Sohn des Grafen
Wilhelm der Heilige von Toulouse aus seiner 2. Ehe mit der Witberga
Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1985
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Bernhard, Graf von Barcelona
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+ 844
Er entstammt einer hochadligen Familie. Sein Vater war Wilhelm der Heilige von Gellone, Graf von Toulouse.
Bernhard heiratete
824 Dhuoda.
Er wurde 826 Graf von Barcelona und Herona, 828 Graf von Septimanien. Bernhard
schlug
827/28 erfolgreich arabische Angriffe auf sein Gebiet zurück. Als
Parteigänger der
Judith berief
ihn LUDWIG DER FROMME 829 als leitenden
Staatsmann, bekleidete mit dem Amt des Kämmerers, an den Hof, um mit
seiner Hilfe die Opposition der "Reichseinheitspartei" gegen den Bruch
der ordinatio imperii durch die Ausstattung KARLS
DES KAHLEN mit einem Reichsteil zurückzudrängen. Infolge
eines Aufstandes der Gegenpartei mußte Bernhard
830 den Hof verlassen und sich in seine Grafschaften zurückziehen.
Auf einem Reichstag in Diedenhofen reinigte sich Bernhard
831 durch Eid vom Vorwurf des Ehebruchs mit Judith,
doch kehrte er nicht in seine frühere Stellung an den Hof zurück.
Bernhard
schloß sich Pippin I. an und
widmete sich dem Ausbau seiner Machtposition. Obwohl er zeitweise abgesetzt
wurde, behauptete er sich in Septimanien und eroberte 835/37 die Grafschaften
Toulouse und Carcassonne. Er geriet in Konflikt mit der "gotischen" Bevölkerung
seines Gebietes, die 838 bei LUDWIG DEM FROMMEN
Übergriffe gegen ihr Recht und ihren Besitz beklagte. Bernhard
kämpfte gegen
LOTHAR I., der aus
Rache zwei seiner Geschwister ermordete. Im Krieg der Söhne LUDWIGS
DES FROMMEN trat Bernhard
für
Pippin II. ein, mit
dem er einen politischen Vertrag schloß. Schon 841 näherte er
sich KARL DEM KAHLEN, doch wandte er
sich erneut Pippin II. zu, als der
Vertrag von Verdun seine Interessen verletzte.
Bernhard
wurde
844 bei Toulouse von
KARL
DEM KAHLEN gefangengenommen und hingerichtet.
Er ist der typische Vertreter des rücksichtslos
die eigene Macht mehrenden Hochadels in der Verfallszeit des KAROLINGER-Reiches.
Dümmler Ernst: Band I Seite 53,57,59,60,66,68,71,93,97,110,144,163,233-235
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"Geschichte des Ostfränkischen Reiches"
Judith erkor
für diese Aufgabe den Markgrafen Bernhard
von Barcelona, Herzog von Septimanien, einen Paten des Kaisers,
vornehmer Herkunft, Sohn des für heilig gehaltenen, vielgefeiertenWilhelm
von Toulouse und Vetter des kürzlich ernannten Grafen Odo
von Orleans [Bernhard wurde nach der
Absetzung Beras im Jahre 820 über die spanische Mark gesetzt.]. Bei
demselben Aufstande in der spanischen Mark, durch welchen Hugo und Matfrid
ihre Ämter verloren, hatte Bernhard sich
durch die Umsicht und Verschlagenheit hervorgetan, mit der er die Ausbreitung
desselben in seine Grafschaft verhütete. Seine oft erprobte Kühnheit
und Tatkraft flößten der Kaiserin großes Zutrauen ein,
daß sie ihren Gemahl veranlaßte, ihn mit unumschränkter
Vollmacht als Schatzmeister oder Kämmerer an die Spitze des königlichen
Hauswesens und der gesamten Verwaltung zu stellen, damit er, durch dessen
Hand künftig alle Verleihungen gehen sollten, ihrem Sohne als eine
feste und unüberwindliche Schutzwehr gegen seine Widersacher diente.
Der Mann aber, den sie hierdurch zur rechten Hand des Kaisers, ja zu dessen
Stellvertreter erhob, war ein frecher und gewalttätiger Krieger, ohne
Scheu vor dem Heiligen und ohne Treue, dem jedes Mittel recht war, Macht
zu erlangen oder sie zu behaupten.
Es galt dieselbe in jeder Weise zu schüren, das
allgemeine Mißvergnügen auf einen bestimmten Gegenstand, den
frechen und anmaßlichen Herzog Bernhard
zu lenken. Um endlich die gefährliche Gegnerin, die Kaiserin
Judith selbst mit in den Sturz des Güstlings zu verwickeln,
wurde die Mär ausgestreut und begierig geglaubt, Bernhard
stehe mit seiner Gebieterin in einem unerlaubten, äußerst anstößigem
Verhältnis.
Bernhard
wich mit
LUDWIGS Zustimmung,
von der Küste komend, dem Sturme aus, indem er sich nach Barcelona
zurückzog.
Judith war unschädlich
gemacht,
Bernhard
entwichen, sein Bruder
Heribert
mußte statt seiner büßen, indem er auf LOTHARS
Befehl geblendet und nach Italien verbannt wurde; die letztere Strafe traf
auch seinen Vetter Odo von Orleans.
Bernhard, der seit
seiner Flucht in der spanischen Mark gelebt, wagte auf der Versammlung
in Ingelheim (831) jetzt auch seinen Anklägern kühn entgegenzutreten,
indem er sie wegen seines angeblichen Ehebruches mit der Kaiserin zum Gottesurteil
des Zweikampfes herausforderte. Als niemand sich meldete, wältzte
er ebenfalls die Beschuldigung durch einen Reinigungseide von sich ab.
Judith
war klug genug, den früheren Einfluß, nach dem er trachtet,
ihm nicht wieder einzuräumen: bald gehörte er zu den Unzufriedenen,
die von jeder Veränderung Gewinn hofften und einen Umsturz herzuführen
wünschten.
Teils seine frühere Widersetzlichkeit, teils daß
jetzt der in Ungnade gefallene Herzog Bernhard
seine Gunst genoß, war Grund genug, Pippin
seines
Reiches zu berauben (832). Von Orleans rückte der Kaiser alsbald in
Aquitanien ein, wo zu Anfang Oktober Pippin
und
Bernhard zu ihrer Verantwortung
nach der Pfalz Joac im Limousin beschieden wurden. Dem Herzog
Bernhard
wurden wegen Untreue seine
Lehen abgesprochen, obwohl kein Ankläger auftrat, der ihm dieselbe
durch Zweikampf zu beweisen bereit wäre,
Pippin
dagegen sollte mit Weib und Kind nach Trier gebracht werden.
In Burgund erhob sich 834 Bernhard,
der gestürzte Kämmerer, der durch seine Verbindung mit Pippin
das
Herzogtum Septimanien eingebüßt, und der Graf Warin von Macon:
durch lockende Verheißungen gewannen sie das Volk für die Sache
des abgesetzten Kaisers und verpflichteten es durch Eide.
Bis Boneuil im Pariser Becken drangen indessen
auch die Grafen Warin und Bernhard vor
und schickten von dort Gauzhelm,
Bernhards
Bruder und den Abt Adrebald von St. Germer de Flay gegen Ende Februar
mit der Botschaft an LOTHAR, er möge
seinem Vater die Freiheit wieder schenken, so wollten sie für ihn
Fürbitter sein, daß ihm von seinen früheren Ehren nichts
verkürzt würde.
Nachdem LOTHAR die
Umgegend verwüstet und die von seinen Gegnern in der Eile befestigte
Stadt Chalon drei Tage hindurch gestürmt, ergab sich dieselbe endlich
durch einen Vergleich. Unter wildem Zuruf des Heeres wurden von den tapferen
Verteidigern die
Grafen
Gauzhelm
von Roussillon, Bernhards Bruder,
der Gote Sanila und der königliche Vasall Madalhelm mit dem Schwerte
gerichtet, die Nonne Gerberga,
eine Schwester Gauzhelms
in ein Weinfaß gesteckt und als Giftmischerin in der Saone ersäuft.
Insbesonderheit beschäftigten den Kaiser neben diesen
allgemeinen Verfügungen noch die Angelegenheit der spanischen Mark
und des Herzogtums Septimanien, um deren Besitz Bernhard
mit
dem Grafen Berengar von Toulouse haderte, der an seiner Statt im Jahre
832 mit der Verwaltung jener Länder betraut worden war. Durch seine
neueren Verdienste um den Kaiser glaubte Bernhard
sich jetzt berechtigt, seine frühere Stellung wieder zu
fordern. Wahrscheinlich wurde der Streit durch eine Teilung geschlichtet,
die nicht zum Vollzug kam, weil Berengar, ein Verwandter des Kaisers, auf
dem Rückweg vom Reichstag starb (835) und seinem Nebenbuhler Platz
nachte.
Außer dem nördlichen Aquitanien besaß
KARL
fast nichts mehr sicher, zumal da auch der Markgraf
Bernhard von Septimanien, sein einstiger Beschützer, über
dessen freche Eingriffe in das Eigentum von Kirchen wie von Privatleuten
noch unter dem alten Kaiser vielfache Klagen laut geworden [Vita Hludowici
c. 59. Der Kaiser hatte zu Quierzy eine Untersuchung durch Sendboten angeordnet.],
sich äußerst zweideutig benahm und heimlich den kecken Plan
einer völligen Losreißung verfolgte.
Nur wenige von Pippins Vasallen
traten zu KARL über und auch der
Herzog
Bernhard von Septimanien, der der Bruderschlacht in geringer
Entfernung als unbeteiligter Zuschauer begewohnt, verharrte in seiner zweideutigen
Stellung und bei seinen alten Unabhängigkeitsgelüsten, indem
er nur seinen ältesten Sohn Wilhelm
dem König huldigen ließ, selbst aber zu kommen verschmähte.
Nach Ablauf des Winters zog der König im Frühjahr
844 gegen Aquitanien, von dem sich nur etwa die Hälfte in seinen Händen
befand, während der übrige Teil noch immer hartnäckigen
Widerstand leistete. Zur Partei Pippins
gehörte namentlich auch die Stadt Toulouse, die mächtigste des
ganzen Landes, wiewohl der Erzbischof und Markgraf Humfrid von Toulouse
auf KARLS Seite standen. Mit der Belagerung
dieser Feste, einst des stärksten Bollwerkes gegen die Anfälle
der Sarazenen eröffnete der König seinen Feldzug, indem er in
dem benachbarten Kloster S. Saturnin sein Quartier nahm. Dort ward ihm
endlich die längst ersehnte Gelegenheit eines furchtbaren Strafgerichst
an einem der schuldbelastendsten Urheber des Bürgerkrieges zu vollstrecken.
Der Markgraf Bernhard, einst zum Beschützer
KARLS
erkoren, hatte auch für die, welche ihn nicht aus persönlicher
Feindschaft zu stürzen suchten, seine eigensüchtigen Absichten
bereits bei Lebzeiten des alten Kaisers durch seinen Abfall zu Pippin
verraten und seitdem waren seine vermessenen Pläne im er deutlicher
hervorgetreten. Da er in der Schlacht bei Fontenat keines Königs Partei
ergriff, sondern an der Spitze seiner Streitkräfte den Ausgang wohlgerüstet
erwartete, zeigte sich klar, daß sein Vorhaben auf die Schwächung
aller drei gestellt war, um unter den Trümmern des alten Herrscherhauses
eine selbständige Herrschaft zu begründen. Durch die Huldigung,
die auf sein Geheiß sein kaum erwachsener Sohn Wilhelm
dem
König KARL nachmals geleistet,
hielt er selbst sich niocht gebunden; das spansiche Emirat in Cordoba mit
dem schon früher einzelne Gegner des fränkischen Reiches aus
diesen Gegenden in Verbindung getreten, andrerseits König
Pippin, dem er durch angebliche Vermittlung nützlich gewesen,
gewährten einen doppleten Rückhalt, um die Unabhängigkeit
wider den westfränkischen Herrscher auch ferner zu behaupten. Wie
KARL
schon
früher einmal versucht, sich seiner Person mit List zu bemächtigen,
so schien bei der bedrängten Lage des Reiches dieser Weg auch jetzt
der kürzeste und zweckmäßigste zum Ziele. Ohne Feindseliges
zu ahnen, wurde Bernhard in das königliche
Lager gelockt, dort plötzlich in Haft genommen, durch das Gericht
der Franken als Hochverräter zum Tode verurteilt und schleunigst gerichtet.
An zureichenden Gründen für dieses Verfahren konnte es nicht
fehlen, da außer der fortgesetzten Auflehnung und Treulosigkeit,
deren er sich schuldig gemacht, vielfache Gewalttätigkeiten und Räubereien,
die er mit seinen Gesellen verübt ihm zahlreiche Widersacher erweckt
hatten. Sein Verhalten, das kecke Trachten nach der Königskrone erregte
Grausen unter den Zeitgenossen, weil es vereinzelt dastand als eine unerhörte
Tat war.
Riche Pierre: Seite 185-191,197,230
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"Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."
Auch die Kaiserin Judith,
die ausschließlich an die Ansprüche ihres kleinen Sohnes dachte,
konnte ihrerseits einige Gefolgsleute um sich sammeln. Zu ihnen gehörte
auch Markgraf Bernhard von Septimanien,
ein Patenkind des Kaisers. Als Sohn jenes Wilhelm,
der unter KARL DEM GROSSEN Graf von
Toulouse war, war er LUDWIGS Vetter.
Im Jahre 824 heiratete er in der Aachener Pfalzkapelle Dhuoda,
die einer bedeutenden austrischen Familie entstammte. Wie sein Vater war
auch Bernhard damit beauftragt, das
südliche Aquitanien gegen Arabereinfälle zu schützen. Er
erhielt die Gelegenheit, seine militärischen Fähigkeiten zu beweisen,
als 827 Barcelona von den Truppen des Emir Abd
al-Rahman II. belagert wurde. LUDWIG
DER FROMME wollte Bernhard Verstärkungen
schicken, aber weder der in den Quellen als besonders furchtsam geschilderte
Graf Hugo von Tours noch Graf Matfrid von Orleans brachen rechtzeitig auf.
So wurde Barcelona von Bernhard allein
aus der Gefahr befreit. Hugo und Matfrid wurden des Verrats beschuldigt
und zum Tod verurteilt. Zwar wurden sie auf Fürbitten Walas
begnadigt,
doch verloren sie ihre Grafschaften und Besitzungen.
Bernhard
aber, der Held des Tges, wurde Ratgeber LUDWIGS
und Beschützer
Judiths.
Auf der Wormser Reichsversammlung 829 machte LUDWIG
Bernhard zum Kämmerer und gab ihm damit eines der wichtigsten
Ämter im Reich; zusätzlich beauftragte er ihn mit der Erziehunge
des kleinen
KARL.
Trotz seines Rückzugs nach Corbie wollte sich Wala
nicht geschlagen geben und sammelte die Anhänger der Reichseinheit
um sich. Da er einige Informanten am Hof behalten hatte, konnte er eine
Verleumdungskampagne gegen Judith in
Gang bringen. Glaubt man diesen Gerüchten, dann beging Judith
mit ihrem Komplzen und Liebhaber Bernhard
nicht nur Ehebruch, sondern beide machten sich auch der Zauberei und sogar
eines Mordversuchs schuldig.
Dazu berichtet Walas
Biograph Paschasius Radbertus:
"Oh, welcher Tag, der dem Erdenrund beinahe ewig währende
Finsternis und höchste Gefahr gebracht hat, der das geeinte und befriedete
Reich entzweite undin Stücke zerteilte, der die Bande der Brüderlichkeit
und des Blutes auflöste, überall Feindschaften entstehen ließ,
Landsleute trennte, Glaube und Liebe aufhören ließ, selbst den
Kirchen Gewalt antat und überall Verderbnis herrief ... Oh, Unglückstag,
dem eine noch unglücklichere Nacht folgt. Aber kein Tag war unglücklicher
als der, an dem der Schurke Bernhard aus Spanien
berufen wurde, jener Elende, der alle Ehrbarkeit verließ, in die
er hineingeboren war, und sich stattdessen in seiner Torheit in allen Schmutzsuhlen
wälzte. Gleich als er ankam, verwüstete er wie ein wilder Eber
den Palast, vernichtete er die Ratsversammlung, beseitigte er alle Rechte
der Vernunft, vertrieb und verschliß er alle himmlischen und menschlichen
Ratgeber, besetzte er gar das Ehebett ... Der Palast wurde zum Freudenhaus,
in dem die Ehebrecherin herrscht und der Ehebrecher regiert, in dem sich
Verbrechen häufen, in dem besonders ruchlose und hexerische Zaubereien
aller Art gebraucht werden ... Der Augustus ging wie ein unschuldiges Lamm
zur Schlachtbank. Der große und sanftmütiger Kaiser ging in
den Tod, getäuscht von der, vor der ihn Salomon gewarnt hatte, und
noch mehr getäuscht von den Nachstellungen jenes Kupplers ..."
Der Wahrheitsgehaltz dieser Anschuldigungen ist kaum
mehr zu ermitteln.
KARLS DES KAHLEN
Vetter Nithard, der zweifellos gut unterrichtet war, schreibt einfach:
"Anstatt
pflichtgemäß das Reich zu festigen, richtete Bernhard
es gänzlich zugrunde, da er unbesonnen Gebrauch von der Staatsgewalt
machte."
Bernhard war zwar
verheiratet, hatte seine Gattin Dhuoda
aber nach Uzes verwiesen. Der Vorwurtf der Zauberei muß nicht erfunden
sein, denn unheilvolle magische Praktiken gewannen damals nicht nur im
Volk, sondern auch unter den Adligen zunehmend Anhänger.
Ganz gleich wie es um den Wahrheitsgehalt stand, jedenfalls
war Walas Kampagne erfolgreich. Der
Aufstand brach aus, als LUDWIG im April
830 einen Feldzug gegen die Bretonen vorbereitete. Pippin
von Aquitanien, die Grafen Hugo und Matfrid, dazu noch Ludwig
der Deutsche waren entschlossen, den Kaiser aus der Macht
Judiths und Bernhards zu
"befreien". Der Kämmerer brachte sich nach Barcelona in Sicherheit,
während sich Judith nach Laon
in ein Kloster flüchtete. Bernhards Anhänger
verloren ihre Positionen, sein Bruder Heribert
wurde geblendet, Judith und ihre Brüder
wurden in aquitanischen Klöster verwahrt.
Markgraf Bernhard
trieb Pippin
zum Aufstand, mit dem
Erfolg, daß Kaiser LUDWIG
dessen
Reichsteil einzog und zum Reichsteil von Judiths
Sohn
schlug.
Der Bürgerkrieg brach wieder aus. Auf der einen
Seite standen
Pippin, unterstützt
von Bernhard,
der Rache an LOTHAR
suchte, und LUDWIG
DER FROMME, der sich bei Langres mit
Ludwig dem Deutschen vereinigt
hatte. Ihnen gegenüber stand
LOTHAR
mit
seinen verbliebenen Anhängern, darunter Hugo und Matfrid sowie Graf
Hugo von Nantes, der mit den Bretonen verbündet war. LOTHAR
nahm
Chalon und ließ einige Adlige hinrichten, darunter
Graf
Gauzhelm, Markgraf Bernhards
Bruder, und seiner Schwester
Gerberga,
die er der Hexerei beschuldigte.
Danach erlebten sie die Ankunft einiger Adliger, die
auf den Ausgang der Schlacht gewartet hatten, bevor sie sich entschieden.
Darunter war
Markgraf Bernhard von Septimanien,
der ein paar Kilometer von Fontenoy entfernt abgewartet hatte. Jetzt übergab
er KARL seinen 16-jährigen Sohn
Wilhelm,
der zugleich Geisel und Gefolgsmann wurde. Zu dieser Übergabe verfaßte
Dhuoda,
die Gemahlin
Bernhards und Wilhelms
Mutter, für ihren Sohn den berühmten Liber manualis, in
dem sie das Erziehungsprogramm für einen christlichen jungen Adligen
entwirft.
Die Parteigänger Pippins
II. hatten die Bestimmungen des Vertrags von Verdun nicht anerkannt
und widersetzten sich fast 20 Jahre lang der Herrschaft des westfränkischen
Königs. Zu den Opponenten gehörte seit 844 Bernhard
von Septimanien, der einmal mehr wortbrüchig geworden war
und sich in Toulouse niedergelassen hatte. KARL
zog 844 aus, um die Stadt zu belagern, konnte sie aber nicht bezwingen.
Immerhin brachte er Bernhard
in seine Hand und ließ ihn enthaupten
Schieffer Rudolf: Seite 124,127-129,146
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"Die Karolinger"
Zwar konnte der Graf Bernhard
von Barcelona, Sohn des unter KARL
ruhmreichen Wilhelm
von Toulouse, das Ärgste verhindern, aber das von den Grafen
Hugo und Matfrid geführte fränkische Hauptheer rückte dann
so schleppend heran, daß es den plündernden Feind gar nicht
zu fassen bekam.
Der Bruch war offenkundig, als LOTHAR,
der am 11.9.829 die letzte gemeinsame Urkunde mit dem Vater ausstellte,
im Herbst ins Teilreich Italien abgeordnet und auch Wala vom Hof in sein
Kloster Corbie verwiesen wurde. Statt ihrer nahm nun Bernhard
von Barcelona, der Rivale Hugos und Matfrids, als Kämmerer
die Stellung eines "Zweiten in der Herrschaft" ein, getragen vom Vertrauen
der Kaiserin Judith (was bald zu üblen
Gerüchten Anlaß gab) und verhaßt bei den tonangebenden
Kreisen, die sich über weitere personelle Veränderungen am Hof
entrüsteten. Der Vorgang zeigt deutlich die faktischen Grenzen der
kaiserlichen Entscheidungsfreiheit auf, denn die verbreitete Mißstimmung
in der geistlichen und weltlichen Führungsschicht ließ sich
nur den Winter 829/30 über noch unter Kontrolle halten. Als angeblich
auf Betreiben Bernhards, der Aufmarsch
zu einem neuen Feldzug gegen die Bretonen ausgerechnet auf den Gründonnerstag
(14.4.) angesetzt wurde, gab dies das Fanal zum Umsturz.
Zum Verständnis der weiteren Entwicklung ist wichtig,
daß die aktive Opposition nicht von dem in Italien weilenden Kaiser
LOTHAR und auch kaum von seinen königlichen Brüdern
ausging, sondern von den um ihren Einfluß gebrachten Großen,
die sich bei der Forderung nach Revision der jüngsten Maßnahmen
einig in dem Ziel waren, Bernhard
und
Judith aus ihren Schlüsselpositionen
zu verdrängen. LOTHAR wurde daher
eilends über die Alpen herbeigeholt, nachdem sich das Heer statt gegen
die Bretonen in den Pariser Raum gewandt und Bernhard
sein Heil in der Flucht nach Barcelona gesucht hatte, während
Judith in Klosterhaft nach Poitiers
verbracht wurde.
Beim Vorstoß nach Aquitanien konnte KARL
DER KAHLE 844 den Grafen Bernhard von
Septimanien, einst Favorit seiner Mutter Judith,
mit List in seine Gewalt bringen und als Hochverräter hinrichten lassen.
Werner Karl Ferdinand: Seite 427
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"Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"
Als Graf Bernhard von Barcelona im Jahr 827 von einem mohammedanischen Heer belagert wurde, erhielten dire Grafen Hugo von Tours und Matfrid von Orleans vom Kaiser den Befehl, ihm Hilfe zu leisten. Sie verzögerten bewußt ihre Aktion (um Bernhard zu schaden) und wurden abgesetzt. Bernhard, der die gefährliche Lage überstehen konnte, wurde zum Kämmerer ernannt, erhielt also eines der wichtigsten Hofämter. Diese Entwicklung steigerte die Erbitterung seiner Gegner, die jetzt Bernhard und Judith sogar des Ehebruchs bezichtigten.
Störmer Wilhelm: Band II Seite 468
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"Früher Adel. Studien zur politischen Führungsschicht
im fränkisch-deutschen Reich vom 8. bis 11. Jahrhundert."
Betrachtet man die Kurzbiographien der Angehörigen
Dhoudas,
die J. Wollasch erstellt hat, so wird in politischer Hinsicht ein fortwährendes
Auf und Ab von Wellenberg zu Wellental bei allen männlichen Vertretern
dieser Adelsfamilie deutlich. Bernhard,
der Gemahl Dhuodas,
eine berühmte und berüchtigte Gestalt, war spätestens seit
827 Graf in Barcelona in der Spanischen Mark, hatte hier also eine Schlüsselstellung
inne. Nach Thegan war Kaiser LUDWIG DER FROMME
sein Pate; auch seine königliche Herkunft wird erwähnt. Wohl
auf Grund dieser Beziehungen wurde er 829 zum Kämmerer ernannt und
zum Tutor KARLS DES KAHLEN, wodurch
er zum zweiten Mann im Reich aufstieg. Das aber schürte offensichtlich
die Unzufriedenheit der großen Reichsvasallen, denen er unbeliebt
war, so daß er schon ein Jahr später vor einer Verschwörung
fliehen mußte. Bernhard
begab sich in seine Grafschaft Barcelona und renigte sich von der gegen
ihn erhobenen Anklage, schwor 832 dem Kaiser in Aachen wieder die Treue,
bekam aber seine honores abgesprochen. 835 hatte Bernhard
jedoch mit einem anderen Adeligen bereits wieder die Macht über ein
großes Reichsgebiet, Burgund. 838 wurde er von den meisten Adeligen
Septimaniens der Willkürherrschaft angeklagt. 844 wurde Bernhard,
dessen politisches Spiel und Macht KARL DEM KAHLEN
zu gefährlich wurde, von diesem hingerichtet oder ermordet. Mißbrauch
seiner Herrschaftsstellung zu persönlicher Machtentfaltung, Überschreitung
von Befugnissen, Raub von Kirchengut, persönliche Verrufenheit waren
die Hauptangriffspunkte seiner Zeitgenossen gegen ihn.
824
oo Dodana (Dhuoda)
um 800/05- nach
843
Kinder:
Wilhelm
29.11.825- 850
Bernhard II. Plantevelue
um 830-17.8.886
Regelinda
-
oo Vulgrin I. Graf von Angouleme
- 886
Stammeltern des Hauses Angouleme
Literatur:
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Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen
Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 45,53,57,60,68,71,
93,99,110,144,150,163,211,233-235,322 - Ennen, Edith: Frauen im
Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 58-59 - Riche
Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch
Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 185-191, 197,230, 293
- Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart
Berlin Köln 1992 Seite 124, 127-129,146,168 - Schneidmüller
Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart
Berlin Köln 2000 Seite 52 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche
Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag
Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 51,79 - Werner Karl Ferdinand:
Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch
Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 427 -