2. Sohn des Kaisers
Romanos
II. von Byzanz und der Theophano,
Tochter von Schankwirt Anastaso; Bruder von Kaiser Basileios
II.
Thiele, Andreas: Tafel 198
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band III Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser
Ergänzungsband"
KONSTANTIN VIII.
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* 961,
† 1028
Sohn des Kaisers Romanos II. von Byzanz
Kostantin VIII. folgte
976 zusammen mit seinem Bruder Basileios
II., der ihn völlig zurückdrängte. Er ging seinen
Neigungen nach, führte ein genüßliches Leben und
folgte 1025 seinem Bruder als Allein-Herrscher. Er behielt seinen
Lebensstil bei, womit der Reichsverfall begann. Das Kaisertum begann den
Kampf gegen den Adel aufzugeben und wurde Exponent der jeweils herrschenden
Adelskreise.
Norwich John Julius: Band II Seite 289,302,333-337
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Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ
Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993 -
Mit dem Tod von Johannes Tzimiskes
schien
der Weg für die Machtübernahme der beiden jungen Söhne
Romanos' II.
endlich geebnet.
Basileios war achtzehn
und sein Bruder
Konstantin sechzehn
Jahre alt. Die beiden hätten sich kaum unähnlicher sein können.
Während
Konstantin damals wie
später nie auch nur das geringste Interesse für Politik und
Staatsführung
bekundete und am liebsten sich selbst und seinen
leicht unappetitlichen Neigungen überlassen blieb, beeindruckte
Basileios
durch seine Aufgewecktheit,
seine rasche Auffassungsgabe und seine offenbar unerschöpfliche Energie.
Im März 989 wurde umgehend ein Kontingent für
einen Entlastungsangriff vorausgeschickt. Es stand - eher unerwartet -
unter dem Befehl von Basileios' Bruder
und Mit-Kaisers Konstantin; soviel
wir wissen, war dies das einzige Mal in seinem langen Leben, dass dieser
unzulängliche Prinz ein Heer ins Feld führte.
Der 65 Jahre alte Witwer Konstantin
VIII., der sich nach dem Tod seines Bruders Basileios
II. nun als alleiniger Herrscher von Byzanz sah, war
von seinem Bruder so verschieden, wie man sich nur denken kann. Körperlich
besaß er alle Vorzüge: er war von hohem, ebenmäßigem
Wuchs, Basileios dagegen klein
und gedrungen gewesen; dazu bewegte und benahm er sich mit natürlicher
Anmut. Als ausgezeichneter Pferdekenner liebte er insbesondere
die Jagd und den Zirkus leidenschaftlich und pflegte aus diesem
Grund auch seine eigenen Pferde grundsätzlich selbst zu trainieren.
In seiner Jugend hatte er aktiv athletische Wettkämpfe bestritten,
im Laufen, Ringen, Speerwerfen und anderem mehr, was lange Zeit aus der
Mode gekommen war, er jedoch wieder populär machte. Als er nun den
Thron bestieg, lag, das versteht sich fast von selbst, diese sportliche
Phase längst hinter ihm. Da er jahrelang Raubbau an seinen Kräften
betrieben hatte, war seine Gesundheit angegriffen. Er litt so schwer
an
chronischer Gicht, dass er sich in den letzten Jahren kaum auf den
Füßen halten konnte. Trotzdem blieb er bis zum Ende eine imposante
Erscheinung. Wie sein Bruder hatte er wenig formelle Ausbildung genossen,
sich jedoch aufgrund seiner lebhaften intellektuellen Neugier einen
Anflug von Bildung erworben - zwar nur gerade "ausreichend für ein
Kind", schnaubt Psellos, doch sie ermöglichte es ihm, vor auswärtigen
Gesandten zu bestehen, vermochte er sie doch offenbar bestens zur Geltung
zu bringen. Wer zum ersten Mal eine Audienz bei ihm erhielt, war in der
Regel von seiner bemerkenswerten Eloquenz beeindruckt; sie wirkte um so
nachhaltiger, als ihm eine wohltönende Sprechstimme zu eigen war.
Seine Rede sprudelte so lebhaft, dass die Sekretäre eine Kurzschrift
entwickeln mußten, um mit seinem Diktat Schritt halten zu können.
Mit diesen Vorzügen ausgestattet, hätte der
Kaiser eigentlich eine ausgezeichnete Figur abgeben müssen - und auch
können. Warum aber gestaltete sich dann seine Regierung von knapp
drei Jahren so katastrophal? Wohl in erster Linie deshalb, weil ihm jegliche
Moral offenbar fern lag. Da er Angst vor der eigenen Macht hatte und
spürte, dass er damit nicht umgehen konnte, reagierte er auf die kleinste
Herausforderung mit hirnloser Grausamkeit. Er glaubte jedem Gerücht,
und da er Prozesse wie Konfrontationen fürchtete, ließ er Hunderte
von Unschuldigen sofort hinrichten oder verstümmeln. Er bevorzugte
als Strafart die Blendung. Er habe eine wahre Vorliebe für
diese Form der Tortur gehegt, schreibt Zonaras, da sie die Deliquenten
ausschalte und hilflos mache, ohne ihnen das Leben zu nehmen. In Konstantinopel
kursierte der sarkastische Ausdruck von der "göttlichen Milde des
Kaisers": sein Hang, sich im nachhinein einer Reueorgie hinzugeben, in
Tränen aufgelöst die Arme um die ihres Augenlichts beraubten
Opfer zu schlingen und sie um Vergebung zu bitten, vermochte seine Beliebtheit
aber auch nicht gerade zu steigern.
Von einem Mann, der den Annehmlichkeiten des Lebens
geradezu verfallen war - wenn er die Würfel in der Hand hielt, vergaß
er laut Psellos alle anderen Angelegenheiten der Welt, wie wichtig
sie auch sein mochten -, wäre zu erwarten gewesen, dass er auf eine
besonders sorgsame Wahl der engsten Ratgeber und Vertrauten achtgab, denen
er ja das aufreibende Geschäft des Regierens dann vielleicht getrost
hätte überlassen können. Falls Konstantin
allerdings je glaubte, in diesem Sinne zu handeln, stellen seine diesbezüglichen
Entscheidungen seiner Menschenkenntnis kein gutes Zeugnis aus. Die außerordentlich
wichtigen Positionen des Parakoimomenos und Domestikos (Oberbefehlshaber)
im Osten legte er in die Hände seines obersten Kämmerers,
des Eunuchen Nikolaos. Einen weiteren Eunuchen namens Symeon
und bis dahin ein kleiner Palastfunktionär ernannte er zum Polizeichef
von Konstantinopel. Und ein dritter namens Eustathios stieg
ebenfalls aus niedriger Stellung auf; ihm unterstanden alle ausländischen,
das heißt "barbarischen" Söldner der kaiserlichen Garde. Ein
vierter, ein berüchtigter Schläger namens Spondylos, wurde
Fürst von Antiochia, Burgvogt der größten
und strategisch bedeutsamsten Festung des Reichs und oberster Schutzherr
der vor kurzem durch Eroberungen erweiterten südlichen Grenze gegen
die sarazenischen Horden.
Nur eine byzantinische Klasse hatte nichts gegen die
Schwäche des neuen Regimes einzuwenden: die anatolische Aristokratie.
Sie reagierte solgleich mit einem Putsch, jagte Konstantin
davon
und ersetzte ihn durch einen Kaiser von ihren Gnaden. Törichterweise
versuchte jeder sein eigenes Süppchen zu kochen, statt mit den anderen
gemeinsam zu handeln. Da außerdem der größte Teil des
Heeres von Basileios loyal zu dessen
Bruder stand, verlief dieser Putsch deshalb zunächst im Sand. Insgesamt
fiel all dies jedoch nicht ins Gewicht: da der Kaiser sich ihren Forderungen
nicht zu widersetzen vermochte, fielen binnen weniger Monate die verhaßten
Landgesetze dahin. Einmal mehr stürzten sich "die Mächtigen"
auf ihre einstmaligen Landgüter, rissen jeden Morgen Landes an sich,
dessen sie habhaft werden konnten, und die armen landbesitzenden Bauernfamilien
konnten sehen, wo sie blieben. Ihre Nöte verschlimmerten sich zusätzlich
durch ein Jahrzehnt der Dürre und Einfälle von Heuschreckenschwärmen,
und viele mußten elediglich verhungern. Wie schon einmal im 6. Jahrhundert
wurde aus Kleinasien ein Land der Latifundien, der riesigen Landgüter
im Besitz von Adelsfamilien, die dort selbst nicht lebten und sie von Leibeigenen
bewirtschaften ließen.
In all dieser Zeit führte Konstantin
VIII. fröhlich seine alten Gewohnheiten weiter: jagen,
Feste
feiern, spielen, Zechgelage mit Kumpanen und Orgien mit Konkubinen;
er ergötzte sich an obszönen Aufführungen in seinem
Privattheater und experimentierte - als passionierter Gourmet mit Pferdemagen
- mit immer raffinierteren Saucen, nur den Staatsgeschäften entzog
er sich, so gut es ging. Solch ein Leben konnte indes nicht ewig währen.
Am 9. November 1028 zog er sich eine tödliche Krankheit zu.
Da erst verwandte er einen Gedanken auf die Frage, die das Volk von Konstantinopel
schon seit langem geplagt haben muß: wer sollte ihm nachfolgen? Wie
schon im vorangegangenen Kapitel dargelegt, hatte ihm seine Frau keine
Söhne hinterlassen. Die älteste seiner drei Töchter hatte
sich schon lange dem religiösen Leben geweiht; die zweite,
Zoe, war einmal ganz nahe daran gewesen
zu heiraten, hatte aber bei der Ankunft in Italien ihren Bräutigam
OTTO III. tot vorgefunden. Das Ereignis
lag bereits 26 Jahre zurück, und seit der Zeit führte sie ein
zurückgezogenes Leben in den Frauengemächern des kaiserlichen
Palastes in Gesellschaft ihrer jüngeren Schwester
Theodora.
Diese war weit intelligenter, aber weniger attraktiv, und Zoe
verstand sich mit ihr offenbar überhaupt nicht. Obwohl erst Mitte
40, zeigte
Theodora bereits ausgesprochen
altjüngferliche Züge. Zoe
dagegen, die auf die 50 zuging und wohl keine Kinder mehr bekommen konnte,
malte sich noch immer aus, was sie durch die Ehe, die ihr nie vergönnt
gewesen war, alles hätte erreichen können und sehnte sich nach
Befreiung aus ihren goldenen Käfig im Palast. Sie wußte jedoch
- und das gereichte ihr zum Trost -, dass diese Befreiung früher oder
später erfolgen mußte, war sie doch die Erbin ihres Vaters,
so dass das kaiserliche Diadem, wenn auch nicht an sie, so zumindest über
sie auf einen Ehemann übergehen würde. Es blieb nur die Frage,
wer der Betreffende denn sein sollte. In den heißen Diskussionen
am Lager des sterbenden
Konstantin
tauchte zunächst der Name des Patrikios Konstantin Dalassenos auf,
Mitglied einer der wenigen Familien der "Mächtigen", die stets loyal
zur makedonischen Dynastie
gehalten hatten. Man sandte also einen Boten, um ihn umgehend
nach Konstantinopel zu beordern. Doch kaum sprach sich die Kunde davon
in der Verwaltung von Konstantinopel herum, brach umgehend ein wahrer Proteststurm
los, so dass der Kaiser, selbst auf dem Sterbelager noch furchtsam, augenblicklich
nachgab. Ein zweiter Bote jagte dem ersten mit der Instruktion nach, Dalassenos
abzufangen und ihm mitzuteilen, er brauche die Reise nicht fortzusetzen.
Mittlerweile hatte die Verwaltung einen eigenen Kandidaten vorzuschlagen:
den etwas über 60-jährigen Senator Romanos
Argyros. Er erschien als geradezu idealer Thronprätendent.
Nur war er leider schon glücklich verheiratet. Konstantins
Meinung
stand jedoch bereits fest; außerdem durfte keine Zeit mehr vergeudet
werden. Der Senator und seine Frau wurden auf der Stelle verhaftet. Man
brachte sie vor den Kaiser und stellte sie schlicht vor die Wahl: entweder
sie ließen sich augenblicklich scheiden, so dass
Romanos
Zoe heiraten konnte - in diesem Falle sollte er Cäsar und
später Basileus werden -, oder er mußte sein Augenlicht drangeben.
Psellos behauptet, all dies sei nur Theater gewesen,
und mit etwas Courage hätte Romanos
den Kaiser ohne weiteres in die Enge treiben und unbehelligt mit seiner
Frau für den Rest des Lebens zusammenbleiben können. Das klingt
jedoch unwahrscheinlich. In den letzten drei Jahren hatte Konstantin
bewiesen, dass er noch zu weit größeren Brutalitäten fähig
war. Auch war das Problem der Eheschließung Zoes,
das heißt der Nachfolge, höchst dringlich geworden und ließ
sich keinesfalls länger hinauszögern. Dem alten Ehepaar ist jedenfalls
nachzusehen, dass es kein Risiko einging. Romanos
Argyros hing offenbar wirklich an seiner Frau; jedenfalls war
er wie gelähmt; sie jedoch zögerte keinen Augenblick, sondern
soll sich unter Tränen das Haar geschoren und sich bereit erklärt
haben, um seinetwillen ins Kloster einzutreten, was denn auch sogleich
geschah. Schon am nächsten Tag, dem 10. November, wurde Romanos,
wenn auch widerstrebend, in der Pfalzkapelle des Palastes mit Zoe
verheiratet. Am 11. November stand er am Bett seines Schwiegervaters,
als dieser sein Leben aushauchte, und am 12. November wurde er als
Romanos III. neben der strahlenden Zoe
auf
den Kaiserthron gesetzt.
oo Helene Alypina
um 955/60
†
998?
Kinder:
Zoe
978
† 1050
Theodora
um 980
† 31.8.1056
Eudokia Nonne
um 975
† nach
1001
Literatur:
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Browning Robert: Byzanz. Roms goldene Töchter.
Die Geschichte des Byzantinischen Weltreiches. Gustav Lübbe Verlag
GmbH Bergisch Gladbach 1982 Seite 90 - Die Begegnung des Westens
mit dem Osten, hg. von Odilo Engels und Peter Schreiner, Jan Thorbecke
Verlag Sigmaringen 1993, Seite 116, 122,124,352 - Eickhoff Ekkehard:
Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart
1996 Seite 64,321 - Erkens Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und
Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1998
Seite 114 - Ferdinandy Michael de: Der heilige Kaiser. Otto III.
und seine Ahnen. Rainer Wunderlich Verlag Tübingen 1969 Seite 104,265,272
- Grote Hermann Stammtafeln. Leipzig, 1877 - Isenburg Prinz
W.K.v. Europäische Stammtafeln, Band II, Tafel 141 - Norwich
John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag
GmbH, Düsseldorf und München 1993 Band II Seite 289,302,333-337
- Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe
in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978 Seite 36 - Schneidmüller
Bernd/Weinfurter Stefan: Otto III. Heinrich II. Eine Wende? Jan
Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997 Seite 309 - Schulze Hans K.: Das
Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler
Verlag, Seite 255,338 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische
Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band III Europäische
Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser Ergänzungsband,
R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 198 - Wolfram Herwig: Kaiser Konrad
II. Kaiser dreier Reiche. Verlag C.H. Beck München 2000 Seite 218-220
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