Burchard II.                                              Herzog von Schwaben (917-926)
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883/84-28.4.926 gefallen
            Novara

Ältester Sohn des Markgrafen Burchard I. von Rätien und der Liutgard von Sachsen, Tochter von Liudolf dux
 

Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 940
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Burchard I.,  Herzog von Schwaben
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      + 28. oder 29. April 926

War als Angehöriger der HUNFRIDINGER, die seit der 1. Hälfte des 9. Jh. Markgrafen von Rätien und Grafen im Thurgau und in Gebieten Innerschwabens waren und zu den führenden Familien im Südwesten des Ostfränkischen Reiches zählten, maßgeblich an den Auseinandersetzungen um die Bildung des Herzogtums Schwaben am Anfang des 10. Jh. beteiligt. Bereits sein gleichnamiger Vater galt als princeps Alamannorum, traf aber 911 bei dem Versuch, sich als Herzog weiterreichende Anerkennung zu verschaffen, auf den Widerstand Bischof Salomos III. von Konstanz und Pfalzgraf Erchangers, der Sachwalter des Königtums in Schwaben, und kam ebenso wie sein Bruder Adalbert ums Leben; Burchard I. mußte damals in die Verbannung gehen.
In der Folgezeit rebellierten zuerst Erchanger, dann der 914 aus dem Exil zurückgekehrte Burchard I. gegen König KONRAD I.; 915 siegten sie gemeinsam bei Wahlwies über königstreue Landsleute, und Erchanger wurde als Herzog ausgerufen. Nachdem dieser 917 auf königlichen Befehl hingerichtet worden war, setzte Burchard I. die Empörung gegen KONRAD I. fort und beanspruchte für sich das Herzogtum. 919 wehrte Burchard I. durch seinen Sieg bei Winterthur die Gebietsansprüche König Rudolfs II. von Hoch-Burgund ab und erkannte im gleichen Jahr die Oberhoheit des neugewählten deutschen König HEINRICHS I. an. 922 bekräftigte Burchard I. den Frieden mit Burgund durch die Verheiratung seiner Tochter Bertha mit König Rudolf. Als Burchard I. dessen oberitalienische Politik unterstützte, wurde er 926 vor Novara erschlagen.
Über Burchards I. Stellung in Schwaben und in Reichweite seiner Herrschaft sind wir nur knapp unterrichtet: In Stellvertretung HEINRICHS I. hat Burchard I. Rechte gegenüber den Reichskirchen wahrgenommen, wie seine Eingriffe in die Verhältnisse von St. Gallen und der Reichenau zeigen; auf einem Hoftag in Zürich 926 urkundete er für die dortige Fraumünsterabtei. Seine Herrschaft versuchte Burchard I. über den rätisch-thurgauischen Kernraum hinaus auch in Ostschwaben (Einfluß bei der Erhebung seines Verwandten Udalrich zum Bischof von Augsburg) und im Breisgau (Gründung des Hausklosters St. Margarethen in Waldkirch zusammen mit seiner Frau Reginlind) geltend zu machen. Dank seiner erfolgreichen Politik und trotz fortdauernder Widerstände gegen ihn von seiten seiner Landsleute gelang es Burchard I., das schwäbische Herzogtum nach den Wirren der Entstehungszeit auf Dauer zu sichern.

Literatur:
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NDB III, 28 [Lit.] - H. Stingl, Die Entstehung der dt. Stammesherzogtümer (Unters. zur dt. Staats- und Rechtsgesch. NF 19), 1974 - Th. L. Zotz, Der Breisgau und das alem. Hzm. (VuF Sonderbd 15), 1974 - H.-W. Götz, "Dux" und "ducatus", 1977 - H. Maurer, Der Hzg. v. Schwaben, 1978.
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Gerd Althoff: Seite 377
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"Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

                                                                 H 11

Me:     28.4.   Burcardus dux     +   926 Burchard I., Herzog von Schwaben

(Es.)   Der Eintrag in Merseburg ist heute durch die Beschädigung des Pergaments nicht mehr ganz zu verifizieren, er gehört jedoch wohl der Ergänzungsschicht an. Burkhard war der Großvater mütterlicherseits der Kaiserin Adelheid. Diese Verwandtschaft ist wohl der Grund für seine Eintragung in Merseburg; siehe dazu ausführlich oben Seite 163f.
Allgemein vgl. Biographisches Wörterbuch 1, Spalte 393f.; NDB 3, Seite 28; Zotz, Der Breisgau und das alemannische Herzogtum, passim (Register, Seite 249); Mauerer, Der Herrzog von Schwaben, passim (Register, Seite 352).
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Burchard und seine Frau Regilinde konnten 911 zu ihren Verwandten nach Italien fliehen, kehrten 913 zurück und kämpften gegen die Ungarn in der Schlacht am Inn. Er setzte sich 915 auf dem Hohentwiel fest und König KONRAD I. belagerte ihn hier vergeblich. Dem aus dem Exil zurückkehrenden Pfalzgrafen Erchanger, der über den größeren Anhang verfügte, mußte er als Herzog weichen. Im Herbst 915 schlugen Burchard, Erchanger und Berchthold gemeinsam bei Wahlwies im Hegau König KONRAD I. und die Anhänger des Bischofs Salomo III. von Konstanz. Erchanger wurde förmlich zum Herzog ausgerufen. Nach der Hinrichtung der AHALOLFINGER erhob sich Burchard und wurde ohne Zustimmung des Königs im ganzen Lande als Herzog anerkannt. Nach dem Tode des Bischofs Salomo von Konstanz 919 vergrößerte er die herzogliche Macht entscheidend. Auch die schwäbische Kirche mußte sich seiner harten Gewalt beugen. 919 huldigte er seinem Cousin HEINRICH I. und behielt die volle Verfügungsgewalt über Herzogtum und Kirche. So im Rücken gekräftigt, besiegte er im gleichen Jahr Rudolf II. von Hoch-Burgund bei Winterthur, mit dem er sich anschließend aussöhnte. Zu diesem Zeitpunkt muß Burchard schon an der Spitze mehrerer Grafen gestanden haben, denn auf seine eigenen Machtmittel gestützt, hätten er diesen Sieg nicht erringen können. Vielleicht trug der neue Angriff König Rudolfs mit dazu bei, dass sich wegen dieser Gefahr wenigstens ein Teil der schwäbischen Großen Burchard unterstellte. Wir müssen aber davon ausgehen, dass Burchard nicht von allen Grafen als Herzog anerkannt wurde. Zumindest seit diesem Zeitpunkt dürfte Burchard die dauernde Oberherrschaft ausgeübt haben, denn HEINRICH I. mußte mit einem starken Heer gegen ihn ziehen, um von ihm als König anerkannt zu werden. Er behauptete Thur- und Zürichgau gegen Burgund, vereinigte Churrätien mit Schwaben, das so seine endgültige Erstreckung erreichte. Doch gelang es Burchard, seinen Einfluß auch auf das Oberrheingebiet dadurch auszudehnen, dass er im Elztal das Kloster Waldkirch gründete. 917 und 926 verheerten die Ungarn das Land, die unter anderem die Klöster Buchau und Sankt Gallen plünderten. Wie Arnulf von Bayern führte auch Burchard eine selbständige Außenpolitik. Als sein Schwiegersohn Rudolf II., der auch in Italien von einer Partei zum König gewählt worden war, hier in Schwierigkeiten geriet, zog ihm Burchard nicht ganz selbstlos zu Hilfe und fand vor den Mauern von Novara ein gewaltsames Ende.
 
Paul Friedrich Stälin: Seite 174-177
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"Geschichte Württembergs"

Kaum hatte Burchard I. (917-926) das schwäbische Herzogtum neu gegründet, als König KONRAD I. im Jahr 918 starb und darauf im Frühjahr 919 zu Fritzlar Herzog Heinrich von Sachsen insbesondere durch die Franken und die Sachsen zum Könige gewählt wurde. Ob überhaupt und inwieweit von seiten des schwäbischen Stammes bei der Wahl mitgewirkt und ob in Schwaben, wie nach einer Nachricht vermutet wird, eine innere Parteiung durch dieselbe veranlaßt worden, ist nicht mit Gewißheit zu ergründen; so viel steht jedoch fest, dass Burchard jedenfalls seinen Anteil an ihr nahm. Auch war er anfangs nicht gewillt, dem neuen Reichsoberhaupt sich zu unterwerfen, und sein Trotz wurde noch bestärkt durch einen Sieg, den er über König Rudolf II. von Hoch-Burgund im Jahr 919 bei Winterthur erfocht. Allein HEINRICH schickte sich, wohl noch im 1. Jahr seiner Regierung, zum Kampf gegen ihn an. In kluger Erwägung der beiderseitigen Streitkräfte unterwarf sich Burchard mit seinem ganzen Volk ohne Schwertstreich und scheint so den König vom Einrücken in Schwaben abgehalten zu haben. Mußte ihm doch selbst die Aussöhnung mit dem Könige für die Befestigung seiner Herrschaft von Wert sein. Er erkannte HEINRICH als König an und blieb dafür in ungestörtem Besitze seines Herzogtums, wie es scheint in einer etwas loseren Verbindung zum Reiche. HEINRICH behielt sich wohl insbesondere die Besetzung der Bistümer im Lande vor, in welcher Hinsicht er zum Beispiel auf Burchards Betreiben im Jahr 923 dessen Verwandten Ulrich, den späteren Heiligen, zum Bischof von Augsburg erwählte, und nahm das Königsgut, soweit er dasselbe nicht anderweitig verlieh, für sich. Burchard dagegen, der auch fortan in Urkunden sich den prunkenden Titel "von Gottes Gnaden Herzog der Alamannen" beilegt und von dem Volke und Lande, das Gott seiner Gewalt unterworfen habe, spricht, schlichtete auf Landtagen die Streitigkeiten des Volkes wie ein freier Fürst und führte auf eigene Faust mit seine Mannen Krieg.
Mit seinem früheren Hauptgegner, dem König Rudolf von Hoch-Burgund, söhnte sich Burchard so gründlich aus, dass letzterer sich sogar mit seiner Tochter Bertha vermählte, eine Verbindung, welche übrigens des Herzogs frühes Ende herbeiführen sollte. Mit zahlreicher Mannschaft zog er im Jahr 926 seinem Schwiegersohn zur Bekämpfung von dessen Gegner, dem Grafen Hugo von Provence, in die Lombardei zu Hilfe. Hier wurde er nach einem Plane des Erzbischofs Lambert von Mailand und anderer italienischer Großen beim Aufbruch von Novara nach Ivrea durch italienische Scharen meuchlerisch überfallen. In die Stadt zurückflüchtend, stürzte er mit seinem Pferde in den Stadtgraben, worauf seine Verfolger ihn allda mit Lanzenstichen töteten (den 28. oder 29. April des Jahres) und sein Gefolge niederhieben, König Rudolf aber sich nach Burgund zurückzog.
Herzog Burchard wird als mächtiger, angesehener Fürst geschildert; die Geistlichkeit jedoch, welche zu seiner Zeit nicht mehr so reichlich bedacht wurde wie zur KAROLINGER-Zeit, fand sich durch ihn vielfach in ihren Rechten geschmälert und warf ihm Kirchenraub und Verteilung der weggenommenen Güter unter seine Krieger vor. Zur Nachfolge im Herzogtum fähige Söhne scheint er nicht hinterlassen zu haben; insbesondere beruht sein angeblicher Sohn Adalrich, der Wohltäter des Klosters Einsiedeln und Klausner auf der Insel Ufnau bei Zürich, nur auf sagenhafter Überlieferung, während der drittnächste Nachfolger im Herzogtum, Burchard II., in der Regel und nicht ohne Wahrscheinlichkeit, als sein zur Zeit seines Todes noch unmündiger Sohn oder wenigstens als sein Verwandter betrachtet wird.
 
 
 
 

  904
  oo 1. Regilinde im Sülichgau, Tochter des Grafen Eberhard und der Gisela
           um 888- nach 959
 
 
 
 
 
Kinder:
 
  Burchard III.
  um 906-11.11.973

  Gisela
  um 905-

 923/25
  oo Hermann Graf im Pfullichgau
               - nach 954
 
  Hicha
  um 905- nach 950

 919/20
  oo Werner V. Graf von Herrenberg
       um 899- um 935
 
  Bertha
  um 907-2.1.961
 
   921/22
  1. oo Rudolf II. König von Burgund
                  -11.7.936
 
  Adalrich der Heilige
        - nach 973
 
 
 
 

Literatur:
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Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches, Gustav Lübbe Verlag Bergisch Gladbach 1994, Seite 121-509 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 34,46,51,132,167, - Hans K. Schulze: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 126, 129,144-148,170,249 - Eduard Hlawitschka: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 47,65-67,71,105 - Gerd Althoff: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 158,163,377 H 11 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 30,34-37,40,51,76,113, - Giese, Wolfgang: Der Stamm der Sachsen und das Reich in ottonischer und salischer Zeit. Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1979, Seite 84,88 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 81 -