Sohn des N.N.
Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 397
********************
Raganfrid, fränkischer Hausmeier
----------
†
731
In der 714 nach dem Tod Pippins II. ausbrechenden Krise empörten sich die Neustrier gegen Plektrud, schlugen ihren Enkel, den Hausmeier Theudoald, in die Flucht und erhoben den aus der neustrischen Oberschicht stammenden, im Vexin begüterten Raganfrid „in principatum maiorum palacu“. Mit dem neuerhobenen König Chilperich II. zog er plündernd bis in die Ardennen und zur Maas; im Bündnis mit dem Friesen-Herzog Radbod gelang ein Sieg gegen Karl Martell, der der Haft seiner Stiefmutter Plektrud entwichen war. 716 gelangte Raganfrid bis nach Köln, wo Plektrud zur Herausgabe ansehnlicher Teile des Schatzes gezwungen wurde. Nun aber wandte sich das Blatt: Durch Siege bei Amblève 716 und bei Vinchy 717 errang Karl Martell die Herrschaft in Austrasien, dem er einen eigenen König (Chlothar IV.) gab. Raganfrid verbündete sich nun mit dem aquitanischen dux Eudo. Noch 718 (nicht 719: vgl. Semmler) schlug Karl die Verbündeten bei Soissons und kämpfte sich nach Paris und bis zur Loire vor. Eudo unterwarf sich; spätestens 720 war Raganfrid endgültig aus dem Hausmeieramt verdrängt. Eine lokale Herrschaft im Anjou vermochte er bis zu seinem Tod zu behaupten.
U. Nonn
Dieser Daniel wird also von einer Adelsgruppe, die in politischem Gegensatz zu Karl Martell und unter Führung des neustrischen Hausmeiers Raganfred stand [640 E. Hlawitschka, Die Vorfahren Karls des Großen, in: Karl der Große I (1965) 62.], als Chilperich II. zum Königg erhoben (715 nach September 2 und vor 716 Februar 29).
Schieffer Rudolf: Seite 36-39
**************
"Die Karolinger."
Sie bemächtigten sich des Königs Dagobert
und brachten ihn dazu, einen der Ihren, den nördlich von Paris begüterten
Raganfrid,
zum Hausmeier zu machen an Stelle des geflohenen
Theudoald,
der bald nach seiner Niederlage umgekommen zu sein scheint. Da
Dagobert III. im Winnter 715/16 starb, kamen Raganfrid und
sein Anhang rasch in die Lage, ganz nach dem Vorbild Pippins einen
weiteren MEROWINGER
als nominellen König bestimmen zu können. Wie schlecht die Sache
der PIPPINIDEN mittlerweile
stand, wurde deutlich, als Raganfrids
Leute nicht zu hindern waren,
plündernd in die Ardennen und bis zur Maas vorzustoßen, also
nach der angestammten Machtbasis ihrer Gegner zu greifen. Im Zusammenspiel
mit den Friesen unter Radbod (dem Schwiegervater des ermordeten
Grimoald),
die rheinaufwärts heranrückten, wurde im Frühjahr 716 sogar
Köln das Ziel ihres Angriffs, wo der bedrängten Plektrud
schließlich nichts übrigblieb, als Chilperich
und seinem Hausmeier ansehnliche Schätze auszuhändigen.
In der doppelten Rebellion gegen die neustrische Reichsregierung
wie auch gegen die bisher tonangebende austrische Führungsgruppe um
Plektrud
verharrend, sammelte Karl Martell indes weitere Kräfte hinter
sich und war übers Jahr imstande, Chilperich
II. und Raganfrid am 21.3.717 bei Vinchy im Cambresis
siegreich aus dem Felde zu schlagen.
Mit der Einsetzung eines eigenen merowingischen
Königs namens Chlothar IV. erhob
er offen den Anspruch auf Gleichrangigkeit mit seinem Gegenspieler Raganfrid,
der sich seinerseits mit Eudo, dem dux von Aquitanien
verbündete.
Die Entscheidung fiel, als Karl wohl schon im Frühjahr oder
Sommer 718 vor den Mauern von Soissons aus der Defensive heraus den Durchbruch
nach Paris und weiter bis zur Loire erkämpfen konnte. Eudo
untwerwarf sich und lieferte den mitgeführten
neustrischen König
Chilperich
II. samt dessen Schätzen dem Sieger aus. Da Chlothar
IV. rasch gestorben war, bot sich die Lösung an, daß
Karl
den überlebenden
MEROWINGER
unter seine Kuratel nahm, von ihm das Hausmeieramt empfing (ab 720 bezeugt)
und damit auch formal den Rivalen Raganfrid verdrängte, der
indes eine lokale Herrschaft im Anjou bis zu seinem Tode (731)
behauptete.
Literatur:
-----------
Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische
Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977 Seite 464,465,468
- Ewig Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 1988 Seite 205 - Hartmann Martina:
Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger. Primus Verlag 2003 Seite
84 - Paulus Diakonus und die Geschichtsschreiber der Langobarden:
Geschichte der Langobarden. Phaidon Verlag Kettwig 1992 Buch VI Kapitel
42 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher
Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 55,64 - Schieffer
Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992
Seite 36-39,45 - Schneider, Reinhard: Königswahl und Königserhebung
im Frümittelalter. Untersuchungen zur Herrschaftsnachfolge bei den
Langobarden und Merowingern, Anton Hiersemann Stuttgart 1972 Seite 179
- Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum
Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
1995 Seite 364 -