOS I.), zwar nicht, wie sie vielleicht gehofft, die Verwaltung des Herzogtums, wohl aber den Besitz der bedeutenden burchardischen Familiengüter und nahm ihren Witwensitz auf dem von ihrem Gemahl ererbten Hohentwiel. Sie wird auch nach Burchards Tode sowohl in Urkunden als von Geschichtsschreibern mit dem Titel "Herzog", "Herzogin", beehrt, von dem St. Galler Ekkehard (IV.), dessen Lieblingsfigur sie bildet, sogar als "Stellvertreterin der Reichsgewalt über Schwaben" bezeichnet, doch bieten diese klösterlichen Erzählungen eine Reihe von besonders chronologischen Schwierigkeiten, die ernstliche kritische Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit hervorgerufen haben. Ihnen zufolge war Hadwig in früher Jugend mit dem griechischen Kaiser Konstantin VII. Porphyrogennetos verlobt gewesen, wobei freilich nach den sonst bekannten Lebensumständen dieses Kaisers höchstens an ein Kinderverlöbnis des noch jungen Mädchens mit dessen Sohn, dem späteren Kaiser Romanus II. gedacht werden kann. Eine klassisch gebildete, selbst im Griechischen unterrichtete Frau von männlichem Geist, so daß wegen ihrer Strenge gefürchtet war, soll sie in ihrem wissenschaftlichen Streben den jungen gelehrten Pförtner des Klosters St. Gallen, Ekkehard (II.) für einige Zeit als Lehrer zu gemeinsamen Lesen der lateinischen Dichter sich erbeten haben, ein Verhältnis, das durch eine Reihe anmutiger Geschichten näher beleuchtet wird. Als ein hervorragendes Beispiel der Frauenbildung im ottonischen Zeitalter mag diese "Minerva vom Twiel", welche die Dichtung der neuesten Zeit für unser Volksbewußtsein wieder neu erweckt hat, immerhin auch geschichtlich gelten. Ihren kirchlichen Sinn aber hat sie wie durch die Beteiligung an der Stiftung ihres Gemahls auf dem Hohentwiel, so durch Schenkung von Epfendorf nebst zugehörigen Gütern an das Kloster Petershausen beurkundet. Hochbetagt verschied sie den 28. oder 29. August 994, worauf ihr Erbe, darunter der Hohentwiel, jedenfalls das dortige Kloster, ohne Zweifel an ihren Bruder Herzog Heinrich II. von Bayern, und in der Folge an dessen Sohn, Kaiser HEINRICH II., kam.
Eickhoff Ekkehard: Seite 46,134,375,450
****************
"Theophanu und der König"
Burchards Witwe Hadwig,
eine willensstarke und hochgebildete Frau, war wie ihr Bruder Heinrich
von Bayern eine Tochter der LUITPOLDINGERIN Judith. Sie
hatte gehofft, weiter - wie Judith
während der Minderjährigkeit
Heinrichsdes
Zänkers - allein, oder auch durch Vermählung mit einem
neuen Kandidaten für das alemannische Herzogsamt, an der Spitze dieses
großen Lehens zu bleiben. Hier scheint eine eindrucksgebietende Lehensmasse
in den Händen eng miteinander verbundener Nachfahren Luitpolds zu
entstehen, die vom oberen Main und Rhein bis zur Adria reichte. Aber der
Kaiser entschied sich für seinen Vetter Otto.
Seine Erhebung zum Herzog von Schwaben schob dem Einfluß Heinrichs
von Bayern im SW einen Riegel vor. Die reich begüterte
Hadwigresidierte
fortan allein auf dem Hohentwiel, ihrer Pfalzburg, und übte von hier
aus im Bodenseeraum eine begrenzte Macht aus.
Selbst Hadwig von Schwaben,
Tochter des LIUDOLFINGERS Heinrich I. von Bayernund
der LUITPOLDINGERIN Judith, die auf dem Hohentwiel residierte, während
andere das Herzogtum Schwaben innehatten, übte in ihren Eigengütern
und im weiten Umkreis des Bodensees fürstliche Gewalt, die der Herzog
hinnehmen mußte.
Von hier aus scheint Theophanu
die
Reise nach Norden gemeinsam mit der Herzogin Hadwig
von Schwaben angetreten zu sein. Diese residierte nebenan auf
dem Hohentwiel, und trat dann am Zielort, auf dem Reichstag in Frankfurt
(Juni 990), im Einvernehmen mit der Kaiserin auf. Die beiden Frauen hatten
vieles gemeinsam: Sie waren Witwen mächtiger Männer, intelligent
und zu herrschen gewohnt. Die Bayerin Hadwig
war eine gepriesene Schönheit, eine Schwester Heinrichs
des Zänkers. Sie hatte nach dem Tode ihres Gatten Burchard
III. von Schwaben im Jahre 973 - also schon 10 Jahre vor dem Tode
OTTOS
II. - dessen schwäbisches Herzogtum nicht behalten dürfen.
Sie hatte es ebensowenig einem neuen Gatten zuführen können,
wie sie gehofft hatte. OTTO II., der
schlechte Erfahrung mit der Loyalität der bayerischen
LIUDOLFINGERgemacht
hatte, gab das Herzogtum an seinen Neffen Otto.
Indessen konnte
Hadwig das ausgedehnte
Hausgut behalten und führte fortan auf der Burg Hohentwiel
ein aufwendiges und ziemlich tyrannisches Regiment. Theophanu,
etwa 20 Jahre jünger als sie, mag die Gesellschaft der wortgewandten,
witzigen, hochfahrenden alten Fürstin gefallen haben. Diese war hochgebildet,
hatte in ihrer Jugend schon Griechisch gelernt und später mit Ekkehard
II. von St. Gallen auf ihrer Burg Vergil und andere Dichter der lateinischen
Klassik gelesen.
Ein nicht näherbekanntes Heiratsprojekt mit Byzanz
bewegte die Eltern, die junge Hadwigim
Griechisch unterrichten zu lassen. Aber sie wurde dann an
Burchard III.
gegeben, seit 954 Herzog von Schwaben. An seiner Seite erlebte
Hadwig
in 19 Ehejahren die Geschicke der Alemannen und des Reiches im S, beginnend
mit Burchards glanzvollem Anteil am Jahrhundertsieg auf dem Lechfeld.
Auch Hadwigs
Gesichtsfeld reichte weit
über die Grenzen des Reiches hinaus. Nach Burchards Tod ging
sie nicht, wie andere fürstliche Witwen, ins Kloster, sondern blieb
auf der Felsenfeste Hohentwiel, der hunfridingischen
Herzogspfalz,
eine der wenigen Höhenburgen der Zeit. Und wenn sie Schwaben auch
nicht regieren konnte, so verwaltete sie doch von hier aus ihre weitgestreuten
Besitzungen, machte auf Hoftagen und in der Reichspolitik in den südlichen
Herzogtümern ihren Einfluß geltend. In der übergeordneten,
nur punktförmig wirkenden Art der Landesherrschaft ihres Jahrhunderts,
mit Hadwigs großem Ansehen, einem
weiten Kreis von Getreuen und Freunden, und ihrem bewaffneten Gefolge übte
sie in ihrem Umkreis doch fürstliche Herrschaft aus.
Rat, Unterhaltung und Dienstleistung, welche die Bodenseeklöster
St. Gallen und Reichenau und deren gelehrte Mönche bieten konnten,
nahm sie gern und herrisch in Anspruch; mit dem Bischof von Konstanz unterhielt
sei einen anspruchsvollen Meinungsaustausch. Es wird südlich von Main
und Haardt keine adlige Dame, keinen weltlichen oder geistlichen Herrn
von Rang und Einfluß gegeben haben, über den Hadwig
nicht kenntnisreich urteilen konnte.
Am 26. August war auf der Klosterburg Hohentwiel
die Herzogin-Witwe Hadwig von Schwaben
verstorben, ohne Kinder zu hinterlassen.
Maurer, Helmut: Seite 55-56
**************
"Der Herzog von Schwaben. Grundlagen, Wirkungen und Wesen
seiner Herrschaft in ottonischer, salischer und staufischer Zeit"
Da Hadwig mit der
Einberufung eines Landtags in das zwischen dem Hohentwiel und Bodman gelegene
Wahlwies in solch bewußter Weise an die zu Beginn des Jahrhunderts
begründete Herzogstradition anknüpfte, wirft nun aber zugleich
auch neues Licht auf die gerade eben wieder behandelte Frage, ob die Herzogs-Witwe
Hadwig entsprechend dem ihr von der Reichskanzlei zuerkannten
dux-Titel tatsächlich die Rechte eines Herzogs ausgeübt habe
[Dazu - um nur die neueste Literatur zu nennen - ablehnend W. Kienast,
Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland, 1968, Seite 342 mit Anm.
203 und - mit u. E. überzeugenden Argumenten - Th. Zotz, wie Anm.
18 Seite 156ff., 166ff, sowie G. Tellenbach, Zur Erforschung des mittelalterlichen
Adels (9.-12. Jh.), in: XII Congres international des sciences historiques.
Rapports. I: Grands themes. Vienne, 1967, Seite 318-337, hier Seite 325:
"Sie [Hadwig] hat nach dem Tode ihres
Gatten neben dessen Nachfolger Herzog Otto I.
vielleicht
für ihre Hausgüter eine herzogliche Stellung beibehalten, jedenfalls
wußte man ihr, der Herzogstochter und Herzogsgattin, keinen anderen
Titel als dux zu geben." Vgl. jetzt in größerem Zusammenhang
W. Graf Rüdt von Collenberg, Zum Auftreten weiblicher Titularien im
VIII., IX. und X. Jahrhundert. In: Genealogica und Heraldica. 10. Internat.
Kongreß für genealogische und heraldische Wissenschaften, Wien
1970, Kongreßberichte I/1972, Seite 265-272, insbesondere Seite 270f.].
Diese Frage erscheint um so schwerwiegender, als die 994 gestorbene
Hadwig
-
faßt man die von ihr ausgübten Rechte wirklich als herzogliche
auf - nach dem Tode ihres Mannes Burchard III. neben zwei regulären
Herzögen von Schwaben, neben dem LIUDOLFINGER
Otto I. (973-982) und dem KONRADINER
Konrad (982-997), einher regiert hätte.
Mit Recht hat Thomas Zotz zur Erklärung dieses auffallenden,
nicht leicht wegzudiskutierenden Tatbestandes darauf hingewiesen, daß
Hadwigs
Stellung nicht mit der Ausübung vormundschaftlicher Rechte in Analogie
zu den Herrscherinnen Adelheid
und
Theophanu
begründet
werden könne. Bedenken ließe sich aber zum einen, ob nicht auch
Hadwig
mit
Burchard
III. zur gesamten Hand mit dem Herzogtum und dem dazugehörigen
Reichsgut vom König investiert worden wären und Hadwig
dadurch auch nach dem Tode ihres Mannes - ähnlich wie ihre Vorgängerin,
die Herzogin
Reginlinde - zumindest im teilweisen Besitz dieser Rechte verblieben
sei. Sie hätte damit entsprechend dem gerade im 10. Jahrhundert so
sehr wirksamen Gedanken des consortium regni, hier des consortium
ducatus, ihre Ansprüche bis zu ihrem Tode weiterhin aufrecht erhalten
können. Zum andern aber ist die Nachricht Ekkeharts,
Hadwig habe sich als imperii vicria bezeichnet, nicht
einfach von der Hand zu weisen [Vgl. dazu K.G. Hugelmann, Stämme,
Nation und Nationalstaat im deutschen Mittelalter, 1955, Seite 169; vgl.
schon J.G. Böhm, De Hadvige, Suevorum duce, vicaria imperii, commentatio.
Lipsiae, 1754, der Seite 13 Hadwig ebenfalls
mit Adelheid,Mathilde
von Quedlinburg, Agnes usw.
vergleicht und Seite 17 schreibt: Itaque posset Hadvigi
dicta
videri vicaria imperii, quod auspicia caesaris, provonciam suam procurabat.].
Hadwig könnte dann - vergleichbar etwa mit
Mathilde,
der Äbtissin von Quedlinburg und Stellvertreterin OTTOS
III. in Sachsen - Funktionen als Vertreterin, als Statthalterin
des Kaisers in Teilbereichen Schwabens innegehabt haben.
Wie dem aber auch im einzelnen gewesens ein mag, sicher
ist, daß der von uns deutlich gemachte Rückgriff Hadwigs
auf die 915 in Wahlwies begründete Herzogstradition die Rolle der
Herzogs-Witwe als Herzog in Schwaben noch um ein weiteres unterstreicht.
Der Tod der Herzogin Hadwig
im
Jahre 994 bedeutete zuglerich das Ende dieser lokalisierten, nur
für Teilgebiete Schwabens zuständigen Herzogsgewalt. Der König
als Lehensherr nicht nur der offiziellen, regulären Herzöge von
Schwaben, sondern auch der Witwe des früheren Herzogs, nahm das Lehensgut
wiedeer zu Händen des Reiches. OTTO III.
erscheint
auf dem Hohentwiel und regelte Hadwigs
an das Reich gefallenen Nachlaß.
Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.):
Seite 278,287,337,369,371
*************************************
"Otto III. – Heinrich II. Eine Wende?"
Ob die Brautwerbung des byzantinischen Hofes um Hadwig,
die Tochter Heinrichs von Bayern, etwas
mit der Aneignung italienischen Territoriums durch den Vater zu tun hat
[Byzanz schickte 949 bereits einen Lehrer an den Hof des Herzogs,
der das Mädchen in die griechische Sprache einführen sollte,
und gab ihm einen Maler mit, um frühzeitig ein wirklichkeitsgetreues
Porträt von der künftigen Braut zu erhalten; doch Hadwig
habe aus Abscheu vor dieser Ehe unentwegt Grimassen geschnitten, so daß
das Bild nicht zustande kam, letztlich auch nicht die Eheschließung.
Siehe Ekkehard IV., Casus sancti Galli, c. 90, ed. Hans F. Haefele (Ausgewählte
Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters 10), Darmstadt 1980;
Seite 184. Das Faktum des Verlöbnisses (ebd., Einleitung; Seite 8f.)
wird nicht bestritten, wohl aber die Historizität des anekdotischen
Beiwerks. Zur Datierung siehe Köpke/Dümmler, Jahrbücher
(wie Anm. 31), Seite 172f. Glocker, Die Verwandten (wie Anm. 34); Seite
156, bringt die Brautwerbung fälschlicherweise mit den Plänen
OTTOS
I. von 951 hinsichtlich einer Kaiserkrönung in Verbindung;
Heinrich
habe stellvertretend für ihn die Braut gestellt, weil OTTO
keine eigene Tochter dafür mehr zur Verfügung hatte.], muß
offen bleiben, da nicht zu ermitteln ist, wann genau im Jahre 949 der eine
oder andere Vorgang stattgefunden hat. Immerhin betitelte der Hof am Bosporus
den Bayern-Herzog in einem Brief um die Zeit als rex, zählte
ihn mithin zum Kreis derjenigen, die möglicherweise die Kaiserkrone
im Westen erwerben könnten. Damit deutet sich das Motiv der Italienfahrt
OTTOS
in Umrissen an.
Deshalb sollte sich unser Interesse stärker auf
die Nachfolge des Schwaben-Herzogs Burchard III., der am 11. oder
12. November 973 starb, richten. Es gibt gute Gründe anzunehmen, daß
sich die Witwe Hadwig als Erbin der
Herzogsgewalt betrachtete, die sie einem neuen Ehegatten gleichsam auf
dem Erbwege vermitteln zu können glaubte. Doch OTTO
II setzte seinen Vetter, Liudolfs Sohn
Otto,
[Richtig ist, daß
Herzog Otto
der Stiefneffe Kaiser OTTOS II. war,
denn Liudolf
war der Sohn
Kaiser OTTOS I. aus dessen erster Ehe, während OTTO
II. aus dessen zweiter Ehe stammte.] zum Schwaben-Herzog ein,
was ein Schlaglicht auf die neue politische Konstellation wirft: Der neue
Augsburger Bischof überwarf sich mit Herzog
Otto, da er sich mehr dem Bayern-Herzog, seinem Vetter, verbunden
fühlte. Dieser Bischof Heinrich war ein Neffe des Regensburger
Burggrafen Burchard, der vermutlich ebenfalls auf Betreiben Heinrichs
des Zänkers auch zum Markgrafen der Ostmark aufgestiegen
sein dürfte.
Offensichtlich schon im Jahre 994 traf sich der
König am Hohentwiel mit der Herzogin Hadwig
und ihrem Bruder Heinrich dem Zänker,
um seine Ansprüche auf das herzogliche Erbe, besonders das aus dem
Königsgut stammende Herzogsgut, anzumelden.
Der Grund für diese Präsenz des Herrschers
am Oberrhein ist bekannt: Es ging ihm um die beträchtliche Hinterlassenschaft
der Herzogin Hadwig von Schwaben, Schwester
Heinrichs
des Zänkers und Gattin
Herzog Burkhards III. von Schwaben,
die ihren Mann um 21 Jahre überlebt und in Schwaben eine Herzogsherrschaft
neben den "amtierenden" konradinischen
Herzögen
Konrad und Hermann II. [Richtig ist, daß Hermann II. erst
997 das Herzogsamt in Schwaben angetreten hat.] ausgeübt hat. Nach
Hadwigs
Tod im August 994 scheinen Verhandlungen zwischen OTTO
III.
und seinem Onkel
Heinrich dem Zänker
in die Wege geleitet worden zu sein, der seinerseits Ansprüche auf
Hadwigs
Erbe anmeldete. Im November zog nun der König über Baden-Baden,
von wo aus er das nahe gelegenen Kloster Schwarzach privilegierte, auf
den Hohentwiel, den zentralen Ort des schwäbischen Herzogs und bis
vor kurzem der dux Hadwig.
OTTO setzte seinen
Weg von Bruchsal aus nicht in der Francia fort, sondern wandte sich erneut
in den SW, diesmal nach Sasbach am Kaiserstuhl. Auch an diesem Ort, einem
anderen Schwerpunkt von Hadwigs Herrschaft,
wollte er offensichtlich durch seine Gegenwart die Kompetenz des Königtums
(gegenüber bayerischen Ansprüchen) vor aller Augen führen.
954
oo 2. Burchard III. Herzog von Schwaben
x um 906-11.11.973
Literatur:
------------
Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im
Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der
Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 157,197,382
H 30 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart
Berlin Köln, Seite 76,113 - Die Begegnung des Westens mit dem
Osten, hg. von Odilo Engels und Peter Schreiner, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1993, Seite 14,20,25,27,433,445 - Glocker, Winfrid: Die Verwandten
der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik, Böhlau Verlag Köln
Wien 1989 V,22 Seite 74,80,114,155,169,173,286 - Hlawitschka
Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des
11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich
klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag
Sigmaringen 1987, Seite 26,50,65,67,70,74,164 - Holtzmann Robert:
Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag
München 197 Seite151,156,218,240-242 - Kienast Walter: Der
Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis 12. Jahrhundert). R.
Oldenbourg Verlag München - Wien 1968 Seite 342 - Maurer, Helmut:
Der Herzog von Schwaben. Grundlagen, Wirkungen und Wesen seiner Herrschaft
in ottonischer, salischer und staufischer Zeit, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1978 Seite 55-56 - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer
Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter.
Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998 Seite 436,439,444,447 - Schneidmüller,
Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.): Otto III. – Heinrich II. Eine Wende?,
Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 278,287,337,369,371 - Schnith
Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien
Köln 1997 Seite 50 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen.
Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 10,192,249
- Uhlirz, Karl: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto
II. und Otto III. Verlag Duncker & Humblot Berlin 1967 Band II Seite
167 -