Fenske Lutz: Seite 112,147
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"Adelsopposition und kirchliche Reformbewegung im östlichen Sachsen."

Beherrschend von den weltlichen Fürsten waren Markgraf Ekbert II. und zwei Söhne Ottos von Northeim, also die Grafen Heinrich der Fette, Kuno von Beichlingen oder Siegfried von Boyneburg. Neben ihnen blieb der gleichfalls anwesende Gegen-König HERMANN so einflußlos, dass ihn die Fürsten nicht einmal wie einen der Ihren behandelt und ihn auch nicht an ihren Beratungen beteiligt haben sollen.
Innerhalb der Zeugengruppe des weltlichen Adels nahmen die Grafen von Northeim eine Spitzenstellung ein. Zeitgenössische Quellenaussagen deuten darauf hin, dass die Söhne Herzog Ottos als führende Mitglieder der sächsischen Oppositionsbewegung nach dem Tode ihres Vaters 1083 hervorgetreten sind. Möglicherweise bestand sogar ein engeres Verhältnis zwischen Graf Kuno von Beichlingen und Burchard von Halberstadt. Als 1088 der Ausgleich mit HEINRICH IV. zustande kam, haben sich die NORTHEIMER für den Bestand dieser Abmachungen vielleicht sogar besonders eingesetzt, denn sie waren es, die von den damit verbundenen Veränderungen im Machtgefüge des sächsischen Adels zusammen mit den Meyer von Knonau, Gerold: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V. 1. - 7. Band, Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1890 - am meisten profitierten, so dass man sie unter Umständen sogar als Garanten dieses friedenstiftenden Abkommens ansehen könnte. An der Verurteilung des sowohl den NORTHEIMERN wie den WETTINERN durch Verschwägerung verwandtschaftlich verbundenen Markgrafen Ekbert II. waren Graf Siegfried von Boyneburg und der WETTINER Markgraf in besonderer Weise beteiligt. Während Graf Siegfried den letzten BRUNONEN zum Reichsfeind erklärte, entzog ihm Markgraf Heinrich mit Zustimmung seiner Standesgenossen die Lehen und Besitzungen. Beide Geschlechter erlangten durch diese Verurteilung Vorteile und dürfen als Nutznießer der reichsrechtlichen Ächtung Ekberts gelten, die neben dem Tod Bischof Burchards von Halberstadt eine der Voraussetzungen für die Dauerhaftigkeit der Annäherung zwischen HEINRICH IV. und der sächsischen Opposition war. Beträchtliche Teile des brunonischen Besitzes kamen bald danach erblich in den Besitz von Ekberts Schwester Gertrud und damit in die Verfügung ihres zweiten Gatten Heinrich.
Graf Heinrich der Fette ist auf diese Weise zum mächtigsten Fürsten Sachsens aufgestiegen. Das unverändert gute Verhältnis des Kaisers zu Graf Heinrich scheint bis zu dessen Ermordung 1101 fortbestanden zu haben. Dafür spricht, dass diesem um 1100 die ehemals brunonischen Grafschaftsrechte in Friesland übertragen wurden. Nach der Verurteilung Ekberts waren sie zunächst in die Hände des kaisertreuen Bischofs Konrad von Utrecht gelangt, bis HEINRICH IV. nach dessen Tod 1099 zugunsten des NORTHEIMERS darüber verfügte. Das allem Anschein nach spannungsfreie Einverständnis zwischen ihm und dem Kaiser, das als Voraussetzung für diese Belehnung angesehen werden darf, äußert sich also gerade zu einem Zeitpunkt, der von dem Lippoldsberger Fürstentag nur geringfügig entfernt war. Auch die Beziehungen seiner Brüder, der Grafen Kuno von Beichlingen und Siegfried von Boyneburg, zu HEINRICH IV. scheinen gut gewesen zu sein.