Formosus                                         Papst (6.10.891-896)
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   -4.4.896
 

Sohn des N.N.
 

Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 655
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Formosus, Papst seit 3. Oktober 891
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* ca. 816, + 4. April 896

Begraben: Rom, St. Peter

Schon als Bischof von Porto (864-876) trat Formosus als fähiger, ehrgeiziger Helfer der päpstlichen Regierung auf. 864 von Papst Nikolaus I. zur Bulgarienmission entsandt, scheiterte die von Formosus und dem bulgarischen Fürsten Boris I. geplante Erhebung zum Erzbischof von Bulgarien. Weitere Aufgaben übernahm Formosus im Auftrag von Papst Hadrian III., unter anderem als Legat in Konstantinopel sowie bei den Verhandlungen in Trient (Mai 872 zwischen König Ludwig dem Deutschen und Kaiserin Angilberga). Papst Johannes VIII., bei dessen Erhebung Formosus vielleicht Konkurrent war, exkommunizierte Formosus am 19. April 876 wegen einer angeblichen Verschwörung gegen Kaiser und Papst. Das Urteil, dem sich Formosus durch Flucht ins westfränkische Reich entzog, wurde auf den Synoden von Ponthion (Juli 876) und Troyes (August 878) erneuert. 883/84 von Marinus I. in sein Bistum wiedereingesetzt, wurde Formosus 891 (gegen das Translationsverbot) selbst Papst und wohl erstmals nach einem neuen Ritus geweiht. In den verschiedenen kirchlichen Streitigkeiten (photian. Schisma in Byzanz, Auseinandersetzung zwischen den westfränkischen Königen Odo und Karl dem Einfältigen; Streit zwischen Hamburg und Köln um das Bistum Bremen erwies sich Formosus als Schlichter. In Italien wurde sein Verhältnis zu den Spoletinern nach der Kaiserkrönung WIDOS und dessen Sohnes LAMBERT (30. April 892, mit Abschluß eines Pactum) zunehmend problematisch. Um sich der spoletinischen Bedrohung zu erwehren (nicht aus "Germanophilie"), wandte sich Formosus zweimal an den deutschen König ARNULF, den er im Februar 896 kurz vor seinem Tode zum Kaiser krönte. Unsicher bleibt, ob die Spoletiner LAMBERT und Ageltrude aus "Rache" den zweiten Nachfolger des Formosus, Stephan VI., zur Abhaltung der in der Geschichte einmaligen Leichensynode drängten oder an ihr teilnahmen. Stephan ließ den Leichnam des Formosus 897 exhumieren und postum verurteilen, weil Formosus das Translationsverbot und die von Johannes VIII. verhängte Exkommunikation mißachtet sowie seinen in Troyes (878) geleisteten Eid, nie wieder nach geistlichen Ämtern zu streben, gebrochen habe. Die von Formosus gespendeten Weihen erklärte man für nichtig. Papst Theodor II. ließ angeblich später den in den Tiber geworfenen, aber wiedergefundenen Leichnam beisetzten und widerrief (Dezember 897) ebenso wie Johannes IX. (Konzil von Ravenna, 898) das Urteil der "Leichensynode". Über die bis in den Potifikat Johannes' X. (914-928) andauernden Streitigkeiten (Besonders über die Gültigkeit der formosianischen Ordinationen) berichten die Apologeten des Formosus: Auxilius von Neapel, Eugenius Vulgarius sowie die anonyme "Invectiva in Romam", die gegenüber den Kritikern die Rechtmäßigkeit des "frommen und gelehrten" Papstes hervorheben.



Bekannt geworden durch seine Missionsarbeit in Bulgarien unter Nikolaus I., hatte er sich der Verschwörung des Adels gegen Johannes VIII. angeschlossen und war als Bischof von Porto suspendiert worden. Nur gezwungenermaßen folgte er der Politik Stephans V., wiederholte in Ravenna die Kaiserkrönung WIDOS II. VON SPOLETO und krönte bei dieser Gelegenheit dessen Sohn LAMBERT II. zum Mit-Kaiser. Beider wachsende Machtfülle ließ ihn König ARNULF VON KÄRNTEN zu Hilfe rufen, der WIDO II. besiegte; bald darauf starb der so häufig Gekrönte, und LAMBERT II. betrachtete sich als alleinigen Kaiser, indessen Formosus ARNULF VON KÄRNTEN zum Kaiser krönte zu einer Zeit, als die Witwe WIDOS II., Adeltrude, Rom beherrschte. Ohne diese besiegt zu haben, mußte der kranke ARNULF Rom verlassen.
 
 
 
 

Literatur:
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Cawthorne Nigel: Das Sexleben der Päpste. Die Skandalchronik des Vatikans. Benedikt Taschen Verlag 1999 Seite 71,72,74,76 - Liudprands von Cremona: Werke in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Band VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 246,254, 276-280 -