Tochter des Grafen Ruggerio von Accera und der
Cäcilie
de Madania
Lexikon des Mittelalters: Band VII Seite 1831
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Sibylle (Sibilia), Königin von Sizilien
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Todesjahr unbekannt
Regentin vom 20. Februar bis zum 25. Dezember 1194
Tochter Graf Rainald von Aquino, aus einer alten
Familie langobardischen Ursprungs; zu ihren Brüdern zählten unter
anderem Graf Richard von Acerra und Buonalbergo sowie Aimo,
der Großvater des heiligen Thomas von Aquin; Gemahlin Graf
Tankreds von Lecce (1190-1194 König von Sizilien).
Mutter der beiden Könige Roger
III. (+ 1193) und Wilhelm
III. sowie von Albiria
(Elvira), Konstanze
und Mandonia. Nach der Krönung
des STAUFERS
HEINRICH
VI. zum König von Sizilien wurden Sibylle,
ihre Familie und ihre Berater in Deutschland inhaftiert. Wilhelm
III.wurde nach dem sizilischen Aufstand geblendet und starb
in Gefangenschaft (1198?). Sibylle
und ihre drei Töchter hingegen kamen nach dem Tode des Kaisers aus
ihrer Klosterhaft (Hohenburg, Elsaß) frei und flüchteten nach
Frankreich. Dort vermählte sich Alberia mit
Gautier (Walter) III. von Brienne, bevor dieser auf Verlangen Innozenz'
III. seinen Feldzug nach Italien unternahm. Es ist nicht belegt,
ob
Sibylle ihren Schwiegersohn nach
Italien begleitete.
Houben, Hubert: Seite 177,178
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"Roger II. von Sizilien. Herrscher zwischen Orient und
Okzident."
Übrig blieben nur der minderjährige König
Wilhelm III., den Tankred
nach dem Tode Rogers zum Mit-König
gekrönt hatte, und seine Witwe Sibylle,
die die Regentschaft übernahm. Das von einer genuesisch-pisanischen
Flotte unterstützte kaiserliche Heer rückte im Frühjahr/Sommer
1194 rasch nach Süden vor. Sibylle
und ihr Sohn ergaben sich, nachdem ihnen als Abfindung die Grafschaft
Lecce und das Fürstentum Tarent versprochen worden waren.
Wenige Tage nach seiner Krönung wurde in Palermo
eine vielleicht nur vorgetäuschte Verschwörung aufgedeckt, die
HEINRICH
VI. die Gelegenheit gab, sich der Verwandten Tankreds
zu entledigen. Sie wurden verhaftet und in den Norden deportiert. Wilhelm
III. wurde, nachdem er geblendet und entmannt worden, auf die
Burg
Hohenems im heutigen Vorarlberg gebracht, wo er nach einigen Jahren
starb.
Sibylle und ihre drei Töchter
hatten mehr Glück. Sie wurden in das elsässische Nonnenkloster
Hohenberg eingeschlossen, von wo sie später nach Frankreich fliehen
konnten.
Csendes, Peter: Seite 79,135,146,151,152,155,156,160
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"Heinrich VI."
Tankred war mit Sibylle,
einer Tochter des
Grafen Roger von Acerra, verheiratet, der auch
in die Verschwörung von 1161 verwickelt gewesen war.
Es mag dagegen einem Topos entsprechen, wenn wir hören,
dass die
Königin Sibylle, deren
Obhut die gefangene Kaiserin
Konstanze anvertraut war, sogar Mordgedanken gehegt haben
soll.
Wohl noch vor Weihnachten 1193 erlebte der König
einen schweren Schicksalsschlag - völlig unerwartet starb sein Sohn
Roger.
Aber schon bald danach, am 20. Februar, folgte er diesem in den Tod nach.
Zurück blieben seine Witwe Sibylle
und sein jüngster Sohn Wilhelm,
der noch ein kleines Kind war.
Sibylle übernahm
die Vormundschaft für ihren Sohn und bemühte sich, die Herrschaft
zu stabilisieren. Sie ließ Wilhelm sofort
krönen und erlebte offenbar die Genugtuung, dass er auch die Anerkennung
des Papstes fand. Die Königin konnte sich auf die Söhne des im
Vorjahr verstorbenen Kanzlers Mattheus von Aiello, dem ihr Mann den Thron
verdankt hatte, Graf Richard von Aiello und Nikolaus, Erzbischof von Salerno,
stützen sowie auf Erzbischof Bartholomäus von Palermo; dieser
hatte allerdings schon früher jener Partei zugeneigt, die für
eine Anerkennung des Erbrechts von Konstanze
eintrat. Die Aussicht, die Krone behaupten zu können, war für
Sibylle
freilich
gering.
Die Königin richtete sich auf die Verteidigung ein,
ließ aber ihren Sohn, den jungen König
Wilhelm III., nach Caltabellotta in Sicherheit bringen. Die
Bewohner Palermos boten die Unterwerfung an und informierten HEINRICH
auch darüber, dass sich Wilhelm
nicht mehr in der Hauptstadt aufhielt.
Der STAUFER nahm
in
der Folgezeit Verhandlungen mit Sibylle
auf. Er forderte die Übergabe Caltabellottas und die Auslieferung
des jungen Königs sowie der Kroninsignien. Er stellte dafür in
Aussicht, Wilhelm und Sibylle
die Grafschaft Lecce und das Fürstentum Tarent als erbliche
Lehen zu überlassen. Die Königin, der wohl auch kaum eine Wahl
blieb, ging auf die Vorschläge ein. HEINRICH
nahm die Belehnung im eigenen und im Namen der Kaiserin
Konstanze vor und ließ dies zusätzlich durch Eideshelfer
bestätigen. So kehrte König Wilhelm,
der die Krone mit sich führte, nach Palermo zurück.
Am 29. Dezember, so heißt es, trat HEINRICH
unter die versammelten Barone und brachte die Anschuldigungen einer Verschwörung
vor. Die königliche Familie selbst soll führend darin verwickelt
gewesen sein. Die Anhänger des Kaisers forderten strengste Bestrafung.
Sofort wurden auch Wilhelm, seine Mutter
und seine drei Schwestern in Haft genommen. Kein Zweifel, der Kaiser führte
einen vernichtenden Schlag gegen seine normannischen Gegner, und es verwundert
nicht, dass der Verdacht laut wurde, diese Verschwörung sei fingiert
worden. Zu Recht wurde aber in der Forschung darauf hingewiesen, dass noch
später, lange nach dem Tod HEINRICHS VI.,
Papst
Innozenz III., der um die Freilassung der Gefangenen bemüht war,
niemals von ihrer Unschuld sprach. Dass Sibylle
in einen solchen Plan nicht eingeweiht gewesen wäre, ist kaum anzunehmen.
Der STAUFER verhielt
sich seinen Gegnern gegenüber vorerst maßvoll. Konrad von Lützelhardt
nahm die Gefangenen in Gewahrsam. Sie wurden zunächst nach Apulien
auf das Festland gebracht, dann aber nach Deutschland deportiert. Der Knabe
Wilhelm,
gleich seinen Schwestern das bedauernswerteste Opfer dieser Vorgänge,
soll im heutigen Vorarlberg inhaftiert gewesen sein: Burg Hohenems, Sitz
eines staufischen Ministerialengeschlechts und noch heute eine eindrucksvolle
Ruine, wird als Ort seiner Haft genannt. Wenn der Engländer Roger
von Howden in seiner Chronik behauptet, man hätte den Prinzen entmannt,
ist dies sicher nicht zutreffend, die Äußerung Ottos von St.
Blasien, er wäre geblendet worden, scheint hingegen, so barbarisch
dieses Vorgehen gegenüber einem Kind - das freilich eine Krone getragen
hatte - auch sein mag, auf einer Tatsache zu beruhen. Denn auch mehrere
der gefangengehaltenen Adeligen, an ihrer Spitze Margarito und Richard
von Aiello, die auf den Trifels gebracht worden waren, verloren später
ihr Augenlicht. Das weitere Schicksal von Tankreds
überlebendem Sohn bleibt uns verborgen, er dürfte jedoch nach
wenigen Jahren, wahrscheinlich 1198, gestorben sein. Sibylle
und ihre Töchter wurden in das elsässische Nonnenkloster Hohenburg
gebracht; erst viele Jahre später, nach dem Tod des Kaisers und nachdem
sich auch Innozenz III. für sie verwendet hatte, gelang ihnen
die Flucht nach Frankreich.
Reisinger, Christoph: Seite 12,157
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"Tankred von Lecce."
Wir wissen von einer Ehe Tankreds
mit Sibylle, die ihn um mehrere Jahre
überlebte. Sibylle entstammte
der Familie MEDINA von AQUINO, das heißt alteingesessenem
Hochadel der Terra Beneventana. Ihr Bruder Richard, Graf von
Acerra und Buonalbergo, nannte sich abwechselnd nach seiner Mutter
Cäcilie
"de Medania" oder nach seinem Vater "de Aquino". Sein Großvater
väterlicherseits, Landulf IV., war der letzte langobardische Graf
von Aquino. In seiner Eigenschaft als Graf von Acerra und Buonlbergo bezeichnete
sich Richard 1171 und 1184 ausdrücklich als Erbe des Bruders
seiner Mutter, Rogers von Medania. Als 6. Graf von Acerra sollte er während
des Krieges gegen HEINRICH VI. zur
wichtigsten militärischen Stütze seines Schwagers
Tankred
werden. Seinen Widerstand gegen den Kaiser setzte er auch nach 1194 bis
zu seiner Gefangennahme und seinem Tod 1196 fort.
Bevor sich Tankred
selbst aufs Festland begab schickte er Konstanzeweiter
nach Palermo in die Obhut Sibylles.
Die Königin ging, wenn man den Berichten Peters von Eboli glauben
will, mit der Kaiserin weniger sanft um als Tankred.
Auf den Rat des Kanzlers Matthäus hin wollte sie Konstanze
sogar im Castello del Salvatore vor Neapel einkerkern.
oo Tankred König von Sizilien
1140-20.2.1194
6 Kinder:
Roger III.
um 1170-24.12.1193
Wilhelm III.
-
1198 ermordet ?
Maria Elvira (Alberia)
-
1. oo Walther III. Graf von Brienne
- 1205
2. oo Jakob von Tricarico
-
3. oo Tigrino Pfalzgraf von Tuscia
-
Konstanze
-
1213
oo Pietro Ziani Doge von Venedig (1205/29)
- 1230
Mandonia
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Literatur:
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Csendes, Peter: Heinrich VI., Wissenschaftliche
Buchgemeinschaft Wiesbaden 1993 Seite 79,135,146, 151,152,155,156,160 -
Csendes
Peter: Philipp von Schwaben. Ein Staufer im Kampf um die Macht. Primus
Verlag 2003 Seite 27175 - Die Staufer im Süden. Sizilien und
das Reich, hg. von Theo Kölzer, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1996,
Seite 89,146,163,163 A.114,164 A.115 - Engels, Odilo: Die Staufer.
Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1972, Seite 113 - Houben,
Hubert: Roger II. von Sizilien. Herrscher zwischen Orient und Okzident,
Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 177, 178,Taf.1 - Lehmann, Johannes:
Die Staufer. Glanz und Elend eines deutschen Kaisergeschlechts, Gondrom
Verlag Bindlach 1991, Seite 194,201 - Masson Georgina: Friedrich
II. von Hohenstaufen, Rowohlt Taschenbuch Verlag Reinbeck bei Hamburg 1991,
Seite 16,23 - Ottendorff, Hermann: Die Regierung der beiden letzten
Normannenkönige Tancreds und Wilhelms III. von Sizilien und ihre Kämpfe
gegen Heinrich VI., Dissertation Bonn 1899 Universitäts-Buchdruckerei
Bonn - Reisinger, Christoph: Tankred von Lecce, Kölner Historische
Abhandlung 38, Böhlau Verlag Köln/Weimar/Wien 1992 Seite 12,92,157,181,190,243,272
- Stürner, Wolfgang: Friedrich II. Teil 1: Die Königsherrschaft
in Sizilien und Deutschland 1194-1220, Primus-Verlag Darmstadt 1997, Seite
38,51,84 -