Als Chlodwig
im Jahre 511 im Alter von 45 Jahren starb, erhielten die vier Söhne
Theuderich,
Chlodomer,
Childebert
und
Chlothar
sein
Reich und teilten es untereinander zu gleichen Teilen. Die Brüder
treten als Erbengemeinschaft entgegen, die das Erbe zunächst gemeinsam
übernimmt und anschließend teilt. Dabei handelt es sich um keine
Real- oder Totteilung, sondern um eine innerhalb der Brüdergemeine
erfolgende Teilung zur gesamten Hand. Die samtherrliche Komponente wird
auch in der Folgezeit mehrfach deutlich in der Politik der vier Chlodwig-Söhne
sichtbar, äußert sich in gemeinsamen Beratungen, Feldzügen
usw. und wird ebenfalls in der gemeinsamen Verantwortung für ihre
Schwester sichtbar. Erwähnenswert bei der Herrschaftsnachfolgeregelung
von 511 ist, daß Chlodwigs ältester
Sohn Theuderich aus einer unehelichen
Verbindung stammte, hier aber neben den Brüdern aus Chlodwigs
Ehe offenbar völlig gleichberechtigt als Erbe entgegentritt, während
ebenfalls festgehalten werden muß, daß Theuderichs
ältester Sohn beim Tode des Großvaters volljährig war,
bei der Erbregelung aber offenbar gänzlich unberücksichtigt blieb,
was aus erbrechtlichen Gründen, nicht aber wegen mangelnder Ideoneität
erklärt, da ihn Gregor schon zum Jahre 511 ausdrücklich als elegans
atque utilis rühmt.
Das Erbrecht deer Brüder war jetzt aber nach vollzogener
Machtentscheidung so wirkungsmächtig, daß auch der allem Anschein
nach an den Machenschaften unbeteiligte dritte Bruder, nämlich
Theuderich, aequa lance an der Erbmasse beteilgt werden
mußte.
Chlothars Bruder
Theuderich
war bei der Durchsetzung seiner eigenen thüringischen Interessen freilich
viel robuster, indem er zunächst - vergeblich - Chlothar
als Rivalen zu ermorden suchte und dann mit dem Thüringer-König
Herminafried
selbst ein arglistiges Spiel trieb, das mit dessen ominösen Tod endete,
als es sich nicht bewähren wollte.
Hierzu paßt eine weitere Episode aus der Zeit der
Thüringen-Kriege. Als Theuderich in
Thüringen weilte, verbreitete sich in Clermont das Gerücht, er
sei erschlagen worden. Arcadius, einer der dortigen Senatoren, lädt
daraufhin Childebert ein, er solle
jenes Gebiet übernehmen. Von Bedenken Childeberts
vor einer damit verbundenen Anerkennung eines Wahlprinzips hört man
nichts. Childebert korrigierte seinen
Schritt erst, als sich das Gerücht als falsch herausstellte und er
sichere Kunde erhielt, Theuderich lebe
und sei auf dem Rückmarsch.
An Chlothars und
Childeberts
Feldzug gegen Burgund hatte Theuderich
trotz dringlicher Aufforderung nicht teilnehmen wollen. Überaschenderweise
akzeptierten die zu seinem Herrschaftsbereich gehörenden Franci seine
Haltung nicht. Obwohl diese Franken formal Bezug auf
Theuderichs brüderliche Hilfsverpflichtung zu nehmen scheinen,
ist Beutegier ihr wahres Motiv. So gelingt es denn Theuderich
auch, die Androhung der Verlassung und Ankündigung einer freien Wahlentscheidung
für eine neue Herrschaft abzubiegen, indem er einen Beutefeldzug gegen
das treulose Clermont zu führen verspricht. Der knappen Erzählung
läßt sich entnehmen, daß die Formen von Verlassung und
Wahl selbst als politisches Druckmittel wirksam und lebendig sind, daß
ein König wie Theuderich diesbezügliche
Drohungen sehr ernst nimmt, und schließlich zeigt der von Theuderich
als
Rache-, für seine Franken aber aauch als Beutefeldzug konzipierte
Marsch auf Clermont, wie bedrohlich die oben geschilderte invitatio
des möglicherweise doch für eine stattliche Gruppe handelnden
Senators Arcadius von Theuderich noch
nachträglich eingeschätzt wird. Die beutehungrigen Krieger gehen
auf Theuderichs beschwörende Versprechungen
ein udn versprechen ihrerseits, ihm seinen Willen zu tun.
Wie es der pragmatischen und elastischen Politik der
Söhne Chlodwigs entsprach, zeigte
Theuderich
gegenüber dem "König"Munderich
keine klar ablehnende Haltung, sondern verlegte sich auf List
und Täuschung, denen Munderich
schließlich zum Opfer fiel. Theuderichs
erste
und offene Reaktion aber war das Angebot, Munderich
möge zu ihm kommmen. Natürlich konnte die zugesicherte Prüfung
von Munderichs Rechtsanspruch nur Vorwand
sein, daß mit diesem aber gearbeitet wurde, zeigt, daß die
königlichen Herrschaftsrechte dieser Zeit noch keinesfalls fest und
eindeutig waren und daß die Beschränkung des Königtums
auf Chlodwigs direkte Nachkommen rechtlich
nicht strikt vorgegeben, sondern Ergebnis einer historischen Entwicklung
ist. Die Geschichte weiterer Thronprätendenten kann das nur unterstreichen.
Zu ihnen gehörte vielleicht auch der Herzog der Auvergne, Sigivald,
ein Verwandter Theuderichs, den dieser
umbringen ließ [74 Gregor III, 23 Seite 122; wie um 520 Arcadius
dürfte Sigivald Exponent auvergnatischer Selbständigkeitstendenzen
gewessen sein. Wenskus, Bemerkungen 225, vermutete in Sigivald einen
Sproß der Kölner Königsfamilie, der vor Chlodwig
gerettet werden konnte.].