Lexikon des Mittelalters:
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Sarmaten
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Die Sarmaten, an der Spitze die Stammesverbände
der Jazygen, Roxolanen, später Aorsen und Alanen,
bildeten eine große, der nordiranischen Sprachgruppe zugehörige
Völkerschaft in den eurasischen Steppen. Zahlreiche Schriftzeugnisse
antiker Autoren zu ihrer politisch-kulturellen Entwicklung, zu Militärgeschichte,
geschickter Heirats- und Bündnispolitik liegen vor. Bilddarstellungen
spiegeln die Auseinandersetzungen bzw. Verbindungen mit dem Römischen
Reich. Als römische Hilfstruppen, später im Bestand des Hunnen-Reiches
beteiligten sie sich an ausgedehnten Feldzügen. Archäologisch
sind die Etappen ihrer Kultur vom 4. Jh. v. Chr. bis zum 4. Jh. n. Chr.
zwischen den Wolga-Uralsteppen und West-Kazachstan bis in das Nordschwarzmeergebiet
und in die ungarische Tiefebene zu verfolgen (früh-, mittel- und spätsarmatisch).
Die Sarmaten drangen in mehreren Wellen von Ost nach West vor, wobei sie
maßgeblich an der Vernichtung des nordpontischen Skythen-Reiches
beteiligt waren und die restliche Bevölkerung assimilierten bzw. auf
die Krim zurückdrängten. Die materielle Kultur spiegelt deutlich
die nomadische Lebensweise. Wesentliches Element bildete der Wohn- und
Reisewagen. Effektive Angriffsbewaffnung und Schutzrüstung für
Mensch und Pferd wurden für die Belange der Panzerreiterei kombiniert.
Das umfangreiche Gräbermaterial zeigt neben Bestattungen männlicher
Krieger auch vielfach die von bewaffneten Frauen (»Amazonengräber«).
Das Kunstschaffen wird von einem gold-türkisenen und einem polychromen
Stil geprägt, mit eigenwilligen Darstellungen von (Fabel-)Tieren,
kombiniert mit menschlichen Figuren. Eine Besonderheit bildet die Verwendung
von Tamga-Zeichen zur Markierung innerhalb des sozialen Systems. Die anthropologischen
Bestimmungen zeigen ein klares Übergewicht europider (brachykephaler)
Typen. Mongolide sind nur mit ca. 2%, gemischte Typen mit ca. 10% vertreten.
80% der Schädel aus der Wolga-Don- und Aralregion weisen intentionelle
Schädeldeformationen auf. Im Grabritual sind Hinweise auf einen Feuerkult
zu belegen. Die Gräber der sarmatischen Oberschicht, mehrfach nur
als Sekundärbestattungen in ältere Grabhügel eingebracht,
zeichnen sich durch sehr reiche Beigaben aus, die die außerordentlich
weit gespannten internationalen Beziehungen der sarmatischen Kultur widerspiegeln.
Dazu gehören Luxusgüter wie kostbare Seiden und Tafelgeschirr
aus Gold, Silber und Bronze, edelsteinbesetztes Pferdegeschirr, Prunkwaffen
und chinesische Spiegel. Sie stammen aus den verschiedenen Provinzen des
Römischen Reiches, aus Kaukasien, Iran, Zentral- und Ostasien und
sind der Niederschlag eines intensiven kulturellen Zustroms.
R. Rolle