Die nach außen ruhigen zwei Jahrzehnte der Regierungszeit
von Boleslaws
II. jüngerem Bruder
Wladyslaw
Hermann
(1079-1102) waren fast
ganz von inneren Streitigkeiten erfüllt. Der neue Herrscher befand
sich weitgehend unter dem Einfluß der Adelsschicht, die ihn emporgehoben
hatte, vor allem der Palatin Sieciech. Gegen diesen wandte sich neue Unzufriedenheit,
besonders nach der Vergiftung von Boleslaws II.
jugendlichem Sohn
Mieszko,
den Wladyslaw Herman erst aus dem ungarischen
Exil nach Polen geholt hatte. Der oppositionelle Adel entfachte mit böhmischer
Hilfe 1093 in Schlesien einen Aufstand gegen Sieciech und erzwang die Legitimierung
von Wladyslaws
ältestem Sohn Zbigniew,
den Sieciech in ein Kloster nach Sachsen hatte abschieben wollen. Der zunächst
nach Ungarn geflüchtete Sieciech konnte bald an die Macht zurückkehren,
einen neuen Aufstand in Kujawien unterdrücken und Zbigniew
zeitweilig gefangensetzen, der erst freikam, als die Geistlichkeit und
sein jüngerer Bruder Boleslaw
sich für ihn einsetzten (1096/97). In wechselvollen Kämpfen,
offenbar von weiten Kreisen des immer mehr hervortretenden Adels unterstützt,
erzwangen die beiden Brüder schließlich die Entfernung Sieciechs
und die Zuteilung von eigenen Herrschaftsbereichen zu Lebzeiten des Vaters,
dem zeitweilig die Absetzung drohte (1099).
Der inneren Zerrissenheit entsprach außenpolitische
Zurückhaltung. Wladyslaw Hermann,
in zweiter Ehe mit Judith,
der Schwester
Vratislavs von Böhmen,
in dritter Ehe (seit 1088) mit der Kaiser-Schwester Judith
[5 Sie war die Witwe des oben erwähnten, 1087 im Exil gestorbenen
Königs
Salomo von Ungarn.] verheiratet, stand offenbar im Lager seiner
Schwäger, dachte an keine Königskrönung und zahlten den
von seinem Bruder verweigerten Tribut für Schlesien aufs neue. Nur
in Pomerellen versuchte der Herzog die erneut abgeschütttelte polnische
Oberherrschaft wiederherzustellen und führte 1090 einen erfolgreichen
Feldzug bis an die Küste, ohne aber einen Dauererfolg zu erreichen,
denn schon beim Aufstand in Kujawien wurden die Rebellen von den Pomoranen
unterstützt.
Der Tod des Fürsten (Juni 1102) machte den
inneren Kämpfen kein Ende, sondern ließ sie erst recht aufleben;
sie sollten bis 1113 andauern.