Denkwürdig ist der Umschwung im Verhalten König
Childeberts gegenüber seinem Neffen, dem er eben
noch das Reich des Vaters streitig gemacht hatte. Als er sah, daß
er Theudebert
nicht werde überwinden können, versuchte er, sich mit ihm zu
arrangieren. Aber daß Childebert den
tatkräftigen und rasch zupackenden Theudebert
zu sich bat, ihn adoptierte und mit Geschenken überhäufte, verwunderte
doch alle sehr, die es erlebten. Ein gemeinsamer Feldzugsplan
Theudeberts
und
Childeberts
im Jahre darauf gegen
Chlothar
wirft
auf das Verhältnis zwischen dem kinderlosen Oheim und seinem Neffen
ein zusätzliches Licht. Ob Childeberts
Erbpläne ernst und zu realisieren waren, blieb offen, denn Theudebert
starb schon im 14. Jahr seiner Herrschaft (Ende 547): Ob der Erbvertrag
zwischen seinem Vater und dem Oheim
Childebert
irgendeine
Bedeutung für
Theudebald
selbst hätte haben können, läßt sich folglich nicht
mehr erkennen. Ob Childebert seinerseits
beim Tode des kinderlosen Erben seines Adoptivsohnes erbrechtliche Ansprüche
geltend machen konnte und geltend machte, bleibt ebenfalls unbekannt, denn
ausgerechnet Chlothar erhielt Theudebalds
Reich.
Wieder hatte er seine Hand mit Erfolg nach der Witwe des verstorbenen Konkurrenten
ausgestreckt und sich dadurch einen entscheidenden Vorsprung vor Childeberts
Erbansprüchen verschafft.
Childeberts Vertrag
mit seinem Neffen Chram
war ein rein politisches Zweckbündnis gegen den gemeinsamen Gegner
Chlothar.
Mehr als die Anerkennung von Chrams
faktischer Herrrschaft und politischen Rückhalt gegen den Vater wird
Childebert
nicht zugesagt haben, denn auch er hegte Erbansprüche auf seines Bruders
Reich. Sie schienen sich zu realisieren, als er hörte, Chlothar
sei auf seinem sächsischen Feldzug erschlagen worden. Sofort zog er
plündern und brennend bis vor Reims, um gewaltsam alles zu unterwerfen,
was er von Chlothars Reich nur erreichen
konnte. Er sei "der Meinung gewesen" alles müsse jetzt seiner Herrschaft
unterworfen sein. Von Versuchen, Rechtsansprüche formell geltend zu
machen und ihrer Wirksamkeit zu vertrauen, ist in Gregors Bericht nichts
zu spüren. Wann Childeberts Ernüchterung
mit der Nachricht von Chlothars Überleben
kam, ist nicht überliefert. Bekannt ist, daß
König
Childebert nach bald einsetzendem Siechtum 558
(Dezember 23) in Paris starb und Chlothar
sein Reich und seine Schätze in Empfang nahm. Dieser Herrschaftswechsel
im Reich von Paris verlief offenbar rasch und reibungslos. Chlothar
brauchte nicht einmal zum bewährten Mittel der Einheirat zu greifen,
sondern schickte Childeberts Witwe
Ultrogotho
und
ihre beiden Töchter nur sicherheitshalber in die Verbannung. Söhne
hatte der verstorbene Bruder nicht - das hat den Herrschaftswechsel gewiß
erleichtert.