STEWART (STUART)
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Lexikon des Mittelalters:
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Stewart (Stuart)
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Schottische Adels-Familie und Königs-Haus
In der legendarischen Überlieferung - wie im »Macbeth«
von Shakespeare - werden
die STUART-Könige des
spätmittelalterlichen Schottland als Nachkommen von Banquo, König Macbeths Opfer,
dargestellt, dessen Sohn Fleance
vor dem mörderischen König
fliehen konnte, um diese mächtige Dynastie zu begründen.
In
Wirklichkeit war der erste STUART,
der nach
Schottland kam, Walter Fitz Alan,
ein Nachkomme der stewards
des
Bischofs von Dol in der Bretagne,
ein jüngerer Sohn und
kleinerer englischer Grundbesitzer in Shropshire, der seit ca. 1136 im
Dienst Davids
I. von Schottland Ruhm und Glück fand. Er gehörte zu
den größeren Lehnsinhabern im Rahmen der königlichen
Politik einer Besiedlung des südlichen Schottland mit Familien aus
der Normandie, Nord-Frankreich und
Flandern. Auch wurde er ein
bedeutender Grundbesitzer in Renfrewshire und Lanarkshire im
Südwesten, mit kleineren Lehen im Südosten. In den 60-er
Jahren des 12. Jh. gründete er die große cluniazensische
Abtei Paisley. Er bekleidete das Amt
des steward und
verlieh so der Familie ihren Namen.
In den nächsten zwei
Jahrhunderten waren die STUARTS
eine
der großen und wichtigen Landbesitzer-Familien in Schottland, die
von Zeit zu Zeit in der nationalen Politik an hervorragender Stelle in
Erscheinung traten. So war es zum Beispiel ein STUART, der
die Norweger 1263 in der Schlacht
von Largs besiegte und damit die
endgültige Annexion der westlichen Küste durch die
schottische Krone ermöglichte. 1286, als der Tod Alexanders III. zur
Auseinandersetzung um die Nachfolge führte, war James the Stuart einer der
sechs
guardians, die mit der
Führung der Regierung beauftragt wurden. Es
folgte die schwerste Krise in der mittelalterlichen schottischen
Geschichte, die sogenannten Unabhängigkeitskriege (Wars
ofIndependence ),
als Eduard I. auf
gewaltsame und blutige Weise den Anspruch der englischen Krone auf die
Oberherrschaft über Schottland erneuerte.
William Wallace, ein Vasall des Stuart, führte -
vielleicht zunächst mit dessen Unterstützung - 1297-1298 die
erste entscheidende Widerstandsbewegung gegen diesen Anspruch. Doch der
Stuart selbst spielte eine
weniger heldenhafte Rolle bei diesen Ereignissen, er kapitulierte
zusammen mit anderen führenden Magnaten vor Eduard nach
der Niederlage in Irvine 1297.
Aber zwei Jahrzehnte später
führte sein Erbe Walter
eines der drei Bataillone bei dem entscheidenden Sieg über die
Engländer in
Bannockburn 1314 an. Die STUARTS
wurden nun wie die Familien der
DOUGLAS, RANDOLPH und HAY in hervorragender Weise von Robert I. Bruce begünstigt
und belohnt.
Mit John
Stuart of Bunkle, der
zum Earl of Angus
erhoben wurde, erreichten die
STUARTS zum
ersten Mal den Earl-Rang.
Walter the
Stuart konnte sogar noch einen größeren Preis
erringen, er heiratete Marjorie,
die
ältere Tochter des Königs.
1318 wurde ihr zweijähriger Sohn
Robert (1316-1390) als
mutmaßlicher Erbe auf den Thron
anerkannt. Doch ließ die Geburt von David, dem Sohn von Robert I., 1324 den
Anspruch auf den Thron in weite Ferne rücken.
Aber die STUARTS waren
nun verwandt mit dem Königs-Haus
der BRUCE und somit bedeutender als die
anderen großen Magnaten-Familien in Schottland. Sie konnten im
Dienst des Königs ihre Stellung festigen. Doch entstanden gerade
durch die Verwandtschaft zum König bei diesem Verhältnis
Spannungen, da Robert Stuart
seinen
Thronanspruch behielt und während der Gefangenschaft Davids in
England (1346-1357) als lieutenant (Stellvertreter) des
Königs fungierte. 1363
rebellierte er mit Douglas und
March erfolglos gegen den
König, der 1371 kinderlos starb. Mit der Besteigung des
schottischen Throns durch Robert
II.
erreichte die STUART-Familie ihren
Höhepunkt. Er sorgte für eine erhebliche
Vergrößerung seiner Familie, da er über 20 Kinder (aus
zwei Ehen und illegitimen Verbindungen) hatte. Seine Bemühungen,
die Söhne zu versorgen und die Töchter zu verheiraten,
prägten den Begriff der »Stewartization« des
Hochadels. Während der Regierungszeiten Roberts II. und
seines Sohnes Robert III. (1390-1406) waren acht der 15
schottischen
Earldoms im Besitz der
Söhne Roberts II., und aus
den DOUGLAS, MORAY und anderen
führenden
Magnaten-Familien stammten die Schwieger-Söhne des Königs.
Außerdem nahm die Verwicklung der STUARTS in die Regierung
Schottlands
manchmal bedrohliche Formen an, so, als Alexander
»Wolf of Badenoch«,
ein illegitimer Sohn Roberts II.,
seine
Stellung als Justitiar im
Norden ausnutzte, um Fehden zu verfolgen und
den Nordosten zu terrorisieren. Die Schwäche der Krone machte eine
Kontrolle der Familien-Mitglieder weitgehend unmöglich, und die
Größe der Familie bedeutete, daß die Ausübung des
Patronatsrechts durch die Krone ernsthaft gefährdet war. Somit
zerstörte jetzt die STUART-Familie das
Gleichgewicht der politischen Nation. Es war nun die Krone selbst, die
in Gestalt von Jakob
I. (1406-1437) für eine Beseitigung
dieses abnormen Zustands sorgte. Als er nach seiner Gefangenschaft in
England (seit 1406) 1424 nach Schottland zurückkehrte,
benötigte er nur ein Jahr, um die mächtigste jüngere Stuart-Linie
zu zerschlagen, die Familie seines
Cousins Murdoch, Duke of Albany.
Andere STUARTS
mußten als Geiseln bis zur Zahlung des Lösegelds nach
England gehen. Die STUART-Earls of Mar und Buchan
starben ohne Erben aus bzw. fanden den Tod in der Schlacht. Am Ende von
Jakobs
Regierungszeit stellte das Haus STUART keine ausgedehnte
politische Macht mehr dar, und die Zahl der schottischen Earls hatte
sich halbiert. Dafür zahlte Jakob
jedoch
einen hohen Preis, er wurde von Mitgliedern der eigenen Familie 1437
ermordet. Aber die folgenden STUART-Könige
konnten jetzt wieder ungehindert Titel, Ländereien und Ämter
verteilen. Das Haus STUART, das sich selbst
gern als »Steward des
Königreiches« bezeichnete, war
nicht länger nur ein adliges, sondern nun ein wirklich
königliches, während die Verwandten zwar weiterhin eine
hervorragende, aber keine beherrschende Stellung mehr einnahmen.
Schottland.
J. Wormald