EUROPÄISCHE STAMMTAFELN NEUE FOLGE BAND XII TEafel 65
Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 1101
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Neuffen
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Familie, Herrschaft
Der Edelfreie Mangold von Sulmetingen (+ 1122), aus der Sippe des heiligen Ulrich von Augsburg ließ um 1100 die Burg Hohenneuffen errichten. Aus seiner Ehe mit Mathilde von Urach gingen hervor: Egino (seit ca. 1125 erwähnt, + nach 1145); Ulrich und Mathilde (traten beide in den Konvent von Zwiefalten ein). Als weiteres Kind wird Leutfried von Neuffen (+ vor 1150) erschlossen. Sein Sohn dürfte der 1160 urkundlich erwähnte Liutfrid von Weißenborn sein. Dessen Sohn Berthold von Weißenhorn-Neuffen (1160-1221; oo Erbtochter des Grafen von Achalm) sorgte durch seine enge Beziehung zu den STAUFERN für den weiteren Aufstieg der Familie, die anscheinend in der Mitte des 12. Jh. durch den Namen Weißenhorn das redende Wappen mit den 3 Hifthörnern annahm. Als Kinder Bertholds sind nachgewiesen: Mathilde, Äbtissin des Stifts Obermünster in Regensburg (+ 1225); Berthold, Protonator FRIEDRICHS II. 1212-1215 und Bischof von Brixen 1217-1224; Adelheid (1. oo Konrad von Heiligenberg, 2. oo Gottfried von Sigmaringen); Heinrich (um 1200-1246, oo Erbtochter von Winnenden und Rohrsdorf); Albert (1216-1245 erwähnt), der oft am Hofe FRIEDRICHS II. und HEINRICHS (VII.) weilte. Bei der Erbteilung zwischen Heinrich und Albert erhielt ersterer die Burgen Neuffen und Achalm mit dazugehörigen Herrschaften, letzterer den Besitz an der Iller. Alberts Nachkommen begründeten die Linie der Grafen von Marstetten und Graisbach, die im 14. Jh. erlosch. Als Söhne Heinrichs sind ein jüngerer Heinrich (ab 1228) und der Minnesänger Gottfried von Neuffen (+ nach 1255) erwähnt, mit denen diese Hauptlinie des Hauses erloschen zu sein scheint. Ihr Erbe fiel an die noch immer unter dem Namen Neuffen auftretenden Nachkommen Alberts. Berthold von Neuffen verkaufte 1284 an den Gemahl seiner Schwester Liutgard, Konrad von Weinsberg, die Hälfte von Burg und Herrschaft Neuffen, deren andere Hälfte dieser bereits durch seine Ehefrau besaß. Die Herrschaft Neuffen, die sich im 12. Jh. um die Burg entwickelt hatte und aus der Burg Hohenneuffen, der um 1232 zur Stadt erhobenen Siedlung Neuffen und 5 Dörfern bestand, wurde 1301 an Graf Eberhard I. von Württemberg verkauft.
Literatur:
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Chr. F. Stälin, Wirttemberg. Gesch., II, 1857, 573f. - H.-M. Maurer,
Die hochadligen Herren von N. und Sperberseck, Zs. für württ.
Landesgesch. 25, 1966, 59ff.
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Paul Friedrich Stälin: Seite 432-434
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"Grafen Württembers"
Nach der ältesten Burg Neuffen (ursprünglich Nifen,
Niffen), deren späterer Umbau heutzutage die großartigste der
Burgruinen bildet, die in weiter Ferne sichtbar den Kranz der Schwäbischen
Alb schmücken, nannten sich zuerst Glieder eines Geschlechtes, das
zu seinem Stammsitz Sulmetingen hatte und in nicht sicher zu ermittelnder
Weise die Herrschaft Neuffen bekam. Es ist das zunächst ein
Mangold, ohne Zweifel Abkömmling jenes Mangold, welcher, ein
Neffe des heiligen Ulrich von Augsburg, um die Mitte des 10. Jahrhunderts
zu Sulmetingen hauste. Er war mit Machtilde, Tochter des Grafen Egino von
URACH (? des Erbauers von Achalm) vermählt und fiel in der Schlacht
bei Pleichfeld vom Jahre 1086 auf Seite der Gegner Kaiser
HEINRICHS IV. Sein Sohn Egino
wird Graf genannt und kommt noch um das Jahr 1150 als Zeuge Herzog
Welfs VI. vor.
Nach einem Zwischenraume beginnt mit dem Ende des 12. Jahrhunderts
die bekannte Reihe der Herren von Neuffen, welche sich nicht mehr von Sulmetingen
heißen und deren Taufnamen auch mit denen des älteren Geschlechtes
nicht zusammenstimmen. Sie eröffnet
Berchtold (1198), welcher öfters im Gefolge
König PHILIPPS und der Kaiser
OTTOS IV. und FRIEDRICHS II.
auftritt. Durch seine Vermählung mit der Erbtochter Graf Adalberts
von (Gammertingen-)Achalm erwarb er seinem Hause, jedoch nur für kurze
Zeit, die Grafschaft im Pfullichgau, weshalb er auch in richterlicher Tätigkeit
auftritt und wie seine nächsten Nachkommen einigemale den gräflichen
Titel führt . Von König PHILIPP erhielt
er, doch nur für knappe Zeit, die Propstei Ursberg verpfändet.
Sein Zeitgenosse war Berchtold,
Protonotar Kaiser FRIEDRICHS II. (1212-1216)
und Bischof von Brixen (1217-1224). Eine nicht unbedeutende Rolle in der
deutschen Geschichte spielte des ersteren Berchtolds
Sohn Heinrich,
vorausgesetzt, dass stets ein und derselbe Träger dieses Namens im
Folgenden auftritt. Er erscheint zuerst am Hoflager König
PHILIPPS und Kaiser OTTOS IV.,
war jedoch im Jahre 1211 einer der Gesandten der deutschen Fürsten,
welche den jungen STAUFER FRIEDRICH
zum deutschen Throne beriefen. Später finden wir ihn wie seinen Bruder
Albert
sehr häufig bei letzterem, so auf dessen Kreuzzuge, noch mehr aber
bei König HEINRICH (VII.), in
dessen Empörung er verwickelt war. Zwar wurde er von
Kaiser FRIEDRICH II. wieder zu Gnaden angenommen, allein nach
dem Ausbruch des Kampfes zwischen letzterem und Papst Gregor IX. im Jahre
1239 scheint er, wie sicher anzunehmen, auf die Seite der päpstlichen
Partei getreten zu sein, ja er hat sich vielleicht im Jahre 1246, noch
dem Gegenkönige HEINRICH RASPE
angeschlossen (+ um 1246). Er vermählte sich ohne Zweifel mit einer
Winnenden-Rohrdorfer Erbtochter, durch welche insbesondere die Herrschaft
Winnenden in den Besitz des Geschlechtes kam. Sein älterer Sohn Heinrich
kommt bei HEINRICH (VII.) und KONRAD
IV. vor, der jüngere
Gottfried ist der berühmte Minnesänger, auch am Hoflager
FRIEDRICHS II. und HEINRICHS
(VII.) genannt. Wohl obigen Alberts
Sohn ist Berchtold,
welcher öfters im Gefolge Konradins
und mit Albert dem
Jüngeren von Neuffen, vielleicht seinem Sohne, zu Verona unter
den Begleitern dieses Herzogs erscheint. Berchtold erwarb gegen das Jahr
1240 durch die Heirat mit Juta, der Erbtochter des Grafen Gottfried von
Marstetten, die Grafschaft dieses Namens und wurde so Stifter der gräflichen
Familie von Neuffen-Marstetten.
Auf die Erwerbung der Grafschaft Marstetten durch das Haus
NEUFFEN wird ein Volkslied bezogen, das seinen Stoff einem Kreise
verwandter Sagen entlehnt hat: Der edle Moringer. Auf einer Fahrt nach
St. Thomasland (Indien) begriffen, empfiehlt der Moringer seine Gemahlin
einem jungen von Neuffen. Nach 7-jähriger Abwesenheit wird ihm im
Traume die Mitteilung, dass dieser seine Frau heiraten wolle, und am Hochzeitstag
wird er schlafend in seine Heimat entrückt. Durch den Ehering, welchen
er in ihren Trinkbecher wirft, gibt er sich seiner Gattin zu erkennen,
und mit ihr vereint gewährt er dem reuigen Neuffen zur Entschädigung
die Hand seiner Tochter und Erbin.
Die Hauptlinie des Geschlechtes erlosch im Mannesstamme schon gegen
Ende des 13. Jahrhunderts mit der auf den Minnesänger
Gottfried folgenden Generation und ihr Besitz kam im Wege der Vererbung
durch Töchter, der Verpfändung und des Verkaufes in verschiedene
Hände. In der Marstetter Linie gelangte Graf
Berchtold, Geheimer Rat und Liebling Kaiser
LUDWIGS IV. des Bayern, zu großer Bedeutung und erwarb
im Jahre 1326 auch die Grafschaft Graisbach (links der Donau unterhalb
Donauwörths). Als er jedoch im Jahre 1342 verstarb und nur einen in
den geistlichen Stand getretenen legitimen Sohn Berchtold
(+ wahrscheinlich 1349) hinterließ, kamen die Grafschaften
Marstetten und Graisbach durch seine Tochter Anna
an deren Gemahl Herzog Friedrich von Bayern.
Zu den bereits erwähnten Stammsitzen und erheirateten Graf- und
Herrschaften des Geschlechtes war im Verlaufe des 13. Jahrhunderts insbesondere
noch ansehnlicher Besitz im Zabergäu gekommen: Burg Blankenhorn, Stadt
Güglingen.
Das Wappen der Familie bildeten 3 übereinandergestellte Hifthörner
mit einem Bande (die Farben werden verschieden angegeben).