Dem Kaiser zum Trotz, der diese Marken an den alten Wiprecht
von Groitzsch und den jungen Hermann von Winzenburg vergeben hatte,
setzte Lothar
Albrecht
von Ballenstedt und Konrad von Wettin ein.
In der Tat konnte LOTHAR
jetzt die Ansprüche des GROITZSCHERS und WINZENBURGERS auf
die Marken nicht mehr rücksichtslos bei Seite setzen, sondern mußte
sie durch eine Ausgleichung zu befriedigen suchen. In Meißen
trat eine Teilung der markgräflichen Gewalt ein. Konrad von Wettin
und
Hermann von Winzenburg erscheinen hier nebeneinander als Markgrafen,
und es mochte als eine Entschädigung Hermanns für erlittene
Verluste gelten, daß er zugleich eine fürstliche Gewalt über
ganz Thüringen unter dem Namen eines Landgrafen erhielt
[In einer kaiserlichen Urkunde vom 13. Juni 1129 erscheint unter den Zeugen
Hermann
als Landgraf und wird als solcher vor den Markgrafen genannt. Übrigens
scheinen auch früher bereits die Markgrafen von Meißen mit einer
besonderen Amtsgewalt über Thüringen bekleidet gewesen zu sein,
und neu war vornehmlich wohl nur der Name für dieselbe.].
Das Ende Heinrich Raspes verletzte unmittelbar den König,
aber noch mehr empörte ihn, daß um dieselbe Zeit einer seiner
vertrautesten Räte, Burchard von Loccum, durch Mord beseitigt wurde
und der Urheber des Mordes kein geringerer Mann war, als der Landgraf
Hermann von Winzenburg. Burchard, ein Vasall Hermanns, war durch
kaiserliche Gunst hoch emporgestiegen und zu einer Grafschaft in Friesland
gelangt. Wegen eines Burgbaus war er darauf mit dem WINZENBURGER
in erbitterte Streitigkeiten geraten, und dieser ließ endlich seinen
widerspenstigen Vasallen auf einem Kirchhofe überfallen und erschlagen.
Ein Frevel, welchen der König nicht ungerächt lassen konnte und
der ihn in die bedenklichen Zustände Sachsens einzugreifen auf das
dringenste mahnte. Dem WINZENBURGER wurde der Prozeß gemacht;
des Hochverrats wurde er von den zu Quedlinburg versammelten Fürsten
für schuldig befunden, die Reichsacht über ihn verhängt,
alle seine Würden und Güter ihm abgesprochen. Die Landgrafschaft
Thüringen kam an den Grafen Ludwig, der dadurch eine hervoragende
Stellung unter den Fürsten des Reiches gewann. Die Markgrafschaft
Meißen erhielt nun in ihrem ganzen Umfange Konrad von Wettin. Die
Winzenburg selbst und die zu ihr gehörigen Güter fielen
an das Bistum Hildesheim zurück, dessen Lehen sie waren. Hartnäckigen
Widerstand setzte der geächtete Hermann noch dem Könige
und den Fürsten entgegen. Er verteidigte sich in der Winzenburg
längere Zeit gegen ein wider ihn ausgesandtes Heer; erst am letzten
Tage des Jahres 1130 ergab er sich dem Könige, der ihn dann nach Blankenburg
am Harze in Haft bringen ließ [Hermann kam später frei
und erscheint dann wieder in geachteter Stellung.].
1139
Nicht besser als diesem Anhänger Albrechts und des
Königs erging es dem Grafen Hermann von Winzenburg, der sich
gegen die welfische Partei erhoben
und zum Lohne dafür vom König die Reichslehen Siegfrieds von
Bomeneburg und wahrscheinlich auch die Konrad abgesprochene Markgrafschaft
Meißen erhalten hatte; auch er mußte nach mehreren Kämpfen
mit Siegfried das Land verlassen. In kurzer Zeit war der WELFE
Herr im ganzen Sachsenlande. Schon am 23. Mai finden wir Albrecht, Bernhard
von Plötzke und Hermann von Winzenburg flüchtig zu Rusteberg
auf dem Eichsfelde beim Erzbischof von Mainz; auch Albrechts Mutter hatte
Sachsen den Rücken wenden müssen.
Der Ausgang des Unternehmens, für welches der König
so viele Vorbereitungen getroffen hatte, war für ihn wenig rühmlich
gewesen. Der WELFE blieb Herr in Sachsen
und schon suchten die Grafen, welche sich dort Albrecht angeschlossen hatten,
ihren Frieden mit LOTHARS Witwe und
ihrem Tochtermann zu machen. Hermann von Winzenburg gab die Lehen
des Grafen Siegfried, welche ihm der König übertragen, freiwillig
wieder auf und vertrug sich mit Graf Siegfried und Herzog
Heinrich.
1144
Am 17. Oktober [Richtig: 17. April] dieses Jahres
war Siegfried von Bomeneburg, ein Enkel Ottos von Nordheim, gestorben.
Da er ohne Kinder war, kamen nicht allein die großen Reichslehen
der BOMENEBURGER zur Erledigung, sondern auch die bedeutenden Allodien
dieses Geschlechts waren unter Seitenverwandte zu verteilen. Die meisten
Lehen wußte sich Hermann von Winzenburg zu gewinnen, der auch
die Allodien größtenteils durch Kauf an sich brachte. Siegfrieds
Witwe Richinza
vermählte sich nach kurzer Frist mit Heinrich
von Asle, Hermanns Bruder. Nur die Bomeneburg selbst
fiel unseres Wissens an das Reich zurück und wurde eine kaiserliche
Pfalz.
1152
Durch tyrannische Strenge und unsittlichen Lebenswandel
hatte sich Hermann von Winzenburg, einer der reichsten und mächtigsten
Herren im Lande, den allgemeinen Haß zugezogen; er teilte ihn mit
seiner Gemahlin Luitgarde
von Stade, der Witwe des Dänen-Königs
Erich, die Hermann zu ihrem dritten Manne genommen hatte,
nachdem er durch Scheidung von seiner rechtmäßigen Gemahlin
die schmähliche Ehe ermöglicht hatte. Aber das verbrecherische
Paar sollte sich seines Glücks nicht lange freuen. In der Nacht des
29. Januar 1152 brachen Ministerialen der Hildesheimer Kirche in die
Winzenburg ein und töteten Hermann mit dem Schwert;
ein gleiches Schicksal traf die schwangere Luitgarde.
Den Schatz der Winzenburg, der auf 6.000 Pfund Silber geschätzt wurde,
plünderten die Mörder; über die Güter und Burgen des
ermordeten Grafen, der keine mämmlichen Nachkommen hinterließ,
fielen Heinrich
der Löwe und Albrecht der Bär in gewohnter Habgier her.