Noch bevor das geschehen war, bemühte sich Ludwig,
der aus seiner zweiten Ehe mit Elisabeth
von Bosnien nur spätgeborene Töchter [1 Eine
ältere, Katharina, geboren 1370,
starb schon 1378.], Maria
(* 1371) und Hedwig (*
1373 oder 1374), hatte, um die Anerkennung ihrer Thronfolgerechte
durch den Adel.
Gegen das einzige Zugeständnis, daß die von
Ludwig
dafür bestimmte Tochter ihm in Polen auf dem Thron folgen solle, setzte
Ludwig
die bisher 12 Groschen betragende
allerdings nicht ganz regelmäßig erhobene Pflugsteuer auf 2
Groschen je Hufe und Jahr für den gesamten adligen Besitz fest und
erklärte, daß damit auch die übrigen Steuern abgegolten
sein sollten.
Für seine Töchter sah Ludwig
günstige Eheverbindungen vor; Maria
wurde schon 1372 mit KARLS
IV. Sohn aus seiner vierten Ehe SIGISMUND
(* 1368) verlobt, dem späteren Kaiser, der also
durch seine Mutter Elisabeth
von Pommern Urenkel von Kasimir
dem Großen war. Die jüngere, Hedwig,
wurde 1375 dem 1370 geborenen ältesten Sohn Herzogs
Leopolds III. von der Steiermark, Wilhelm
von Habsburg [3 Er war der ältere Bruder von
Ernst dem Eisernen von Steiermark,
des Vaters von Kaiser FRIEDRICH III.]
versprochen. Mit ihrem zwölften Jahre sollte die Ehe vollzogen und
rechtskräftig werden. Offenbar war durch diese Verbindung mit SIGISMUND
Maria für die Nachfolge in Polen, Hedwig
nach dem Tod der ältesten Tochter Katharina
für die Nachfolge in Ungarn vorgesehen.
Eine zweite Versammlung in Radomsko vom März 1384
verlangte nach vorausgegangenen wechselnden Verhandlungen mit Ludwigs
Witwe Elisabeth kategorisch Hedwigs
Absendung nach Polen und drohte mit freier Wahl, fall sie bis zum Mai nicht
kommen sollte. Obwohl Elisabeth die
Absendung noch hinauszögert und Hedwig
erst im Oktober in Krakau eintraf, wurde die freie Wahl nicht verwirklicht
und Hedwig am 15. Oktober 1384
in Krakau nach zweijährigem Interregnum gekrönt.
Damit war die ungarisch-polnische Union aufgehoben,
auch die zunächst zugesagte Rückkehr des königlichen Kindes
zur Mutter nach Buda stand nicht mehr zur Diskussion, und die sie nach
Krakau begleitenden ungarischen Bischöfe kehrten bald nach Ungarn
zurück. Nur in der Frage einer Eheschließung der Königin
mußte noch das Einverständnis von Ludwigs
Witwe, der Bosnierin Elisabeth, eingeholt
werden. Ihr Interesse begegnete sich insofern mit dem der kleinpolnischen
Herren, die am Krakauer Hof maßgebend waren, als sie gegen die Ehe
Hedwigs
mit Wilhelm von Habsburg waren, die
nach einigen Monaten vollzogen werden konnte [6 Entgegegn der Angabe
Dlugosz's war Hedwig nicht 1371, sondern
frühestens im Oktober 1373 geboren. Wäre sie tatsächlich
schon bei der Krönung dreizehn Jahre gewesen, hätten die HABSBURGER
längst auf Vollzug der Ehe gedrängt, die nach kanonischem Recht
mit zwölf Jahren möglich war.]. Ebensowenig erschien der von
einer starken Partei gestützte andere Thronprätendent,
Ziemowit IV. von Masowien, den kleinpolnischen
Herren als der geeignete Ehekandidat. Sie hatten vielmehr noch während
des Interregnums Verbindungen nach Litauen aufgenommen und schlugen der
Königin den heidnischen Großfürsten
Jagiello [7
So lautet die polnische, in der Geschichtsschreibung
überwiegend
übliche Namensform. In den Quellen des Deutschen
Ordens lautet sie Jagal oder Jagail. Die moderne litauische
Namensform ist Jogaila.] als Gatten vor.
Bald darauf ging eine erste polnische Gesandtschaft nach
Wilna, um die Möglichkeiten einer Ehe zwischen der künftigen
Königin und Jagiello (* um 1351)
zu verhandeln. Im Sommmer 1384 scheint eine erste Einigung erzielt worden
zu sein, und im Januar 1385 traf eine litauische Gesandtschaft zur Brautwerbung
in Krakau ein, geführt von Jagiellos Bruder
Skirgiello
(Skirgail) und von dem deutschen Vogt von Wilna Hanulo.
Hier gelang es den kleinpolnischen Herren die Umstimmung der kinndlichen
Königin, wohl unter Hinweis auf das große durch die Ehe ermöglichte
Missionswerk.
Eine polnische Gesandtschaft verhandelte dann im Sommer
1385 in Litauen, wo Jagiello in seinem
Stammsitz Krewo am 14. August 1385 das erste Unionsdokument unterzeichnete.
Zur gleichen Zeit versuchte Wilhelm,
die Einhaltung der Zusagen doch noch zu erzwingen, kam im August 1385 nach
Krakau und setzte den Termin der Eheschließung zweimal an, zunächst
unterstützt von Herzog Wladyslaw von Oppeln, der nach seinem
Weggang aus Rotreußen bedeutende Gebiete in Polen von Ludwig
zu Lehen erhalten hatte. Das Vorhaben scheiterte jedoch am Widerstand des
Krakauer Kastellans Dobieslaw von Kurozwek, der dem HABSBURGER
den Zutritt zur Königsburg verweigerte, und der übrigen kleinpolnischen
Herren [9 Die gelegentlich breit ausgesponnenen Erzählungen
über die Liebe der jungen Königin zu Wilhelm
und ihre verzweifelte Unterordnung unter die harte politische Notwendigkeit
sind ebenso spätere Ausschmückungen wie die Berichte über
ihre
strahlende Schönheit, handelte es sich doch um ein knapp
zwölfjähriges Kind, das natürlich nicht ohne weiteres zur
Ehe mit einem über 20 Jahre älteren Heidenfürsten bereit
war.], und Wilhelm verließ Krakau.
Nachdem auch mit dem Thronprätendenten Ziemowit
IV. am 12. Dezember 1385 eine endgültige Einigung erreicht
worden war, erklärte eine polnische Gesandtschaft am 11. Januar 1386
dem Großfürsten zu Wolkiwysk in Litauen, daß er zum "Herrn
und König des Königreiches Polen" und zum Gatten Hedwigs
gewählt
sei.
Eine der nächsten Folgen der Union war nämlich
die Wiederinbesitznahme Rotreußens: Sie erfolgte für den Westteil
kampflos im Frühjahr 1387 durch die Königin selbst.
Die Niederlage von Worskla (12.8.1399) zwang Witold zum
Einlenken, das polnischerseits dadurch erleichtert wurde, daß die
auf absolute Unterordnung Litauens drängende Königin
Hedwig kurz vor der Schlacht im Kindbett gestorben war.
Als Hedwig 1399 ohne
Kinder zu hinterlassen starb, konnte zunächst zweifelhaft sein, ob
Jagiello seine Herrschaft in Polen fortsetzen könne und
Wilhelm
von Habsburg machte sich sogar Hoffnungen, den Thron zu gewinnen.
Tatsächlich ergaben sich jedoch keinerlei Schwierigkeiten für
die volle Anerkennung des Königs, obwohl zu Hedwigs
Lebzeiten das Herrschaftsverhältnis nicht klar festgelegt war und
beide als Herrscher auftraten und urkundeten. Um die junge Königin,
die kurz vor ihrem Tode noch die Neugründung der eingegangenen Universität
Krakau - nun "Jagiellonische" Universität genannt - und die in der
Regierung trotz des überragenden Einflusses der kleinpolnischen Herren
ihren eigenen Einfluß geltend gemacht hatte, spannen sich alsbald
mehrere Legenden, welche Frömmigkeit, Mildtätigkeit und Klugheit
dieser einzigen regierneden Königin Polens hervorheben, neben
der der rauhe Gatten in den Hintergund tritt.
Die Lage verschlechterte sich für den Orden, als
mit der Königin Hedwig eine Fürsprecherin
friedlicher Lösungen starb.