Einziger Sohn des Grafen
Ludwig I. von Nevers-Flandern und der Johanna
von Rethel, Tochter von Graf Hugo IV.
Lexikon des Mittelalters: Band V Seite 2196
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Ludwig II. von Nevers, Graf von Flandern 1322-1346
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* um 1304, + 25. August 1346
Crecy
Sohn Ludwigs I. von Nevers und der Johanna, Gräfin von Rethel
21.7.1320
oo Margarete, Tochter König
Philipps V. von Frankreich
Da Ludwig 1322 seine
Erbfolge gegen konkurrierende Prätendenten durchsetzen musste, suchte
und fand er eine Stütze im König von Frankreich. Dieser ließ
sich seine Hilfe belohnen; der Graf musste auch Anhänger Frankreichs
in seinen Rat aufnehmen. Diese Abhängigkeit schwächte die Machtstellung
Ludwigs
im
Lande. Bereits 1324 erhoben sich die Bauern der flandrischen Küstengebiete,
deren Aufgebote der Graf nur mit massiver Waffenhilfe Frankreichs niederwerfen
konnte (Schlacht von Cassel, August 1328). Lag die Ursache des Bauernaufstandes
noch vorwiegend in strukturellen ökonomischen Problemen, so hatte
der schwere Konflikt mit Gent und den anderen flandrischen Städten
(1338-1345) eindeutig politische Motive. Die bedingungslose Parteinahme
des Grafen für Frankreich im Hundertjährigen Krieg schädigte
erheblich das von der englischen Wolle abhängige flämische Tuchgewerbe.
Daher gaben die Städte, unter dem Einfluss Jakobs von Artevelde, 1340
ihre neutrale Haltung auf. Der politisch weitgehend ausgeschaltete Graf
zog es vor, nach Frankreich zu fliehen. Er fiel in der Schlacht bei Crecy.
Ehlers Joachim: Seite 212-215,218,220
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"Geschichte Frankreichs im Mittelalter"
Der flandrische Aufstand richtete sich zunächst gegen
die gräfliche Verwaltung, weitete sich in zweiter Linie geegn die
Schöffen der Städte aus, dann gegen den Klerus wegen der kirchlichen
Zehntforderung und erst zuletzt gegen diejenigen Grundherren, die sich
den Aufständischen nicht anschließen wollten. Er rührte
damit an den Grundfesten eines labilen politischen Gefüges:
Graf Ludwig von Nevers, der seit 1322 in Flandern
herrschte und mit einer französischen Prinzessin von Geblüt verheiratet
war, hatte seine Erziehung am Parisser Hof erhalten; er stützte sich
in seiner Grafschaft auf Teile des Adels und auf das städtische Patriziat.
Zünfte und wirtschaftlich aufstrebende, nicht an der Oliarchie beteiligte
Kaufmannschaft standen gegen ihn, so daß die Erhebung von 1323 sofort
zur grundsätzlichen Bedrohung der gräflichen Herrschaft wurde.
Der Adel mußte seine Kräfte auf den Existenzkampf gegen die
Bauern konzentrieren, und mit besonderer Grausamkeit stritt man auf beiden
Seiten um Erhalt oder Umsturz der bestehenden Ordnung. Als die städtische
Opposition sich den Bauern anschloß und mit Ausnahme Gents alle flandrischen
Stadtgemeinden für den Grafen praktisch verloren waren, zeigte der
Konflikt seine überregionale politische Bedeutung: Mit den bürgerlichen
leliaerts und der ländlichen Aristokratie mußte Ludwig
von Nevers untergehen, die französische Position in Flandern aufgelöst
werden. Schon wandte sich der Bürgermeister von Brügge hilfesuchend
nach England und bot Eduard III. die
Anerkennung seines Anspruchs auf den Thron von Frankreich an, wenn englische
Truppen die Neuordnung Flanderns garantierten. Damit aber waren französische
Interessen so offenkundig verletzt, daß
Philipp VI. am 20. August 1328 in Flandern einmarschierte. Drei
Tage später kam es nordöstlich von St- Omer bei Cassel zur Schlacht,
in der das Ritterheer des Königs die flandrischen Kommunalmilizen
vernichtend schlug. Begründete Schätzungen rechnen damit, daß
mehr als die Hälfte der stadtbürgerlichen Mannschaft getötet
worden ist, während die Franzosen nur geringe Verluste erlitten. Diese
für mittelalterliche Schlachten hohe Gefallenenrate erklärt sich
daraus, daß die Städter seit Kortrijk dafür bekannt waren,
im Gegensatz zur Kampfesweise der Ritterheere keine Gefangenen zu machen
und das Lösegeldsystem nicht zu akzeptieren. Wer von ihnen besiegt
wurde, sah dem sicheren Tod ins Auge, und deshalb durfte umgekehrt der
Bürger nicht auf Schonung rechnen. Mit dieser Niederlage war Flandern
unterworfen: Ypern ergab sich bedingungslos. Brügge folgte nach kurzen
Verhandlungen, so daß Ludwig von Nevers auf französische
Militärpräsenz gestützt ein strenges Regiment über
die Grafschaft aufrichten konnte.
Zunächst traten die Grafen von Geldern, Looz, Jülich
und Mark auf die englische Seite, gefolgt vom Herzog von Brabant, den Grafen
von Hennegau-Holland und Nassau, dem Herzog von Österreich und dem
Erzbischof von Trier. Der Bischof von Lüttich aber und Ludwig von
Nevers, die wichtigsten Figuren des Spiels, zögerten und verhielten
sich letztlich ablehnend, so daß Eduard
III. im Jahre 1336 auf das bewährte Mittel der Exportsperre
für englische Wolle zurückgriff und es diesmal in seiner Wirkung
auf Flandern noch dadurch ergänzte, daß er die Einfuhr ausländischer
Tuche in sein Reich verbot. Nicht nur die Handwerker sollten getroffen
werden, sondern auch der Handel und mit ihm das Patriziat der flandrischen
Städte gemeinsam mit der nichtpatrizischen, aber besonders dynamischen
Kaufmannschaft. Um seinen Wünschen weiteren Nachdruck zu geben, erließ
Eduard
III. Einwanderungsprivilegien für Textilhandwerker und
schuf damit die Grundlage der eigenen englischen Tuchindustrie. Vorsichtigen,
dann immer drängenderen Forderungen der Händler und Handwerker,
eine Lockerung der Blockade durch Verständigung mit dem englischen
König zu erreichen, verschloß sich Ludwig von Nevers
und machte damit lar, daß er die wirtschaftlichen Grundlagen Flanderns
und seiner Städte den französischen Interessen zu opfern bereit
war.
In dieser Stunde setzte sich Jakob van Artevelde, Sohn
eines Schöffen seiner Vaterstadt Gent, an die Spitze der arbeitslosen
Textilhandwerker und der in ihren Geschäften behinderten Kaufleute.
Am 3. Januar 1338 wählten ihn die Genter gegen das bisher herrschende
Regiment zum Oberhaupt der revoltierenden Stadt, und schon im April kamen
Abgesandte vieler flandrischer Kommunen, auch aus Brügge und Ypern,
im Kloster Eeckhoutte zusammen; sie bildeten eine Allianz, an deren Spitze
Jakob van Artevelde zum faktischen Regenten der Grafschaft wurde. Ludwig
von Nevers, dessen Lage damit unhaltbar geworden war, ging im Februar
1339 ins Pariser Exil. Eingedenk der Erfahrungen von 1328 ließ sich
Jakob von Artevelde trotz dieser Anfangserfolge nicht von einer vorsichtigen
Politik abbringen und bot dem englischen König statt des Bündnisses
Neutralität gegen Lockerung der Blockade. Für die weitgreifenden
Ziele Eduards III. war ein solches
Konzept natürlich nicht brauchbar, zumal der englische Hof im Jahre
1337 von der Krone Frankreichs durch Konfiskation der Guyenne provoziert
und zum Handeln gedrängt worden war. Im Frühsommer 1339 landete
eine englische Armee und bezog Standlager in Brabant, wo sie die von Kaiser
LUDWIG DEM BAYERN versprochenen Hilfstruppen freilich vergebens
erwartet.
Dem gegenüber war es eine Genugtuung, dass Flandern
durch die andauernde Krise für ein reguläres Bündnis reif
wurde, das am 3. Dezember 1339 in Antwerpen geschlossen werden konnte.
Artevelde unterzeichnete einen Vertrag, in dem Eduard
III. als König von Frankreich anerkannt wurde und dafür
die Rückgabe der 1305 an Philipp den Schönen
abgetretenen Städte Lille, Douai und Orchies versprach. Ludwig
von Nevers erklärte sofort, dass er dieses Abkommen niemals akzeptieren
werde und brachte Eduard III. damit
in eine zweifelhafte Lage, denn als König von Frankreich würde
er Lehnsherr des legitimen Grafen von Flandern sein; gegen diesen Vasallen
hatte er sich soeben mit einem Aufrührer verbündet und damit
eine Ordnung verletzt, auf der auch seine eigenen Stellung beruhte. Der
augenblickliche Vorteil aber ließ solche Bedenken vergessen, und
im Januar 1340 hielt Eduard in Gent
einen Hoftag, auf dem er offiziell den Titel eines Königs von Frankreich
und England annahm, die Lilien neben die drei Leoparden in sein Siegel
und Reichswappen stellte. Ludwig von Nevers schürte die wachsenden
Unzufriedenheit und fand vor allem in den kleineren Städten Flanderns
Gehör, wo man die beim Umsturz angekündigten besseren Zeiten
ebenfalls vergebens erwartet und zusätzlich durch ein päpstliches
Interdikt über die ihrem Grafen untreuen Flandrer geängstigt
war. In Gent hatten mittlerweile die Weber das Heft in der Hand und forderten
die Stadtregierung für sich, so dass Jakob van Artevelde, in dem
verzweifelten Bemühen um Sicherung seiner Stellung, dem englischen
Thronfolger gegen sofortige Hilfeleistung die Grafschaft Flandern anbot.
Damit aber war der Bogen überspannt; ein Tumult der Weber brachte
Jakob van Artevelde am 17. Juli 1345 den Tod.
Geringen Verlusten auf englischer Seite standen allein
über 1.500 getötete französische Ritter gegenüber,
die Zahl der anderen Opfer blieb unbekannt. Zu den vornehmsten Gefallenen
zählten der Bruder Philipps VI.,
Graf
Karl von Alencon, der Graf von Flandern Ludwig von Nevers,
Herzog Rudolf von Lothringen und der blinde König
Johann von Böhmen.
Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Seite 243,254,262
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"Die französischen Könige des Mittelalters.
Von Odo bis Karl VIII. 888-1498."
Roberts
Enkel Ludwig, der Sohn des Grafen Ludwig von Nevers, erhielt
im Juli zur Besiegelung des Friedens Margarete,
eine Tochter des Königs zur Frau. Er übernahm, als Graf Robert
zwei Jahre später starb, die Grafschaft Flandern und vermied jeden
Konflikt mit dem französischen König.
Bei dieser Gelegenheit drängte der anwesende Graf
Ludwig von Flandern, der durch einen seit längerem anhaltenden
Volksaufstand seiner Macht beraubt war, auf ein Eingreifen des neuen Königs;
in Beratungen wurde auf Betreiben des greisen Konnetabel Gaucher de Chatillon
trotz der Bedenken zahlreicher Barone ein sofortiges Vorgehen beschlossen;
Ende Juli sollte sich das Heer bei Arras versammeln. Der König holte
nach seiner Rückkehr nach Paris bei einem Besuch in St-Denis die Oriflamme
ein und begab sich zum vorgesehenen Zeitpunkt nach Arras. Bereits am 28.
August besiegte das französische Heer die Aufständischen bei
Cassel; Graf Ludwig war dank des entschlossenen Handeln des Königs
wieder Herr seiner Grafschaft und erwies sich seitdem als treuer Gefolgsman
seines königlichen Lehnsherrn.
Zu den Toten der Schlacht von Crecy zählten König
Johann von Böhmen und der Herzog von Lothringen, die auf
französischer Seite mitgekämpft hatten, der vertriebene Graf
Ludwig von Flandern sowie der Bruder des Königs
Karl von Alencon.
Favier, Jean: Seite 287,300
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"Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft 1000-1515"
Von Ludwig von Nevers, dem Grafen von Flandern,
angesichts des nicht abflauenden Aufstandes in Seeland, wo die zunächst
auf die ländlichen Gebiete beschränkte Revolte inzwischen zu
einer von Brügge angeführten allgemeinen Erhebung ausgeufert
war, um Hilfe angegangen, gelang es ihm am 23. August 1328, zwei Monate
nach seiner Krönung, den ungeordneten Heerhaufen der Aufständischen
unter Führung des begüterten, aber kampfunerfahrenen Bauern Nikolaus
Zannequin vernichtend zu schlagen.
Während sich Guido
von Dampierre und sein Sohn Robert von Bethune mit der Volkspartei
gegen Philipp den Schönen und
die
kapetinger-treuen
leliaerts
verbündeten,
zog es Graf Ludwig von Nevers 1328 vor, gegen sein aufständisches
Land seinen Herrn, den König von Frankreich, um Hilfe anzurufen. Er
pochte auf sein Vasallenrecht - der König schuldete ihm Beistand -
und Philipp VI. von Valois präsentierte
sich bei Cassel denn auch als Oberlehnsherr, der Ordnung in seine Lehnsfolge
brachte; im Grunde jedoch hatte sich der Graf von Flandern nicht aufgrund
seiens Vasallenverhältnisses zu diesem Schritt entschlossen, sondern
weil er das Bündnis mit der Krone für das wiksamste hielt.
Erbe Michael: Seite 41,42
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"Belgien, Niederlande, Luxemburg. Geschichte des niederländischen
Raumes."
Die Nachfolger Guidos von Dampierre versuchten
jetzt, jeden Konflikt mit dem französischen König zu vermeiden.
Die Volksbewegung sah sich isoliert und auch infolge der sich seit der
Jahrhundertwende spürbar abschwächenden Wirtschaftskonjunktur
zunehmendem Druck ausgesetzt. Hinzu kamen Spannungen zwischen Stadt und
Land mit Gewaltaktionenn gegen das Dorfhandwerk aus Furcht vor Konkurrenz,
schließlich Konflikte unter den Zünften selbst. 1328 war die
älteste Linie des capetingischen
Königshauses ausgestorben und die Krone Frankreichs an die ihr am
nächsten verwandten VALOIS gelangt.
Eduard III. verbündete
sich zunächst mit Brabant, Holland (dessen Grafen damals auch über
Seeland und Hennegau geboten) sowie Geldern, während Graf Ludwig
I. von Flandern sich neutral verhielt. Dies brachte die großen
Städte, die vom Wollimport aus England abhängig waren, in Verlegenheit.
Sie beschlossen daher, von ihrem Landesherrn abzufallen, und huldigten
1340, nachdem eine englische Flotte vor Sluis ein französisches Geschwader
vernichtet hatte und Eduard III. an
der flandrischen Küste gelandet war, diesem in Gent als König
von Frankreich und damit Lehnsherrn ihres Landes. Graf Ludwig war
bereits ein Jahr zuvor unter den Schutz der französischen Fahnen geflohen.
Treibende Kraft im Lande war seit 1338 der Genter Wollkaufmann Jacob van
Artevelde, der - zum politischen Führer seiner Vaterstadt gewählt
- nun die Funktion eines Statthalters (ruwaard) von Flandern
ausübte.
21.7.1320
oo Margarete von Frankreich, Tochter des
Königs Philipp V.
1310-9.5.1382
Erbin von Artois und Freiburgund
Kinder:
Ludwig III. von Maele
25.11.1330-30.1.1384
Johann "ohne Land"
-28.9.1396
Nikopolis
Illegitim 16 K
Ludwig
-28.9.1396
Nikopolis
Robert
-
1434
Johanna
-
oo Dietrich von Hondeschote
-25.10.1415
Victor
- 1422
Ludwig I. der Friese
-28.9.1396
Margarete
-
oo Robert VII. Graf von Warin
-25.10.1415
Margarete Äbtissin zu Peteghem
-
Margarete
-
oo Hektor von Voorhoute
- um 1390
Katharina Nonne
-
Literatur:
-----------
Benker Gertrud: Ludwig der Bayer. Ein Wittelsbacher
auf dem Kaiserthron. Eugen Diederichs Verlag München 1997 Seite 218
-
Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter.
W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 212-215,218,220,229,234,257,270 - Ehlers
Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die
französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII.
888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 231,239,243,254,259,262
- Erbe Michael: Belgien, Niederlande, Luxemburg. Geschichte des
niederländischen Raumes. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln
1993 Seite 41,42 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft
1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 280,287,300,358
- Hundt, Barbara: Ludwig der Bayer. Der Kaiser aus dem Hause Wittelsbach
Bechtle Verlag Esslingen München 1989 Seite 281 - Leo Heinrich
Dr.: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten, Eduard Anton
Verlag Halle 1832 Seite 225-272 -
Trotzdem daß der französische Friede auch für
den Fall, daß Louis von Nevers vor seinem Vater sterben sollte,
Louis'
gleichnamigen
Sohne die Nachfolge zu sichern schien, erhob sich dennoch Streit darüber,
denn fürs erste hatte nur Robert von Nevers (oder wie er gewöhnlicher
genannt wird nach dem Hauptort der ihm als Pfandschaft für seinen
Renten überlassenen Gegenden: von Cassel) und die eine Schwester Roberts,
Johanna, welche mit Enguerrand de Coucy, vermählt war, einen Verzicht
zugunsten des jüngeren Louis geleistet, nicht aber die zweite
mit Matthäus von Lothringen verhairatet, Mathilde. Sobald aber
Mathilde
mit Sukzessionsansprüchen auftrat, erneuerte auch
Robert die
seinigen am französischen Hof, weil er seinem Vater bei jener Abmachung
gegen das offenbar Recht nur nachgegeben, um ihn nicht zu kränken.
Der König aber, der zuerst Louis von Nevers nach Paris geladen
und im Louvre in gefänglicher Haft gehalten, belehnte dann doch diesen
trotz Roberts und Mathildes Prätensionen mit Flandern,
Rethel und Nevers. Er hatte im Gefängnis zuvor versprechen
müssen, Lille, Douai und Orchies nie zurückfordern zu wollen;
Robert ward durch Bestätigung seiner Pfandschaften zufrieden
gestellt.
Die Streitigkeiten um Zeeland erneuerten sich bald nach
Louis'
Regierungsantritt;
durch des Königs Vermittlung wurden sie aber im Wesentlichen zu Mitfasten
1323 so entschieden, daß der Graf von Holland im Besitz aller hergebrachten
Rechte und Besitzungen in Zeeland blieb, dagegen auf alle Rechte und Ansprüche
im Aalster- und Waesland, in den vier Ambachten und Geerdsbergen verzichtete.
Während der früheren Unterhandlungen mit Frankreich,
zugunsten des jetzt regierenden jüngeren Louis von Nevers,
hatte sich Jean von Namur besonders bemüht. Sein Großneffe,
der Graf, überließ ihm, der Hafen und Herrschaft von Sluys schon
besaß, das Amt eines Watergrafen, was bis dahin der Schultheiß
von Damme gehabt hatte. In dieser Eigenschaft glaubte er sich über
Rechte, die er eben zu schützen hatte, hinwegsetzen zu dürfen,
und ließ in Sluys aus- und einladen, ohne alle Rücksicht auf
das Stapelrecht von Brügge. Die von Brügge erklärten sofort,
daß der Graf ohne das Beistimmen seiner Stände, und namentlich
der Stadt Brügge, solche Freiheiten seinem Großoheim nicht zugestehen
dürfe; und da der Graf, der ganz unter Jeans Einfluß
war, diesem Verlangen nicht nachgab, rüsteten sich die Brüggelingen
Anfang August, ihr Recht mit den Waffen zu behaupten, und schon zogen sie
aus, als Louis von Kortryk herbeieilte, um sie von Gewalttaten abzuhalten.
Sie aber verlangten die Zurücknahme der an Jean gemachten Zugeständnisse,
und führten den jungen Grafen mit ihrem Auszug nach Sluys. Jean,
der sich zur Verteidigung von Sluys gerüstet hatte, war ganz bestürzt,
als er den Grafen bei seinen Feinden sah; doch machte er einen Ausfall,
und trieb anfangs die Brüggelingen zurück. Endlich wurde er überwältigt,
selbst gefangen und nach dem Grafenstein in Brügge zur Haft gebracht.
Nur die dringensten Bitten des Grafen retteten ihm das Leben; Sluys aber
wurde neidergebrannt und gänzlich zerstört, und die Freiheit
des Grafen Jean nur versprochen, wenn Jean zuvor die Watergrafschaft
genommen und ihnen wegen der geschehenen Amnestie zugesagt worden sei.
Graf Louis ging nach Paris, um beim König
Hilfe zu suchen. In dieser Not ihres Gemahls wendete sich die Gräfin
von Namur an ihre Tante Mathilde von Artois
um Hilfe, und diese hielt einen Hoftag zu St. Omer, um über die Angelegenheit
zu beraten. Hierher kamen auch Graf Louis, Robert von Cassel,
dessen Oheim; Jean und Gui de Nesle und viele von den Großen des
Nachbarandes, und eine völlige Aussöhnung zwischen dem jungen
Grafen und Robert hatte statt. Auch die Städte Gent, Brügge
und Ypern sandten Boten dahin; während sie aber noch für Jeans
Freiheit
übertriebene Bedingungen stellten, entfloh dieser mit Hilfe Jans van
Dooren. Die Städte schieden höchst erbittert von dem Tage zu
St. Omer; der König aber bestätigte Jean die Watergrafschaft,
und die Brüggelingen, sie sich nun dem Grafen ziemlich preisgeben
sahen, suchten bei demselben, als er nach Gent kam, Gnade. Er gab ihnen
Frieden für 66.000 Lir. und volle Verzeihung, bestätigte ihr
Stapelrecht und alle ihre anderen Freiheiten, und übernahm es selbst,
seinen Großoheim zufrieden zu stellen.
Zu dieser Nachgiebigkeit bewog ihn vorzüglich seine
Geldnot, denn mit Sängern und Schauspielern hatte er den vorrätigen
Schatz vergeudet, und er sah sich nun gezwungen, eine Bede von seinen Städten
zu suchen, die sie ihm auch in reichem Maße gewährten.
Da neben den neuen Abgaben auch noch alte Zahlungen an
den König zu bestreiten waren, diese Gelder für den König
aber von Beamten erhoben wurden, welche in Flandern niemandem als dem Grafen
Rechnung zu legen hstten, fühlte man doppelt drückend, daß
Louis
die
nächste Zeit in Nevers lebte und die Landesverwaltung einem Herrn
von Apremont übertragen hatte. Bald war das Land wieder voll Unruhe
und Unordnung. Endlich, Anfang 1324, kehrte Graf Louis zurück,
aber er richtete wenig aus. Nur für den Augenblick stellte er die
Ruhe und einen von allen Behörden beschworenen Landfrieden her. Louis,
dem es in Flandern bei seinen ganz französischen Sitten nicht behagt
zu haben scheint, war im Frühling schon wieder nach Rethel gereist,
und sofort begannen die Unruhen von neuem.
Der Graf, entschlossen mit den bewaffneten Rebellen nicht
länger zu unterhandeln, ließ die Vorstädte von Kortryk
niederbrennen, damit die Feinde sich nicht darin setzen könnten; das
Feuer ergriff jedoch auch die Stadt, und die Bürger, wütend darüber,
wendeten sich ebenfalls gegen Louis, der sich mit den gefangenen
Brüggelingen nach Lille durchzuschlagen suchte. Die Tore wurden von
den Einwohnern geschlossen, und ungeachtet sich die Ritter auf das tapferste
wehrten, unterlagen sie doch der Menge. Unter den gefallenen Edelleuten
waren 24 geschlagene Ritter und Louis' Vetter Jean de Nesle (der
Sohn Guillaumes van Dendermonde und Adelheids de Nesle). Louis selbst
mit sechs Edelleuten ward gefangen; am anderen Tage lieferten ihn die Kortryker
den Brügglingen aus, und diese ließen vor seinen Augen seine
sechs Mitgefangenen hinrichten und hielten ihn selbst dann 24 Wochen in
den Falen gefangen. Jean von Namur, obwohl verwundet, schlug sich
mit einem Teil der Edelleute glücklich nach Lille durch. Robert
von Cassel hatte sich wieder in seinen Wald von Nieppe zurückgezogen
und tat nichts für Louis.
Von allen Seiten wurden nun die Brüggelingen durch
die Bewohner der anderen flämischen Städte angegangen, sie sollten
den Grafen frei lassen; und endlich als sie wohl sahen, daß sie allein
gegen ganz Flandern den Kampf nicht fortsetzen könnten, kamen ihre
Führer kurz vor Weihnachten zu Louis in das Gefängnis,
warfen sich vor ihm auf die Knie, und baten um Gnade. Er sagte ihnen Verzeihung
zu und ging nach Gent, dann nach Frankreich.
Alle waren erfreut, als endlich der König einen
Tag zu Arques bei St. Omer zu Unterhandlungen mit den Rebellen anberaumte.
Auch Graf Louis, Jean von Namur, Robert von Cassel,
dessen Schwester Jeanne de Coucy und Abgeordnete der flämischen
Städte erschienen, und der Friede kam bald so zustande, daß
die Brüggelingen, Yperlingen, die Bewohner des Freien und von Kortryk
alle während der Unruhen den Kirchen und ihren Gütern zugefügten
Schaden ersetzen mußten. Aus Brügge und Kortryk sollten 100
Männer zu St. Jakob von Compostella, 100 zu St. Gilles in Provence,
100 zu U. L. Frauen von Rochemadour wallfahrten. Die Brüggelingen
und ihre Verbündeten sollten einen neuen Eid der Treue schwören,
sollten dem Grafen 100.000 livr. T. und an Jean von Namur 66.000
zahlen. Dem König sollten sie 200.000 livr. übergeben, wogegen
er es übernehmen wolle, die von Gent und Oudenaerde zufrieden zu stellen.
Sobald Philipp VI.
den französischen Thron bestiegen hatte, wendete sich Graf Louis
an ihn um Unterstützung gegen seine aufrührerischen Untertanen,
und Philipp sandte sofort den Bischof
von Senlis, und ließ von neuem das Interdikt über Flandern aussprechen,
mit Ausnahme von Gent und Oudenaerde. Um endlich dieses Unwesen zu steuern,
beschied Philipp seine Ritterschaft
gegen Ende Juli nach Arras, und sandte von hier aus starke Besatzungen
nach Doornyck, Lille und St. Omer. Robert von Cassel sagte sich
eidlich von den Rebellen los und war in St. Omer; Graf Louis und
Jean von Namur waren in Lille. Das übrige Heer führte der
König zur Schlacht über den neuen Graben, und lagerte beim Rutholter
Walde in zehn Haufen. Die Fläminger lagerten auf dem Cassseler Berge
drei Tage lang den Franzosen gegenüber; am vierten ging der König
vor an die Peene, wo ihm Robert von Cassel von fünf Fähnlein
zuführte.
Ungeachtet nun die bei Cassel bleibenden Fläminger
bei weitem die Minderzahl waren im Verhältnis zu ihren Gegnern, verhöhnten
sie diese doch im Vertrauen auf ihr festes Lager und auf die so oft bewährte
flämische Tapferkeit. Am 23. August früh sandte endlich der König,
um sie in die Ebene zu locken, Gautier von Chatillon und Robert von
Cassel mit ihren Reiterscharen in das Gebiet von Bergues und ließ
alles fürchterlich verheeren. Da aber die Einwohner alle früher
geflüchtet waren, achteten die Rebellen das für nichts, und ließen
gegen Mittag auch die Casseler Niederung ruhig ausbrennen. Während
die französische Ritterschaft allmählich zu glauben anfing, ihre
Gegner getrauten sich nicht aus ihrer Stellung, und sicher wurde, bereitete
Zannekin einen entscheidenden Schlag vor, und plötzlich (es war schon
drei Stunden nach Mittag) brach er mit den Seinigen vom Berge herab, so
rasch, daß der Sturm des französischen Lagers begann, ehe die
Franzosen es noch für möglich hielten, und bald war deren Flucht
allgemein. Auch die königliche Leibwache floh, und ohne Roberts
von Cassel und später des Grafen von Hennegau Beistand, wäre
Philipp in die Hände der Rebellen gefallen. Nach einiger
Zeit, als die Flüchtlingen sahen, daß niemand sie verfolgte
- denn die Fläminger hatten an Robert und an den Grafen von
Henengau zunächst einen Damm gefunden - kehrten auch sie zurück,
und nun wendete sich die Schlacht zu der Empörer Nachteil. Zannekin
fiel; eine Zeit lang waren seine Leute, die auch nun tapfer fortfochten,
ganz umschlossen; aber ihre Tapferkeit verschaffte ihnen doch zuletzt freien
Rücken, und nun flohen sie in ihr Lager zurück. Cassel aber wurde
eingenommen und ganz zerstört. Veurne, Bergues, Nieupoort ergaben
sich. Vier Tage nach der Schlacht zog der König gegen Ypern. Auch
diese Stadt ergab sich und überlieferte die Rädelsführer
aus ihrer Bürger Mitte.
Der im Lande wiedergekehrte Friede ließ es endlich
auch die Gräfin Margaretha wagen,
nach Flandern zu kommen, wo sie mit Ehren und reichen Geschenken überall
empfangen wurde, und im Schloß von Maele Residenz nahm. Am 25. Novemmber
1330 gebar sie hier einen Sohn, Louis, den die Fläminger von
seinem Geburtsort Lodewyk van Maele nannten. In demselben Jahr starb
zu Paris Graf Jean von Namur. Am 26. Mai 1331 starb auch Robert
von Cassel, dessen Tochter und Erbin mit Heinrich von Bar vermählt
war, und diesem Roberts Güter zubrachte.
Erneute Streitigkeiten mit dem Grafen von Hennegau hatten
im Mai 1333 die Abtretung von Lessen und Flobeke zur Folge. Wichtiger wurde
für Flandern der Ankauf von Mecheln (mit den Herrschaften Geralmont
und Bornhelm), welches Bischof Adolf von Lüttich und Graf Reginald
von Geldern anboten, und Graf Louis für 100.000 livr. Tourn.
in der Eigenschaft eines lüttischen Lehens kaufte, gegen welchen Kauf
aber der Herzog von Brabant protestierte. Es kam über diese Streitigkeit
zur Fehde zwischen Graf Louis und Herzog Johann, und jener fand
bei allen benachbarten Fürsten, selbst bei dem Hennegauer, dieser
nur beim König von Frankreich und dem Herzog von Bar Unterstützung.
Endlich vermittelte der König von Frankreich einen
Frieden und brachte die Verabredung dreier Heiraten mit des Herzogs von
Brabant drei Töchter zustande: Margaretha
ward mit dem Prinzen Louis von Flandern, der noch ein Kind war,
Johanna mit Guillaume von Holland und Maria mit Reginald von Geldern verlobt.
Mecheln sollte der Herzog von Brabant für sich behalten dürfen,
wenn er dem Grafen Louis 87.000 Kronen dafür zahle.
Ehe die Zahlung der 87.000 Goldkronen stattfand, fand
aber Louis seinen Tod in der Schlacht von Crecy, welcher er als
Lehnsmann des Königs von Frankreich beiwohnte, am 26. August 1346.