Heinrich III.                                           König von Frankreich (1574-1589)
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19.9.1551-2.8.1589                                Herzog von Anjou
Fontainebleau Saint-Cloud

Begraben: Saint-Corneille in Compiegen
 

3. Sohn des Königs Heinrich II. von Frankreich und der Katharina von Medici, Tochter von Herzog Lorenzo II.
 

Lexikon der Renaissance: Seite 3292
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Heinrich III., König von Frankreich seit 1574
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* 19.9.1551, + 2.8.1589
Fontainebleau St. Cloud

Letzer König der VALOIS.

Sohn von Heinrich II.

1573/74 Wahl-König von Polen.
Heinrichs Herrschaft bedeutete eine tiefgreifende Schwächung des französischen Absolutismus im 16. Jh. Ursprünglich ein Gegner der Hugenotten, mußte er ihen als König weitgehend entgegenkommen und wiederholt Sicherheitsplätze zugestehen. 1577 erkannten Heinrich III. und seine Mutter, Katharina von Medici, daß sie von den Hugenotten und 'Politiques' beherrschten Territorien nicht gewaltsam von den Regierungstruppen zurückgewonnen werden konnten. Damit stießen sie auf den Widerspruch des nach der Thronfolge strebenden, von Spanien unterstützten Herzogshauses der GUISE, die eine Thronfolge des nach dem Erlöschen der VALOIS erbberechtigten Heinrich von Navarra zu ihrem eigenen Vorteil verhindern wollten. Als Heinrichs Kinderlosigkeit gewisser wurde und 1584 auch sein Bruder, der Herzog Franz von Alencon, starb, gründeten die GUISE die 'Heilige Liga' zur Verhinderung der Thronfolge Heinrichs von Navarra. Nach einer Niederlage seiner Truppen gegen die Liga und den Herzog Heinrich von Guise flüchtete Heinrich III. von Paris nach Chartres. Das diplomatische Geschick der Katharina von Medici unterlief jedoch die Forderungen der Liga, die als Nachfolger Heinrichs den ältlichen Kardinal Karl von Bourbon bereithielt: Scheinbar sich fügend, unterzeichnete Heinrich III. im Juli 1588 die 'Katholische Union', mit der jeder nichtkatholische Nachfolger der VALOIS für unzuverlässig erklärt wurde. Die Entlassung derjenigen seiner Ratgeber im September 1588, die Werkzeuge seiner Mutter waren, löste im Dezember 1588 eine neue Staatskriese aus; Heinrich III. ließ die in Blois zu den dort einberufenen Generalstaänden erschienenen Häupter der Liga (Herzog Heinrich von Guise und dessen Bruder Kardinal Ludwig von Guise) am 23./24.12.1588 ermorden, die Anhänger der Liga und der GUISE systematisch verhaften und einkerkern. Nach dem endgültigen Bruch mit der Liga verbündete sich Heinrich III. am 3.4.1589 mit Heinrich von Navarra und schloß nach mehreren Siegen über die Liga im Juli 1589 Paris ein, wurde aber in St. Cloud von dem Mönch Jacques Clement ermordet.


Nach dem Tode seines Bruders Karl IX. verließ Heinrich am 18.7.1574 heimlich Polen, da ihm die französische Krone zugefallen war. Er war homosexuell veranlagt, was zu größter Sittenverwilderung am französischen Hofe führte. Seine weichliche und schwankende Politik steigerte die Opposition aller Kreise. Durch Verschwendung und Günstlingswirtschaft machte er sich schnell verhaßt. Nach dem Tode des Thronfolgers Franz von Alencon (+ 10.6.1584), wendete sich die von GUISEN beherrschte Liga immer mehr gegen den König, denn Heinrich von Navarra war nun nächster Thronprätendent. Am Tage der Barrikaden (1588) wurden die königlichen Truppen entwaffnet und Heinrich III. mußte aus Paris fliehen und im Edikt von Rouen alle Forderungen der Liga anerkennen. Als die von den GUISEN beherrschten Generalstände von Blois die königlichen Rechte stark beschränken wollten, ließ Heinrich III. Ludwig und Heinrich von Guise ermorden (23.12.1588). Die allgemeine Empörung über die Tat zwang Heinrich III. 1589 zum Bündnis mit den Hugenotten (Unterredung von Plessis les Tours zwischen Heinrich von Navarra und Heinrich III.). Der König wurde jedoch bei der Belagerung von Paris durch den Dominikaner Jacques Clement mit einem vergifteten Dolch ermordet.
Heinrich III. war der letzte männliche VALOIS.

Pernoud Regine: Seite 11-29
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"Die Kapetinger" in: Die großen Dynastien

Nach dem Tode Karls IX. fiel die Krone an seinen Bruder, den Herzog von Anjou, der sich bei der Wahl zum polnischen König gegen Zar Iwan den Schrecklichen durchgesetzt hatte. Er verließ eilends seine Hauptstadt Krakau und bestieg als Heinrich III. (1574-1589) den französischen Thron. Wenige Könige in der Geschichte waren so umstritten wie er. Er legte ein auffälliges Benehmen an den Tag, das ihm die Bezeichnung "Prinz von Sodom" eintrug, und umgab sich mit einer Gruppe schöner Männer, die man die Mignons nannte. Dennoch lebte er im guten Einvernehmen mit seiner Gattin Luise von Vaudemont.
Der neue König befand sich in einer schwierigen Situation, die er jedoch immer wieder mit Takt und Entschlossenheit meisterte. Das Land lag im Bürgerkrieg; es drohte eine Invasion von seiten einer Gruppe von Conde gedungener alter Kämpfer. Sie wurden jedoch bei Dormans von Heinrich von Guise, dem Sohn des Herzogs von Guise, geschlagen; von da an wurde der Herzog von Guise zu einem mächtigen Rivalen des Königs. Mit dem Edikt von Beaulieu 1576 gewährte Heinrich III. den Protestanten freie Religionsausübung. Der Herzog von Guise gründete daraufhin eine katholische Partei, die Liga, und Heinrich III. war so klug, deren Führung zu übernehmen.
Dessenungeachtet kam es zu drei aufeinanderfolgenden Kriegen, deren Einzelheiten dahingestellt sein mögen. Worauf es ankam, war die Tatsache, dass durch den Tod des Herzogs von Alencon, des jüngsten Sohnes Heinrichs II., der Führer der Protestanten, Heinrich von Navarra, zum Thronanwärter für den Fall des Ablebens Heinrichs III. wurde. Als sein Anspruch jedoch wegen seiner Religionszugehörigkeit angefochten wurde, verdoppelte dies den Ehrgeiz Heinrichs von Guise, der als angeblicher Nachfahre der KAROLINGER den Thron an sich zu bringen hoffte.
Daraus entstand der 8. Religionskrieg. Bei Coutras erzielte Heinrich von Navarra, ein fähiger Kriegsherr, am 15. Oktober 1587 den ersten großen Sieg der Protastanten über die Katholiken. Heinrich von Guise wiederum gelang es, bei Vimory und Auneau zweimal die Invasion der alten Kämpfer aufzuhalten. Dies machte ihn so populär, dass die Liga Paris unter ihre Herrschaft bringen konnte. Daraufhin untersagte Heinrich III. dem Herzog von Guise das Betreten der Hauptstadt. Doch dieser widersetzte sich dem Verbot. In Paris wurden Barrikaden errichtet, und Heinrich III. mußte sein Heil in der Flucht suchen (12. Mai 1588). In Blois traten die Generalstände zusammen. Als der König dort von dem mit dem Herzog von Guise sympathisierenden Adel heftig angegriffen wurde, zögerte er nicht länger und ließ den Herzog am 23. Dezember 1588 ermorden. Wenige Tage danach starb Katharina von Medici.
Die von der Liga aufgestellte Armeen zogen gegen den König zu Felde, der nun keine andere Lösung sah, als sich mit Heinrich von Navarra zu versöhnen; dies war die einzige Möglichkeit, den Fortbestand der Dynastie zu sichern. Am 16. April 1589 kam es in Plessis-lez-Tours zu einer Zusammenkunft. Der König von Frankreich und der König von Navarra vereinigten ihre Truppen und begannen in Saint-Cloud mit der Belagerung von Paris.
Die Liga sah sich verloren. Sie entsandte den geisteskranken Dominikaner Jacques Clement mit einer im vorhinein erteilten Absolution versehen zu Heinrich III. Er stieß dem König ein Messer in den Leib und wurde daraufhin aus dem Fenster geworfen, so dass das Geheimnis um seine Tat nie ganz enthüllt werden konnte. Bevor er am 2. August 1589 starb, ließ der König Heinrich von Navarra zu sich rufen und beschwor ihn ein letztes Mal, zum katholischen Glauben überzutreten. Er sprach zu ihm: "Mein Bruder, ich fühle, es ist an Euch, das Recht in Anspruch zu nehmen, für das ich tätig gewesen bin, um Euch zu erhalten, was Gott Euch gegeben hat."
Über dieser eindrucksvollen Geste, die den Fortbestand der Dynastie sicherte, starb Heinrich III. Mit ihm erlosch das Geschlecht der VALOIS, zumindest in seiner legitimen Linie. Denn erst im Jahre 1650 starb der Graf von Auvergne, ein illegitimer Sohn Karls IX. Er hatte gegen Ende seines Lebens Francoise Mareuil geheiratet, die 1708 hochbetagt zur Patin des jungen Belloy wurde. Dieser las im Alter von 100 Jahren bei der Krönung Napoleons die Messe. So empfing der Kaiser der Franzosen den Segen vom Patenkind der Schwiegertochter Karls IX.
 
 
 
 

15.2.1575
    oo Luise von Lothringen-Mercour, Tochter des Herzogs Nikolaus
    x  30.4.1553-29.1.1601
 
 
 
 

Literatur:
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Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 167 - Ferdinandy Michael de: Philipp II. Bechtermünz Verlag Augsburg 1996 Seite 341,343,374,402 - Hartmann P.C.: Französische Könige und Kaiser der Neuzeit. Von Ludwig XII. bis Napoleon III. 1498-1870. Verlag C. H. Beck München 1994 Seite 71,91,99,108,110,114,116-143,147,149-151,156,164 - Jurewitz-Freischmidt Sylvia: Die Herrinnen der Loire-Schlösser. Königinnen und Mätressen um den Lilienthron. Casimir Katz Verlag, Gernsbach 1996 Seite 245-458 - Lavater-Sloman Mary: Elisabeth I. Herrin der Meere, Gustav Lübbe Verlag GmbH Bergisch Gladbach 1988 Seite 306,329,335,394,409,449 - Mahoney Irene: Katharina von Medici. Königin von Frankreich. Eugen Diederichs Verlag München 1994 Seite 22-409 - Neale John E. Elisabeth I. Königin von England. Eugen Diederischs Verlag München 1994 Seite 218,248/49,262, 264,267,270,284,285,286,287,290,302,315,362,426,431,454,456 - Panzer Marita A.: Englands Königinnen. Von den Tudors zu den Windsors. Verlag Friedrich Pustet Regensburg 2001 Seite 102 - Pernoud Regine: Die Kapetinger. in: Die großen Dynastien. Karl Müller Verlag 1996 Seite 11-29 - Taillandier Saint-Rene: Heinrich IV. Der Hugenotte auf Frankreichs Thron. Eugen Diederichs Verlag München 1995 Seite 14-506 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 155,157,252,265,271,279 -


Hartmann P.C.: Seite 120-143
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"Französische Könige und Kaiser der Neuzeit"

Ilja Mieck

HEINRICH III., König von Frankreich 1574--1589
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* 19. September 1551, + 2. August 1589
Fontainebleau

Vorname Edouard-Alexandree, geändert in Henri 1565
Dauphin 1560
Herzog von Anjou 1566
König von Polen 1573-1574
König von Frankreich 30. Mai 1574
Krönung und Weihe in Reims 13. Mai 1575
Attentat 1. August 1589
Tod 2. August 1589

Grablegung zunächst inder Abtei Saint-Corneille in Compiegne, 1610 in der Krypta der (1719) abgerissenen Rotonde des Valois in Saint-Denis, dann in der dortigen Kapelle Notre-Dame-la-Blanche. Grabschändung während der Revolution; seit 1818 erinnert in Saint-Denis eine früher in Saint-Cloud befindliche barocke Säule mit einer Bronze-Urne, in der sich das Herz Heinrichs III. befinden soll, an den letzten VALOIS-König.

Vater:
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Heinrich II. König von Frankreich (* 31.3.1519, + 10.7.1559)

Mutter:
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Katharina von Medici (* 13.4.1519, + 5.1.1589)

Brüder:
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Franz (* 19.1.1544, + 5.12.1560 ), als König Franz II.
Karl (* 27.6.1550, + 30.5.1574), als König Karl IX.
Hercule (*18.3.1555, + 10.6.1584), der spätere Francois, Herzog von Alencon (bis 1576) und Herzog von Anjou

Schwester:
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unter anderem
Margarethe (* 14.5.1553, + 27.3.1615), genannt Margot, später Gemahlin Heinrichs III. von Navarra

  oo 15.2.1575
      LOUISE DE VAUDEMONT
      * 30.4.1553, + 29.1.1601

Tochter Karls III. von Lothringen

Keine Kinder
 

                                                                 Kindheit und Jugend 1551-1556

Henri III. sah den 18.9.1551 als seinen Geburtstag an, obwohl er 40 Minuten nach Mitternacht, also am 19.9. zur Welt gekommen war. Er wurde auf den Namen Alexandre-Edouard getauft und erhielt den Titel eines duc d'Angeloume. Seine Eltern, König Henri II. (1519-1559) und Catherine von Medici (1519-1589), hatten 1533 geheiratet, doch war die Ehe 11 Jahre kinderlos geblieben.
Henri hatte vier ältere Geschwister: Francois II., den 1544 geborenen Petit Dauphin, der bei der Thronbesteigung seines Vaters (1547) zum Dauphin (Thronfolger) wurde, Elisabeth (1545-1568), die spätere Gemahlin Philipps II. von Spanien, Claude (1547-1574), die 1559 Charles III. von Lothringen heiratete und Charles-Maximilien (1550-1574), den der frühe Tod des erstgeborenen Bruders 1560 als Charles IX. auf den Thron brachte. Ein fünftes Kind, Louis, war im Oktober 1550 im Alter von 20 Monaten gestorben. Die jüngeren Geschwister von Henri waren Marguerite, genannt Margot (1553-1615), die eine Woche vor der Bartholomäusnacht mit dem späteren Henri IV. von Frankreich vermählt wurde, und Hercule (1555-1584), der es als einziger der vier Söhne nicht zu einer Königskrone brachte. Die lange Reihe der Geburten endete 1556 mit den Zwillings-Schwestern Jeanne und Victoire, die während beziehungsweise bald nach der Niederkunft ihrer Mutter starben.
Bemerkenswert ist, dass die hohe Kindersterblichkeit, die das gesamte Ancien Regime auszeichnete, zwar auch vor Königsthronen nicht haltmachte, aber dank der besseren medizinischen Betreuung und der insgesamt gesicherteren Lebensverhältnisse nicht so einschneidende Folgen hatte wie bei den unteren Volksschichten.
Von den sechs Geschwistern, die der Kindersterblichkeit nicht zum Opfer gefallen waren, starben fünf vor Henri. Nur Margarete überlebte ihn und wurde 62 Jahre alt. Sie und Henri waren die einzigen der 10 Kinder, die beim Tod ihrer Mutter am 5.1.1589 noch lebten. Eine schwächliche Konstitution und die Anfälligkeit für Krankheiten sind zwar bei allen Angehörigen der letzten VALOIS-Generation zu beobachten, ihre wahre Geißel war aber die Tuberkulose, gegen die man medizinisch machtlos war.
Anläßlich seiner Firmung erhielt Alexandre-Edouard am 18.3.1565 zu Ehren seines Vaters den Namen Henri. Neuesten Forschungen zufolge soll der jüngere Bruder Hercule, dessen "physical and intellectual deficiencies" (Holt, Anjou 16) ganz und gar nicht zu seinem Namen paßten, erst ein Jahr später den Namen seines Großvaters Francois erhalten haben. Seit Februar 1566 trug er jedenfalls den Titel eines duc d'Alencon, während Henri künftig als duc d'Anjou auftrat. Im übrigen wurde er als ältester Bruder des regierenden Königs zunächst als Monseigneur angesprochen, später als Monsieur  - dies wurde fortan die offizielle Bezeichnung für den ältesten Bruder des regierenden Königs. In der historischen Literatur werden die beiden Brüder Henri und Francois seit 1566 kurz als 'Anjou` und 'Alencon' bezeichnet. Als Henri König wurde, fielen die Titel Monsier (1574) und duc d'Anjou (1576) an Francois, den früheren 'Alencon'.
Alexandre-Edouard/Henri war ein lebhaftes, freundliches und intelligentes Kind, das sich im Unterschied zu seinen fast ständig kränkelnden Geschwistern körperlich und geistig gut entwickelte. Der Junge las und diskutierte gern, lernte fleißig und geduldig, wußte sich gut auszudrücken, versuchte sich mit Erfolg in der italienischen Sprache, verstand gut zu tanzen und zu fechten und bezauberte den Hof durch seinen Charme und seine Eleganz. Bei der Krönung seines Bruders in Reims im Februar 1561 hinterließ er einen besseren Eindruck als Charles.
Catherine liebte Henri über alles. Sie nannte ihn "mon tout" und "mon petit aigle", unterzeichnete ihre Briefe mit "votre bonne et affectionnee mere" und entdeckte bei ihm Charakterzüge, die sie an ihre MEDICI-Vorfahren erinnerten. Henri wurde ihr Lieblingssohn, später ihr Vertrauter.
Das Verhältnis zwischen Charles, dem König, und Henri, dem Thronfolger, war nicht spannungsfrei - zweifellos eine Folge der intellektuellen Überlegenheit des Jüngeren, der obendrein von der Mutter bevorzugt wurde. Wahrscheinlich haben diese Animositäten während der über zweijährige Reise zugenommen, die den königlichen Hof mit einem Troß von etwa 500 Personen durch ganz Frankreich führte.
Mit dieser Reise, auf der Henri am 8.2.1566 durch die Apanagierung mit den Herzogtümern Anjou, Bourbonnais und Maine seine finanzielle Unabhängigkeit erlangte, endete die erste Phase seines Lebens.
Kindheit und Jugend von Henri fielen in eine Zeit, da die französische Monarchie ihre politischen Prioritäten anders zu setzen begann. Die Schwerpunktverlagerung von der die 1. Jahrhunderthälfte beherrschenden Außenpolitik zu den innerfranzösischen Problemen markierte der Frieden von Cateau-Cambresis (3.4.1559) zwischen Frankreich und Spanien. Mit ihm fand die erste Phase der französisch-habsburgischen Auseinandersetzung ihren Abschluß. Das Herzogtum Burgund blieb bei Frankreich, während es in Italien nur einige Stützpunkte behielt. Der Vertrag, auch pax catholica genannt, gab beiden Herrschern die Möglichkeit, sich der religiösen Angelegenheiten in ihren Ländern energischer anzunehmen.
Das galt in besonderem Maße für Henri II., in dessen Regierungszeit die hugenottische Bewegung trotz schärfster Verfolgungsmaßnahmen weiteren Zulauf erhalten hatte. Seit etwa 1550 schlossen sich mehr und mehr Angehörige der höheren Gesellschaftsschichten der Lehre Calvins an: Juristen, Kaufleute, Ärzte, Adlige. Dieser Aufstieg des Protestantismus in die Spitzen der sozialen Hierarchie erreichte 1558 einen Höhepunkt, als sich einige Vertreter des Hochadels der reformierten Kirche anschlossen: Antoine de Bourbon, König von Navarra; dessen Bruder, der Prinz von Conde, sowie die Brüder Francois d'Andelot und Gaspard de Coligny. Höhepunkt der Bemühungen um eine das ganze Reich erfassenden Organisation der neuen Kirche war die erste hugenottische Synode, die am 25.5.1559 in Paris stattfand.
Seit 1558/59 war es offenkundig, dass sich die Krone mit dieser gut organisierten Minderheit arrangieren mußte: "Es galt, die konfessionelle Koexistenz grundsätzlich als unabänderlich hinzunehmen und Mittel und Wege zu finden, um diese Koexistenz zu organisieren. Es war ein Programm, das nur langfristig zu realisieren war, da es ein totales Umdenken erforderlich machte" (Mieck, Entstehung, 238).
Catherine von Medici nutzte die durch den erneuten Thronwechsel 1560 gebotene Chance, die Staatsgeschäfte selbst in die Hand zu nehmen, für einen Kurswechsel. Mit erstaunlicher Zielstrebigkeit leitete sie eine neue Konfessionspolitik. In einer Welt der Intoleranz und des Hasses tastete sie sich vorsichtig, zuweilen auch etwas umständlich, auf der terra incognita konfessioneller Duldung - von Toleranz war noch kaum zu reden - voran. Dass Catherine diese ganz unzeitgemäße Zielvorstellung über Jahrzehnte hinweg zu realisieren versuchte, stellt diese Frau, die bis 1559 durch ihren Mann und dessen Mätresse Diane de Poitiers von aller Politik ferngehalten worden war, in die erste Reihe der staatsmännischen Persönlichkeiten, die Frankreich jemals regiert haben. Dass sie ihrem Sohn Henri diese Überzeugung vermittelte, verdient im Rahmen dieser biographischen Skizze besondere Beachtung.
Der bedeutendste Versuch, den Catherine zu Beginn ihrer nationalen Versöhnungspolitik unternahm, war das Toleranz-Edikt vom 17.1.1562, das infolge der Militanz der GUISE-Anhänger scheiterte. Das von diesen zu verantwortende Massaker von Vassy löste den ersten Bürgerkrieg aus, der die Fronten weiter verhärtete. Die große Reise, die auch der Überwindung der religiösen Gegensätze dienen sollte, brachte in dieser Hinsicht keine Fortschritte. Geschürt durch die Extremisten beider Seiten, führten die wachsenden Spannungen 1567/68 zum zweiten und 1569/70 zum dritten Bürgerkrieg.

                                                                  Lehrjahre 1567-1571

Für Henri begann in diesen Jahren die eigentliche politische Karriere. Da sich sein Bruder als König militärisch nicht mehr zu exponieren durfte, wurde Anjou am 14.11.1567 zum lieutenant general du royaume bestelllt und erhielt dadurch den Oberbefehl über die königlichen Truppen. Natürlich standen dem 16-jährigen erfahrene Militärs zur Seite, aber Anjou bewies Talent, Geschick und Mut, so dass die beiden Siege über die hugenottischen Truppen bei Jarnac (13.3.1569) und Montcontour (3.10.1569) in erster Linie ihm zugeschrieben wurden.
Aber der junge Kriegsheld, der sich im Gegensatz zu seinem königlichen Bruder schon immer in politicis sehr interessiert gezeigt hatte, stieg  noch höher: Auf Drängen Catherines machte ihn Charles zum intendant general du roi. Mit diesem bisher nie vergebenen Titel wurde er zu einer Art Vizekönig, an den man sich, angeblich zur Entlastung von Catherine, in allen Fällen ("en tout et pour tout") zu wenden hatte.
Außerdem war Anjou immer noch Thronfolger, wenn auch nur auf Abruf, denn sobald dem noch unverheirateten König in legitimer Ehe ein Sohn geboren werden würde, wäre das Thronfolgerecht zwangsläufig auf diesen übergegangen. Henri hatte indessen Glück. Aus der Ehe, die Charles IX. am 26.11.1570 mit Elisabeth von Österreich (1554-1592), der Tochter Kaiser MAXIMILIANS II., schloß, ging nur eine Tochter Marie-Elisabeth (1573-1578) hervor, während aus der Verbindung mit seiner Mätressen Marie Touchet (1549-1638) stammende Sohn Charles de Valois (1573-1650), der spätere d'Angouleme, natürlich nicht erbberechtigt war. So blieb Henri, der ungeliebte Bruder des Königs, auch der ungeliebte Thronfolger.
Als nach fast dreijähriger Ehe des Königs noch immer kein Thronerbe geboren war und sich sein Gesundheitszustand rapide verschlechterte, sprang Charles IX. über seinen Schatten: Am 22.8.1573 erkannte er Henrioffiziell als seinen Nachfolger an.
Die glänzende politische Kariere, die Anjou bevorzustehen schien, hätte durch eine Heirat mit Elizabeth von England ihre Krönung erfahren, aber das Projekt scheiterte, nicht zuletzt an der Abneigung, die Henri selbst gegen diese Verbindung empfand, weil sie ihn aus Frankreich entfernt hätte. Schließlich entschied der Staatsrat, den Heiratskandidaten Anjou durch Alencon, der 22 Jahre jünger war als die umworbene Elizabeth, zu ersetzen.
Die Popularität des Thronfolgers wurde durch das Scheitern der englischen Heiratspläne nicht beeinträchtigt, ebensowenig durch die Tatsache, dass der sehr modebewußte und ein wenig exzentrische Henri begann, ziemlich große Ohrgehänge zu tragen, nicht anders als sein königlicher Bruder und zahlreiche Edelleute, die damals am Hof lebten. Dass auch Männer Ohrringe tragen, versteht man heute sicher besser als im 16. Jahrhundert, als man diese Tatsache als ersten Hinweis auf eine besonders effiminierte Einstellung und eine beginnende Homosexualität wertete.
Nach dem Friedensedikt von Saint-Germmain vom 8.8.1570 nahm Catherine ihre konfessionelle Aussöhnungspolitik wieder auf. Fast als Symbol dafür kann man die Heirat zwischen ihrer Tochter Marguerite und Henri, dem Sohn der streng calvinistischen Königin von Navarra, Jeanne d'Albret, ansehen. Der Vater des Bräutigams, Antoine de Bourbon, war 1562 gestorben. Durch den überraschenden Tod von Jeanne am 9.6.1572 in Paris wurde Henri noch vor der Hochzeit, die am 18.8.1572 stattfand, als Henri III. König von Navarra, dessen südlicher Teil allerdings 1512 von Spanien annektiert worden war. In Anlehnung an diesen Titel wird Henri in der Literatur bis zum Jahre 1589 häufig als 'Navarra' bezeichnet.
Thronfolgerechte ergaben sich für Henri durch diese Heirat nicht, wohl aber durch Verwandtschaftsverhältnisse mit dem Königshaus, die auf das 13. Jahrhundert zurückgingen. Aber noch hoffte man auf einen legitimen männlichen Erben des Königs, und außerdem lebten noch die beiden Thronfolger Anjou und Alencon, bei denen sich, einmal verheiratet, ebenfalls noch männlicher Nachwuchs einstellen konnte.
Eine andere Hochzeit, die in diesem ereignisreichen August 1572 stattfand brachte Anjou völlig aus dem Gleichgewicht, weil er in die Braut, Marie de Cleves (1550-1574), unsterblich verliebt war. Die 21-jährige, "ein Kind aus der Provinz mit reinem Herzen, frischen Wangen, einem schlanken und gesunden Körper und einem herzlichen Lächeln" (Bordonove, Henri III., 135), war von bezaubernder Schönheit und ließ den Thronfolger alle bisherigen Liebeleien vergessen. Er war fest entschlossen, dieses Mädchen, das seine Liebe erwiderte, zu heiraten.
Catherine war über das Ansinnen ihres Sohnes, der doch die englische Königin verschmäht hatte, entsetzt, weil Marie nicht zum Hochadel zählte. Außerdem hatte ihr Catherine eine besondere Rolle in ihrer interkonfessionellen Verständigungspolitik zugedacht. Das calvinistisch erzogene Mädchen, das seit 1569 unter der Vormundschaft des Königs stand, sollte den hugenottischen Prinzen Henri de Conde heiraten. Von diesem Plan ließ sich Catherine nicht abbringen. Anjou mußte sich der Staatsräson beugen, und die Hochzeit fand am 10.8.1572 statt, genau zwei Wochen vor der Bartholomäusnacht.

                                                                  Vor und nach der Bartholomäusnacht 1571-1573

Die mit dem Frieden von Saint-Germain wiederaufgenommene Aussöhnungspolitik Catherines ermöglichte es, dass der 1569 zum Tode verurteilte und in effigie aufgehängte Chef der Hugenotten, der Admiral Coligny, 1571 an den Hof und in den Staatsrat zurückkehren konnte. Dort versuchte er, seine politischen Pläne durchzusetzen. Er beabsichtigte, dem seit 1566 gegen Spanien kämpfenden Niederlanden militärisch zu Hilfe zu kommen und hoffte, dadurch eine gesamt europäisch-protestantische Allianz gegen Philipp II. zustande zu bringen. Nichts aber fürchtete Catherine seit der schweren Niederlage von Saint-Quentin (10.8.1557) mehr als einen Krieg gegen Spanien. Alle Fachleute waren mit ihr einer Meinung: Einen solchen Krieg konnte Frankreich nur verlieren. Die Niederlage eines französischen Hilfskorps, dessen Entsendung Charles IX. stillschweigend toleriert hatte, bestätigte die einhellige Auffassung des Kronrates, einen Krieg mit Spanien unter allen Umständen zu vermeiden.
Dennoch hielt Coligny an seinen Plänen fest und erhob sie durch die von ihm erfundene, überhaupt nicht zwingende Alternative: Krieg gegen Spanien oder Bürgerkrieg in den Rang einer politisch-militärischen Erpressung. Dadurch wurde er - so die bisherige Forschungsmeinung - zum rebellierenden Untertan, dessen Beseitigung die Staatsräson gebot: In enger Zusammenarbeit bereiteten Catherine und Anjou, ohne Wissen des Königs, ein Attentat auf Coligny vor, das am 22.8.1572 stattfand.
Eine neuere Untersuchung sieht dagegen die Situation ganz anders: Coligny war Mitte August 1572 politisch völlig isoliert und militärisch geschwächt. Vielleicht wurde er, der den König zu lenken glaubte, in Wirklichkeit sogar ausgenutzt, indem dieser ihm zuredete, protestantische Truppen in die Niederlande, das heißt in das sichere Verderben zu schicken. Coligny war demnach eine zwar schwache, gleichwohl politisch wichtige Figur auf dem politischen Schachbrett: "Die französische Monarchie brauchte Coligny viel zu nötig, um daran zu denken, sich seiner zu entledigen (Bourgeon, L'assassinat, 29)
Mit dieser These fällt das über Jahrhunderte errichtete Gedankengebäude über Zeit und Art der vorbereitenden Mitwirkung Anjous und Catherines in sich zusammen. Beide hatten mit dem Attentat nichts zu tun, waren nicht einmal darüber informiert. In einem ausschließlich auf zeitgenössischen Quellen gestützten Indizienverfahren werden die in Wahrheit Verantwortlichen ins Licht gerückt: "Die Seele des Komplotts ist niemand anders als Philipp II." (ebd., 58), während der Herzog von Alba in besonderem Maße verdächtig ist, "den Anschlag auf den Admiral ferngesteuert ('telecommande') zu haben, unter aktiver Beteiligung einer Handvoll ultra-katholischer GUISE-Anhänger (ebd., 49).
Auch die Vorgeschichte der zwei Tage nach dem mißglückten Attentat hereinbrechenden Bartholomäusnacht wird von Bourgeon ganz neu interpretiert. Dabei ist es aufgrund der diffizilen Quellenlage leichter zu sagen, wie es nicht war, als präzise positive Aussagen zu treffen. Immerhin erscheint es wahrscheinlich, dass weder Catherine noch Anjou noch der König die am frühen Morgen des am 24.8. einsetzenden Mordaktionen in irgendeiner Weise vorab planerisch beeinflußt haben. Die Bartholomäusnacht war alles andere als eine königliche Machtdemonstration; sie resultierte im Gegenteil aus einem totalen, wenn auch vorübergehenden Zusammenbruch der königlichen Gewalt. Irgendwann in der Nacht muß Charles IX. einem von der Spanien-GUISE-Partei vorgebrachten Ultimatum nachgegeben und die Ermordung der Hugenottenführer, und nur darum ging es, zugestanden haben - "im Stich gelassen von allen Autoritäten, der städtischen, der juristischen, der religiösen und der militärischen,...blieb ihm nichts übrig als sich zu verleugnen (das heißt sein königliches Schutzversprechen für die Hugenotten zu ignorieren - I.M.) und zu kapitulieren (ebd., 108 f.).
Die Ermordung des hugenottischen Generalstabs durch die GUISE-Anhänger war die eine Sache, die Niedermetzelung von Hunderten von Protestanten eine andere. Dieses blutige Geschäft besorgte das aufständische Paris, das die Gelegenheit ergriff, auf diese Weise gegen die seit 1570/71 praktizierte Religions-, Finanz- und Außenpolitik zu protestieren. Die Bartholomäusnacht war auch eine Revolution gegen das Königtum.
Die Ereignisse der nächsten Tage gingen über die königliche Familie hinweg: Als ob es König und Munizipalität nicht gebe, übernahm eine von dem ehemaligen Bürgermeister und GUISE-Freund Marcel rekrutierte Hilfstruppe für etwa drei Tage die Macht in der Stadt. Es waren aus diesem Kontingent stammende Mord- und Terrorkommandos, "die vorwiegend, aber keineswegs ausschließlich die hugenottischen Einwohner mit dem Ziel der skrupellosen Bereicherung ausplünderten und umbrachten", um "ihre als ungerecht empfundene Position im Sozialgefüge unter dem Deckmantel des Konfessionskampfes zu korrigieren" (Mieck, Bartholomäusnacht, 106). Diese Auffassung widerspricht der schon von Zeitgenossen vertretenen, neuerdings reaktivierten These, dass sich die Bürgermiliz geschlossen ("en corps") an dem Pogrom beteiligt habe. Um diesen Sachverhalt zu klären, bedarf es noch weiterer Forschungen.
Die Protestanten antworteten auf die Bartholomäusnacht mit dem vierten Bürgerkrieg. Er fand seinen Höhepunkt in der Belagerung von La Rochelle. Da Charles IX. offiziell die Verantwortung für die Bartholomäusnacht übernommen hatte, ließen die Hugenotten von nun an die Loyalität gegenüber dem König, die sie bisher immer bewahrt hatten, fallen. La Rochelle fühlte sich wie eine unabhängige Republik und weigerte sich, den vom König entsandten Gouverneur Biron überhaupt in die Stadt zu lassen.
Am 11.2.1573 traf Anjou vor La Rochelle ein und übernahm das Kommando über die Belagerungsarmee. Nach schweren Bombardements versuchten die königlichen Truppen wiederholt vergeblich, die Mauern zu überwinden. Monsieur, am 14.6. sogar leicht verwundet, hoffte langfristig auf die Wirkung der Blockade, aber auch die im Mai und Juni erneut durchgeführten Sturmangriffe scheiterten allesamt.
Dennoch hätte La Rochelle wohl bald aufgeben müssen, doch am 19.6. erhielt Anjou die Nachricht, dass er zum König von Polen gewählt worden sei. Die Verhandlungen mit den Belagerten führten rasch zum Frieden (2.7.1573), der die Gewissensfreiheit in ganz Frankreich garantierte, die Kultfreiheit für die Hugenotten aber nur in den Städten La Rochelle, Montauban und Nimes gestattete. "Es war ein unglücklicher Vertrag, übereilt geschlossen und flüchtig aufgesetzt; sein wahrer Zweck war, dem Herzog von Anjou von La Rochelle zu befreien" (Sutherland, Huguenot Struggle, 306).

                                                                         König von Polen 1573-1574

Auch unter der Herrschaft der JAGIELLONEN-Könige hat der polnische Adel im Prinzip an seinem Recht der freien Königswahl festgehalten. Als Sigismund II. August im Juli 1572 starb, ohne einen Nachfolger designiert zu haben, wurde die Frage der polnischen Thronfolge eine Angelegenheit von europäischem Interesse. Da es keinen wahlfähigen Kandidaten aus der jagellonischen Dynastie gab, präsentierten die HABSBURGER einen Sohn Kaiser MAXIMILIANS II., den Erzherzog Ernst, während Catherine von Medici, immer auf der Suche nach Ehefrau und/oder Thron für ihre Söhne, ernsthaft die Kandidatur Anjous betrieb. Ihr Emissär, der 70-jährige Jean de Monluc, Bischof von Valence und erfahrener Diplomat, verließ Paris am 17.8.1572 - eine Woche vor der Bartholomäusnacht.
Die Nachricht über das Hugenottenmassaker erreichte ihn unterwegs. Um die Polen, unter denen es viele Protestanten gab, zu besänftigen und vor allem den Herzog von jeder Mitschuld freizusprechen, veröffentlichte Monluc in Krakau eine Rechtfertigungsschrift in lateinischer Sprache, die viele Polen zur Überraschung der Franzosen glänzend beherrschten. Nach monatelangen Verhandlungen, bei denen Monluc, wie ein polnischer Magnat bemerkte, mehr versprach als die ganze Christenheit hätte halten können, entschied sich auf dem Wahlreichstag (5.4.-10.5.1573), zu dem 40.000 Adlige erschienen waren, eine Mehrheit für Henri von Valois. Um die politischen und konfessionellen Privilegien des Adels zu sichern, legte der Reichstag dem französischen Abgesandten noch zwei Dokumente vor, die eine regelrechte Wahlkapitulation darstellten: Am 15.5. unterschrieb Monluc sowohl die Pacta Conventa als auch die Articuli Henriciani. Erst danach wurde der bereits gewählte Henri zum König ausgerufen.
So kurz die Regierungszeit Anjous in Polen auch werden sollte, so wegweisend waren die von Monluc unterzeichneten Dokumente für die politische Zukunft Polens. Die beiden Urkunden, die später zusammengefaßt wurden und bis zum Ende des Staates Bestand hatten, reduzierten die königlichen Rechte auf ein Minimum und ebneten den Weg zu einer fast unbeschränkten Adelsherrschaft. Die Stellung des Königs war schwächer als die eines Monarchen in einer konstitutionellen Monarchie des 20. Jahrhunderts.
In Frankreich, wo Jean Bodin drei Jahre später seine Lehre von der unteilbaren und absoluten Souveränität des Monarchen propagierte, zeigte man für diese Art Königtum wenig Verständnis. Henri war entsetzt, als ihm die in Paris eingetroffene polnische Delegation am 24.8.1573 die von Monluc unterzeichneten Dokumente zur Bestätigung präsentierte.
Trotz der fast ultimativen Drohung der polnischen Delegation ("Iurabis aut non regnabis!") folgten tagelange zähe Verhandlungen, die für Henri zwar kleine politische Verbesserungen brachten, aber an der Grundstruktur der Verfassungskonstruktion nichts änderten. Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie, die in der Kirche Notre-Dame stattfand, leistete Henri am 10.9. den geforderten Eid. Drei Tage später wurden ihm während einer weiteren Prunksitzung die Prachtausfertigung der seine Wahl bestätigenden Urkunde in einer silbernen Kassette überreicht.
Zur Enttäuschung seiner neuen Untertanen, die auf die Einlösung der zahlreichen politischen, finanziellen, militärischen und dynastischen Versprechungen warteten, hatte es Henri aus mehreren Gründen gar nicht eilig, nach Polen zu reisen. Zweifellos scheute er davor zurück, seine geachtete und gesicherte Position in Frankreich gegen ein eher obskures Königtum im weit entfernten Polen einzutauschen. Außerdem war die rapide Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Königs offenkundig, und der designierte Nachfolger Anjou mochte daran zweifeln, ob der ehrgeizige Alencon im Falle des Todes die nötige Loyalität zeigen würde.
Nachdem Henri mit einem Troß von etwa 1.200 Personen endlich aufgebrochen war, verabschiedete er sich am 2.12.1573 in Blamont/ Lothringen von und befand sich zwei Tage später auf dem Boden des Deutschen Reiches, das er ohne Eile durchquerte, um - nach zahlreichen Empfängen, Gesprächen und Kontakten - am 24.1.1574 die polnische Grenze zu überschreiten. Am 18.2. zog er in Krakau ein. Die "Herrschaft der 146 Tage" (Chevalier, Henri III., 209-231), gerechnet vom Grenzübertritt, begann mit einer langen Reihe von Festen und glanzvollen Zeremonialakten (Grablegung des letzten Königs; Weihe und Krönung von Henri am 21.2.), wurde aber von Anfang an auch durch Probleme belastet, die sich aus der besonderen verfassungsrechtlichen Situation und aus der Mentalität der polnischen Aristokratie ergaben. Henri lavierte so gut er konnte, zeigte sich flexibel und diplomatisch, blieb aber fest entschlossen, die wenig attraktive 48-jährige Prinzessin Anna, Schwester des letzten Königs, auf keinen Fall zu heiraten - Marie de Cleves war unvergessen.
Die politischen Querelen mit Senat und Reichstag, die der königlichen Autorität immer wieder Fesseln anlegen wollten, und die Heiratsfrage verleideten Henri seine polnische Herrschaft gründlich. Er konnte sich nicht abfinden mit diesem "republikanischen Königtum, dessen offenkundiges Prinzip die Anarchie war" (Bordonove, Henri III., 141). Doch zur freudigen Überraschung seiner Untertanen zeigte sich Henri ab Mitte Mai ganz verändert: Er kleidete sich auf polnische Art, machte den stolzen Aristokraten Komplimente und erklärte ihnen, dass er sich daran gewöhnen wolle, wie sie Bier zu trinken und das Tanzen a la polonaise zu erlernen; er pflegte sogar freundlichen Umgang mit der altjüngferlichen Prinzessin Anna - aber alles war nur Täuschung, um die Polen in Sicherheit zu wiegen.
Vom Tod seines königlichen Bruders, der am 30.5. gestorben war, erfuhr Henri am 14.6. vormittags durch eine Mitteilung des Kaisers MAXIMILIAN II. Noch am gleichen Tage erschienen zwei Boten aus Frankreich, der eine mit einem langen Brief von Catherine, die für Henri die Regentschaft übernommen hatte, um Bestätigung dieser Position bat und ihn zur umgehenden Rückkehr aufforderte. Für Henri gab es keinen Zweifel: "Frankreich und Sie selbst sind wichtiger als Polen", schrieb er seiner Mutter einige Tage später.
Mit bemerkenswerter Geschicklichkeit bereitete Henri seine Flucht aus den ungeliebten Königreich vor. Vier Tage lang erweckte er den Anschein, dass er Catherine vorläufig die Regentschaft überlasse und vielleicht einen Vizekönig für Frankreich ernennen wolle. Doch am 18.6., gegen Mitternacht, verließ er mit einer Handvoll Vertrauter heimlich Krakau. Der Ritt der kleinen Gruppe führte teilweise durch unwegsames und unbekanntes Gelände, aber der Vorsprung vor den Verfolgern reichte aus: Erst nachdem man bei Auschwitz die österreichische Grenze überschritten hatte, erreichte Graf Tenczynski, der den König als Oberster Kammerherr sechs Stunden vorher zu Bett gebracht hatte, den Flüchtenden. Henri erläuterte ihm die Notwendigkeit seiner augenblicklichen Anwesenheit in Frankreich und versicherte ihm, dass er stark genug sei, um zwei Kronen zu tragen; im übrigen gedenke er bald nach Polen zurückzukehren. Tenczynski, mit einem Diamant beschenkt, war zu Tränen gerührt, trank, entsprechend einem polnischen Brauch, einen Schluck seines eigenen Blutes, um den König seine Verehrung zu erweisen, und ritt nach Krakau zurück. In Mährisch-Ostrau wartete eine Kutsche auf Henri, und am Abend des 19.8. konnte er sich in Vescovo (Mährisch-Weißkirchen?) zur Ruhe legen - über 34 Meilen hatten die Flüchtenden fast ohne Pause zurückgelegt.
Dem Rat Catherines folgend, vermied Henri auf seiner Rückreise die protestantischen Territorien. In Wien traf er MAXIMILIAN II., der ihm seine zur Witwe gewordene Tochter Elisabeth ans Herz legte, aber Henri dachte nur an Marie de Cleves. In Venedig, wo er eine Woche blieb, folgte eine Festveranstaltung der anderen, hatte doch nie zuvor ein französischer König die Inselrepublik besucht. Für den feierlichen Einzug des zweifachen Königs, dem Catherine zur Bestreitung seiner Unkosten 100.000 livres nach Venedig überwiesen hatte, wurde sogar das berühmte Prunkschiff Bucintoro mobilisiert.
Über Padua, Ferrara, Mantua, Cremona und Monza (wo er den asketischen, 1610 heilig gesprochenen Reformkleriker Carlo Borromeo [1539-1584] kennen- und schätzenlernte) reiste Henri nach Turin weiter, um mit dem Herzog von Savoyen politische Gespräche zu führen. Dort traf er auch mit dem protestantenfreundllichen Marschall Montmorency-Damville, den von Charles IX. abgesetzten Gouverneurs des Languedoc, zusammen. So sah sich Henri, noch bevor er nach Frankreich zurückkehrte, mit dem  Kardinalproblem der französischen Innenpolitik konfrontiert, einen modus vivendi zwischen der katholischen Mehrheit und der starken protestantischen Minderheit zu finden.
Am 3.9.1574 betrat Henri wieder französischen Boden. Zwei Tage später traf er Catherine, die ihm von Lyon entgegengekommen war. Das polnische Abenteuer hatte damit, zu ihrer aller Freude, ein Ende gefunden.

                                                                          König von Frankreich 1574-1589

Um die 15 Regierungsjahre des letzten VALOIS-Königs darzustellen, empfiehlt es sich, den chronoligischen Leitfaden zu verlassen und statt dessen einzelne Bereiche besonders zu betrachten. Das führt zu größerer Klarheit, läßt die meist dominierende Bürgerkriegsperspektive etwas zurücktreten und ermöglicht eine ausgewogenere Gesamtbeurteilung, die Henri, nach Jahrhunderten einer eher negativen Einschätzung, als Mensch und als Herrscher zweifellos verdient.

1. Das Ende der Dynastie
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Marie de Cleves, die große Liebe des Königs, war seit dem Frühjahr 1574 Strohwitwe, da ihr Mann nach Deutschland geflohen war. Marie weigerte sich, ihm zu folgen. Aber während Henri über die Annullierung der Conde-Ehe nachdachte, bemühte sich Catherine, die in der aufgeweckten Marie wohl auch eine Konkurrentin fürchtete, ihren Sohn von Paris, wo die Prinzessin war, fernzuhalten. So erfuhr Henri in Lyon, dass Marie am 30.10.1574 im Wochenbett gestorben war. Die Nachricht streckte ihn regelrecht nieder. Tagelang schloß er sich ein, lag mit Fieber im Bett und vergrub sich in seinem Schmerz. Die leichtlebigen Höflinge waren konsterniert, dass ein König von Frankreich so viel Gefühl zeigte. Vollends machten sie sich über ihn lustig, als sie bei seiner Rückkehr in die Öffentlichkeit an seiner Kleidung zahlreiche aufgenähte Totenköpfchen entdeckten.
Noch unter dem Eindruck des Verlustes der über alles geliebten Marie entschloß sich Henri zur Heirat, um die Dynastie zu sichern und den aufsässigen Alencon (jetzt 'Anjou') vom ersten Platz der Thronfolge zu verdrängen. Zur allgemeinen Überraschung fiel seine Wahl auf ein sanftmütiges und freundliches Mädchen, das er 1573 in Blamont flüchtig gesehen hatte: Louise de Vaudemont (1553-1601), die aus einer jüngeren Linie des lothringischen Herzogshauses stammte, ohne Ansprüche und Vermögen war, aber, das stand zu erwarten, dem König treu ergeben sein würde. Die Entscheidung Henris für Louise war auch eine Entscheidung gegen Catherine, war ein erster Schritt der Emanzipierung des Lieblingssohnes von der übermächtigen, an allen Entscheidungen teilhabenwollenden Mutter, die natürlich ganz andere Heiratskandidatinnen in Aussicht genommen hatte. Aber sie fügte sich diesmal.
Am 13.2.1575 fand in der Kathedrale von Reims die mit der Krönung verbundene feierliche Weihe (sacre) des Königs statt, der am 15.2. die Vermählung mit Louise folgte. Henri ("assoiffe de perfection") kümmerte sich persönlich so intensiv um Kleidung, Schmuck und Frisur seiner Braut, dass die Hochzeitsmesse auf den Nachmittag verschoben werden mußte.
Louise wurde ihm eine gute Königin, auf die er sich verlassen und stützen konnte. Sie war nicht machthungrig und vergaß nie, zu welchem Rang sie Henrri erhoben hatte. Treu und dankbar blieb sie zeitlebens im Schatten des Königs.
Über die Kinderlosigkeit dieser Ehe, an der das ganze Königreich Anteil nahm, haben sich schon die Zeitgenossen den Kopf zerbrochen. Offensichtlich ist Louise infolge einer künstlich herbeigeführten Fehlgeburt, die zu einer chronischen Gebärmutterentzündung führte, steril geworden. Unter den Nachwirkungen dieser Behandlung hat sie jahrelang gelitten.
Am Hof schob man die Verantwortung für die Kinderlosigkeit gern Henri zu, weil er - für einen französischen König ganz ungewöhnlich - auch keine außerehelichen Kinder hatte, obwohl er seit 1569 mit mehreren Hofdamen intime Beziehungen gepflegt hatte. Eine maitresse en titre gab es jedoch nicht, und nach seiner Heirat waren Seitensprünge selten. Im Sommer 1582 gelobte er, künftig auf sexuelle Beziehungen zu anderen Frauen zu verzichten, weil ihm sein Beichtvater erklärt hatte, dass die Kinderlosigkeit eine Strafe für gelegentliche Eskapaden sei. Auch mehrere Pilgerreisen zu den großen Wallfahrtskirchen von Chartres, Liesse, Clery und L'Epine, die er teilweise zusammen mit Louise, zwischen 1579 und 1586 unternahm, blieben vergeblich.
Obwohl Henri die Hoffnung auf männlichen Nachwuchs bis zuletzt nicht aufgab, fand er seit etwa 1582 seine innere Ruhe in einer tiefen Religiosität. Willig unterwarf er sich den unergründlichen Ratschlüssen Gottes. Als der Thronfolger Anjou 1584 überraschend starb, akzeptierte er, wenn auch zuerst zögernd, den neuen Prätendenten Navarra, an dessen Legitimität es nicht den geringsten Zweifel gab. Als sich die politisch-konfessionelle Konstellation 1588/89 radikal wandelte und Henri III. faktisch allein gegen das widerspenstige Land, die aufständische Hauptstadt und die nach der Krone greifenden GUISES stand, bewies er staatsmännische Größe, als er sich mit dem einzig legitimen Thronerben Navarra verständigte. Seine feste Entschlossenheit sorgte dafür, dass auch bei dem Dynastiewechsel die Kontinuität des Staates bewahrt blieb.

2. Gesetzgebung und Verwaltung
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Henri III. war ein fleißiger Monarch. Er besaß ein ausgezeichnetes Gedächtnis und verfügte über eine beachtliche Intelligenz. Wenn es irgend ging, führte er die Staatsgeschäfte selbst. In seinem bürokratischen Eifer erinnert er sogar an Philipp II. von Spanien. Wegen seiner vielen gesetzgeberischen Initiativen nannten ihn die Zeitgenossen "le roi d ela basoche", den König der Juristen.
Von besonderer Bedeutung für zahlreiche Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens war die Ordonnanz von Blois (1579), die in 363 Artikeln auf die Wünsche und Beschwerden einging, welche die 1576 zusammengetretenen Etats generaux vorgebracht hatte.
In finanzieller Hinsicht gelang es Henri, den an sich steuerfreien Klerus zu den Staatsausgaben heranzuziehen. 1579/80 erreichte er, dass eine Versammlung des Klerus ihm für 6 Jahre eine subvention du clerge von jeweils 1,3 Millionen livres zusicherte. 1586 wurde diese Bewilligung um 10 Jahre verlängert. Da sich die Krone diese Einnahmequelle auch künftig nicht entgehen lassen wollte, tolerierte sie die sich herausbildende Praxis, diese vom Klerus auch als don gratuit (= freiwillige Zuwendung) bezeichnete Steuer von der assemble generale du clerge beschließen zu lassen, die bis zum Ende des Ancien Regimes alle zehn Jahre zusammentrat.
Neben dem Kirchenzehnten (decime), den die Krone ebenfalls vom Klerus forderte, wurde unter Henri III. in einigen Jahren auch eine Kirchturmsteuer erhoben. Alle diese Zahlungen erscheinen dem Klerus als das geringere Übel gegenüber einer drohenden Enteignung der Kirchengüter, in der die Krone immer wieder ein willkommenes Druckmittel sah: Dreimal veräußerte Henri Teile des geistlichen Besitzes (1574,1576,1586). Von allen französischen Herrschern war Henri III. "derjenige König, der vom Klerus das meiste gefordert hat (Zeller, Institutions, 356).
Erst seit der Studie von Aline Karcher kennt man die Bedeutung der von Henri III. einberufenen Notabelnversammlung für die "Modernisierung" Frankreichs. Vom November 1583 bis Ende Januar 1584 diskutierte in Saint-Germain die politische und administrative Elite des Landes, 66 Köpfe insgesamt, einen vom König vorgelegten umfangreichen Fragenkatalog, der das Steuersystem, den Staatshaushalt, die Ämterkäuflichkeit, die Verwaltungsstrukturen, die Armee, die Wirtschaft und anderes mehr betraf. Es ging, wie der kaiserliche Gesandte bemerkte, um eine reforme generale des Königreichs, die der König von dieser Versammlung von Spezialisten erwartete. Die Ergebnisse der Beratungen wurden als Avis de l'assemblee der Regierung vorgelegt, von dieser überarbeitet und publiziert. Im 17. und 18. Jahrhundert galten diese Beschlüsse als ein "Denkmal der Staatsklugheit, das nur infolge der ungünstigen politischen Umstände keine Früchte tragen konnte" (Karcher, L'assemblee, 142), denn noch im gleichen Jahr ging die seit 1577 dauernde Friedensperiode faktisch ihrem Ende entgegen. Die zahlreichen, von Henri noch 1584 eingeleitenen Maßnahmen blieben stecken; in dem sich erneut abzeichnenden Bürgerkrieg war an eine Staatsreform nicht zu denken.

3. Hofleben, Freundschaften, Vorlieben und Eigenheiten
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Dass Henri am Ende seiner Regierungszeit von allen Seiten angefeindet wurde, spiegelte sich bereits in der zeitgenössischen Historiographie, die keine Gelegenheit ausließ, den König und seine Eigenheiten zu verspotten, Gerüchte und falsche Behauptungen zu verbreiten und regelrechte Verleumdungskampagnen zu initiieren. Die negative Überzeichnung der Vorlieben und Interessen des Königs führte zu einer pauschalen Diskreditierung dieses Herrschers, den Katholiken und Hugenotten gleichermaßen mit Haß und Polemik überzogen.
Diese abwertende Beurteilung prägte die Geschichtsschreibung bis ins 20. Jahrhundert. Eine Neuorientierung der Henri-Biographik begann erst mit den Arbeiten von Pierre Champion. Ihm hat Pierre Chevalier seine 1985 erschienene, über 750 Seiten starke Biographie gewidmet, in der er seit Jahrhunderten akkumulierten Gerüchte, Halbwahrheiten, Schmähungen und Beschuldigungen mit den überlieferten Dokumenten konfrontiert. Das Ergebnis ist beeindruckend: Auch wenn manche Einzelheiten noch ungeklärt bleiben müssen, ergibt sich aus der quellenkritischen Analyse eine völlig neue Bewertung des Menschen und des Königs Henri III. Seit diesem Werk kennen wir Henri III. mit all seinen Licht- und Schattenseiten genauer als je zuvor.
Im Zentrum der Attacken standen von jeher die "Mignons", eine Gruppe von vier jungen Adligen, die Henri an den Hof holte und mit Vergünstigungen, Ehrungen und Geschenken überhäufte. Sie hatten sich militärisch ausgezeichnet, waren ihm treu ergeben und dürften sich gegenüber dem konservativen Hochadel manche Provokation erlauben. Diese vier Musketiere, zu denen später noch einige andere stießen, kleideten sich auffällig, liebten das Amüsement und (nicht nur) galante Abenteuer. Traurige Berühmtheit erlangte das Duell der Mignons vom 27.4.1578, das vier Tote kostete und eigentlich ein Stellvertreterkampf zwischen den verfeindeten katholischen Faktionen war.
Von den ersten vier Favoriten wurde Saint-Sulpice 1576 ermordet, Caylus starb 33 Tage nach dem erwähnten Duell, Saint-Luc verriet seiner Frau königliche Schlafzimmergeheimnisse, fiel 1580 in Ungnade und entging nur knapp einem Prozeß; der vierte, Francois d'O, den Henri wegen seiner vorzüglichen Finanzführung "mon grand economique" nannte, zog sich, als sein Stern zu sinken begann, 1581 vom Hof zurück.
Seit 1577/78 rückten zwei andere Favoriten des Königs ins Blickfeld, Anne de Joyeuse und Jean-Louis de la Valette. Beide, von den Zeitgenossen als archimignons bezeichnet, stiegen höher als ihre Vorgänger und wurden zu Herzögen erhoben (de Joyeuse, d'Epernon). Die Stellung des Königs zu diesen beiden Favoriten, die er manchmal "meine Brüder" nannte, drückt wohl am deutlichsten der toskanische Gesandte Cavriana aus, als er 1586 ihre militärischen Erfolge kommentierte: "Der Vater ist sehr erfreut, seine beiden Adoptivsöhne ihre Qualitäten beweisen zu sehen (zitiert nach Chevalier, Henri III., 431).
Schon Michelet hat davor gewarnt, die Mignons zu negativ zu bewerten. Dodu nannte sie zwar "ministres de ses volptes", doch dürften weder sie noch der König homosexuell gewesen sein. Das gut begründete Diktum von Chevalier verdient an dieser Stelle zitiert zu werden: "Henri III. und seine Favoriten: Eine ungerechtfertigte und verleumderische Legende" (ebd., 432-441).
Auch andere Eigenarten des Königs, die zum Teil auf sein mediceisches Erbgut zurückgehen, waren jahrhundertelang Zielscheibe der Kritik, beispielsweise seine Vorliebe für luxuriös ausgestattete Kleidung, wertvollen Schmuck und wohlriechende Essenzen. Er besaß einen ausgeprägten Sinn für Schönheit und Eleganz, aber auch für eine etwas kokettierende Form der Selbstdarstellung. Er liebte den Karneval, Bälle und Maskeraden, schätzte Literatur, Poesie und Theater, achtete aber auch streng auf das Hofzeremoniell und die Etikette. Gern entwarf er für bestimmte Sachverhalte genaue Regeln und Vorschriften, etwa bei der Stiftung des katholisch-ritterlichen Ordre du Saint-Esprit 1578.
Henri liebte kleine Hunde, von denen er einige hundert gehabt haben soll, seltene Vögel und exotische Tiere, die er auch gern verschenkte. Die charakteristischen Vergnügungen des Adels, Ritterspiele, Fechtwettkämpfe und die Jagd, schätzte er weniger. Gelegentlich überraschte er seine Umgebung durch Kinderspiele wie "bilboquet", bei dem es darum ging, einen Ball mit einem spitz oder konkav geformten Holzstück aufzufangen. Gern schnitt er auch Miniaturen aus, die er dann als Dekorationen, oft bei Andachtsübungen, verwendete.
Andererseits war Henri von einer nervösen Sensibilität und dadurch anfällig für Krankheiten. Seine Kinderlosigkeit und die Sorge um den moralischen Verfall des im Bürgerkrieg zerrütteten Königreichs trieben ihn seit 1582/83 zu einer tiefen Frömmigkeit, die sich in Wallfahrten, tagelangen Klosteraufenthalten und verschiedenen Bußübungen äußerte. Das wohl auch politisch motivierte Bestreben des Königs, sein Devotion öffentlich kundzutun und dem Ganzen einen etwas mystischen Glanz zu verleihen, ließ ihn bis etwa 1587, oft im weißen Büßergewand, häufig an Prozessionen teilnehmen, besonders an denen der von Henri selbst im März 1583 gegründeten  Congregation des Penitents de l'Annonciation (de) Notre-Dame. Ihre Mitglieder, darunter die zwei archimignons, viele Höflinge, Parlamentsräte und vornehme Stadtbürger, trugen Kapuzenmäntel aus wei-ßem holländischen Leinen mit zwei Augenlöchern. Kurz vor dem erneuten Ausbruch des Bürgerkriegs, als Henri die von ihm verfolgte Ausgleichspolitik als endgültig gescheitert ansehen mußte und eine Phase tiefer Melancholie durchlebte, stiftete er, diesmal ohne jedes öffentliches Aussehen, die Confrerie de la mort et de la passion de Notre Seignuer Jesus-Christus. Diese kleine Gemeinschaft traf sich jeden Freitagabend im Louvre, um gemeinsam zu beten, Psalmen zu  singen, geistliche Exerzitien und Bußübungen bis hin zu Selbstgeißelungen durchzuführen.
Seit einem ersten Aufenthalt im Kloster der Paulaner im Januar 1583 zog sich Henri immer wieder von der Welt zurück. In der Abgeschiedenheit hinter den Klostermauern fühlt er sich wohl, zufrieden mit dem, womit sich auch die Mönche begnügten. Für die Hieronymiten ließ er im Wald von Vincennes eine alte Priorei zu einer Klosteranlage ausbauen, in der für ihn und seine oft recht zahlreichen Begleiter (denn er verlor die Politik trotz allem nie aus den Augen) einige Zellen reserviert waren. Seit 1584 hat Henri drei Jahre regelmäßig einige Tage in diesem, später den Paulanern übergebenen Kloster verbracht. Kaum jemand verstand Henri, weder Catherine, noch seine Frau, noch seine Untertanen. Selbst der Papst äußerte seinen Unmut über Henri, der den Zeitgenossen gelegentlich als "roi-moine" oder sogar "roi-pretre", als Mönchs- oder Priester-König, erschien.
Diese unbestreitbaren Übertreibungen, die bis zum Exzeß führen  konnten, hingen mit einer spezifischen Eigenheit des Königs zusammen, die er selbst einmal folgendermaßen ausdrückte: "Was ich liebe, liebe ich mit aller Intensität" (zitiert nach Chevalier, Henri III., 359). Darin lag die eigentliche Schwäche des Königs: Seine nervöse Grundstimmung verleitete ihn immer wieder zu Übertreibungen: "Was der König auch tat, er tats es aufgrund seines Temperaments exzessiv" (ebd., 554).
Die verschiedenen Varianten des königlichen Zeitvertreibs deuten auf eine gewisse Extravaganz, die auf einer bestimmten charakterlichen Disposition beruhten. Obwohl ihre Harmlosigkeit auf der Hand lag, reizten sie, da sie manchmal lächerlich wirkten, die Gegner des Königs zu Spott und Häme. Henri war eben ein besonderes Kind seiner Zeit und seiner Eltern. Aber dies wollte man jahrhundertelang nicht wahrhaben.

4. Bürgerkrieg, Staatskrise und Königsmord
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Die komplizierten Abläufe der Bürgerkriege lassen sich wie folgt zusammenfassen:
a) Nach dem 1576 geschlossenen Frieden von Beaulieu, der für die Hugenotten außerordentlich günstig war, formierte sich die von Henri de Guise angeführte katholische Opposition zur (1.) Ligue oder Sainte-Union, die den Kampf gegen die Hugenotten, aber auch die Beschränkung der königlichen Gewalt proklamierte. Als die seit Dezember 1576 in Blois versammelten etats generaux die Wiederherstellung der religiösen Einheit des Königreiches forderten, gab Henri nach, kassierte das Edikt von Beaulieu und nahm den Bürgerkrieg wieder auf. Der nach einigen katholischen Erfolgen geschlossene Frieden von Bergerac/Poitiers (14./17.9.1577) war für die Hugenotten erheblich ungünstiger.
b) Schon vor der Bartholomäusnacht hatte sich eine von gemäßigten Vertretern beider Konfessionen getragene Gruppierung gebildet, die sich für eine politische und rechtliche Anerkennung der konfessionellen Koexistenz und für eine Stabilisierung der Krongewalt einsetzte. Diese Gruppe nannte man seit Mitte der 80er Jahre les politiques. In Anjou, der zeitweise mit den politiques kooperierte, glaubte man lange eine Führungsfigur dieser Gruppe erkennen zu können. In Wirklichkeit fehlte Monsieur, diesem "ewigen Verschwörer", jeder politische Weitblick. "Niemals hat sich Anjou dem Kampf der politiques wirklich angeschlossen, noch viel weniger wurde er der Führer in diesem Kampf" (Holt, Anjou, 214). Sein Tod am 10.6.1584 löste eine Staatskrise aus. Das seit einigen Jahren in relativer Ruhe lebende Land wurde durch eine staatsrechtlich unanfechtbare Tatsache aufgeschreckt: Der Hugenottenführer Navarra rückte an die erste Stelle der Thronfolge.
c) Gegen den drohenden Übergang der Krone Frankreichs an einen (rückfällig gewordenen!) Häretiker gründeten die intransigenten Katholiken unter Führung der Brüder Guise die (2.) Ligue de defense de la Sainte Eglise Catholique, verbündeten sich mit Spanien (Joinville, 31.12.1584) und proklamierten den Kardinal Charles de Bourbon zum Thronfolger. Angesichts der geschlossenen Front seiner Gegner war Henri zum Nachgeben bereit, doch die 66-jährige Catherine kämpfte noch einige Wochen wie eine Löwin. Dann war auch sie mit ihren Kräften am Ende und unterzeichnete am 7.7.1585 das Edikt von Nemours, das die protestantische Religion in Frankreich verbot und alle hugenottischen Aktivitäten mit der Todesstrafe bedrohte. Dieses Edikt war für Catherine mehr als eine Niederlage, "es war eine Kapitulation. Bis jetzt war es ihr in allen Verhandlungen gelungen, die schiedsrichterliche Rolle des Königs zu wahren. In Nemours beugte sie sich dem Diktat, das ihr die Aufständischen vorschrieben. Sie verzichtete auf die Politik der nationalen Einheit wie auf das Prinzip der religiösen Freiheit, das sie seit 25 Jahren verteidigt hatte" (Chavalier, Henri III., 576).
Es war nur konsequent, dass Navarra am 18.7. von der Thronfolge ausgeschlossen wurde. Die Exkommunizierung durch Sixtus V. folgte am 9.9.1585. Der nun beginnende "Krieg der drei Heinriche" führte zu einer zunehmenden Isolierung des Königs. Henri de Guise demütigte ihn ein ums andere Mal. Nachdem Joyeuse in der von Navarra gewonnenen Schlacht bei Coutras (20.10.1589) gefallen war, rückte Epernon zum engsten Berater des Königs auf. Dass es Henri III. gelang, die fremden Hilfstruppen Navarras, die Schweizer und die deutschen reitres, durch Geldzahlungen zur Rückkehr zu bewegen, änderte seine desolate Lage kaum, da man ihm vorwarf, die Truppen der Liga auf diese Weise an einem leichten Sieg gehindert zu haben. Vor allem in Paris, wo er sich seit dem 23.12. aufhielt, brodelte es an allen Ecken und Enden. Die Atmosphäre heizte sich von Tag zu Tag weiter auf, verstärkt durch eine ausgedehnte Teuerungs- und Versorgungskrise, für die natürlich der König verantwortlich gemacht wurde. Angesichts der latenten Spannungen in der Stadt befahl Henri dem Herzog von Guise, nicht nach Paris zu kommen. Als der "König von Paris", wie er seit längerem genannt wurde, am 8.5. dennoch in der Stadt erschien, wurde er von der Bevölkerung begeistert empfangen. Da jede Aktion gegen den ungehorsamen Liga-Chef Paris zum Aufstand getrieben und das Leben des Königs gefährdet hätte, sah Henri von Strafmaßnahmen ab. Warum er die wenigen ihm verbliebenen Truppen am 12.5. in die Stadt einmarschieren ließ, ist nicht ganz sicher; doch die Schweizer wurden von der erregten Bevölkerung angegriffen und teilweise massakriert. Überall in der Stadt erhoben sich Barrikaden: Paris rebellierte gegen den König, der in der Falle saß (12.5.; journee des barricades).
In dieser, im Grunde hoffnungslosen Situation zeigte sich Catherine noch einmal als Meisterin der klugen Diplomatie. Auf dem Verhandlungswege versuchte sie, die Initiative zurückzugewinnen und dabei mehrere Ziele zu erreichen: Zuerst begab sie sich zum Herzog von Guise, der erklärte, "dass in seinen Augen die Abdankung des Königs das einzige Mittel sei, sein Leben zu retten" (Heritier Catherine, 658). Wie eine Unterhändlerin zwischen dem König von Paris und dem König von Frankreich pendelte die Königin-Mutter mehrmals zwischen dem Louvre und dem Hotel de Guise hin und her, spielte auf Zeitgewinn und deckte dadurch die Flucht ihres Sohnes, der unter dem Schutz loyaler Truppen und mit seinen wichtigsten Beratern am Abend des 13.5. aus Paris entkam.
Nach dieser geglückten Aktion wandte sich Catherine einem neuen Projekt zu, das sie wegen seiner möglichen politischen Fernwirkung faszinierte: Sie wollte den Sohn ihrer Tochter Claude, den Marquis de Pont-a-Mousson, einen Neffen des Königs und zugleich der GUISE-Brüder von Henri III. adoptieren lassen und dadurch den Thron für die VALOIS-Dynastie retten. Sollte dieser Plan Aussicht auf Erfolg haben, mußte zuerst der Herzog von Guise gewonnen werden.
Die seltsame Allianz zwischen Henri de Guise und Catherine richtete sich zuerst gegen den gemeinsamen Feind Epernon, den die Liga als engsten Berater des Königs verteufelte und der Catherine aus ihrer einflußreichen Position an der Seite ihres Sohnes verdrängt hatte. "Ihr praktischer Machiavellismus brachte sie dazu, sich mit dem Stärkeren zu verbinden, um nicht von ihm beherrscht zu werden" (Chevalier, Henri III., 643). Es gelang ihr tatsächlich, Henri davon zu überzeugen, dass Epernon jeder Ausgleichsmöglichkeit im Wege stand. Zähneknirschend enthob der König am 22.7. Epernon und dessen Bruder fast aller ihrer Funktionen.
Damit schien der Weg wieder frei für die von Catherine immer wieder angestrebte Verständigung. Sie ging freilich diesmal auf Kosten des Königs, der im Sommer 1588 nicht mehr als ein Spielball in den Händen der Liga war. Er wurde gezwungen, die uneingeschränkte Katholizität Frankreichs zu bestätigen (Edit d'Union, 21.7.) und Guise zum lieutenant general du royaume zu ernennen  (4.8.). Den Schlußpunkt unter diese Politik der permanenten Demütigungen und der fortschreitenden Aushöhlung der königlichen Macht setzten die im Oktober in Blois zusammentretenden Etats generaux, die sich in exorbitanten Forderungen überboten
Im Herbst 1588 war der französische König am tiefsten Punkt seiner Geschichte angelangt. Der Weg zu einem Dynastiewechsel zugunsten des Hauses GUISE, das seine Ahnherren in den KAROLINGERN erblickte, schien frei. Freimütig sprach man im GUISE-Clan davon, Henri, wie einst den letzten MEROWINGER Childerich, ins Kloster zu schicken, und Catherine-Marie de Montpensier, die haßerfüllte Schwester der GUISE-Brüder, trug sichtbar an ihrem Gürtel die goldene Schere, die sie seit Jahren dafür reserviert hatte, Henri III. seine "Dritte Krone", nämlich die Tonsur, zukommen zu lassen.
Ohne Zweifel hat die Niederlage der spanischen Armada im August 1588 Henri ermutigt, aus dem Teufelskreis, in dem ihn die Liga gefangenhielt, auszubrechen. Einen ersten Schritt hatte er Anfang August unternommen, als er auf Drängen Catherines in Chartres mit Guise zusammentraf, gute Mine zum bösen Spiel machte und so tat, als habe es den Barrikadentag nie gegeben. Der zweite Schritt erfolgte am 8.9.: Er ersetzte den Kanzler Cheverny und die Minister Bellievre, Villeroy, Brulart und Pinart durch andere, unter denen sogar zwei Ligisten waren. Die einzige, die diese revolution ministerielle richtig zu deuten wußte, war Catherine: "Sie begriff, dass die Ungnade der Minister das Ende ihrer Macht bedeutete" (Chevalier, Henri III., 648).
Henri hat seiner Mutter nicht verzeihen können, ihn mit dem Sieger von Paris offiziell versöhnt zu haben. Nach all den erlittenen Demütigungen konnte er der immer auf Ausgleich bedachten Politik Catherines, die letztlich zu einer Verleugnung seines eigenen Königtums führte, nicht mehr folgen. Das Revirement der Minister war der Schritt, mit dem sich der König, 37 Jahre alt, endlich und nun auch endgültig von der dominierenden, immer nach der Macht drängenden Mutter emanzipierte. Er werde künftig, so schrieb Henri dem Nuntius, nach seinem eigenen Gutdünken regieren. Catherine war tief verletzt, doch die Würfel waren gefallen: In den letzten vier Monaten ihres so wechselvollen Lebens, in dem sie drei Jahrzehnte lang die französische Politik maßgeblich bestimmt hatte, liefen die Ereignisse an ihr vorbei.
Den dritte Schritt bereitet Henri seit dem 18.12. sorgfältig und umsichtig vor. Ohne Catherine zu konsultieren, ließ er am 23./24.12. 1588 Henri und Louis de Guise als Rebellen ermorden. Er habe, so erklärte er Catherine, keine andere Wahl gehabt, um die königliche Autorität, den Staat, die Ehre und sogar sein Leben zu retten.
Der ligistische Thronprätendent wurde verhaftet und am 3.4.1589 verständigte sich Henri mit Navarra über eine Allianz. Sie richtete sich gegen Paris und die anderen in der Saint-Union vertretenen Städte, die sämtlich in offener Rebellion gegen den König standen, denn die Exekution der GUISE-Brüder hatte zwischen Henri und der Liga einen Graben aufgerissen, den nichts wieder zuzuschütten vermochte. In Paris bildete sich in dieser explosiven Atmosphäre eine revolutionäre Städteverwaltung unter Leitung der 16 Bezirksvorsteher, die von der Sorbonne und vom Parlament unterstützt wurde. Vor der formellen Absetzung des Königs schreckte man zwar noch zurück, aber die Theologen der Universitäten entbanden die Untertanen von ihrem dem König geleisteten Treueid und strichen seinen Namen aus dem Meßkanon. Jean Boucher verfaßte seine Schrift De iusta Henrici tertii abdicatione e Francorum regno, in der die Lehre vom erlaubten, ja sogar erforderlichen Tyrannenmord propagiert wurde.
Chef dieser Revolutionsregierung der Seize (= 16) wurde der Herzog von Mayenne, der Bruder der beiden Ermordeten, der die Exekutivgewalt und den Oberbefehl über die Truppen erhielt. Der auf sein Betreiben eingerichtete Conseil general de l'Union des catholiques beanspruchte Entscheidungsbefugnisse in Staatsangelegenheiten und stellte damit eine regelrechte Gegenregierung dar. Am 13. 3.1589 leistete Mayenne vor dem Parlament seinen Eid als lieutenant general de l'Etat royal et de la couronne de France. Er war damit zum revolutionären Regierungschef Frankreichs aufgestiegen.
Die beiden Träger der Legitimität, Henri III. und Navarra, rückten noch enger zusammen: Der berühmten Begegnung im Park von Plassis-les-Tours (30.4.1589) folgte der gemeinsame Marsch auf das rebellische Paris (Mai bis Juli 1589). Trotz der Erfolge bei Senlis und Bonneval war in diesem Kampf auf Leben und Tod zwischen dem legitimen und dem revolutionären Herrscher Frankreichs nichts entschieden, als Henri III., den der Papst im Mai 1589 exkommuniziert und abgesetzt hatte, am 1.8.1589 einem Attentat zum Opfer fiel. Der tödlich verletzte Henri III. erkannte den herbeigerufenen Navarra, den legitimen Thronerben, als seinen Nachfolger an und forderte die Anwesenden auf, ihm sogleich den Treueid zu leisten. Durch die von Jacques Clement, einem Dominikaner, verübte Tat war eingetreten, was viele seit 1584 befürchtet hatten: Der König von Frankreich war Protestant.
Am 31.5.1585 hatte Catherine die Sorge geäußert, dass es für Frankreich keinen sicheren Frieden geben könne, solange Navarra nicht zum Katholizismus zurückgekehrt sei. Auf seinem Totenbett prophezeite Henri III. seinem anwesenden Nachfolger, dass er als König von Frankreich mit vielen Widrigkeiten rechnen müsse, wenn er sich nicht entschließe, die Religion zu wechseln. Aus dieser Feststellung spricht eine kluge Einschätzung der politisch-konfessionellen Realitäten. Henri IV. brauchte noch vier Jahre, bis er zu derselben Einsicht gelangte.
So präsentiert sich Henri III. noch in seinen letzten Stunden als Realpolitiker, der sich in den 38 Jahren seines Lebens als gelehriger Schüler seiner Mutter erwiesen hat und in seinen Handlungen viel differenzierter beurteilt werden muß, als es die Historiographie jahrhundertelang getan hat. Der viel zitierte Satz von Pierre de l'Estoile, Henri III. wäre ein sehr guter Fürst gewesen, "wenn er auf ein gutes Jahrhundert getroffen wäre", wird diesem König nicht gerecht. Henri III. wurde in eine höchst komplexe Situation hineingeboren, in der es für den König nur die Möglichkeit gab, zwischen den Extremisten beider Seiten einen mittleren Kurs zu steuern, um das Land und die Krone vor dauerhaften Schaden zu bewahren. Nach der Exekution der GUISE-Brüder und der Verständigung mit Navarra hätte der Fall von Paris, der im Sommer 1589 abzusehen war, die endgültige Wende im Bürgerkrieg eingeleitet. Noch am 31.7. meinte Henri, von Saint-Cloud auf Paris blickend, dass er schneller in der Stadt sein werde als die rebellischen Einwohner glaubten. Das Attentat änderte alles und verlängerte den Bürgerkrieg um Jahre.