Thrakischer Bauer, später Sklave Michaels III.
Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1521
********************
Basileios I., byzantinischer Kaiser 867-886
--------------
†
Basileios I., wahrscheinlich
armenischer
Herkunft, im Thema Makedonien aufgewachsen (Begründer der Makedonischen
Dynastie) begann seine (später
mit legendären und propagandistischen Elementen ausgeschmückte)
Karriere als Pferdeknecht am Kaiserhof. Skrupellos alle Gelegenheiten
ausnutzend konnte er sowohl seinen Rivalen Bardas
als auch zuletzt seinen Gönner, Kaiser
Michael III., beseitigen. (Das negativ gezeichnete Bild dieses
Kaisers in der Chronistik ist Rechtfertigungspropaganda
Basileios')
- Sofort nach seinem Herrschaftsantritt setzte Basileios
den Patriarchen Photios ab, vermutlich weil dieser mit seinem Vorgänger
zu sehr liiert war. Der erneut berufene Patriarch Ignatius ließ
Photios auf der Synode 869/70 verurteilen; doch war der so gewonnene
Ausgleich für Rom ohne Belang, da sich genau zur Zeit der Synode der
Bulgaren-Zar Boris
für die Zugehörigkeit zur Kirche von Konstantinopel entschied.
Deswegen und auch, weil die innerkirchlichen Probleme sich von selbst erledigt
hatten, konnte Basileios nach dem Tod
des Ignatius (877) Photios wieder als Patriarchen einsetzen.
Wegen der Rechtfertigung des Photios auf der Synode 879 ließ
Rom es nicht erneut zum Bruch kommen, vielleicht weil es auf byzantinische
Hilfe bei der Bedränguung durch die Araber rechnete. - Die byzantinische
Rückeroberung des Balkans scheint unter Basileios
weiter
fortgeschritten zu sein; Angriffe der Araber (Belagerung von Dubrovnik
867/68) wurden zurückgeschlagen; Serbien erkannte die byzantinische
Oberhoheit an und übernahm das Christentum. - Während die Abwehr
der Araber in Sizilien mißlang (878 Fall von Syrakus), festigte Basileios
die byzantinische Position in Süd-Italien teilweise in Zusammenarbeit
und Rivalität mit
Kaiser
LUDWIG II. (871 Einnahme von Bari durch letzteren; 873 stellte
sich Benevent unter byzantinische Oberhoheit; 876 wurde Bari wieder byzantinisch).
- Nach der völligen Vernichtung des christlich-utopischen Staates
der Paulikaner (872) gelangen Basileios
Teilerfolge
gegen die Araber im Osten, die jedoch Melinte behaupten konnten. - Außenpolitisch-militärisch
hat Basileios das Reich nicht nur sichern,
sondern in allen Richtungen sogar vergrößern können. Da
ihm auch der innen- und kirchenpolitische Ausgleich gelang, waren alle
Voraussetzungen gegeben, dass die sogenannte Makedonische Renaisannce in
Kunst und Literatur weiter an Intensität gewann. - Von größter
Bedeutung ist die Inangriffnahme einer neuen Rechtskodifikation durch Baileios.
Es entstanden sowohl Rechtsbücher mit einer mehr praktisch-didaktischen
Zielsetzung, nämlich der Procheiros Nomos und die Epanagoge, die trotz
verbaler Distanzierung von den Ikonoklaten stark auf die Ekloge Leons
III. zurückgreifen, als auch die Basiliken, mit denen eine
Neubearbeitung und Neuordnung des gesamten justinianischen Rechts beabsichtigt
war und die die Grundlage für alle theoretischen Auseinandersetzungen
mit Recht in Byzanz wurden.
Begründer der makedonischen
Dynastie, steig vom Stallknecht
zum Mit-Kaiser Michaels III. auf,
den er 867 ermorden ließ; bedeutender Herrscher, eroberte Süd-Italien
zurück, bekämpfte die Araber, erkannte den armenischen Staat
der BAGRATIDEN an und führte innere
Reformmen durch; unter ihm begann die Mission der Ostslawen.
BASILEIOS I. "DER MAKEDONE"
-----------------------------------------------
* 813, † 866
Basileios I. der Makedone war ein Armenier aus Makedonien, der zeitweise mit seinen bäuerlichen Eltern in bulgarischer Haft war. Er wurde Stallknecht und Saufkumpan von Kaiser Michael III., erreichte den Sturz des Regenten Bardas, ermordete ihn und wurde 865 zum Mit-Kaiser ernannt. Er ermordete 867 Michael III. und dessen Sohn Konstantin und wurde selbst Kaiser. Auf dem Konzil von Byzanz 869/70 setzte er den Patriarchen Photius ab und ließ ihn exkommunizieren. Er versöhnte sich mit dem Papst Hadrian II., erreichte die Anerkennung der slawischen Liturgie und errichtete gegen die päpstlichen Absichten die byzantinische Obödienz über Bulgarien, womit die politisch-religiöse Vormacht von Byzanz auf dem Balkan gewahrt blieb; nur die Kroaten begannen sich politisch-religiös von Byzanz zu lösen. Basileios I. verfolgte Bogomilen und Paulikaner und setzte Photius 878/79 auf der Synode von Byzanz wieder als Patriarch ein. Er sicherte die süditalienischen Gebiete gegen Papst und Kaiser LUDWIG II. und verbündete sich zeitweise mit LUDWIG gegen die Päpste und Kroatien. Er führte erfolgreiche Grenzkriege gegen die Araber, gewann Samosata und Zapetra zurück, und publizierte 870 das "Procheiron"-Gesetzbuch, um griechische Kultur und griechisches Recht zu fördern und zu erneuern. Basileios I. wurde zuletzt schwermütig und starb bei einem Jagdunfall.
oo EUDOXIA
INGERIA, Ex-Mätresse von Kaiser Michael III.
†
Norwich John Julius: Band II Seite 105-131,133
*****************
"Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches."
In den letzte Lebensjahren verstärkten sich des Kaisers
widerlichste Gewohnheiten. So umgab er sich mit Günstlingen und Kumpannen.
Einer dieser Männer - er tritt um 857 erstmals in Erscheinung - war
ein roher und ungebildeter armenischer Bauer namens Basileios.
Wie so viele seiner Landsleute war auch seine Familie zwangsweise in Thrakien
angesiedelt, später jedoch von Krum gefangengenommen
und jenseits der Donau in ein Gebiet namens Makedonien verschleppt worden,
das vermutlich wegen der vielen makedonischen Familien so hieß, die
das nämliche Schicksal ereilt hatte. Dort verbrachte Basileios
fast seine gesamte Kindheit. Er und seine Nachkommen trugen den völlig
irreführenden Beinamen "die Makedonier",
obwohl in seinen Adern kein Tropfen makedonisches Blut floß, seine
Muttersprache Armenisch war und er Griechisch nur mit starkem armenischen
Akzent zu sprechen vermochte. Er hatte keinerlei intellektuelle Fertigkeiten
vorzuweisen - er war Analphabet und blieb es ein Leben lang - und
konnte sich nur zweier Vorzüge rühmen: herakleischer Körperkraft
und einer erstaunlichen Begabung im Umgang mit Pferden. Beides mag
anfänglich die Aufmerksamkeit des Kaisers auf ihn gelenkt haben. Von
dem Augenblick an, da Basileios am
kaiserlichen Hof erschien, begann jedenfalls sein steiler Aufstieg. Schon
bald war er mehr Freund als Diener, und als das Amt des Parakoimomenos
recht unerwartet vakant wurde, übertrug Michael
ihm dieses umgehend. Von da an lebten der Kaiser und sein oberster Kämmerer
ganz eng zusammen, so eng, dass nicht wenige Anspielungen auf eine homosexuelle
Beziehung durch die historischen Studien geistern. Die ungewöhnliche
Art und Weise, in der Michael das künftige
häusliche Glück arrangierte, macht jedoch wahrscheinlich, dass
dies zumindest nicht seine einzige Beziehung war. Basileios
mußte
sich nämlich von seiner Frau Maria scheiden lassen,
um Michaels erste Liebe und langjährige
Geliebte Eudokia Ingerina zu heiraten.
Das war, gelinde gesprochen, ziemlich ungewöhnlich, und es kann dafür
nur eine plausible Erklärung geben: die Maßnahme gestattete
Michael, die Dame ohne den sonst unvermeidlichen
Skandal in den Palast zu holen. Und dies legt einen anderen, weiterreichenden
Schluß nahe: Dass er sie sich, dem Kaiser, weiterhin zu erhalten
gedachte. In diesem Fall wäre es durchaus möglich, dass Eudokia
Ingerina den Knaben Leon,
den sie am 19. September 866 zur Welt brachte, nicht Basileios,
sondern mit Michael zeugte. Damit wäre
die heute sogenannte makedonische Dynastie
also einfach die Fortführung der amorischen.
All dies ist, wie bei historisch zweifelhafter Vaterschaft
oft, natürlich rein hypothetisch. In der Geschichtsforschung wollen
manche darum auch nichts davon wissen. Andererseits finden sich eine ganze
Reihe von Anzeichen, welche die Hypothese stützen und die man zur
Kenntnis nehmen kann, um das Bild abzurunden.
1. behauptet mindestens eine Quelle, nämlich
Simeon, kategorisch, Leon sei Michaels
Sohn, und
scheint davon auszugehen, dass dies
in Konstantinopel allgemein angenommen wurde.
2. hat Basileios Leon
nie gemocht. Das einzige seiner Kinder, ob wirklicher oder angeblicher,
dem er
echte Zuneigung entgegenbrachte, war
offenbar Konstantin, der Sohn seiner
ersten Frau Maria.
Diesen Knaben vergötterte er,
und sein früher Tod hat ihn so schwer getroffen, dass er nie ganz
darüber hinweggekommen ist.
3. und dies ist in mancher Hinsicht besonders
merkwürdig: Hätte Eudokia
mit Basileios als dessen Frau zusammengelebt,
hätte der Kaiser sich doch kaum die Mühe gamacht, seinem Favoriten
eine Bettgenossin zuzuführen, und wohl schon gar nicht seine
Schwester Thekla, die kurz zuvor
aus ihrer klösterlichen Abgeschiedenheit befreit worden war, weil
sie sich offensichtlich dafür nicht geeignet hatte, und die nun diese
unwahrscheinliche Menage a quatre komplettieren sollte.
Basileios' Liaison mit ihr war aber doch vielleicht nicht mehr
als eine Zwischenstation. Thekla ging
ihrerseits bald ein Verhältnis mit dem adligen Höfling Johannes
Neatokomites ein, dem aber leider kein Glück beschieden war. Basileios
kam dahinter und ließ die beiden schwer züchtigen. Ob Eudokia
noch
zu Lebzeiten Michaels mit
Basileios
das
Bett teilte, sei dahingestellt; es ist aber anzunehmen, dass es nach seinem
Tod geschah. Sie brachte jedenfalls noch zwei Söhne,
Alexander
(870) und Stephanos (871), zur Welt.
Basileios ermordete
eigenhändig den Cäsar Bardas
und ließ am 24. September 867 Kaiser
Michael ermorden. Am folgenden Morgen brachte er als erstes
Eudokia Ingerina offiziell in den kaiserlichen Gemächern
unter. Endlich befreit vom unnützen Ballast seines Mitregenten, brachte
Basileios das Reich sofort auf einen
völlig neuen Kurs. Photios wurde als Patriarch abgesetzt, noch
bevor Michaels Leichnam ganz erkaltet
war.
Während die byzantinische Flotte in der Adria operierte
oder, genauer gesagt, untätig wartete, hatte die Hauptmasse des Heeres
im Osten zu tun. Dort galt es nicht nur einen, sondern zwei Feinde des
Reiches zu bekämpfen: sarazenische und paulitianische Truppen, die
wieder einmal großen Zulauf hatten und sich bereits über Kleinasien
hinaus nach Westen ausbreiteten. In zwei Eilfeldzügen stießen
Basileios
und sein Schwager Christophoros mit dem Heer tief in ihr
Kernland vor, zerstörten 872 mit der befestigten Stadt Tephrike die
zentrale Ausgangsbasis für ihre Überfälle und töteten
ihren Anführer Chrysocheiros. Nachdem die paulitianische Bedrohung
in dieser Region nahezu beseitigt war, konzentrierten sie sich ganz auf
das sarazenisch beherrschte Gebiet. Zehn Jahre lang übten sie auf
die Bevölkerung ständig Druck aus, was ihnen nicht nur Zapetra
und Samosata, sondern außerdem mehrere andere Festungen im Tal des
Euphrat einbrachte. Es gab aber auch Rückschläge: Melitene, ein
ständiger Unruheherd, widerstand hartnäckig allen Versuchen der
Eroberung im Sturm. Im Jahre 883 erlitt das kaiserliche Heer in der Nähe
von Tarsos eine schwere Schlappe, wodurch es kurzfristig in seinem kriegerischen
Eroberungsdrang gehemmt wurde, allerdings nicht für lange. Erst jetzt
zeigte sich, was die ersten siegreichen Kriegszüge unter Bardas
und Petronas fast 30 Jahre zuvor dem Reich gebracht hatten. Sie
waren keine Strohfeuer gewesen, sondern der Beginn eines anhaltenden deutlichen
Vormarsches, der seinen Höhepunkt erst mit den Feldzügen der
Kaiser Nikephoros
Phokas und Johannes Tzimiskes
100 Jahre später erreichte.
In West-Europa verleibte sich Byzanz in gleichem Maßstab
eroberte Gebiete ein. Zwar schlugen Basileios'
Vorhaben, Sizilien und Kreta zurückzugewinnen, fehl - die letzte sizilianische
Feste Syrakus fiel 878 -, doch es gelang, die sarazenischen Stützpunkte
an der gesamten dalmatinischen Küste zu vernichten; das Gebiet wurde
kaiserliches Thema. 873 errang er die Oberhoheit über Adelchis von
Benevent, im selben Jahr wurde Ortrano dem Reich wiedereingegliedert, und
drei Jahre später erkannte Bari Basileios
als Oberhaupt an. Mit dem lebenswichtigen Brückenkopf in der Hand
begann er im folgenden Jahrzehnt eine großangelegte Offensive, als
deren Ergebnis dank dem Feldherrn Nikephoros Phokas praktisch ganz Süd-Italien
bis zum Ende des Jahrhunderts wieder unter der Oberhoheit von Byzanz stand.
Und man kämpfte nicht nur zu Land. Die lange vernachlässigte
Flotte des Reiches war von Theoktistos und Bardas
wieder zu einer schlagkräftigen Streitmacht aufgerüstet
worden. Basileios führte dieses
militärische Werk energisch fort, und ihm, seinem Sohn und seinem
Enkel hatte es das Reich vor allem zu verdanken, dass die ebenso machthungrigen,
aber unterlegenen Rivalen wieder mit Neid auf die Seemacht blickten. Die
mit äußerstem Geschick operierende Flotte kontrollierte erfolgreich
die Küsten, überwachte die Meere und griff die sarazenischen
Piratenschiffe an, wo immer sie sich zeigten.
Zweifellos hat sich Basileios,
zumindest in der letzten Dekade seiner Regierungszeit, immer mehr als ein
zweiter Justinian verstanden und entsprechend
gehandelt. Unter seiner Herrschaft wurden Italien zurück ins Reich
geholt, Gesetze gesammelt und die Rechtsprechung revidiert sowie eine rege
Bautätigkeit entfacht, alles mit dem gleichen Enthusiasmus wie unter
seinem berühmten Vorbild und auch in demselben ehrgeizigen Umfang
und Stil.
Im Sommer des Jahres 879 konnte Basileos
der Makedonier auf zwölf höchst erfolgreiche Jahre
zurückblicken. Seine Streitkräfte waren schlagkräftiger
als je zuvor; im Osten wie im Westen zogen sich die sarazenischen Truppen
zurück. Die paulitianische Sekte war zerschlagen; die bulgarischen
und serbischen Stämmer waren konvertiert und dem Schoß der orthodoxen
Kirche einverleibt. Das photianische Schisma war überwunden; man
hatte dem Papst in Rom in aller Deutlichkeit gezeigt, dass mit Byzanz nicht
zu scherzen war. Die Gesetzgebung war auf dem Weg, das Procheiron bereits
veröffentlicht, und die Arbeit an der Epanagoge kam zügig voran.
Die bedeutendsten Bauwerke der Hauptstadt standen restauriert im neuen
Glanze da, während dort, wo das Palastgelände zum Marmarameer
hin abfällt, die neue große Kirche Nea sich triumphal emporstreckte,
ein bleibendes Denkmal der Majestät und des Glanzes ihres Gründers
für die Welt. In gut einem Jahrzehnt hatte sich der ungebildete
armenische Bauer, der den Thron durch feige Mordtaten usurpiert hatte,
die selbst in der byzantinischen Geschichte ihresgleichen suchen, zum erfolgreichsten
Kaiser seit Justinian gemausert.
Justinian war ohne
Nachfolger geblieben. Basileios konnte,
ob zu Recht oder Unrecht, deren vier vorweisen. Die drei jüngeren
interessierten ihn kaum - Eudokia Ingerinas
zweiten Sohn Leon verabscheute
er geradezu -, aber sein ältester Sohn Konstantin,
das einzige Kind seiner ersten Frau Maria, war sein Augapfel, vielleicht
das einzige menschliche Wesen, das er je wirklich geliebt hat. Doch dieser
starb ganz unvermutet Anfang September 879. Basileios
erholte sich jedoch nie wieder von diesem Schlag. Er betrachtete ihn als
göttliche Vergeltung, als Gottes Strafe für den Mord, den er,
Basileios,
an dessen Gesalbtem begangen hatte. Trotz allem, was er geleistet, obwohl
er die prächtige Kirche der Christenheit errichtet hatte, war ihm
nicht vergeben worden. Er zog sich mehr und mehr zurück und verfiel
in tiefe Depressionen, die gelegentlich in Anfälle von Wahnsinn
übergingen. Der Patriarch Photios vermochte den Kaiser zu beruhigen
und verfolgte nur ein Ziel: die Nachfolge von Basileios'
zweitem
Sohn und nun rechtmäßigen Erben Leon
zu vereiteln. Die Gründe dafür sind nicht bekannt. Zwar war der
Jüngling jähzornig und stellte nach allgemeiner Auffassung den
Frauen etwas zu eifrig nach - sein Verhältnis mit der schönen
Zoe Zautzina war bereits Stadtgespräch -, doch bestand
kein Grund zur Annahme, er werde als Basileus keine gute Figur machen.
Man kann sich auch nur schwer vorstellen, dass Photios auf eine
Wiedereinsetzung der amorischen Dynastie
hinarbeitete, mit der er lediglich entfernt und auch nur durch Heirat verwandt
war. Doch wie auch immer: er bestärkte Basileios
in
seiner Abneigung gegen Leon, wo immer
sich eine Gelegenheit dazu bot. Und er hatte damit Erfolg.
Leon war 16 Jahre
alt, als man ihn gegen seinen Willen mit Theophano,
einer Verwandten der Eudokia, vermählte,
die offenbar vom Glück nicht gerade begünstigt und sehr fromm
war. Er weigerte sich, Zoe aufzugeben,
und Theophano beschwerte sich bei Basileios
darüber, worauf dieser so in Wut geriet, dass er seinen Sohn eigenhändig
bis aufs Blut verdrosch. Zoe wurde
aus Konstantinopel verbannt und mit einem Mann namens Theodoros Gutzuniates
verheiratet. Unterdessen setzte der Patriarch seine Rufmordkampagne unbeirrt
fort, indem er immer eindrucksvollere Hinweise auf Verschwörung und
Verrat ausstreute. Angesichts seines geistigen und emotionalen Zustandes
fiel der alte Kaiser nur allzu leicht darauf herein. Schon etwa ein Jahr
später wurde Leon verhaftet, ohne
Urteil eingekerkert und um ein Haar sogar geblendet. Nach drei Monaten
Haft setzte ihn Basileios dann widerstrebend
auf freien Fuß. Der Kaiser blieb aber bei seiner ablehnenden Haltung.
Als Leon, wieder in Amt und Würden,
einige Zeit darauf bei einem feierlichen Umzug unvermutet von der Menge
mit tosendem Beifall bedacht wurde, konnte sich der Alte nicht beherrschen
und schrie den Leuten entgegen, ihre Hochrufe seien fehl am Platze, der
junge Mann werde ihnen vielmehr in Zukunft mit Sicherheit noch viel Kummer
und Not bereiten.
Während der letzten qualvollen Jahre fand Basileios
eine gewisse Linderung seiner Leiden beim Jagen. Auf einer solchen Jagd
in der Nähe seines Landsitzes Apamea fand er im Sommer 886
den Tod. Wie es dazu kam, wird für immer ungeklärt bleiben. Nach
den meisten Chronisten starb er an den Folgen eines Jagdunfalls,
und dabei belassen sie es. Zwei von ihnen berichten detailliert, was sich
zugetragen haben soll, aber ihre Version der Geschichte klingt derart phantastisch,
dass man gleich argwöhnisch wird. Danach soll Basileios
allein
- "denn seine Gefährten waren erschöpft" - vorausgeritten sein
und dabei an einem Bachufer einen gewaltigen Hirsch beim Trinken überrascht
haben. Als er mit dem Pferd auf ihn zugeritten sei, habe sich das Tier
unvermittelt umgedreht und ihn angegriffen, wobei sich sein ausladendes
Geweih in Basileios' Gürtel
verfing. Der Hirsch habe den Kaiser vom Sattel gezogen und sei, ihn hilflos
hinter sich herschleppend, in den Wald hinein gesprungen.
Die übrige Jagdgesellschaft bemerkte nicht, was
geschehen war, bis sie das reiterlose Pferd des Kaisers erblickte. Eine
kleine Gruppe von Farghanesen nahm darauf die Verfolgung des Hirsches auf,
holte ihn schließlich ein, umzingelte ihn und zog den Kreis immer
enger, bis einer von ihnen Basileios
mit seinem Schwert losschneiden konnte. Der Kaiser fiel bewußtlos
zu Boden, und während die anderen sich um ihn scharten, entkam der
Hirsch (man fing ihn nie). Als der Kaiser wieder zu sich kam, ordnete er
die sofortige Hinrichtung der Wache an, die ihn befreit hatte, da sie das
Schwert gegen ihren Herrn erhoben habe. Dann befahl er nachzumessen, in
welcher Entfernung sich der Vorfall ereignete. (Man gab später 16
Meilen an). Erst dann ließ er sich in den Palast tragen, wo man
am Bauch eine stark blutende Wunde fand. Nachdem er neun Tage auf Leben
und Tod gelegen, starb er am 29. August, im Alter von 74 Jahren.
Was soll man von dieser Mixtur nun halten? Zunächst
einmal: ist es denkbar, dass man bei auch nur einem Minimum an Klugheit,
ganz abgesehen vom kaiserlichen Protokoll, einen geistig verwirrten Kaiser
von beinahe 75 Jahren gänzlich ohne Begleitung gelassen hätte?
Und wie hätte weiterhin ein erfahrener Jäger wie er in eine solche
Situation geraten können? Warum hat er nicht selbst seinen Gürtel
mit dem Messer, das er stets bei sich trug, durchtrennt? Warum hat der
Hirsch sich nicht von dem Hindernis befreit, bevor er floh? Und wenn er
das nicht konnte, hätte er dann einen Mann, der für seine kolossale
Statur bekannt war, wirklich 16 Meilen durch unwegsames Waldgelände
geschleppt? All dies klingt schon reichlich verdächtig. Der Verdacht
erhält im übrigen weitere Nahrung angesichts der Tatsache, dass
die Rettungsmannschaft von dem Armenier Stylianos Zautzes angeführt
wurde, dem Vater von Zoe, der
Geliebten des jungen Leons, und bald schon
mächtigsten Mann des Reiches nach dem Kaiser.
So ergibt sich die letzte und wichtigste Frage: Kam Basileios
der Makedonier, wie die Chronisten behaupten, tatsächlich
durch einen unglücklichen (und kaum glaubhaften) Jagdunfall ums Leben,
oder wurde er nicht vielmehr von Stylianos beseitigt - vermutlich
mit Wissen und Billigung von Leon?
Motive dafür gab es mehr als genug. Der alte Mann wurde immer unberechenbarer.
Einmal hatte er Leon bereits ins Gefängnis
gebracht; ihm war durchaus zuzutrauen, dass er aus heiterem Himmel befahl,
ihn hinzurichten. In derselben Gefahr befand sich Stylianos, zumal
er als sehr enger Verbündeter des jungen Prinzen galt, der sich zudem,
sollte er Basilios auf dem Thron folgen,
mit großer Wahrscheinlichkeit sofort seiner Frau
Theophano entledigen und Stylianos Tochter Zoe
zur
Kaiserin machen würde - wie es dann auch kam.
Bedenkt man die Art der Beziehungen zwischen Basileios
und
seinem Nachfolger, der nun den Thron als Leon
VI. bestieg, überrascht es nicht weiter, dass sich die
Trauerfeierlichkeiten für den alten Kaiser auf das Notwendigste beschränkten.
Sein Leichnam wurde nach Konstantinopel überführt und angetan
mit allen kaiserlichen Regalien gemäß der Tradition im Triklinion
der 19 Liegen ausgestellt. Dort fand auch das Requiem statt. Im Anschluß
daran sprach der Zeremonienmeister dreimal die altehrwürdige Formel:
"Tritt hervor, Basileus, der König der Könige und Herr der Herren
ruft dich. Nimm deine Krone vom Haupt." Dann nahm ihm der Praepositos das
Diadem ab und ersetzte es durch ein einfaches Purpurkäppchen. Mehr
berichten die Quellen nicht. Der Sarkophag wurde dann vermutlich zur Beisetzung
in die Apostelkirche überführt, doch ist das keineswegs sicher.
1. oo Maria (Makedonin)
†
2. oo Eudokia Ingeria, Geliebte Kaiser Michaels
III.
um 840 † 882
Kinder:
1. Ehe
Konstantin seit 6.1.869 Mit-Kaiser
865 † Anfang
September 879
2. Ehe
Leon VI. der Weise
1.9.866 † 11.5.912
Stephanos I. Patriarch (886-893)
871 † 893
Alexandros
870 † 6.6.913
Literatur:
-----------
BERTELSMANN Lexikon Geschichte 1991 Seite 84 -
Browning
Robert: Byzanz. Roms goldene Töchter. Die Geschichte des Byzantinischen
Weltreiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH Bergisch Gladbach 1982 Seite
61,63,79,89,94,111 - Die Begegnung des Westens mit dem Osten, hg.
von Odilo Engels und Peter Schreiner, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1993, Seite 54,62,122,123,128 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und
der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996 Seite
32 - Kashdan A.P.: Byzanz und seine Kultur. Akademie-Verlag Berlin
1968 Seite 27,45 - Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des
oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München
1993 Band II Seite 105-131,133 - Liudprands von Cremona: Werke in:
Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Band VIII Wissenschaftliche
Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 244,252-256,354 - Riche Pierre:
Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag
GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 220 - Schneidmüller
Bernd/Weinfurter Stefan (Hrsg.): Ottonische Neuanfänge. Symposium
zur Ausstellung "Otto der Große, Magdeburg und Europa" Verlag Philipp
von Zabern Mainz 2001 Seite 313 -
Thiele, Andreas: Erzählende
genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band III Europäische
Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser Ergänzungsband,
R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 196 -