Giesebrecht Wilhelm von: Seite 15,37,39,180-183,211,212,363
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"Geschichte der deutschen Kaiserzeit."

Dem Kaiser zum Trotz, der diese Marken an den alten Wiprecht von Groitzsch und den jungen Hermann von Winzenburg vergeben hatte, setzte Lothar Albrecht von Ballenstedt und Konrad von Wettin ein.
In der Tat konnte LOTHAR jetzt die Ansprüche des GROITZSCHERS und WINZENBURGERS auf die Marken nicht mehr rücksichtslos bei Seite setzen, sondern mußte sie durch eine Ausgleichung zu befriedigen suchen. In Meißen trat eine Teilung der markgräflichen Gewalt ein. Konrad von Wettin und Hermann von Winzenburg erscheinen hier nebeneinander als Markgrafen, und es mochte als eine Entschädigung Hermanns für erlittene Verluste gelten, daß er zugleich eine fürstliche Gewalt über ganz Thüringen unter dem Namen eines Landgrafen erhielt [In einer kaiserlichen Urkunde vom 13. Juni 1129 erscheint unter den Zeugen Hermann als Landgraf und wird als solcher vor den Markgrafen genannt. Übrigens scheinen auch früher bereits die Markgrafen von Meißen mit einer besonderen Amtsgewalt über Thüringen bekleidet gewesen zu sein, und neu war vornehmlich wohl nur der Name für dieselbe.].
Das Ende Heinrich Raspes verletzte unmittelbar den König, aber noch mehr empörte ihn, daß um dieselbe Zeit einer seiner vertrautesten Räte, Burchard von Loccum, durch Mord beseitigt wurde und der Urheber des Mordes kein geringerer Mann war, als der Landgraf Hermann von Winzenburg. Burchard, ein Vasall Hermanns, war durch kaiserliche Gunst hoch emporgestiegen und zu einer Grafschaft in Friesland gelangt. Wegen eines Burgbaus war er darauf mit dem WINZENBURGER in erbitterte Streitigkeiten geraten, und dieser ließ endlich seinen widerspenstigen Vasallen auf einem Kirchhofe überfallen und erschlagen. Ein Frevel, welchen der König nicht ungerächt lassen konnte und der ihn in die bedenklichen Zustände Sachsens einzugreifen auf das dringenste mahnte. Dem WINZENBURGER wurde der Prozeß gemacht; des Hochverrats wurde er von den zu Quedlinburg versammelten Fürsten für schuldig befunden, die Reichsacht über ihn verhängt, alle seine Würden und Güter ihm abgesprochen. Die Landgrafschaft Thüringen kam an den Grafen Ludwig, der dadurch eine hervoragende Stellung unter den Fürsten des Reiches gewann. Die Markgrafschaft Meißen erhielt nun in ihrem ganzen Umfange Konrad von Wettin. Die Winzenburg selbst und die zu ihr gehörigen Güter fielen an das Bistum Hildesheim zurück, dessen Lehen sie waren. Hartnäckigen Widerstand setzte der geächtete Hermann noch dem Könige und den Fürsten entgegen. Er verteidigte sich in der Winzenburg längere Zeit gegen ein wider ihn ausgesandtes Heer; erst am letzten Tage des Jahres 1130 ergab er sich dem Könige, der ihn dann nach Blankenburg am Harze in Haft bringen ließ [Hermann kam später frei und erscheint dann wieder in geachteter Stellung.].
1139
Nicht besser als diesem Anhänger Albrechts und des Königs erging es dem Grafen Hermann von Winzenburg, der sich gegen die welfische Partei erhoben und zum Lohne dafür vom König die Reichslehen Siegfrieds von Bomeneburg und wahrscheinlich auch die Konrad abgesprochene Markgrafschaft Meißen erhalten hatte; auch er mußte nach mehreren Kämpfen mit Siegfried das Land verlassen. In kurzer Zeit war der WELFE Herr im ganzen Sachsenlande. Schon am 23. Mai finden wir Albrecht, Bernhard von Plötzke und Hermann von Winzenburg flüchtig zu Rusteberg auf dem Eichsfelde beim Erzbischof von Mainz; auch Albrechts Mutter hatte Sachsen den Rücken wenden müssen.
Der Ausgang des Unternehmens, für welches der König so viele Vorbereitungen getroffen hatte, war für ihn wenig rühmlich gewesen. Der WELFE blieb Herr in Sachsen und schon suchten die Grafen, welche sich dort Albrecht angeschlossen hatten, ihren Frieden mit LOTHARS Witwe und ihrem Tochtermann zu machen. Hermann von Winzenburg gab die Lehen des Grafen Siegfried, welche ihm der König übertragen, freiwillig wieder auf und vertrug sich mit Graf Siegfried und Herzog Heinrich.
1144
Am 17. Oktober [Richtig: 17. April] dieses Jahres war Siegfried von Bomeneburg, ein Enkel Ottos von Nordheim, gestorben. Da er ohne Kinder war, kamen nicht allein die großen Reichslehen der BOMENEBURGER zur Erledigung, sondern auch die bedeutenden Allodien dieses Geschlechts waren unter Seitenverwandte zu verteilen. Die meisten Lehen wußte sich Hermann von Winzenburg zu gewinnen, der auch die Allodien größtenteils durch Kauf an sich brachte. Siegfrieds Witwe Richinza vermählte sich nach kurzer Frist mit Heinrich von Asle, Hermanns Bruder. Nur die Bomeneburg selbst fiel unseres Wissens an das Reich zurück und wurde eine kaiserliche Pfalz.
1152
Durch tyrannische Strenge und unsittlichen Lebenswandel hatte sich Hermann von Winzenburg, einer der reichsten und mächtigsten Herren im Lande, den allgemeinen Haß zugezogen; er teilte ihn mit seiner Gemahlin Luitgarde von Stade, der Witwe des Dänen-Königs Erich, die Hermann zu ihrem dritten Manne genommen hatte, nachdem er durch Scheidung von seiner rechtmäßigen Gemahlin die schmähliche Ehe ermöglicht hatte. Aber das verbrecherische Paar sollte sich seines Glücks nicht lange freuen. In der Nacht des 29. Januar 1152 brachen Ministerialen der Hildesheimer Kirche in die Winzenburg ein und töteten Hermann mit dem Schwert; ein gleiches Schicksal traf die schwangere Luitgarde. Den Schatz der Winzenburg, der auf 6.000 Pfund Silber geschätzt wurde, plünderten die Mörder; über die Güter und Burgen des ermordeten Grafen, der keine mämmlichen Nachkommen hinterließ, fielen Heinrich der Löwe und Albrecht der Bär in gewohnter Habgier her.