EUROPÄISCHE STAMMTAFELN NEUE FOLGE BAND L 1 Tafel
90
Lexikon des Mittelalters: Band IX Seite 270
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WITTELSBACHER
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I. GRAFEN VON SCHEYERN-WITTELSBACH UND PFALZGRAFEN VON BAYERN
Die WITTELSBACHER waren ein wahrscheinlich aus
der gräflichen Edelfreienschicht des Herzogtums Bayern hervorgegangenes
Geschlecht, als dessen Ahnherr ein "Otto
comes de Skyrun" (Scheyern, Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm)
erstmals 1073 (bzw. schon 1039/47) als Hauptvogt der Freisinger Kirche
in deren Traditionen nachgewiesen ist. Nur chronikalisch überliefert,
doch durch die Autorität Bischof Ottos von Freising verbürgt
ist die Abstammung des Grafen von Scheyern
von den LUITPOLDINGERN. Weitere, schon in der älteren Literatur behauptete
genealogische Zusammenhänge zwischen diesen und den ARIBONEN, den
WELFEN und eventuell den urbayerisch
"genealogiae" der HUOSI und der FAGANA sind nicht beweisbar, haben aber
durch die neuere Forschung an Wahrscheinlichkeit gewonnen. Fast allgemein
akzeptiert ist heute auch die Hypothese von der genealogischen Verbindung
der Grafen von Scheyern
mit den Grafen von Ebersberg. Trotz verschiedener, aufgrund der
lückenhaften Quellenüberlieferung divergierender Theorien und
Vermutungen ist, im Zusammenhang mit ihren Funktionen, die Genealogie der
WITTELSBACHER vor 1180 in den Grundzügen gesichert. Die Hauptstammreihe
beginnt mit dem Grafen
Otto II. (I.) von Scheyern (+ wahrscheinlich 1078), der in diesem
Bereich offenbar Rechtsnachfolger der erloschenen Grafen von Hörzhausen
(Landkreis Neuburg-Schrobenhausen), Vogt des Bischofs Nitker und (seit
ca. 1060) auch des Domkapitels von Freising war. Sein Enkel Ekkehard
I. (+ 1091) ist als Freisinger Domvogt und (ca. 1080/82) als Vogt
des Klosters Weihenstephan bezeugt. Auch Otto V. (IV.), Ekkehards
Sohn,
übte diese Vogteien aus, zusammen mit denen des Hausklosters Scheyern,
seiner Gründungen Indersdorf und Ensdorf und der Klöster Geisenfeld,
Kühbach und St. Ulrich und St. Afra zu Augsburg. Er benannte sich
erstmals 1115 nach seiner Burg "Witilinesbac" (Oberwittelsbach,
Landkreis Aichach-Freidberg), wird 1111 bzw. 1120 als Pfalzgraf in Bayern
erwähnt (der mit diesem Amt verbundene Besitz, wohl Reichsgut, ist
noch nicht erforscht) und ist der Gründer der pfalzgräflichen
Hauptlinie der WITTELSBACHER.
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Holtzfurtner Ludwig: Band 1 Seite 569-573
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"Die Salier und das Reich" 1992
Grafen von Scheyern
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Die späteren Grafen von
Scheyern wären in der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts
nicht zu den bayrischen Großen zu rechnen, falls sie nicht als Verräter
nach der Schlacht auf dem Lechfeld 955 ihrer Lehen für verlustig gegangen
wären. Alle Machtpositionen, die sie in der 2. Hälfte des 11.
Jahrhunderts errangen, befanden sich vor ihrem Auftreten in fremder Hand.
Es hat den Anschein, als wäre Otto,
der erste greifbare Vertreter dieser Familie, der Erbe und Nachfolger des
Grafen Udalschalk von Kühbach. Er ist als Inhaber der Freisinger Hochstiftsvogtei
1039-1047 zweifelsfrei belegt. Strittig ist, ob er sich in dieser Zeit
auch bereits Graf nannte (außer über die Vogtei verfügte
er eigentlich keine weiteren Machtpositionen, die den Grafentitel rechtfertigen
würden). Der große Gebietskomplex um Fischbachau-Bayrischzell,
wo sich auch zum ersten Mal 1102 in einem Gründungsversuch des späteren
Hausklosters, das schließlich in Scheyern seinen endgültigen
Platz fand, stammte nicht aus seinem Familienallod, sondern war vielmehr
Erbe seiner Frau Haziga,
in 1. Ehe mit Hermann von Kastl verheiratet. Auch war er noch nicht im
Besitz der Burg Scheyern, die noch
um 1060 im Besitz des Grafen Babo von Scheyern befand, vielleicht
einem weitläufigen Spross des Hauses der KÜHBACHER. Otto
nannte sich ab 1070 Graf von Scheyern.
Der tatsächliche Grafschaftsraum scheint sehr beschränkt gewesen
zu sein, und woher er überhaupt stammt, muss wohl offen bleiben, da
alle auszumachenden Verbindungen zu früheren Grafschaften ihrerseits
nur spekulative Möglichkeiten darstellen. Der ersten Vogtei folgten
im 11. Jahrhundert noch drei weitere, gesichertermaßen seit 1075
die über das reiche Weihenstephan, womit sich zahlreiche Lücken
in der flächenmäßigen Beherrschung des ausgedehnten Freisinger
Besitzes, mit dem derjenigen Weihenstephans eng verflochten war, schließen
ließen, sowie vermutlich seit 1057 die Vogtei über Ilmmünster.
Ungeklärt ist, seit wann die Grafen von Scheyern
auch die Güter des Domkapitals von Freising, an Umfang denen des Bischofs
ebenbürtig, wenn nicht überlegen, bevogteten. In den 1. Jahrzehnten
des 12. Jahrhunderts folgten die Vogteien über Kühbach, Ebersberg,
und schließlich über die östlich des Lechs gelegenen Besitzungen
des Klosters St. Ulrich und Afra. Beim größten Teil der reichen
Ebersberger Hinterlassenschaft hat es sich um Reichslehen gehandelt, die
auf dem Wege der Neuverleihung in die Hände dieser neuen Familie gekommen
ist.