Begraben: Kloster Scheyern
Einziger Sohn des Herzogs
Ludwig I. des Kelheimers von Bayern und der Ludmilla
von Böhmen, Tochter von Herzog Friedrich
Lexikon des Mittelalters: Band VI Seite 1572
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Otto II. der Erlauchte, Pfalzgraf bei Rhein
-------------------------- Herzog von Bayern
* 7. April 1206, + 29. November 1253
Kelheim
Landshut
Begraben: Kloster Scheyern
Mai 1222
oo Agnes, Tochter Heinrichs, des Pfalzgrafen bei
Rhein und Herzogs von Sachsen
Das zunächst gute Verhältnis zu Kaiser FRIEDRICH II. trübte sich, als dieser nach der Ächtung Herzog Friedrichs II. von Österreich Ottos Ansprüche überging. Unter dem Einfluss von Albert Behaim trat Otto zum Papst über und verbündete sich 1238 mit Böhmen und Österreich zum Sturz des Kaisers. Doch in seiner Fehde mit den kaiserlich gesinnten Bischöfen zunehmend isoliert, näherte er sich seit 1241 wieder dem Kaiser und vermählte 1246 seine Tochter Elisabeth mit König KONRAD IV., was ihm den Kirchenbann eintrug. Vom Kaiser gedeckt, zog Otto die Besitzungen der bayerischen ORTENBURGER, BOGENER, ANDECHSER und anderer ein. Nach dem Ende der BABENBERGER übertrug ihm der Kaiser 1248 die Verwaltung Österreichs, das er aber gegen König Ottokar von Böhmen nicht behaupten konnte (1251).
Literatur:
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Spindler II, 28f., 35-52,540,692ff. - S. Hofmann, Urkk.wesen,
Kanzlei und Regierungssystem der Hzg.e v. Bayern und Pfgf.en b. Rhein ...,
Münchener Hist. Stud., Abt. Gesch. Hilfswiss., III, 1967 - G. Schwertl,
Die Beziehungen der Hzg.e v. Bayern und Pfgf.en b. Rhein zur Kirche (1180-1294),
Misc. Bavarica Monacensia 9, 1968.
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Bosl‘s Bayerische Biographie: Seite 567
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Otto II., der Erlauchte, Herzog von Bayern
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* 7.4.1206, + 29.11.1253
Kelheim Landshut
Begraben: Kloster Scheyern
Vater:
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Herzog Ludwig I. (1172-1231)
Mutter:
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Ludmilla von Böhmen (+ 1240)
1220
oo Agnes von der Pfalz (+ 1267)
1214 Belehnung mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein und den
dazu gehörenden Reichslehen.
Vergrößerte das Territorium der WITTELSBACHER
erheblich.
Tannhäuser verglich ihn deshalb mit Königen.
Ließ die Dominikaner als Hexengeistliche nach Bayern.
Wegen Übergriffe auf Kirchengebiet vom Papst gebannt.
Seine historische Bedeutung liegt vor allem darin, dass
durch sein Ehebündnis die Verbindung Bayerns und der Pfalz begründet
wurde.
Literatur:
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ADB 24; W. Schreiber, Otto d. Erlauchte, 1861.
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Thiele Andreas:
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"Erzählende genealogische Stammtafeln"
Otto II. der Erlauchte folgte 1231 seinem Vater als Herzog von Bayern, wurde von König HEINRICH (VII.) auf dessen Seite gegen FRIEDRICH II. gezwungen, versöhnte sich mit dem Kaiser und half ihm 1236-1238 gegen Österreich. Er plante zeitweise zusammen mit Böhmen und Österreich die Wahl König Abels von Dänemark zum Gegenkönig, schwankte jahrelang, bevor er sich 1246 fest an den STAUFER-Kaiser band. Er wurde daher auch gebannt, war kaiserlicher Statthalter in Österreich-Steiermark, wo er Titular-Herzog Hermann VI. von Baden verjagte. Er hielt 1244 einen letzten bayrischen Landtag ab, zog 1250 das bayerische Pfalzgrafenamt ein, womit eine weitere wichtige Machtsteigerung verbunden war. Nach dem Aussterben der Grafen von Bogen-Burghausen (Ottos Halbbruder) 1242 kam ihr bedeutender Besitz im Nordosten Bayerns an die WITTELSBACHER ebenso wie 1248 das Erbe der ANDECHSER Vettern, wie Andechs, Wolfratshausen, Diessen, Neuburg, Schärding und Wasserburg. Auf dem Hoftag von Augsburg 1251 wurde Otto von seinem Schwiegersohn KONRAD IV. zu seinem Stellvertreter in Deutschland ernannt, konnte aber das Vordringen König WILHELMS von Holland nicht verhindern. Er führte viele Fehden mit den Bischöfen in Bayern, deren Einfluss er zurückdrängte. Als Pfalzgraf stand er ständig gegen die Erzbischöfe von Mainz und Trier, gewann unter anderem Bachrach, Stahleck und Fürstenberg und verlor Kloster Lorsch und die nördliche Bergstraße.
Rall Hans und Marga: Seite 35-38
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"Die Wittelsbacher"
Herzog Otto II.
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* 7.4.1206, + 29.11.11253
Kelheim Landshut
Grabstätte: Benediktinerkloster Scheyern
Mai 1222 in Worms
oo Agnes
* um 1201, + 16.8.1267
Grabstätte: Benediktinerkloster Scheyern
Eltern: Heinrich der Schöne, Pfalzgraf bei Rhein und Herzog von Sachsen und Agnes, Tochter Konrads, des Pfalzgrafen bei Rhein
Ludwig
I. war fast 50 Jahre lang Herzog gewesen. Seinem einzigen Sohn
und Nachfolger, dem Pfalzgrafen bei Rhein und Herzog von Bayern,
Otto II., waren nur 22 Jahre beschieden. Gleichwohl gehört
er mit den ersten beiden WITTELSBACHER
Herzögen zu den drei entscheidenden Baumeistern am Landesfürstentum
Bayern. Er trug auch wesentlich zum Werden der Pfalz als Landesfürstentum
bei. Das in den Herzogsurkunden übliche fürstliche Prädikat
"illustris"
(der Erlauchte) wurde bei Otto
II. zum Beinamen.
Der junge Herzog war früh auf seine Aufgabe in der
Pfalzgrafschaft eingestellt worden. Sein Vater hatte ihm "Hartwich vom
Rhein" zum Erzieher gegeben. Als Otto
1228 nach der Schwertleite die Regierung in Heidelberg übernahm,
entwickelte er in Zusammenarbeit mit seinem Vater auch eine Kanzlei am
Regierungssitz. Die Kanzlei des Herzogtums und die der Pfalzgrafschaft
verfügten über je drei Notare, die nicht nur als Referenten,
sondern bei der Abfassung und Niederschrift der Urkunden Dienst leisteten.
Die beiden Kanzleien arbeiteten so sehr zusammen, dass ihre Angehörigen
von der einen in die andere Kanzlei versetzt wurden, ohne dass dabei die
landsmannschaftliche Herkunft eine Grenze gesetzt hätte. In seinen
höchsten Funktionen ließ sich Otto
II. früh durch Viztume (vicedomini) vertreten. In der Pfalzgrafschaft
wie im Herzogtum richtete er Hofämter ein. Sie waren in Bayern zugleich
Erzämter oder gräfliche Erbämter. Im Herzogtum stützte
sich Otto auf Ministerialen, die auch
in Hofämter einrücken konnten, in den Pfälzer Gebieten,
die keine Einheit als Land waren, auf Burgmannen in seine Burgen. Die Grundlagen
für eine gut funktionierende Verwaltung waren also gelegt. Schwierigkeiten
entstanden aber in der neuen Entwicklung, durch die seit 1220 Geistliche,
die weltliche Gerichtsrechte hatten, nun zu Reichsfürsten aufsteigen
konnten. Das drohte die relative Geschlossenheit des Herzogtums zu durchlöchern.
War noch Bischof Gerold von Freising bereit gewesen, Ottos
Vater Ludwig
für
bestimmte Rechte als Lehensherren anzuerkennen, so wollte der neue Bischof,
Konrad von Tölz und Hohenburg, davon nichts mehr wissen. Er zeigte
sich bald als hartnäckiger Feind des Bayernherzogs. Deshalb versuchte
Otto, ihn mit seinem Domkapitel durch
Druckmaßnahmen in Konflikt zu bringen. Der streitbare Konrad aber
erwirkte von dem den WITTELSBACHERN
feindlichen STAUFER-König HEINRICH,
der für den abwesenden kaiserlichen Vater, FRIEDRICH
II., amtierte, die Erlaubnis, Freising zu befestigen. Ottos
politische Not stieg, als auch die anderen bayerischen Bischöfe ihre
weltlichen Gerichtsbereiche zu geistlichen Fürstentümern weiter
ausbauen wollten und deshalb sich mit Ottos Gegnern,
den immer noch mächtigen Grafen von Andechs und den BABENBERGER Herzögen
Österreichs, verbündeten. Da berief Otto
einen Hoftag ein und marschierte in das BABENBERGER Nachbarherzogtum ein
und nahm Wels. König HEINRICH
aber fiel ihm von Westen her in den Rücken und besiegte ihn, so dass
er diesem seinen jugendlichen Sohn, den späteren Herzog
Ludwig II., als Geisel für sein künftiges Verhalten geben
musste. In dieser Bedrängnis schwenkte Otto
um und warb um die bayrischen Bischöfe. Sie versammelten sich tatsächlich
noch 1233 auf dem von ihm nach Regensburg einberufenen Hoftag. Dieser Erfolg
war jedoch gegen die Tendenzen der Zeit errungen und ließ sich nicht
halten.
Schon 1234 hatte Otto
Fehden mit den geistlichen Herren von Salzburg, Regensburg, Freising und
sogar von Augsburg, das als Bistum in das Herzogtum hineinreichte, wenn
es auch außerhalb Bayerns lag. Zu Ottos
Glück erschien aber 1235 der Kaiser in Deutschland, um seinen Sohn
HEINRICH niederzuzwingen. Er traf mit Otto
zusammen, redete ihm den Verdacht aus, dass er die Ermordung seines Vaters
verursacht habe, und erneuerte die zwischen den beiden Herrschergeschlechtern
so oft bewährte Freundschaft. Um sie sofort in die Tat umzusetzen,
kamen der WITTELSBACHER und der Kaiser
überein, dass sich dessen Sohn KONRAD
mit
der Tochter Ottos verlobte und Ottos
Sohn Ludwig zur Ehe mit Maria von Brabant versprochen wurde. Der strenge
kaiserliche Vater unterwarf
HEINRICH,
setzte ihn als König ab und gab ihn dem Pfalzgrafen und Herzog
Otto für einige Zeit in Gewahrsam.
Die gute Beziehung zu Kaiser
FRIEDRICH II. bedeutete keine dauernde politische Erleichterung
der Verhältnisse. Denn die Bischöfe, die sich zu geistlichen
Landesfürsten aufschwingen wollten, leisteten dem Herzog immer wieder
Widerstand, so dass er sich eine Zeitlang stark auf die päpstliche
Kurie stützen musste, nicht nur um den rheinischen Erzbischöfen,
sondern auch den bayerischen Oberhirten ein stärkeres Gegengewicht
entgegen zusetzten. In dem bis 1247 dauernden Streit um die pfalzgräfliche
Vogtei über das Kloster Lorsch behauptete sich Otto
II. mit päpstlicher Unterstützung gegen den Erzbischof
von Mainz. Unter Vermittlung des Grafen Heinrich von Sayn hatte Otto
II. schon 1243 einen Friedensvertrag mit dem Erzbischof von
Köln schließen und sich die Belehnung mit den Burgen Stahlberg,
Fürstenberg und Stahleck und mit anderen Kölner
Lehen sichern können. Die strittige, aber in der Eifel sehr wichtige
Burg Thurandt vermochte Otto
im Streit mit Köln und Trier 1248 in seinem Bereich zu halten.
Unterstützt in dem Bemühen um Zusammenarbeit mit den Bischöfen
in Bayern wurde Otto durch seine kirchlich
gesinnte Gattin, durch seinen Protonotar Heinrich von Pfaffenmünster
und seinen Beichtvater Heinrich Poppo. Eine Zeitlang hielt auch der unruhige
und fanatische päpstliche Sonderbeauftragte Albert Behaim, der seit
1212 Domherr in Passau war, zu ihm, wandte sich aber später scharf
gegen ihn.
Als Kaiser FRIEDRICH II. 1239
gebannt wurde, rückte Otto
zunächst von ihm ab, musste aber erleben, dass sich nun
die bayerischen Bischöfe gegen ihn, den Herzog, an das Reichsoberhaupt
wandten. 1240 kam es im Bayernland zu einer solchen Krise, dass der Herzog
und der Erzbischof von Salzburg einen Landtag nach Straubing luden, um
einen Landfrieden für das Herzogtum vorzubereiten. Er wurde schließlich
1244 zwischen dem Herzog, dem Erzbischof von Salzburg, 4 Bischöfen
und allen Grafen und Edlen abgeschlossen.
1242 war Ottos
Stiefbruder, der letzte Graf von Bogen, der die Vogtei über
das Kloster Niederaltaich hatte, gestorben. Durch ein erhaltenes Siegel
von 1247 nachweisbar, übernahm spätestens damals Ludwig, der
älteste Sohn des regierenden Herzogs Otto
II., von Albert IV. von Bogen dessen
heraldisches Zeichen, die Rauten, die bis heute das WITTELSBACHER
Wappen zusammen mit den schon bisher von Otto
geführten
Löwen ausmachen. In einem wechselvollen Kampf, den der letzte Graf
von Andechs durch die Eroberung herzoglicher Burgen in der Gegend von München
begann, entschied Otto durch Eroberung
von Wolfratshausen 1243 und von Starnberg 1246 die Lage. Beim Tode des
Grafen 1248 übernahm der Herzog auch dessen Hausgut. Die mit den ANDECHSERN
im Krieg verbündet gewesenen Grafen von Falkenstein besiegte Otto
ebenfalls. Die mit ihm versippte und befreundete ältere
Linie des Grafen von Ortenburg, die das Pfalzgrafenamt im Herzogtum Bayern
innehatten, beerbte er als deren Verwandter; die jüngere regierte
in der nun "reichsunmittelbaren" Grafschaft. Die Herzogslehen der Andechser
Linie im Chiemgau fielen an ihn zurück. Das Pfalzgrafenamt im Herzogtum
verschwand. Da es bedeutungslos geworden war, wurde es nicht mehr besetzt.
Durch seinen Sohn Ludwig, der sich militärisch schon oft bewährt
hatte, verjagte der Herzog den letzten ihm zwar verwandten, aber verfeindeten
Grafen von Wasserburg. Kampf gegen Unbotmäßigkeit und Einschaltung
eigener Rechte waren die erfolgreichen Mittel des politisch stets klar
rechnenden und handelnden Landesherrn.
Wiederholt versuchte Otto II.
auch, die 1156 von Bayern abgetrennte Ostmark wiederzugewinnen.
Als deren letzter BABENBERGER Herzog im Alter von erst 35 Jahren am 15.
Juni 1246 im Kampf gegen König Bela von Ungarn
fiel, betrieb Otto erneut die schon
früher einmal geplante Familienverbindung zwischen
WITTESLBACHERN und STAUFERN. Seine
Tochter Elisabeth
heiratete bereits am 1. September 1246 den STAUFER-König
KONRRAD IV., den Sohn und präsumptiven Nachfolger des 1245
erneut gebannten Kaisers FRIEDRICH II.
Dieser machte den Bayernherzog aber erst 1248 zum Verweser des Herzogtums
Österreich, nachdem ein anderer an dieser Aufgabe gescheitert war.
Die päpstliche Partei reagierte auf Ottos
Ernennung so feindselig, dass der Erzbischof von Salzburg sowie die Bischöfe
von Regensburg, Freising und Seckau 1249 Otto
mit dem Bann bedrohen konnten. Der Papst selbst kündigte ihm Bann
und Interdikt an, wenn er in Österreich als Statthalter tätig
werde. Otto konnte zwar nach dem Tode
des Kaisers 1250 zusammen mit König KONRAD
die
päpstliche Partei vor Regensburg niederzwingen, die Bischöfe
von Regensburg und Passau erreichten aber persönlich in Prag, dass
König Ottokar II. 1251 in Bayern
und in das Land ob der Enns einbrach. Papst Innocenz IV. verlangte von
Otto
auch,
statt seines Schwiegersohnes KONRAD den
Grafen Wilhelm von Holland als König
anzuerkennen. Obwohl es nun dem Bayern-Herzog unmöglich wurde, die
Ostmark zurückzugewinnen, versuchte er, sich wenigstens die Steiermark
mit ungarischer Hilfe zu sichern. Sie blieb freilich nur 7 Jahre lang in
den Händen des befreundeten Ungarnkönigs.
Die Zusammenarbeit mit dem 1245 erneut gebannten Kaiser
FRIEDRICH II. brachte dem Bayern-Herzog und seinen Landen auch
am Rhein die schwerste kirchliche Strafe, das Interdikt, ein: Es durften
keine Messen mehr gelesen und keine Sakramente mehr gespendet werden. Diesen
Anordnungen zuwiderhandelnde Priester verfielen ebenfalls dem Bann. Otto
konnte aber mit Erfolg die dadurch drohende Erschütterung des Landes
in Grenzen halten. Er gewann einige Priester, die trotzdem die Messe lasen
und Seelsorgearbeit taten. Dem Domherrn Heinrich von Speyer gab er Kirchenlehen,
und dieser sprach ihn und das Land dafür vom Bann los. Wie schwierig
Ottos
Beziehung zur Kurie schon seit vielen Jahren geworden war, erkannte
Papst Gregor IX., der große Kirchenrechtler, als er den Abt Dietmar
von Raitenhaslach am 14. März 1240 zum Beichtvater des Herzogs ernannte.
Der Papst spricht in seiner Urkunde von der Besorgnis
Herzog Ottos um sein Seelenheil und erteilt dem Beichtvater
die Vollmacht, den Herzog nach abgelegter Beichte gegebenenfalls auch von
der Exkommunikation zu absolvieren, die sich dieser eventuell durch "Gewaltakte"
gegen Kleriker zugezogen haben würde. Gregor setzte dabei natürlich
voraus, dass sich der Herzog bei seinem Kampf gegen die sich vom Herzogtum
emanzipierenden Bischöfe auf der Seite der Kurie gegen den Kaiser
halten würde. Das tat Otto zwar
eine Zeitlang, dann aber nicht mehr, als er für seinen Schwiegersohn
König KONRAD IV. und seinen Neffen
Konradin eintrat.
Von höheren Instanzen als dem Domherrn von Speyer
war Otto
nicht
vom Bann gelöst worden. Er empfing noch den großen Franziskaner
Berthold von Regensburg auf seiner Burg oberhalb von Landshut und hörte
seine Worte der Mahnung zur Versöhnung. Der Ausgleich mit den Bischöfen
war bereits im Werden, als Otto am
29. November 1253 starb.
Mai 1222
oo Agnes von Braunschweig-Pfalz, Tochter des Pfalzgrafen
Heinrich I.
um 1201-16.8.1267
Kinder:
Elisabeth
um 1227-9.10.1273
Landshut Greifenberg
1.9.1246
1. oo KONRAD IV. König des Deutschen Reiches
25.4.1228-21.5.1254
6.10.1258
2. oo Meinhard IV. Graf von Tirol
um 1235-1.11.1295
Ludwig II. der Strenge
13.4.1229-2.2.1294
Heinrich XIII. Herzog von Nieder-Bayern
19.11.1235-3.2.1290
Sophie
Ende 1236-9.8.1289
Landshut Schloss Hirschberg
Anfang 1258
oo Gebhard IV. Graf von Sulzbach
um 1220-
1275
Agnes
um 1240-7.12.1306
Landshut München
Literatur:
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Engels, Odilo: Die Staufer. Verlag W. Kohlhammer
Stuttgart Berlin Köln 1972, Seite 136,141,155,156 - Lechner Karl:
Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-1246, Böhlau
Verlag Wien-Köln-Weimar 1992, Seite 172,196,279,281,282,285,287,293,
295,301-303,306,378 A 114;400 A 22; 402 A 28;408 A 85;411 A 14;412 A 20
- Rall, Hans und Marga: Die Wittelsbacher. Von Otto I. bis Elisabeth
I., Verlag Styria Graz/Wien/Köln 1986 Seite 35-38 - Spindler
Max: Handbuch der bayerischen Geschichte Erster Band Das alte Bayern. Das
Stammesherzogtum bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts. C. H. Beck'sche
Verlagsbuchhandlung München - Stürner Wolfgang: Friedrich
II. Teil 1: Die Königsherrschaft in Sizilien und Deutschland 1194-1220.
Primus Verlag Darmstadt, 1992 Seite 170 - Stürner Wolfgang:
Friedrich II. Teil 2 Der Kaiser 1220-1250 Primus Verlag Darmstadt, 2000
Seite 299,305,326,333,477,480A. 514, 565f.,568 - Wies, Ernst W.:
Friedrich II. von Hohenstaufen. Messias oder Antichrist, Bechtle Esslingen
1998, Seite 175,214 - Winkelmann Eduard: Kaiser Friedrich II. 1.
Band, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1963, Seite 22,351,358,392,393,432,
488, 490,502,505,508,512,517,518, - Winkelmann Eduard: Kaiser Friedrich
II. 2. Band, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt -
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Spindler Max:
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"Geschichte Bayerns"
Reichs- und Kirchenpolitik unter Herzog Otto II.
a) Herzog Otto an der Seite Kaiser Friedrichs II.
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Die Regierungszeit Ottos II.
(1231-1253), der später "der"Erlauchte" genannt
wurde - das fürstliche Prädikat "ilustris", "erlaucht",
wurde bei ihm zum Beinamen - mit ihren unaufhörlichen Kämpfen,
ihrem dauernden Wechsel in den Parteigruppierungen und Schauplätzen,
mit ihrer starken Belastung durch die Lage im Reich und den Kampf zwischen
Kaisertum und Papsttum bietet ein verwirrendes Bild. Der weltlichen Gewalten
im Land vermochte er schließlich Herr zu werden, der geistlichen
nicht. Hielt er zum Kaiser, so die Bischöfe zum Papst, stand er zum
Papst, so die Bischöfe zum Kaiser, und als das Kaisertum FRIEDRICHS
II. erlosch, fanden sie schließlich einen neuen Gönner
an Ottokar von Böhmen. Sie entwanden sich der Bindung an Herzog und
Land.
Die Anfänge des Herzogs waren sehr schwierig. Er
steuerte den gleichen aus der Not geborenen Kurs seines Vaters, darauf
bedacht, besonders die Mitte des Herzogtums von einer großen territorialen
Bildung frei zu halten. Durch eine ganze Stufenleiter von Maßnahmen
und Bedrückungen suchte er den Freisinger Klerus mit dem neuen Bischof
zu entzweien, der noch vor seiner Weihe von König
HEINRICH das Privileg erwirkte, seine Stadt befestigen zu dürfen.
Trotz der Gegenwirkungen, besonders des Königs, gelang es Otto,
in Landshut einen ursprünglich nach Regensburg angesagten Hoftag zustande
zu bringen, sichtlich mit dem Ziel, die Bischöfe vom Bund mit seinen
Gegnern, den ANDECHSERN, den BABENBERGERN und dem König, fernzuhalten.
Um diese selbst zu trennen und den ANDECHSERN den Rückhalt an den
BABENBERGERN zu nehmen, brach er im Frühjahr 1233 in Oberösterreich
ein und besetzte Wels, fand aber wie sein Vater an König
HEINRICH seinen Meister, der im August von Schwaben aus über
den Lech bis nach Regensburg vorrückte und ihn zwang, ihm seinen Sohn
Ludwig als Geisel zu stellen. Wieder versuchte er die Bischöfe auf
seine Seite zu ziehen. Glückte es ihm auch, sie noch im selben Jahr
auf einem Hoftag zu Regensburg alle um sich zu versammeln, so konnte er
sie gleichwohl nicht an seiner Seite halten, das Jahr darauf lag er mit
Salzburg, Regensburg, Augsburg und Freising in Fehde. Sein Plan, die Bischöfe
entweder niederzuhalten oder für sich zu gewinnen, war zunächst
gescheitert und es sollte im Endergebnis so bleiben, die Bedrängnis
war größer denn je, der Augenblick überaus gefährlich.
Das Haus ANDECHS, gedeckt durch Königtum und Kirche, hatte Handlungsfreiheit
gewonnen.
Zur Rettung wurde dem Herzog schließlich das Zerwürfnis
des Kaisers mit seinem Sohn, der ohne Rücksicht auf das ihm von den
Fürsten abgezwungene große Wormser Privileg vom Jahr 1231 fortfuhr,
der Fürstenbegünstigung durch seinen Vater entgegenzuarbeiten
und am Ende verräterische Verbindungen mit dem Lombardenbund anknüpfte.
Als der Kaiser im Jahre 1235 nach Deutschland zog, um die Empörung
HEINRICHS
niederzuschlagen, sammelte er dessen Gegner, darunter den bayerischen Herzog,
um sich, erneuerte diestaufisch-wittelsbachische
Freundschaft und bekräftigte sie, indem er seinen Sohn KONRAD
mit einer Tochter Ottos
verlobte und zugleich die Verlobung des Herzogs-Sohnes
Ludwig mit Maria von Brabant vermittelte. Den abgesetzten und gefangenen
HEINRICH übergab er Otto
als dem Pfalzgrafen eine zeitlang in Gewahrsam. Dann machte
er sich, wie er eben die Neuordnung N-Italiens betrieben hatte, an die
Lösung der deutschen Frage, wobei er in den alten
staufischen Interessengebieten in die Territorialpolitik seines
Großvaters einlenkte.
Die Beziehungen Friedrichs des Streitbaren zu HEINRICH
(VII.), wenn er diesen auch nicht unmittelbar unterstützte,
die zahlreichen Klagen, die Friedrichs Nachbarn, darunter Bayern, selbst
österreichische Große, gegen den Herzog vorbrachten, den schon
Zeitgenossen nicht mit Unrecht den Streitbaren nannten, da seine Regierung
an Gewalttaten reich war, veranlassten den Kaiser, gegen ihn einzuschreiten.
In Bayern war die Zugehörigkeit der östlichen Marken zum Herzogtum
lebendig geblieben. Bei der Überlegenheit des Kaisers konnte Herzog
Otto nur an dessen Seite auf Gewinn hoffen. Gegen Friedrich
wurde der Prozess eröffnet. Als er die Ladung mehrmals missachtete,
verfiel er im Juni 1236 zu Augsburg der Reichsacht. Mit ihrer Durchführung
wurden der bayerische Herzog, der alte Ansprüche erhob, der Böhmen-König,
dazu die Bischöfe von Passau und Bamberg und der Markgraf von Brandenburg,
deren österreichische Lehen durch Friedrich gefährdet waren,
betraut. Die Verbündeten drangen in Österreich ein und eroberten
Wien, unterstützt von Friedrichs Gegnern im eigenen Land, während
dieser, seine Sache keineswegs schon verloren gebend, in Wiener Neustadt
eine feste Stellung bezog. Sein Schicksal wurde vom Kaiser bestimmt, der
am Anfang des Jahres 1237 in Wien erschien und schon durch die Tatsache,
dass er die Stadt dem Reich unmittelbar unterstellte und ihr ein Stadtrecht
gab, die Richtung seines Willens kundtat. Auf einer großen Reichsversammlung
ließ er an Stelle HEINRICHS seinen
9-jährigen Sohn KONRAD zum König
wählen, sein Übergewicht über die Fürsten ausnützend
und willens, die Früchte des Sieges selbst zu pflücken. Österreich
und Steier sollten unmittelbar dem Reich unterstellt werden, was die verbündeten
Fürsten nicht erwartet hatten, Bayern am wenigsten. Für Bayern
zeichnete sich eine Gefahr ab, die später unter den HABSBURGERN
Wirklichkeit werden sollte, die Umfassung des Landes durch den Nachbarn
auf mehreren Seiten. Die staufisch-wittelsbachische
Freundschaft bekam Risse. Ein erstes Anzeichen war, dass Otto sich
mit den Bischöfen verständigte, noch ehe der Kaiser zur Rückkehr
nach Italien aufbrach.
b) Bayern im Endkampf Friedrichs II. mit der Kurie
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Der Gegensatz zum Kaiser vertiefte sich, als dieser nach
seinem glänzenden Sieg über den Lombardenbund bei Cortenuova
Ende November 1237 nicht wieder nach Deutschland zurückkehrte, um
sein begonnenes Werk persönlich fortzusetzen, sondern in Italien blieb
und sich anschickte, den Lombardenbund, der seinen aufrührerischen
Sohn unterstützt hatte, gänzlich zu vernichten. Sein Entschluss
war entscheidend für die politische Lage in S-Deutschland, deren Beherrschung
ihm entglitt, und für sein Verhältnis zur Kurie, die die Ausdehnung
der kaiserlichen Macht über ganz Italien befürchtete und, um
dies zu verhindern, dem Lombardenbund den Rücken steifte und in Deutschland
eine Fürstenopposition gegen FRIEDRICH
ins Leben zu rufen versuchte. Das kaiserliche Deutschland wurde, mit Bayern
als einem wichtigen Mittelpunkt, zum Schauplatz einer leidenschaftlichen
anti-staufischen Agitation unter der
Leitung des Passauer Erzdiakons und päpstlichen Agenten Albert Beham,
der, wohl schon ab 1237, vom Landshuter Hof aus eine rührige Tätigkeit
zu entfalten begann. Albert hielt über
Herzog
Otto die schützende Hand,
sprang ihm bei in einem Streit mit Mainz und namentlich mit Freising, widerrief
die Kirchenstrafen, die der Bischof von Freising über ihn und seinen
Sohn verhängt hatte, und bannte seinerseits die Bischöfe, als
sie sich weigerten, die Freisinger Sentenzen zu verkünden. Der wachsende
Einfluss Alberts auf den Herzog, dessen Verdacht wegen der Bluttat von
1231 er neu belebte, dazu der Argwohn wegen der kaiserlichen Territorialpolitik
führten unterdessen diesen immer weiter vom Kaiser weg, bis er schließlich
offen ins päpstliche Lager überschwenkte. Am 7. März 1238
verband er sich mit dem König von Böhmen und dem Herzog von Österreich
zum Sturz des Kaisers und zur Aufstellung eines Gegenkönigs. Den nächsten
Gewinn hatte Friedrich der Streitbare. Unbehelligt, wenn nicht gefördert
von seinen Nachbarn, die ihn eben noch bekämpft hatten, konnte er
daran gehen, sein Land zurückzugewinnen. In dieser Zeit liegen die
frühesten Anzeichen einer Trennung des Traungaus von der Steiermark
für Gerichts- und Verwaltungszwecke und der Entstehung des später
Oberösterreich genannten "Landes ob der Enns", mit dessen Bildung,
die in der Zeit Ottokars entscheidend gefördert wurde, Österreich
in zwei Länder zerfiel, Oberösterreich, bayerisches Altsiedelland,
dessen Mittelpunkt Linz wurde, und Niederösterreich mit Wien als Hauptstadt
und Herzogsresidenz.
Mit der Bannung Kaiser FRIEDRICHS
am 20. März 1239 trat der Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum in
sein Endstadium ein. Vielleicht in keinem anderen deutschen Land hat er
solchen Widerhall gefunden und solche Verwirrung ausgelöst wie in
Bayern. Die bayerischen Bischöfe lehnten es ab, den Bann zu verkünden.
Daraufhin wurden sie von Albert Beham erneut gebannt, der gleichzeitig
den Herzog unverwundbar machte, indem er in Rom am 2. Februar 1239 ein
Verbot, ihn ohne römische Zustimmung mit Kirchenstrafen zu belegen,
erwirkte. Der bayerische Episkopat besaß damals bedeutende Männer,
voran Eberhard von Salzburg, Sprössling alter vornehmer Familien des
Landes, die, selbst reich begütert, ihren Kirchen ein reiches Erbe
zubrachten, in der Reichspolitik erfahren und Selbständigkeit des
Handelns gewohnt waren. Vor schwere Entscheidungen gestellt, ließen
sie sich durch die päpstliche Politik nicht beirren, selbst nicht
durch den Bann, der sie traf. Es stand von ihnen nicht zu erwarten, dass
sie mit dem Herzog, der sie in der Territorialpolitik aufs härteste
bedrängte, auf die antikaiserliche Seite übertreten würden.
So stand der Herzog auf Seiten des Papstes und die Bischöfe auf Seiten
des Kaisers. Der Zwiespalt an der Spitze setzte sich bis in Klöster,
Städte, Dörfer fort. Es drohte die Auflösung jeder Ordnung.
Die Bischöfe warnten den Papst und beschworen Herzog
Otto, Albert Beham zu entlassen, den "Störenfried von ganz
Bayern", wie ihn Eberhard von Salzburg nannte, während der Kaiser
den Herzog an das Jahr 1180 erinnerte, von ganz unten sei damals Otto
I. zur höchsten Stelle emporgehoben worden, was eher verletzend
als mäßigend wirkte.
Am 1. Juni 1239 versammelten sich eine Anzahl kaisertreuer
deutscher Fürsten in Eger um König KONRAD,
gelobte dem Kaiser Treue und erklärte sich zur Vermittlung mit der
Kurie bereit. Gleichzeitig trafen sich im nahen Ellbogen Herzog Otto
und König Wenzel von Böhmen,
kündigten König KONRAD den
Frieden und kamen überein, den BABENBERGER bei der Belagerung von
Wien zu unterstützen und an der Wahl eines dänischen Prinzen
als Gegenkönig mitzuwirken. Der Plan hatte wenig Zukunft, nachdem
es nicht gelang, den Bund zu erweitern. Als der BABENBERGER wieder im Besitz
seines Landes war, war er bereit, gegen seine Anerkennung durch den Kaiser
seine Bundesgenossen zu opfern. Durch Vermittlung bayerischer Bischöfe,
die an ihm einen Schutz gegen den eigenen Herzog zu gewinnen hofften, kam
im Dezember 1239 eine Verständigung zwischen Friedrich und dem Kaiser
zustande, der sein altes Ziel nicht aus den Augen verlor und ein paar Jahre
später, 1245, dem BABENBERGER sogar die Erhebung Österreichs
und der Steiermark zum Erbkönigtum versprach und eine Heirat mit Friedrichs
Nichte Gertrud plante, um eine Anwartschaft darauf zu gewinnen.
Das Jahr 1240 brachte in Bayern den Höhepunkt der
Krise. Ein Landtag, zu welchem im April der Herzog und bezeichnenderweise,
der Erzbischof von Salzburg zu gemeinsamer Beratung nach Straubing einluden,
scheiterte an der Uneinigkeit der Bischöfe und Laien und kam erst
im Juni in München zustande. Der Erzdiakon Albert Beham hatte unterdessen
seinen Wirkungsbereich auf Böhmen und Mähren erweitert. Wo er
auftrat, schuf er durch reihenweise Exkommunikationen Entzweiung und Verwirrung.
Der Herzog ließ ihn gewähren trotz der Gefahr völliger
Isolierung. Auch der Böhmen-König schlug sich auf die kaiserliche
Seite. Ein persönlicher Einwirkungsversuch
Ottos,
der, eben im Begriff nach Bautzen aufzubrechen, um dort für eine neue
Königswahl zu wirken, unter Zurücklassung seines Gefolges nach
Prag eilte, blieb erfolglos. Der Einmarsch König
KONRADS nach Bayern und seine Verbindung mit den Bischöfen
stand bevor. Erst als von Osten der Einfall der Mongolen drohte, Ungarn
überrannt, König Bela geschlagen,
der Herzog von Schlesien, ein Sohn der ANDECHSERIN Hedwig, gefallen, der
Aufbruchstermin für das bayerische Heer bereits festgesetzt war, König
Wenzel Hilfsgesuche sandte und Otto,
im Fall einer böhmischen Niederlage, den Untergang von ganz Deutschland
befürchtete, verstand er sich unter dem Druck des Königs und
der Bischöfe dazu, im Mai 1241 den päpstlichen Agenten aus seiner
Nähe und aus seinen Besitzungen zu verweisen, womit dessen Leidensweg
begann, ohne dass seine Rolle schon ausgespielt gewesen wäre.
Der Kurswechsel, der sich damit einleitete, wurde die
nächsten Jahre durch mehrere Umstände gefördert und beschleunigt:
durch eine Trübung des Verhältnisses Kaiser
FRIEDRICHS zum BABENBERGER, der die Hand seiner Nichte Gertrud
dem Sohn des Böhmen-Königs Wladislaw antrug, weiter durch die
erneute Aussicht auf die schon früher geplante verwandtschaftliche
Verbindung und durch das bedrohliche Umsichgreifen des österreichischen
Herzogs am unteren Inn. Je mehr sich der Kaiser vom BABENBERGER entfernte,
desto näher rückte ihm der WITTELSBACHER.
Aufs höchste beunruhigt durch die Wendung der Dinge und den
bevorstehenden Abfall ihres bisherigen treuesten Verbündeten, versuchte
es die Kurie mit Gegenwirkungen, wobei sie sich wiederum besonders Albert
Behams bediente, der sich brieflich an den Herzog wandte und ihn mit allen
ihm zu Gebote stehenden Mitteln der Überredungskunst und des Druckes,
jedoch ohne Erfolg, umzustimmen suchte, eine fieberhafte Propaganda zugunsten
des Papsttums entfaltete und bis zuletzt die Vermählung des Königssohnes
mit der bayerischen Herzogs-Tochter
Elisabeth zu hintertreiben suchte, am Ende mit fürchterlichen
Drohungen. Es war vergebens. Am 1. September 1246 fand die Hochzeitsfeier
statt. Damit war der Übertritt auf die kaiserliche Seite und der Bruch
mit der Kurie endgültig vollzogen. Otto
hatte sich entschieden und blieb es, er nahm die Drohungen hin
und ertrug den Bann, der über ihn, und das Interdikt, das über
sein Land ausgesprochen wurde.
Damals, als der Herzog für den Kaiser Partei ergriff,
wankte unter dessen Füßen der Boden, eine Folge des Konzils
von Lyon und seiner Absetzung durch Papst Innocenz IV. am 17. Juli 1245.
Sannen schon vor dem Konzil die rheinischen Bischöfe auf Abfall, so
stellten sie darnach in der Person des Thüringer
Landgrafen Heinrich Raspe einen Gegenkönig auf, dem nach
seinem Tod im Oktober 1247 Graf Wilhelm von Holland
folgte. Auch die Phalanx der kaisertreuen bayerischen Bischöfe zerbröckelte,
wenn auch noch mancher vorübergehend zum Kaiser zurückkehrte
und der Tod ihre Reihen lichtete. Unter dem Einfluss der Kurie wurden die
freigewordenen Bischofsstühle von Salzburg, Regensburg und Eichstätt
mit päpstlich gesinnten Nachfolgern besetzt. Auf den niederen Klerus
wirkte man mit geistlichen Strafmitteln ein, man sparte auch nicht mit
Dispensen, Privilegien, Kirchengutverleihungen. Während der bayerische
Klerus zum Gehorsam gegen den Papst zurückkehrte, festigte sich die
Verbindung zwischen dem Herzog und dem Kaiser, und so setzte sich in Bayern
die Spaltung fort, Herzog und Kirche konnten sich erneut nicht finden,
und es herrschte ein seltener Unfriede im Land. Die alten Zerwürfnisse
brachen wieder auf, namentlich der Streit des Herzogs mit dem Bischof von
Freising. Als Albert Beham von Lyon zurückkehrte, fand er einen Gönner
am Grafen Konrad von Wasserburg, dem gleichen, der 1242 den Herzog zu seinem
Gesamterben eingesetzt hatte. Konrad gewährte ihm erneut Unterschlupf
in seiner für unbezwingbar gehaltenen Stadtfeste und eröffnete
unter Alberts Einfluss einen Kreuzzug gegen den Herzog und die Feinde der
Kirche. Nach einer fast halbjährigen Belagerung gelang es im Herbst
1247, die Feste zu brechen. Albert und Konrad konnten entweichen, sie flohen
nach Böhmen, von da nach Lyon.
Das Ende der großen Geschlechter, Herzog Ottos Tod
a) Ortenburg, Bogen, Andechs, Falkenstein und Wasserburg
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Die Rückkehr Herzog Ottos
auf die staufische Seite stand auch
unter dem Zwang territorialpolitischer Notwendigkeiten. Im selben Jahrzehnt
kirchlicher und reichspolitischer Verwirrung vollendete sich in dramatischem
Geschehen das Schicksal der meisten großen bayerischen Dynastengeschlechter,
über die Schlag auf Schlag das Verderben hereinbrach. Die rasche Folge
der Ereignisse, ihre häufig zu beobachtende innere Verflechtung und
Gleichzeitigkeit stellten an die Leistungsfähigkeit, Energie und Entschlusskraft
des Herzogs die höchsten Anforderungen. Er konnte nach der Absetzung
Kaiser
FRIEDRICHS der Lage des Reichs und des deutschen Königtums
wenig Aufmerksamkeit schenken.
Das ansehnliche, durch seine außerbayerischen verwandtschaftlichen
Beziehungen sehr einflussreiche Haus ORTENBURG war seit dem Tod Rapotos
I. in zwei Linien geteilt. Der ältere Sohn, Rapoto II., der 1231 starb,
Schwager Ludwigs
I., seit 1208 Inhaber der bayerischen Pfalzgrafschaft, war dank
der Häufung von Grafschaftsrechten, Kirchenlehen und Vogteien in seiner
Hand unumstrittener Herr des Chiemgaus und des Rottals. Der jüngere,
Heinrich I., beherrschte dank einer ähnlichen Besitzanhäufung
als Nachbar der ANDECHSER den nach Westen geöffneten Winkel zwischen
der Donau und dem unteren Inn mit der Ortenburg und dem bedeutenden passauischen
Lehen Vilshofen. Dazu besaß er die nordgauische Position seines Hauses.
Sein Tod im Jahre 1241, dem Jahr des Kurswechsels am Herzogshof, leitete
den Niedergang des Geschlechtes ein. Die Erbstreitigkeiten zwischen seinem
Sohn aus 1. Ehe, Heinrich II., und den Söhnen aus 2. Ehe versetzten
ganz Nieder-Bayern in Aufruhr, weckten die Begehrlichkeit der Nachbarn
und veranlassten den Herzog, auch mit Rücksicht auf das in Aussicht
stehende bogensche Erbe und auf die damit von Böhmen her drohende
Gefahr, einzugreifen und sich zum Anwalt der unmündigen Stiefbrüder
Heinrichs II. zu machen. Gedeckt durch den mit ihm befreundeten und verwandten
Rapoto III., den Sohn Rapotos II., rückte er in Nieder-Bayern ein
und besetzte die ortenburgische Schlüsselstellung Vilshofen, wahrscheinlich
auch die Ortenburg selbst, dazu den festen, aus der Donauebene nahe der
Isarmündung aufsteigenden Natternberg, einen der wichtigsten Militär-
und Verwaltungsstützpunkte der BOGENER, womit er zugleich vom bogenschen
Erbe Besitz ergriff. Heinrich II. musste außer Landes gehen. Er warb
bei der Kirche um Hilfe, zu welcher der Herzog damals in Gegensatz
stand, beim Bischof von Passau, später bei dem von Bamberg, er vergabte
und verpfändete Besitzungen, die längst nicht mehr sein waren,
und schloss vergebens Vertrag auf Vertrag. Schließlich begab er sich
nach Böhmen, das seit dem Tod Ludmillas
im
Jahr 1240 und besonders seit dem Beginn des Ringens um das 1246 freigewordene
Erbe der BABENBERGER zu einem für Bayern gefährlichen Nachbarn
geworden war, an den Hof seiner Mutter, wo er 1256 starb. Sein Vetter Rapoto
III. war ihm 1248 im Tod vorangegangen, ohne männliche Nachkommen
zu hinterlassen. Hier war der Herzog von vornherein im Vorteil, weil er
mit dem Erblasser verwandt und die Grafschaft im Chiemgau Herzogslehen
war, das er einziehen konnte. Mit Rapotos III. Tod erlosch das bayerische
Pfalzgrafenamt, es hatte keine Bedeutung mehr. Gleich Heinrich II. wurden
auch seine Stiefbrüder, zu deren Schutz Herzog
Otto eingegriffen hatte, aus ihrem Besitz im Donauraum verdrängt.
Die passauischen Lehen gingen 1262 an Herzog Heinrich XIII. von Nieder-Bayern
über, die nordgauischen Herrschaften Murach und Viechtach kamen durch
Kauf 1268/72 an Ludwig II. Vom einstigen Reichtum ihres Hauses blieb den
jüngeren ORTENBURGERN am Ende nur das kleine Gebiet unmittelbar um
Ortenburg, das sie als Grafschaft vom Reich zu Lehen trugen, in den Jahren
1563/66 der Augsburger Konfession zuführten und später unter
Montgelas gegen die Herrschaft Tambach in Franken vertauschten.
Mit dem in einer Zeit höchster politischer Spannungen
unternommenen Kriegszug vom Jahre 1241, dessen Notwendigkeit seinen damaligen
politischen Kurswechsel beeinflusst haben mag, ergriff Herzog
Otto von weiten und wichtigen Teilen Nieder-Bayerns Besitz.
Um dieselbe Zeit erfüllte sich am Haus der Grafen von Bogen das Schicksal
vieler altfreier Familien der Zeit, es erlosch. Von den drei bogenschen
Stiefbrüdern Herzog
Ottos war der eine in den geistlichen
Stand eingetreten, der andere 1217 in Palästina ums Leben gekommen,
der dritte, Graf Albert IV., starb kinderlos im Jahre 1242. Der Herzog
trat, von niemand behindert, in den vollen Genuss des reichen Erbes ein
und erntete die Früchte der erfolgreichen rücksichtslosen Territorialpolitik
seiner Stiefbrüder, die zur Vornbacher Grafschaft im Künziggau
um 1230 die Grafschaft Deggendorf an sich gezogen, nach 1226 die von Passau
lehnbare Grafschaft Windberg erworben und mit ihr den Anschluss an ihr
böhmisches Lehensgebiet um Schüttenhofen und Winterberg hergestellt
hatten.
Der Endkampf des Hauses ANDECHS wurde geführt von
Herzog Otto VIII. von Andechs-Meranien, der 1234 auf seinen Vater gefolgt
war. Die Auseinandersetzungen begannen mit einem Burgenkrieg im Münchener
Raum, wo es 1238 den ANDECHSERN gelang, durch List die herzogliche Feste
Baierbrunn einzunehmen, und entwickelten sich hier während der Abwesenheit
des
wittelsbachischen Herzogs in Nieder-Bayern
zu einem verwüstenden Kleinkrieg, der durch die Eroberung von Wolfratshausen
1243 und Starnberg 1246 entschieden wurde. Der Einfall, den Otto in
Verbindung mit dem Reichsmarschall Heinrich von Pappenheim von Nordwesten
her 1246/47 ins wittelsbachische Gebiet
machte, war ein verzweifelter letzter Waffengang, der zu keinem Erfolg
führte. Der Marschall musste die Unterstützung des ANDECHSER
mit Gefangenschaft, mit der Schleifung seiner Festung Neuburg an der Donau
und dem Verlust der Vogtei Gaimersheim nordöstlich von Ingelheim büßten.
Wie Heinrich von Ortenburg suchte auch Otto bei der Kirche Hilfe.
FRIEDRICH II. bezeichnete seinen Parteiwechsel
als offenkundigen Verrat und belehnte im Juni 1248 zu Parma den wittelsbachischen
Herzog mit der andechsischen Grafschaft Neuburg-Schärding,
die an den ANDECHSER zurückgefallen, als sich Friedrich der Streitbare
von seiner andechsischen Gemahlin getrennt hatte. Damit war das Haus ANDECHS
auch aus seiner Machtstellung am unteren Inn verdängt. Im selben Monat
starb Otto VIII. auf seiner Burg Niesten bei Weismain in Oberfranken,
kinderlos und ohne Bundesgenossen, die den Kampf hätten fortführen
können. Das Erbe in Franken traten die Bischöfe von Bamberg,
das in Tirol Ottos Schwiegervater Graf Albert III. von Tirol an, der im
gleichen Jahr auch das Erbe der EPPAN-ULTENER gewann und auf der neuen
Machtbasis die Einigung Tirols einleitete, das in Dalmatien, Istrien und
Krain kam in verschiedene Hände, schließlich nach vielen Zwischenstufen
an die HABSBURGER, nachdem die Patriarchen
von Aquileja trotz des unter dem ANDECHSER Berthold (1218-1251) erreichten
Höhepunktes, als ihnen mit dem Ende der Staufer der Rückhalt
am Reich fehlte, in ihrer Territorialpolitik gescheitert waren und kein
geistliches Fürstentum mit voller Staatlichkeit und von Bestand aufzubauen
vermocht hatten.
Den FALKENSTEINERN, die den Ausgang des Inns aus dem
Gebirge beherrschten, wurde ihre enge Verbindung mit den ANDECHSERN, auf
deren Seite sie kämpften, und mit dem Bischof von Freising, dessen
Gegnerschaft zum Herzogshaus sich fortwährend erneuerte, zum Verhängnis.
Der Tod des wohl im Kampf gegen den Herzog 1243/44 gefallenen Grafen Siboto
bildete den Auftakt zur Liquidierung ihres ganzen reichen Besitzes, dessen
Hauptanteil die Herzöge sich sicherten. Kuno, der Bruder des Gefallenen,
traf vergebens verzweifelte Gegenmaßnahmen. Auch er wandte sich an
Ottos Gegnerin, die Kirche. Im Jahr
1245 übergab er sein ganzes Hab und Gut unter dem Vorbehalt lebenslänglicher
Nutznießung an Freising, schließlich verkaufte er Teile davon
an den Bischof. Er verlor sein ganzes Erbe. Im Jahr 1260 hört man
das letzte Mal von ihm. Vom Sohn Sibotos, dem rechtmäßigen Erben,
der beim Tod seines Vaters wohl zu jung war, um sich wehren zu können,
ist nur bekannt, dass er 1272 im Bad ermordet wurde.
Das Bild des letzten WASSSERBURGERS, des Grafen Konrad,
des Sohnes einer WITTELSBACHERIN, ist
getrübt durch Unstetigkeit und Leidenschaft, Wankelmut und Gewalttätigkeit.
Er kämpfte für und wider Ludwig den Kelheimer, für und wider
dessen Sohn. In seinem Leben werden die Auswirkungen des großen kirchenpolitischen
Kampfes besonders deutlich. Der Herzog ließ ihn schließlich
durch seinen Sohn Ludwig mit Gewalt aus dem Land vertreiben. Er
begegnet noch an STAUFER-feindlichen
Höfen, taucht auch noch in Bayern auf, doch fehlt ein Anhaltspunkt
dafür, dass er wieder in den Besitz seiner Güter und Rechte gekommen
wäre. 1259 ist er in der Steiermark an Aussatz gestorben.
Der Zusammenbruch der großen Geschlechter beschleunigte
den auch infolge der großen Besitzverschiebungen in Gang geratenen
sozialen und wirtschaftlichen Umschichtungsprozess der Zeit. Alte Ordnungen,
die weite Kreise der Bevölkerung seit Generationen gebunden hatten,
stürzten ein. Die sich neu bildende adlige Oberschicht, deren stärkstes
und bestimmendes Element die Ministerialen darstellten, wurde führerlos,
soweit sie nicht vom Herzog abhing, und bildete zunächst eine unbekannte
Größe. In den Jahren 1247/48 wurde die gesamte Ministerialität
der ANDECHSER, WASSERBURGER, BOGENER, FALKENSTEINER und PLAINER, zum Teil
auch der ORTENBURGER der Bindung an ihren Herzog ledig. Viele wandten sich
frühzeitig der aufgehenden wittelsbachischen Sonne zu, bisweilen schon
ehe sich das Schicksal ihrer Herren entschieden hatte, andere nützten
die Lage hemmungslos aus. Um die Mitte des Jahrhunderts begannen rechtlose
Zustände, namentlich in Nieder-Bayern, einzureißen. Kirchenlehen,
Hoheitsrechte, Vogteien, vereinzelt sogar Hochgerichtsbarkeit, kamen in
unbefugte Hände. Unter dem herrenlosen oder seinem Herren entlaufenen
Kriegsvolk bildeten sich Banden, die sich in Burgen und Waldverstecken
einnisteten, das Land unsicher machten und namentlich die Klöster
gefährdeten. Auch unter den wittelsbachischen
Ministerialen lockerte sich die Zucht. In dieser bedrohlichen Lage bewährte
sich das Vorhandensein einer starken, in der Tradition verankerten Herzogsgewalt
im Land, deren oberstes Recht und oberste Pflicht die Wahrung des notwendigen
und ersehnten Friedens war. Nach mehreren Anläufen im Jahr 1240 gelang
es Herzog Otto, angesichts des wachsenden
öffentlichen Notstands auf einem Landtag zu Regensburg im Juli 1244
auf landrechtlicher Grundlage einen allgemeinen, auf drei Jahre befristeten
Landfrieden, beschworen vom Erzbischof von Salzburg, den Bischöfen
von Passau, Eichstätt und Bamberg und allen Grafen und Edlen, zustande
zu bringen, es war dies einer seiner größten Erfolge. Das Fehdewesen
wurde eingedämmt, das Waffentragen gesetzlich geregelt, die eigenmächtige
Pfändung untersagt, bewaffnete Überfälle auf Wohnstätten
verboten, Kirchen und Klöster sowie das Kirchengut unter besonderen
Schutz gestellt. Den asozialen Elementen unter den Dienstmannschaften wurde
ihr Raubritterhandwerk gelegt, indem Burgenbesitz und Haltung von Bewaffneten
bei Strafe der Schleifung der Burgen an ein Mindesteinkommen gebunden wurden.
Dank durchgreifender Maßnahmen konnte die schwere Krise, die die
öffentliche Ordnung erfasst hatte, durch die Herzogsgewalt überwunden
und die Wirtschafts- und Sozialbewegung in geordnete Bahnen gelenkt werden.
Es kam in Bayern nicht zu Ministerialenaufständen wie in Österreich,
wo nach dem Aussterben der BABENBERGER ein starke Herzogsgewalt im Lande
fehlte und erst die HABSBURGER, nach
Ottokars Zwischenregierung, geordnete Verhältnisse von Dauer schufen,
auch nicht zu undurchsichtigen Zellenbildungen und interterritorialen Verbindungen,
die den Herzögen hätten gefährlich werden können. Für
die gräflichen Ministerialitäten insgesamt war es kein Nachteil,
sich in Abhängigkeit vom Landesfürsten zu begeben, der ihnen
in Heer und Verwaltung neue Aufgaben stellte, im Gegensatz zur Reichsministerialität,
für deren Angehörige ein Eintritt in die herzogliche Ministerialität
eine Minderung ihrer Stellung bedeutete. Allein, an Reichsministerialen
war Bayern arm, nicht an früherem Reichsgut, ursprünglichem agilolfingischem
Herzogsgut, das von den KAROLINGERN
an die deutschen Könige gekommen, von letzteren verlehnt, verschenkt
und bei ihrem zeitweisen engen Verhältnis zum bayerischen Herzogtum
zum größten Teil der Kirche überantwortet worden war. Es
gab im Umkreis des bayerischen Herzogtums keine Reichsländereien,
die in unmittelbare Reichsverwaltung hätten genommen werden und Reichsministerialen
ein Betätigungsfeld hätten bieten können. Das Geschlecht,
von dem am wenigsten zu erwarten stand, dass es sich der Botmäßigkeit
der WITTELSBACHER beugen würde,
waren die am Rande des wittelsbachischen
Territoriums begüterten mächtigen Reichsmarschälle
von Pappenheim. Ihr bedeutendster Vertreter, Heinrich von Kallendin-Pappenheim,
gleich Marquart von Annweiler einer der hervorragendsten Anwälte staufischer
Ansprüche
und Ziele, hatte zum Dank für seine treuen Dienste von seinem Herrn,
Kaiser HEINRICH VI., 1197 das Donaumoos
bei Neuburg mit den dazugehörigen Gütern und Vogtein als Lehen
erhalten. Zusammen mit weiteren Besitzungen am unteren Lech, an der Wörnitz
und Altmühl konnten diese Lehen die Grundlagen für ein Territorium
bilden, das den wittelsbachischen
Stammbesitz
im Norden und Nordwesten eingeengt hätte. Im Zusammenhang mit der
Sicherung des staufischen
Erbes nach
dem Tode Konradins wurde von Ludwig
II. das Geschlecht, nachdem schon früher die Neuburg geschleift
worden war, aus der Donauebene in die Wälder und Täler des Jura
auf seine Stammgüter zurückgedrängt.
b) Der Babenbergische Erbfall
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Am 15. Juni 1246 fiel Friedrich der Streitbare, der Inhaber
der seit 1182 miteinander verbundenen Herzogtümer Österreich
und Steiermark, im Kampf gegen König Bela
von Ungarn, im Alter von 35 Jahren, ohne Nachkommen zu hinterlassen.
Damit trat überraschend ein Erbfall ein, der das staufische
Königtum, Bayern, Böhmen und Ungarn auf den Plan rief und
zu einer neuen Kräfteverteilung in den Ostalpenländern führte,
die erst nach rund drei Jahrzehnten mit dem Einrücken der HABSBURGER
in
die alte babenbergische Machtstellung abgeschlossen wurde. An weiblichen
Seitenverwandten Friedrichs erhoben Ansprüche seine Schwester Margarete,
Witwe HEINRICHS (VII.), und seine Nichte
Gertrud, Tochter seines verstorbenen Bruders Heinrich, um deren Hand sich
wenige Jahre früher der Kaiser selbst beworben hatte, und seit 1246
Gattin des Markgrafen Wladislaw von Mähren
(+ 3. Januar 1247), des ältesten Sohnes des Königs
Wenzel von Böhmen. Der Papst, an den sich beide Frauen
wandten, trat für Gertrud ein, die sich auf ein angebliches Testament
berufen konnte. Die entscheidende Initiative ging vom gebannten und abgesetzten,
durch das Gegenkönigtum HEINRICH RASPES bedrängten,
seit 1242 in Italien weilenden Kaiser aus, der auf seine früheren
territorialpolitischen Ziele zurückgriff. Unter dem Eindruck des Ereignisses
betrieb er jetzt ernstlich die bereits früher geplante staufisch-wittelsbachische
Familienverbindung,
die schon zweieinhalb Monate nach dem Tod des BABENBERGERS zustande kam,
und fesselte so den bayerischen Herzogs an sich, der seinerseits eine Deckung
gegen Böhmen brauchte und ohne eine solche bei der Verteilung des
Erbes nicht auf Gewinn hoffen durfte. Im Frühjahr 1247 setzte der
Kaiser jedoch nicht Herzog Otto, der
es erwarten durfte, sondern den wenig bekannten Grafen Otto von Eberstein
als "capitaneus et procurator per Austriam et Styriam" ein, womit er seinen
Willen bekundete, die beiden Reichslehen nicht mehr auszugeben, sondern
für sich, zur Stärkung seiner Hausmacht zu verwenden. Erst als
der Ebersteiner scheiterte, rückte Herzog
Otto an seine Stelle, im Juni/Juli 1248, aber nur für Österreich,
die Verwaltung der Steiermark wurden dem Grafen Meinhard IV. von Görz
übertragen, der neben seinem Schwiegervater Albert III. von Tirol
der einzige Parteigänger des Kaisers in den Alpenländern war,
so entscheidend hatte dessen Absetzung 1245 die dort bestehenden Machtverhältnisse
verändert. Auf der kurialen Seite und zugleich auf der Seite der Gegen-Könige
HEINRICH RASPE und WILHELM von Holland
standen Kärnten und die Kirchen, voran Aquileja und Salzburg, gedeckt
durch Böhmen, Ungarn und Venedig.
Otto waren zunächst
die Hände gebunden, denn noch im Jahr seiner Ernennung trat ihm in
Österreich sein eigener Neffe gegenüber, Markgraf Hermann von
Baden, der um die Jahresmitte die seit Januar 1247 verwitwete BABENBERGERIN
Gertrud geheiratet hatte und, gleichfalls auf Veranlassung des Papstes,
im selben Jahr von
WILHELM von Holland,
dem am 3. Oktober, 8 Monate nach HEINRICH RASPES
Tod, neugewählten Gegenkönig, mit Österreich belehnt worden
war.
Otto hatte
selbst die Vermählung begünstigt, wohl um erhoffter Vorteile
willen. Er konnte die neue Aufgabe, die der bayerischen ähnlich war,
nicht mit der gewohnten Entscheidung anpacken. Nach dem Tode Hermanns am
4. Oktober 1250 schickte er seinen kriegsbewährten Sohn Ludwig
mit Heeresmacht ins Nachbarland, dem ein durchschlagender Erfolg versagt
blieb. Wiederum wie 1236/37, ging es um das Land ob der Enns und die Wahrnehmung
alter Rechte. Nach dem Tod des Kaisers am 13. Dezember 1250 war Otto
aller Rücksichten ledig. Jetzt wäre der Augenblick gekommen gewesen,
selbständig zu handeln, den alten landrechtlichen Zusammenhang mit
den Marken wiederherzustellen, mindestens das Land ob der Enns zurückzugewinnen
und die größte, im territorialen Wandlungsprozess der Zeit sich
der bayerischen Herzogsgewalt bietende Chance wahrzunehmen. Allein der
Herzog hatte den Rücken nicht frei. Er hatte im Land zurückbleiben
müssen. Die Reaktion der päpstlichen Partei auf seine Ernennung
zum Statthalter von Österreich war überaus heftig und feindselig
gewesen. Die Bischöfe von Regensburg, Freising, Salzburg und Seckau
hatten sich im Januar 1249 zu einem Provinzialkonzil in Mühldorf versammelt,
in der Absicht, Otto vorzuladen und
ihn durch Bann und Schwert zum Abfall vom Kaiser und zur Rückkehr
zur Kirche zu zwingen. Der Papst selbst hatte ihm am 5. Februar 1249 durch
den Bischof von Regensburg die erneute Verkündung von Bann und Interdikt
androhen lassen, falls er als Statthalter tätig werde, und war auf
Betreiben Albert Behams gegen den einzigen auf Seiten Ottos
stehenden Bischof eingeschritten, seinen wertvollsten Bundesgenossen und
den mächtigsten Grundherrn im Land ob der Enns, gegen Rüdiger
von Passau, der ihn im Kampf gegen den WASSERBURGER unterstützt hatte
und im Bann stand. Am 14. Februar 1249 setzte er für das Bistum Passau
einen Administrator, den Bruder des päpstlich gesinnten Regensburger
Bischofs, Berthold von Sigmaringen, ein und bestellte ihn am 17. Februar
1250 zum Bischof.
c) Die letzten Regierungsjahre des Herzogs
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Noch nicht zur Ruhe gekommen von den vorausgegangenen
Kämpfen, musste der Herzog, während starke militärische
Kräfte unter seinem Sohn im Land ob der Enns gebunden waren, versuchen,
der bischöflichen Opposition Herr zu werden. Er verband sich mit dem
Bürgertum von Regensburg und Passau. In Regensburg vertrieb die staufische
Partei, zu der auch Kleriker gehörten, Bischof Albert aus der Stadt.
Den neuen Passauer Bischof, den die Bürger monatelang am Betreten
der Stadt gehindert hatten, ließ Otto
mit Waffengewalt niederhalten. Am 20. Dezember rückte er zusammen
mit König KONRAD und seinen Söhnen
mit großem Aufgebot vor Regensburg und unterwarf die päpstliche
Partei. Albert, der am 30. Oktober zurückgekehrt war und die Herrschaft
in der Stadt an sich gerissen hatte, wurde erneut vertrieben. Mit knapper
Not entging damals König KONRAD am
28. Dezember einem Mordanschlag bischöflicher Ministerialen. Die beiden
Bischöfe begaben sich nach Prag, wo sie Hilfe beim Sohn Wenzels
I., bei Ottokar, der, um
die böhmischen Lehen der BOGENER zurückzugewinnen, 1251 in Bayern
einbrach und die Mark Cham verwüstete, indes der Kampf um Regensburg
andauerte, nur unterbrochen durch einen auf die Nachricht vom Tod des Kaisers
vereinbarten Waffenstillstand, der jedoch nicht zu dem vom Herzog dringend
gewünschten und benötigten Frieden führte, da Ottokar
widerstrebte. Wohl aber schickte der Böhme Truppen nach
Nieder-Bayern, wohin sich der Kriegsbrand ausgedehnt hatte, um den Gegner
von Österreich fernzuhalten, während er selbst seine österreichische
Aktion vorbereitete. Wiederum tat sich Ludwig hervor, indem er das regensburgische
Teisbach eroberte. Noch im Jahr 1251 wurde Dingolfing ins Leben gerufen,
nicht bloß als Verwaltungszentrale, sondern auch als fester Platz
wie Landshut (1204) und Landau (1224).
Seit dem Tod des Kaisers hatte Papst Innocenz den Herzog
immer dringlicher gemahnt, die staufische Sache
preiszugeben und WILHELM von Holland
anzuerkennen. Allein, Otto
hielt seine Hand über dem jungen STAUFER,
seinen Schwiegersohn, für ihn sorgend und seine stärkste Stütze.
KONRAD musste sich entscheiden, entweder den Kampf gegen WILHELM
aufzunehmen oder sich der Kaiseraufgabe in Italien zuzuwenden. Er schlug
den alten Weg der STAUFER ein. Ehe
er nach Italien aufbrach, bestellte er seinen Schwiegervater für die
Zeit seiner Abwesenheit zum Statthalter in Deutschland und verpfändete
ihm als Gegenleistung für seine Geldhilfen die Burg- und Güterbezirke
Floß und Parkstein in der Oberpfalz. Während so der Herzog im
gespaltenen Deutschland zum ersten Fürsten auf staufischer
Seite aufstieg, ging ihm Österreich verloren. Anfangs November 1251
brach Ottokar, dem Ruf der österreichischen Landherren folgend, von
Böhmen auf, er nahm den Weg über das Land ob der Enns, das Grenzland
gegen Bayern, sich seiner versichernd. Am 12. Dezember 1251 zog er in Wien
ein. In seinem Gefolge weilten die Führer der innerbayerischen Opposition,
Graf Konrad von Wasserburg, die Bischöfe von Regensburg und Passau,
dazu der Erzbischof von Salzburg. Als er im Sattel saß, bedachte
er die Kirche mit einem wahren Gnadensegen aus dem babenbergischen Reichtum.
Wesentlich dieser Opposition war Ottos
Misserfolg zu verdanken. Bayern ging bei der Verteilung des
babenbergischen Erbes leer aus. Nicht Passivität, Energielosigkeit,
Kurzsichtigkeit, die nicht zu Ottos Eigenschaften
zählten, trugen die Schuld, die Verhältnisse waren stärker
als er. Gegen das Bündnis zwischen den Bischöfen und Ottokar
von Böhmen konnte er nicht aufkommen, dazu reichten seine
militärischen Machtmittel nicht aus, auch die finanziellen waren
erschöpft, wie die Klagen aus den Klöstern beweisen, die, wie
später so oft, für den bayerischen Landesherrn die letzten finanziellen
Reserven darstellten.
Trotz des österreichischen Fehlschlags unternahm
es der Herzog, ein Zeichen seiner nicht leicht zu beugenden Natur und seiner
Klarheit im Ziel, in eben diesen Jahren die Steiermark zu gewinnen. Im
Jahr 1253 erschien am Herzogshof eine Abordnung steierischer Adliger und
trug dem zweiten Sohn Ottos, Heinrich,
der mit Elisabeth, einer Tochter König
Belas IV. von Ungarn, verlobt war, die Regierung der Steiermark
an. Die Lage war günstig; von Salzburg und vom Grafen Meinhard von
Görz war keine feindselige Haltung zu erwarten. Im September brachen
Otto und sein Sohn mit Truppenmacht
auf und versuchten durch Österreich zu König
Bela zu stoßen, ohne dessen Einverständnis und Hilfe
die Steiermark weder zu gewinnen noch zu behaupten war. Allein Ottokar
trat ihnen mit überlegenen Streitkräften entgegen,
wahrscheinlich bei Frankenmarkt, und erzwang ihren Rückzug. Damit
war auch dieser Plan gescheitert. Heinrich musste die Hilfe Meinhards von
Görz und Ezzelins von Treviso in Anspruch nehmen, um auf Umwegen zu
seinem Schwiegervater zu gelangen. Der stärkere Gegenspieler Ottokars
im Kampf um die Steiermark war König Bela
selbst, der gleichfalls in den Kampf um das babenbergische Erbe eingetreten,
mit starken Kräften in Österreich und Steiermark eingefallen
war, die Steiermark für sich gewann und 7 Jahre behauptete.
Wenige Monate nach seiner Heimkehr starb Otto
eines plötzlichen Todes zu Landshut am 29. November 1253. Es
war ihm in seinen letzten Lebensjahren ein Anliegen, dem Land den kirchlichen
Frieden zu geben. Die 1249 erneut ausgebrochenen kirchlichen Zensuren hatte
er unwirksam zu machen versucht, indem er den Domherrn Heinrich von Speyer,
den er mit Kirchenlehen bedachte, veranlasste, ihn und sein Land von Bann
und Interdikt loszusprechen, und durch den Pfarrer Konrad von München
und andere gebannte Priester die Seelsorge verrichten ließ. Als im
November, kurz vor seinem Tod der Franziskanermönch und große
Prediger Berthold von Regensburg, der damals in Landshut weilte, den Herzog
besuchte und ihn mahnte, mit der Kirche sich auszusöhnen, war der
Ausgleich mit den Bischöfen bereits im Gang, doch starb der Herzog
noch im Bann. Am 4. Juli 1253 hatte der Bischof von Freising vom Papst
die Erlaubnis zum Friedensschluss mit dem Herzog erhalten, um die er nachgesucht
hatte, mit dem Hinweis, dass auch seine einstigen Bundesgenossen, die anderen
Bischöfe, sich mit dem Herzog versöhnten. Das Jahr darauf, am
21. Mai 1254, folgte dem Herzog König KONRAD
im Tode nach, im Alter von 26 Jahren.