Robert III.                                            Graf von Artois
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1287-16.8.1342                                    Graf von Richmond (1334-1342)
        London
 

Einziger Sohn des Grafen Philipp von Conches und der Blanka von Bretagne, Tochter von Herzog Johann II.
 

Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 890
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Robert von Artois, hoher französischer Adliger
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* 1287, + 1342

Sohn von Philipp von Artois und Blanca von Bretagne

Sein Vater, Erbe der Grafschaft Artois, starb früh (1298); nach dem Tode seines Großvaters, Graf Roberts II., in der Schlacht von Kortrijk (1302) wurde Robert von Artois von der Erbfolge ausgeschlossen, die Grafschaft Artois seiner Tante Mahaut zugesprochen, da die Coutume des Artois keine „representation successorale“ zuließ. Robert von Artois, der lediglich die normannische Grafschaft Beaumont-le-Roer erhielt, strengte am Königshof drei Prozesse gegen seine Tante an (1307-1309,1315-1318,1329-1331), wobei der im dritten Prozeß gar gefälschte Urkunden vorlegte; alle seine Klagen wurden abgewiesen. Vermählt mit Johanna von Valois (1318), unterstützte er zunächst seinen Schwager Philipp VI., der ihn 1329 zum Pair de France erhob, doch wurde Robert von Artois 1332 aus dem Königreich Frankreich verbannt und trat in den Dienst des Königs von England über. Die Zeitgenossen haben Robert von Artois Anteil an der Entfesselung des Hundertjährigen Krieghes übertrieben.


Ein Erbschaftsstreit um die Grafschaft Artois zwischen Robert und seiner Tante Mathilde bildete den Anfang des bewegten Lebens dieses Aristokraten. Nachdem das Parlament und Philipp V. 1309 und 1318 zugunsten der Gräfin Mathilde entschieden hatten, obwohl es Robert mit Fälschungen versucht hatte, sich durchzusetzen, zettelte er mehrere Aufstände gegen seine Widersachserin an. Als Philipp VI. aus dem Hause VALOIS 1328 den Thron bestieg, wurde Robert zum Grafen von Beaumont-le-Roger und Pair von Frankreich ernannt. Mit Unterstützung seines Schwagers gelang es ihm schließlich, sich durchzusetzen und den Titel eines Grafen von Artois anzunehmen. Er mißbrauchte seine neue Stellung jedoch, indem er die Gräfin Mathilde umbringen ließ. Er wurde daraufhin von den Reichsständen geächtet und ging durch Beschluß des Königs seiner mühsam erworbenen Rechte wieder verlustig. Nach England geflohen, ermutigte er Eduard III. in dessen Invasionsabsichten und provozierte damit letztlich den Hundertjährigen Krieg. In Flandern förderte er Johann von Artevelde und belagerte im Hundertjährigen Krieg, auf der Seite Englands kämpfend, vergeblich Saint-Omer. Erfolgreicher war er zwei Jahre später vor Vannes, erlitt dort aber eine schwere Verwundung, an der er starb.

Ehlers Joachim: Seite 244
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"Die Kapetinger"

Deshalb begründete Robert von Artois, Schwager Philipps von Valois, die Ansicht der Mehrheitsfraktion damit, daß die Gradnähe Eduards III. irrelevant, weil durch seine Mutter zustandegekommen sei; es sei aber "in Frankreich allgemeines Gewohnheitsrecht, daß eine Frau nicht im Königtum nachfolgen kann, auch dann nicht, wenn sie die nächste Verwandte ist". Im übrigen sei das Königreich Frankreich dem König von England noch niemals unterworfen gewesen, denn dieser sei ein Vasall des Königs von Frankreich, von dem er seinen Kontinentalbesitz zu Lehen trüge. Diese und noch andere Gründe führten dazu, daß "der englische König weder zur Regentschaft noch zum Königtum kommen kann, selbst wenn er Karl IV. durch eine Frau am nächsten steht."

Ehlers Joachim: Seite 204
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"Geschichte Frankreichs im Mittelalter"

Robert von Artois hatte bei der Erhebung seines Schwagers Philipp von Valois zum König eine wichtige Rolle gespielt, war dafür mit dem Rang eines Pair von Frankreich belohnt worden und wußte seiner Stimme im Conseil Gehör zu verschaffen. Nun wollte er seine Stellung nutzen, um die schon lange schwärende Wunde erlittenen Unrechts endlich zu heilen: Sein Vater, Philipp von Artois, war 1298 in der Schlacht bei Furnes gegen Wilhelm von Jülich gefallen, vier Jahre vor dem Großvater, der bei Kortrijk sein Leben ließ. Haupterbe und Inhaber der Grafschaft Artois wurde 1302 aber nicht der Enkel, sondern dessen Tante Mahaut, deren politische Stellung gewichtiger war als die des fünfzehnjährigen Robert. 1328 gedachte dieser seinen Anspruch durchzusetzen und schlug die Bahnen des klassischen Lehnsprozesses ein, der eine Entscheidung des Königs notwendig machte. Zunächst gewann er außer dem Herzog von Bretagne auch einen Bruder des Königs, den Grafen von Alencon, für sich, und als Mahaut 1329 starb, zog Philipp VI. die Grafschaft Artois ein. Die nunmehr zu erwartende Entscheidung des Hofgerichts wurde aber vom plötzlichen Tod der legitimen Erbin Mahauts und Witwe König Philipps V., Jeanne von Artois, wesentlich beeinflußt, denn dieser Todesfall mobilisierte Roberts mächtigsten Gegner am Hof: Herzog Odo von Burgund durfte als Schwiegersohn Jeannes mit dem Erbe rechnen, wenn es ihm gelang, Robert auszuschalten. Der Streitfall wirkte polarisierend, und die weitere Behandlung der Sache zeigt die engen Grenzen königlicher Handlungsfähigkeit. Philipp VI. wollte das Artois bei der Krone lassen und die Ansprüche sowohl Roberts als auch des Herzogs von Burgund durch Zahlungen abgelten, aber die Stände des Artois verweigerten die dafür notwendigen Steuern, so daß die heikle Entscheidung zwischen den beiden Bewerbern nicht umgangen werden konnte. Im nun wieder aufgenommenen Verfahren legte Robert von Artois Urkunden vor, die sich bald als Fälschungen erwiesen und eine ihm zunächst günstige Stimmung heftig umschlagen ließen. Er verlor seinen Anhang, wurde in der Sache abgewiesen und Anfang April 1332 vom Pairshof aus Frankreich verbannt. Daraufhin begab er sich nach England mit dem Vorsatz, im Bündnis mit Eduard III. jenen König zu beseitigen, dessen Wahl er im wesentlichen herbeigeführt zu haben glaubte.

Favier, Jean: Seite 301
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"Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515"

Anders dagegen Robert von Artois, der einen entgegengesetzten Beschluß faßte, da sich der König, dessen Sache er 1328 unterstützt und der ihn zum Dank dafür zum Pair von Frankreich erhoben hatte, auf die Seite seiner Tante und Widersacherin Mahaut geschlagen hatte. Robert, dessen Vater Philipp von Artois 1298 zu jung verstorben war, um als Nachfolger seines Vaters Robert II., eines Neffen Ludwigs des Heiligen, in Frage zu kommen, hätte als Robert III. die Herrschaft über das Artois antreten sollen, war aber 1302 zum Verzicht zugunsten seiner Tante Mahaut gezwungen worden, deren Besitzanspruch sechszehn Jahre später von einem Pairsgericht bestätigt worden war. Von Erbfolge in männlicher Linie war keine Rede - die Frage drehte sich lediglich darum, ob dem noch lebenden Nachgeborenen oder den Kindern des Ältesten der Vorrang gebühre. Hier kommt das sogenannte Repräsentationsrecht ins Spiel, das vom Gewohnheitsrecht in unterschiedlicher Weise gehandhabt wurde und über das hundert Jahre zuvor im Zusammenhang mit Arthur von der Bretagne, dem Neffen Johanns Ohneland, viel debattiert worden war.
Robert von Artois hatte dem VALOIS auf den Thron geholfen und daraus den Anspruch auf gewisse Rechte abgeleitet. Hilfe gegen Schutz, so sah es der alte Lehnsvertrag vor. Für den 1302 aus der Erbfolge Verdrängten verkörperte der neue König einen Hoffnungsschimmer, zumal er mit Fug und Recht annhemen durfte, durch die Königswahl von 1328 sei die weibliche Erbfolge auch in einer von der Krondomäne abgetrennten Apanage ausgeschlossen wrden. Auch im Artois, so mocht er folgern, "spinnen die Lilien nicht" - eine Meinung, die der Herzog von Alencon, ein Bruder des Königs, und der Herzog der Bretagne teilten, und so konnte Robert gerade noch rechtzeitig Parteigänger um sich scharen, ehe durch Mahauts Tod 1329 die Nachfolgefrage erneut vom Hofgericht entschieden werden mußte. Bis zu dessen Urteilsspruch stellte der König das Artois unter Sequester.
Warum nur mußte Robert über das Ziel hinausschießen und eine schriftliche Begünstigung durch seinen Großvater, den verstorbenen Grafen Robert II., vorlegen - in Wirklichkeit, wie Experten im Dezember 1330 aufdeckten, Urkunden aus der Fälscherwerkstatt der Johanna von Divon? Durch den Skandal um alle seine Freunde gebracht, konnte er sich nur durch überstürzte Flucht einem Strafprozeß entziehen, während Johanna von Divon auf dem Scheiterhaufen endete. Nutznießer der ganzen Affäre war der Gatte einer Enkelin Mahauts, Odo von Burgund. Robert von Artois Anspruch wurde vom Pairsgericht zurückgewiesen. Robert selbst setzte sich nach Brabant ab.
1334 sehen wir  ihn dann in England im Begriff, ins Lager eines anderen Königs überzuwechseln, weil ihm sein Herr, der König von Frankreich, keine "Gerechtigkeit widerfahren ließ". Und er drohte: "Durch mich ist er König geworden, durch mich soll er fallen."

Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Seite 238,256
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"Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498."

Obwohl mit dem Grafen von Flandern am 1. September 1316 unter Mitwirkung Karls von Valois ein allerdings nur vorübergehend haltender Friede geschlossen wurde, tauchten für Philipp neue Probleme dadurch auf, daß Robert, ein Neffe der noch immer in Paris weilenden Gräfin Mathilde von Artois, unter Ausnutzung der Unzufriedenheit des dortigen Adels die Grafschaft an sich zu reißen suchte. Der Regent, der mit der seit Anfang 1314 eingekerkerten Tochter Mathildes, Johanna, verheiratet war, verteidigte die Interessen der Gräfin und entsandte zunächst den Connetabel Gaucher von Chatillon mit Truppen, um dann selbst mit einem Aufgebot gegen Robert und die mit diesem verbündeten Adligen vorzugehen. Robert von Artois fügte sich und begab sich nach Paris, wo er einige Zeit eingekerkert wurde.
In welchem Maße der neue König ungeachtet seiner Erfolge in Flandern und gegenüber Eduard III. auf das Kräfteverhältnis der einflußreichen Fürsten Rücksicht nehmen mußte, zeigte sich auch bei der Regelung der Nachfolge in der Grafschaft Artois nach dem Tod der Gräfin Mahaut Ende November 1328. Philipp VI. entschloß sich zunächst, die Erbansprüche von Johanna, der Tochter der Mahaut und verstoßenen Frau König Philipps V., zu berücksichtigen, obwohl wie schon bei früheren Gelegenheiten der damals zum engsten Beraterkreis des Königs gehörende Neffe der Mahaut, Robert, ebenfalls die Grafschaft beanspruchte. Er wurde zur Entschädigung als Herr der Grafschaft Beaumont zum Pair erhoben. Als Johanna Anfang 1330 starb, fand deren gleichnamige, mit Herzog Odo von Burgund verheiratete Tochter die nachdrückliche Unterstützung ihres Gatten, während der König daran dachte, die Grafschaft Artois seiner Domäne einzugliedern. In einem Prozeß vor dem Pariser Parlement Ende 1330 legte der weiterhin nach dem Besitz des Artois strebende Robert von Beaumont zur Bekräftigung seiner Ansprüche Urkunden vor, die man jedoch schnell als Fälschungen erkannte, so daß er abgewiesen wurde. Daher setzte sich Johanna von Burgund durch, was zugleich dazu beitrug, daß seitdem der Einfluß Herzog Odos in der königlichen Regierung wuchs. Robert von Artois wurde im April 1332 wegen der Benutzung gefälschter Urkunden vom Gericht der Pairs zur Verbannung verurteilt. Er floh über Zwischenstationen schließlich an den Hof des englischen Königs, wo er eifrig gegen seinen einstigen Herrn agierte.
 

Verwandtschaft mit Johanna von Valois
 
 

                                                          Ludwig VIII. König von Frankreich
 
 

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                                       Ludwig IX.                                                                 Robert I. Graf von Artois
 

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                                      Philipp III. der Kühne                                    Robert II. Graf von Artois
 

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                Philipp IV. der Schöne   Karl Graf von Valois                  Philipp Graf von Conches
 

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                                                 Philipp VI.                   Johanna oo Robert III. Graf von Artois



 1318
  oo Johanna von Valois, Tochter des Grafen Karl I.
      Ende 1304-9.7.1363        Cousine
 
 
 
 

7 Kinder:

  Katharina
  1319- 11.1368

  oo Johann II. Graf von Kastilien-Ponthieu
             -16.1.1343

  Johann ohne Land Graf von Eu
   8.1321-6.4.1387

  Karl Graf von Longueville und Pezenas
  1328- um 1385

 1360
  oo 2. Johanna von Baucay, Tochter des Sire Hugo
                 -   1402

  Ludwig
  1320-25.8.1326/29
 
 
 
 

Literatur:
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Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 244 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 204 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 238,256 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 301 -
 
 
 
 
 
 
 


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