Heinrich mit dem goldenen Wagen       Graf von Altdorf
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um 870/75- um 934
                  wohl nach 975 (W. Störmer)
 

Sohn des Grafen Eticho I. im Ammergau und der Adellinde von Babenberg, Tochter von Markgraf Heinrich I.
 

Thiele, Andreas: Tafel 28
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

HEINRICH "MIT DEM GOLDENEN WAGEN"
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    + um 934

Heinrich mit dem goldenen Wagen wurde Anhänger von Kaiser ARNULF und bekam dafür die alten schwäbischen Grafschaften zurück, die Grafschaft im Argen- und Linzgau und in Bayern dazu die Grafschaften im Augstgau/Landsberg und im Shongau/Memmingen. Diese Gaue verschmolzen nach und nach mit dem Ammergau zu einem geschlossenen Besitzkomplex der WELFEN. Seine Verwandtschaft mit KONRADINERN und OTTONEN hob ihn weit heraus, er wurde wichtigste Stütze des königlichen Cousins HEINRICH I. in Schwaben und Bayern und tauchte in vielen Urkunden als Zeuge auf, war mächtig und angesehen und wurde auch der "Erlauchte" genannt. Von seinem Reichtum leitete sich der bekanntere Beiname ab. Als dritter Machtkomplex des Hauses begann der Raum Vintschgau-Raum Meran deutlich zu werden. Er gründete um 935 das Kloster Altdorf im Schussengau als Familienkloster, das für lange Zeit zur Begräbnisstätte der WELFEN werden sollte, und schuf damit seiner Familie einen deutlich sichtbaren Herrschaftsmittelpunkt, wonach die WELFEN in der Folgezeit vorwiegend benannt wurden.
Heinrich lag damit voll im Trend der Zeit einer beginnenden Territorialisierung bestehender Herrschaftsrechte; einen festen Sitz brauchte man als "Ausweis" einer bedeutenden Herkunft und so wurde aus dem stützpunktlosen WELFEN-Haus die Adelsfamilie "von Altdorf". In unmittelbarer Nähe des welfischen Hausklosters, das später bei seiner Erneuerung den Namen Weingarten erhielt, entstanden auch die welfischen Herrschaftssitze Altdorf und Ravenstein. Erst durch Graf Heinrich erschien allgemein der schwäbische Besitz als welfischer "Stammbesitz". Er begann auch mit dem Bau der Abtei Weingarten. Er gab das fränkische Recht zugunsten des schwäbischen auf, durch Heinrich wurden die WELFEN erst Schwaben. Warum es zum berichteten Bruch mit dem Vater kam ist unklar, der Mönch von Weingarten berichtet, weil sich der Sohn in königliche Dienste begab, seine Freiheit aufgab; das ist unvorstellbar, da es üblich war, dass sich adlige Söhne in königliche Dienste begaben. Möglicherweise hängt es mit Heinrichs Ehe zusammen. Manche Forscher spekulieren, die als Heinrichs Frau genannte Atha von Hohenwarth, ist identisch mit der unehelichen Tochter des unehelichen fränkischen Kaisers ARNULF Ellinratha. Möglicherweise ist sie auch die Tochter eines Ministerialen Ratpot von Hohenwart; in beiden Fällen wären es aus der Sicht des stolzen Vaters Mesalliancen. Heinrich oder andere Mitglieder der Familie vor bzw. nach ihm haben Nachkommen, die in ihrer Filiation nicht zu greifen sind; so glten zum Beispiel die Grafen von Eppan als WELFEN, der Stammvater ist unbekannt.

  oo ATHA VON HOHENWARTH
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Schwennicke Detlev: Tafel 17
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Europäische Stammta"feln Neue Folge Band I. 1"

HEINRICH "MIT DEM GOLDENEN WAGEN"
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um 900
Stifter von Kloster Altdorf



Annalista Saxo:
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"Reichschronik"

Das Jahr 1126.

Herzog Heinrich von Baiern und seine Gemahlin Wulfhild, die Tochter des Sachsenherzogs Magnus, starben. Dieser Heinrich war der Sohn des Herzogs Welf und ein Bruder Welfs des Jüngern, mit deren Abkunft es sich also verhält. Zur Zeit des Kaisers Lodowich des Frommen, des Sohnes
Karls des Großen, gab es unter den Fürsten Baierns einen, der doppelnamig war, denn er wurde sowohl Eticho als Welf genannt; dieses Mannes Tochter Judith nahm Lodowich selbst nach dem Tode der Kaiserin Irmingard zur Ehe und zeugte mit ihr den Kaiser Karl den Kahlen, unter dessen Kindern und Enkeln in langer Reihe das Reich der Franken blühte. Sein Großvater, der erwähnte Eticho oder Welf, war ein Fürst von besonderer Freiheit, der niemals für ein Lehen sich der Hoheit eines Andern, auch nicht des Kaisers selbst, unterworfen hat und eben dies seinem Sohne Namens Heinrich anbefahl, daß er sich niemals der Hoheit eines Andern unterwerfen sollte. Der Sohn aber, welcher diese Vorschrift für unvortheilhaft hielt, unterwarf sich auf Zureden seiner Schwester, der Kaiserin Judith, der Hoheit des Kaisers unter der Bedingung, daß er ihm im Lande seiner Gemahlin soviel an Gütern verleihen sollte, wieviel er in der Mittagszeit mit seinem Pfluge umgehen könnte. Da nun der Vater diese That des Sohnes der wunderbaren Ungleichheit ihres Charakters gemäß sehr übel nahm, ging er aus Baiern fort und verbrachte den Rest seines Lebens im Gebirgslande in einem kleinen Gebiete bei dem Walde, der Scerenzerewald heißt, mit zwölf Großen, welche ihm mehr als die Andern anhingen, indemer den Weg, auf welchem er gekommen war, versperrte, und seitdem hat weder er den Sohn, noch der Sohn ihn gesehen. Der Sohn aber hat die ihm versprochenen Güter durch seine Schlauheit also erworben. Er ließ sich nämlich einen goldenen Pflug machen und verbarg ihn bei sich; dann ritt er während der Mittagszeit, als der Kaiser schlief, mit auf dem Wege aufgestellten Pferden eilig im Kreise um die schon erwähnten Güter herum, und als alle Pferde müde geworden waren, stieg er auf eine zufällig vorgefundene Stute und versuchte einen dazwischenliegenden Berg auch noch hinzuzufügen; da aber die Stute stehen  blieb und ihn nicht zu ersteigen vermochte, hörte er hier auf.
Daraus ist diesen Fürsten von Ravanesburg die Sitte  erwachsen, daß keiner von ihnen bis jetzt wegen irgend eines Nothfalls auf eine Stute steigt, und von jenem Ereignisse wird dieser Berg bis heute Merenberg genannt. Inzwischen erhob sich der Kaiser Lodowich vom Schlafe und Heinrich stellte sich ihm mit seinem Pfluge dar, bittend, daß er sein Versprechen erfüllen und durch sein kaiserliches Gebot bekräftigen möchte. Obwohl er nun eine Weile zürnte, daß er so schlau überlistet worden, gedachte er dennoch seines Versprechens und übergab ihm alles, was er umgangen hatte, indem er es
vollständig ankaufte; und seit dieser Zeit nahmen diese Fürsten von der Feste Ravanesburg, welche mit ihrer Umgebung in ihren Besitz kam, den Namen an, während sie vorher nach einem Dorfe Altorp geheißen wurden. Aus diesem Geschlechte entstammten im Laufe der Zeiten drei Brüder: Rodolf, Eticho oder Welf und Konrad, welche zur Zeit des Königs Heinrich, des Vaters Otto's des Großen, lebten. - Von diesen hat Konrad die Konstanzer Kirche geleitet und ist mit dem Augsburger Bischofe, dem heiligen Othelrich, durch Klugheit und Heiligkeit des Lebens berühmt geworden. Rodolf zeugte den Grafen Welf, Welf zeugte Kuniza, Kuniza heirathete den  Markgrafen Azo von Langobardien von den Schlössern Kalun und Estin, welche in Langobardien gelegen sind, und gebar ihm Welf den Aeltern. Dieser führte zuerst eine Frau Namens Ethilinde heim, die Tochter des Herzogs Otto von Baiern, eines Mannes von sächsischem Stamme und von ebenso hohem Range als Adel, so daß er die Zuversicht hatte, gegen den Kaiser Heinrich dieses Namens den Vierten sich zu empören. Der Kaiser jedoch beraubte ihn, den freilich ungerecht Unterdrückten, des Herzogthums und setzte ihm seinen Schwiegersohn, den erwähnten Welf, zum Nachfolger. Welf hat darauf, ich weiß nicht aus welchem Grunde, jene Ethilinde verstoßen und die Witwe des Angelnherzogs Harald, Namens Judith,  geheirathet, und mit ihr zeugte er zwei Söhne, nämlich Herzog Welf den Jüngern und diesen Heinrich, von dem wir jetzt sprechen. Welf, der ältere von beiden, heirathete jene sehr mächtige Machtild von Langobardien und starb kinderlos, und hinterließ das Herzogthum dem Bruder Heinrich. Als dieser Heinrich von hochbejahrten Leuten das hörte, was oben von dem ersten Eticho erzählt worden ist, kam er in das Gebirgsland, in welchem derselbe vom Sohne sich trennend gewohnt hatte, woselbst er auch begraben worden war, um nachzuforschen, und ließ das Grab desselben und derjenigen, welche bei ihm begraben waren, öffnen, und da er die Wahrheit bestätigt fand, ließ er am selbigen Orte über den Gebeinen jener Leute eine Kirche erbauen. In seiner Gegenwart wurde auch der Leib des eben erwähnten heiligen Konrad aus dem Grabe erhoben, welchen Gott damals und früher durch viele Wunder verherrlicht hatte; aus Liebe zu diesem und um seiner Ehre willen hat der Herzog große Geschenke an Landgütern und  Dienstleuten beiderlei Geschlechts der Konstanzer Kirche an diesem Tage gemacht und durch solch Unterpfand sich deutlich als Verwandten eines so großen Mannes bewiesen. Dieser zeugte mit der vorerwähnten Wulfild zwei Söhne, Herzog Heinrich von Sachsen und Baiern und Welf, und vier Töchter, von denen an einer andern Stelle geredet worden ist.
 
 
 
 

  oo Atha von Hohenwarth
            -
 
 
 
 

Kinder:

  Rudolf I. Graf
          -10.3. um 950

  Eticho II. Graf von Altdorf
        -   982

  Konrad I. der Heilige Bischof von Konstanz (934-975)
         -26.11.975
 
 
 
 

Literatur:
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Annalista Saxo: Reichschronik a. 1126 - Ay, Karl-Ludwig/Maier, Lorenz/Jahn Joachim: Die Welfen. Landesgeschichtliche Aspekte ihrer Herrschaft. Universitätsverlag Konstanz GmbH 1998 Seite 12,15, 35,38,64-69,84,103 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986 Seite 141,169,173, 289,291 - Decker-Hauff, Hansmartin: Die Ottonen und Schwaben. in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 14 (1955) Seite 317 - Fleckenstein Josef: Über die Herkunft der Welfen und ihre Anfänge in Süddeutschland. in: Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des Großfränkischen und frühdeutschen Adels Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1957, Seite 84,128-136 - Hechberger Werner: Staufer und Welfen 1125-1190. Zur Verwendung von Theorien in der Geschichtswissenschaft Böhlau Verlag-Köln-Weimar Wien 1996 Seite 123,124,172,174,175 - Heine Alexander (Hg.): Geschichte der Welfen. Phaidon Verlag GmbH Essen - Jehl, Rainer: Welf VI., Wissenschaftliches Kolloquium zum 800. Todesjahr vom 5. bis 8. Oktober 1991 im Schwäbischen Bildungszentrum Irse, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 64,119 - Jordan, Karl: Heinrich der Löwe, Deutscher Taschenbuch Verlag 1993 Seite 3 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 23,24,30, 112-116,126,200,201 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 17 - Störmer, Wilhelm: Die süddeutschen Welfen unter besonderer Berücksichtigung ihrer Herrschaftspolitik. in: Ay, Karl-Ludwig/Maier, Lorenz/Jahn Joachim: Die Welfen. Landesgeschichtliche Aspekte ihrer Herrschaft. Universitätsverlag Konstanz GmbH 1998 Seite 64-70 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 28 -