Ältester Sohn des Markgrafen
Burchard I. von Rätien und der Liutgard von Sachsen,
Tochter von Liudolf dux
Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 940
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Burchard I., Herzog von Schwaben
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+ 28. oder 29. April 926
War als Angehöriger der HUNFRIDINGER,
die seit der 1. Hälfte des 9. Jh. Markgrafen von Rätien und Grafen
im Thurgau und in Gebieten Innerschwabens waren und zu den führenden
Familien im Südwesten des Ostfränkischen Reiches zählten,
maßgeblich an den Auseinandersetzungen um die Bildung des Herzogtums
Schwaben am Anfang des 10. Jh. beteiligt. Bereits sein gleichnamiger Vater
galt als princeps Alamannorum, traf aber 911 bei dem Versuch, sich als
Herzog weiterreichende Anerkennung zu verschaffen, auf den Widerstand Bischof
Salomos III. von Konstanz und Pfalzgraf Erchangers, der Sachwalter des
Königtums in Schwaben, und kam ebenso wie sein Bruder Adalbert
ums Leben; Burchard I. mußte
damals in die Verbannung gehen.
In der Folgezeit rebellierten zuerst Erchanger, dann der 914 aus dem
Exil zurückgekehrte Burchard I.
gegen König KONRAD I.; 915 siegten
sie gemeinsam bei Wahlwies über königstreue Landsleute, und Erchanger
wurde als Herzog ausgerufen. Nachdem dieser 917 auf königlichen Befehl
hingerichtet worden war, setzte Burchard I.
die Empörung gegen KONRAD I. fort
und beanspruchte für sich das Herzogtum. 919 wehrte Burchard
I. durch seinen Sieg bei Winterthur die Gebietsansprüche
König Rudolfs II. von Hoch-Burgund
ab und erkannte im gleichen Jahr die Oberhoheit des neugewählten deutschen
König HEINRICHS I. an. 922 bekräftigte
Burchard I. den Frieden mit Burgund durch die Verheiratung seiner
Tochter Bertha
mit König Rudolf. Als
Burchard I. dessen oberitalienische
Politik unterstützte, wurde er 926 vor Novara erschlagen.
Über Burchards I. Stellung
in Schwaben und in Reichweite seiner Herrschaft sind wir nur knapp unterrichtet:
In Stellvertretung HEINRICHS I. hat
Burchard I. Rechte gegenüber den
Reichskirchen wahrgenommen, wie seine Eingriffe in die Verhältnisse
von St. Gallen und der Reichenau zeigen; auf einem Hoftag in Zürich
926 urkundete er für die dortige Fraumünsterabtei. Seine Herrschaft
versuchte Burchard I. über den
rätisch-thurgauischen Kernraum hinaus auch in Ostschwaben (Einfluß
bei der Erhebung seines Verwandten Udalrich zum Bischof von Augsburg) und
im Breisgau (Gründung des Hausklosters St. Margarethen in Waldkirch
zusammen mit seiner Frau Reginlind)
geltend zu machen. Dank seiner erfolgreichen Politik und trotz fortdauernder
Widerstände gegen ihn von seiten seiner Landsleute gelang es Burchard
I., das schwäbische Herzogtum nach den Wirren der Entstehungszeit
auf Dauer zu sichern.
Literatur:
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NDB III, 28 [Lit.] - H. Stingl, Die Entstehung der dt. Stammesherzogtümer
(Unters. zur dt. Staats- und Rechtsgesch. NF 19), 1974 - Th. L. Zotz, Der
Breisgau und das alem. Hzm. (VuF Sonderbd 15), 1974 - H.-W. Götz,
"Dux" und "ducatus", 1977 - H. Maurer, Der Hzg. v. Schwaben, 1978.
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Gerd Althoff: Seite 377
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"Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer
Memorialüberlieferung"
H 11
Me: 28.4. Burcardus dux + 926 Burchard I., Herzog von Schwaben
(Es.) Der Eintrag in Merseburg ist
heute durch die Beschädigung des Pergaments nicht mehr ganz zu verifizieren,
er gehört jedoch wohl der Ergänzungsschicht an. Burkhard
war der Großvater mütterlicherseits
der Kaiserin Adelheid.
Diese Verwandtschaft ist wohl der Grund für seine Eintragung in Merseburg;
siehe dazu ausführlich oben Seite 163f.
Allgemein vgl. Biographisches Wörterbuch
1, Spalte 393f.; NDB 3, Seite 28; Zotz, Der Breisgau und das alemannische
Herzogtum, passim (Register, Seite 249); Mauerer, Der Herrzog von Schwaben,
passim (Register, Seite 352).
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Burchard und seine Frau Regilinde
konnten 911 zu ihren Verwandten nach Italien fliehen, kehrten 913 zurück
und kämpften gegen die Ungarn in der Schlacht am Inn. Er setzte sich
915 auf dem Hohentwiel fest und König KONRAD
I. belagerte ihn hier vergeblich. Dem aus dem Exil zurückkehrenden
Pfalzgrafen Erchanger, der über den größeren Anhang verfügte,
mußte er als Herzog weichen. Im Herbst 915 schlugen Burchard,
Erchanger und Berchthold gemeinsam bei Wahlwies im Hegau König
KONRAD I. und die Anhänger des Bischofs Salomo III. von
Konstanz. Erchanger wurde förmlich zum Herzog ausgerufen. Nach der
Hinrichtung der AHALOLFINGER erhob sich Burchard
und wurde ohne Zustimmung des Königs im ganzen Lande als
Herzog anerkannt. Nach dem Tode des Bischofs Salomo von Konstanz 919 vergrößerte
er die herzogliche Macht entscheidend. Auch die schwäbische Kirche
mußte sich seiner harten Gewalt beugen. 919 huldigte er seinem Cousin
HEINRICH I. und behielt die volle Verfügungsgewalt
über Herzogtum und Kirche. So im Rücken gekräftigt, besiegte
er im gleichen Jahr Rudolf II. von Hoch-Burgund
bei Winterthur, mit dem er sich anschließend aussöhnte.
Zu diesem Zeitpunkt muß Burchard
schon an der Spitze mehrerer Grafen gestanden haben, denn auf seine eigenen
Machtmittel gestützt, hätten er diesen Sieg nicht erringen können.
Vielleicht trug der neue Angriff König Rudolfs
mit dazu bei, dass sich wegen dieser Gefahr wenigstens ein Teil der schwäbischen
Großen Burchard unterstellte.
Wir müssen aber davon ausgehen, dass Burchard
nicht von allen Grafen als Herzog anerkannt wurde. Zumindest
seit diesem Zeitpunkt dürfte Burchard die
dauernde Oberherrschaft ausgeübt haben, denn HEINRICH
I. mußte mit einem starken Heer gegen ihn ziehen, um von
ihm als König anerkannt zu werden. Er behauptete Thur- und Zürichgau
gegen Burgund, vereinigte Churrätien mit Schwaben, das so seine endgültige
Erstreckung erreichte. Doch gelang es Burchard,
seinen Einfluß auch auf das Oberrheingebiet dadurch auszudehnen,
dass er im Elztal das Kloster Waldkirch gründete. 917 und 926 verheerten
die Ungarn das Land, die unter anderem die Klöster Buchau und Sankt
Gallen plünderten. Wie Arnulf von Bayern führte auch Burchard
eine selbständige Außenpolitik. Als sein Schwiegersohn
Rudolf II., der auch in Italien von
einer Partei zum König gewählt worden war, hier in Schwierigkeiten
geriet, zog ihm Burchard nicht ganz
selbstlos zu Hilfe und fand vor den Mauern von Novara ein gewaltsames Ende.
Paul Friedrich Stälin: Seite 174-177
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"Geschichte Württembergs"
Kaum hatte Burchard I. (917-926)
das schwäbische Herzogtum neu gegründet, als König
KONRAD I. im Jahr 918 starb und darauf im Frühjahr 919
zu Fritzlar Herzog Heinrich von Sachsen
insbesondere durch die Franken und die Sachsen zum Könige gewählt
wurde. Ob überhaupt und inwieweit von seiten des schwäbischen
Stammes bei der Wahl mitgewirkt und ob in Schwaben, wie nach einer Nachricht
vermutet wird, eine innere Parteiung durch dieselbe veranlaßt worden,
ist nicht mit Gewißheit zu ergründen; so viel steht jedoch fest,
dass Burchard jedenfalls seinen Anteil
an ihr nahm. Auch war er anfangs nicht gewillt, dem neuen Reichsoberhaupt
sich zu unterwerfen, und sein Trotz wurde noch bestärkt durch einen
Sieg, den er über König Rudolf II. von
Hoch-Burgund im Jahr 919 bei Winterthur erfocht. Allein HEINRICH
schickte sich, wohl noch im 1. Jahr seiner Regierung, zum Kampf gegen ihn
an. In kluger Erwägung der beiderseitigen Streitkräfte unterwarf
sich Burchard mit seinem ganzen Volk
ohne Schwertstreich und scheint so den König vom Einrücken in
Schwaben abgehalten zu haben. Mußte ihm doch selbst die Aussöhnung
mit dem Könige für die Befestigung seiner Herrschaft von Wert
sein. Er erkannte HEINRICH als König
an und blieb dafür in ungestörtem Besitze seines Herzogtums,
wie es scheint in einer etwas loseren Verbindung zum Reiche.
HEINRICH behielt sich wohl insbesondere die Besetzung der Bistümer
im Lande vor, in welcher Hinsicht er zum Beispiel auf Burchards
Betreiben im Jahr 923 dessen Verwandten Ulrich,
den späteren Heiligen, zum Bischof von Augsburg erwählte, und
nahm das Königsgut, soweit er dasselbe nicht anderweitig verlieh,
für sich. Burchard dagegen, der
auch fortan in Urkunden sich den prunkenden Titel "von Gottes Gnaden Herzog
der Alamannen" beilegt und von dem Volke und Lande, das Gott seiner Gewalt
unterworfen habe, spricht, schlichtete auf Landtagen die Streitigkeiten
des Volkes wie ein freier Fürst und führte auf eigene Faust mit
seine Mannen Krieg.
Mit seinem früheren Hauptgegner, dem König
Rudolf von Hoch-Burgund, söhnte sich Burchard
so gründlich aus, dass letzterer sich sogar mit seiner
Tochter Bertha
vermählte, eine Verbindung, welche übrigens des Herzogs frühes
Ende herbeiführen sollte. Mit zahlreicher Mannschaft zog er im Jahr
926 seinem Schwiegersohn zur Bekämpfung von dessen Gegner, dem Grafen
Hugo von Provence, in die Lombardei zu Hilfe. Hier wurde er
nach einem Plane des Erzbischofs Lambert von Mailand und anderer italienischer
Großen beim Aufbruch von Novara nach Ivrea durch italienische Scharen
meuchlerisch überfallen. In die Stadt zurückflüchtend, stürzte
er mit seinem Pferde in den Stadtgraben, worauf seine Verfolger ihn allda
mit Lanzenstichen töteten (den 28. oder 29. April des Jahres) und
sein Gefolge niederhieben, König Rudolf aber
sich nach Burgund zurückzog.
Herzog Burchard wird als mächtiger,
angesehener Fürst geschildert; die Geistlichkeit jedoch, welche zu
seiner Zeit nicht mehr so reichlich bedacht wurde wie zur KAROLINGER-Zeit,
fand sich durch ihn vielfach in ihren Rechten geschmälert und warf
ihm Kirchenraub und Verteilung der weggenommenen Güter unter seine
Krieger vor. Zur Nachfolge im Herzogtum fähige Söhne scheint
er nicht hinterlassen zu haben; insbesondere beruht sein angeblicher Sohn
Adalrich, der Wohltäter des Klosters Einsiedeln und Klausner auf der
Insel Ufnau bei Zürich, nur auf sagenhafter Überlieferung, während
der drittnächste Nachfolger im Herzogtum, Burchard
II., in der Regel und nicht ohne Wahrscheinlichkeit, als sein zur
Zeit seines Todes noch unmündiger Sohn oder wenigstens als sein Verwandter
betrachtet wird.
904
oo 1. Regilinde im Sülichgau, Tochter des Grafen Eberhard
und der Gisela
um 888-
nach 959
Kinder:
Burchard III.
um 906-11.11.973
Gisela
um 905-
923/25
oo Hermann Graf im Pfullichgau
- nach 954
Hicha
um 905- nach 950
919/20
oo Werner V. Graf von Herrenberg
um 899- um 935
Bertha
um 907-2.1.961
921/22
1. oo Rudolf II. König von Burgund
-11.7.936
Adalrich der Heilige
- nach 973
Literatur:
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Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen
Reiches, Gustav Lübbe Verlag Bergisch Gladbach 1994, Seite 121-509
- Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 34,46,51,132,167,
- Hans K. Schulze: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum.
Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 126, 129,144-148,170,249 - Eduard
Hlawitschka: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte
des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich
klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag
Sigmaringen 1987, Seite 47,65-67,71,105 - Gerd Althoff: Adels- und Königsfamilien
im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken
der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite
158,163,377 H 11 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart
Berlin Köln, Seite 30,34-37,40,51,76,113, - Giese, Wolfgang: Der Stamm
der Sachsen und das Reich in ottonischer und salischer Zeit. Franz Steiner
Verlag Wiesbaden 1979, Seite 84,88 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter.
Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 81 -