Tochter des Herzogs Gozelo II. von Lothringen (aus
Zeitgründen vermutlich doch Tochter Gozelos I.)
Nach Ursula Lewald Tochter des Herzogs Gozelo I. von
Lothringen und Schwester von Papst Stephan IX.
Lewald Ursula: Seite 160
*************
"Die Ezzonen. Das Schicksal eines rheinischen Fürstengeschlechtes"
Die Pfalzgräfin wurde am 17. Juli 1060 von
ihrem Mann getötet, aber noch 1059 saß Heinrich
einträchtig
mit den Erzbischöfen Anno von Köln und Eberhard von Trier sowie
seinem Schwager Herzog Gottfried dem Bärtigen und anderen Großen
Lothringens im Fürstenrat von Andernach zusammen, um über das
Schicksal des Reiches zu beratschlagen.
Bei dem Pfalzgrafen scheint aber offensichtlich die für
diesen Schritt erforderliche Bereitschaft seiner Frau Mathilde,
nun auch ihrerseits Keuschheit zu geloben und wie die Kaiserin
Agnes oder die Königin
Richeza feierlich den Schleier zu nehmen, gefehlt zu haben. Hätte
sie es getan, unsere Quelle, die sämtlich dem Pfalzgrafen voll Abscheu
gegenüberstehen, hätten es nicht verschwiegen. Die Tötung
einer gottgeweihten Frau würde ja den Pfalzgrafen noch viel schwerer
belastet haben, als es ohnehin der Fall war. Abt Heinrich der Gute hat
wahrscheinlich, als er den gleichnamigen Vetter in seinem Kloster zur Profeß
zuließ, fest mit der Zustimmung der Pfalzgräfin gerechnet. Das
lothringische Herzogshaus, dem sie als Tochter Gozelos I. entstammte,
stand ja der Kirchenreform besonders nahe; Mathilde
war die leibliche Schwester eines Papstes. Als dann die von ihr erwartete
Verpflichtung aus welchen Gründen auch immer ausblieb, konnte der
Abt nichts anderes tun, als Heinrich
wieder zu entlassen.
Dieser begab sich zu seiner Frau auf die Burg Cochem
und stellte sie vermutlich zur Rede. Er saß bei ihr im Schlafzimmer,
wo, wie es in der Vita Annonis heißt, ihre tödliche Süßigkeit
ihn betörte. Mag sein, dass er hinter ihrer Weigerung, der Welt zu
entsagen, einen Nebenbuhler vermutete. Jedenfalls packte ihn eine solche
ohnmächtige Wut, dass er seiner Frau, suae cupidinis sociam, nicht
nur grausam erstach, sondern ihr auch noch mit einem Beil das Haupt abschlug
und sich dieser Tat lachend rühmte. Noch bis zum Ende des 9. Jahrhunderts
war die Tötung der ehebrecherischen Frau durch ihren Mann nach weltlichem
Recht straffrei gewesen. Aber inzwischen hatte die Kirche längst Maßnahmen
dagegen ergriffen. Immerhin ist zu beachten, dass Pfalzgraf Heinrich
wegen
seiner Untat nicht vor ein weltliches Gericht gestellt wurde. Man übergab
ihn für den Rest seines Lebens dem Kloster Echternach in Gewahrsam.
Gerade hier konnte er wegen des Raubes von Kröv am wenigsten auf Sympathie
rechnen. Was er angerichtet hatte, war die Tat eines heftigen, leidenschaftlichen,
aber nicht notwendig wahnsinnigen Mannes. Freilich ist nicht auszuschließen,
dass Heinrich, als er sah, wozu er sich im Zorn hatte hinreißen
lassen, tatsächlich in geistige Umnachtung verfallen ist.
Warum die Pfalzgräfin durch ihre Weigerung verhinderte,
dass ihr Mann sein Leben in Gorze ruhig beschließen konnte, darüber
kann man nur Vermutungen anstellen. Trotz der ihr in der Anno-Vita bescheinigten
mortifera dulcedo war sie keineswegs mehr so blutjung, als dass ein Keuschheitsgelübde
für sie unzumutbar gewesen wäre. Sie muß zur Zeit ihres
Tode mindestens 35 Jahre, wenn nicht älter gewesen sein, denn Pfalzgraf
Heinrich war nicht ihr erster Mann. Eine ohne Eschatokoll und damit
ohne Datierung in einem jungen Copiar des Stiftes Kerpen überlieferte
Urkunde berichtet nämlich von der Schenkung eines Pfalzgrafen
Hermann an dieses Stift, das von seiner Mutter Mathilde
(Magdilidis) und ihrem compar
Sigebodo zu Ehren des heiligen Martin gegründet worden sei. Die
Stiftung erfolgt zu seinem Seelenheil und dem seiner Eltern. Dieser Pfalzgraf
Hermann ist mit aller Wahrscheinlichkeit der Sohn der Mathilde
aus
ihrer 2. Ehe mit Pfalzgraf Heinrich. Objekt der Schenkung war unter
anderem die Kirche von Eccheze, was wohl mit der villa Aecheze zu identifizieren
ist, die schon der Großvater Hermanns,
Hezelin,
besessen hatte. Der Aussteller nennt in der zitierten Urkunde Sigibodo
nicht seinen Vater, sondern den Mann, das heißt den ersten Mann seiner
Mutter. Der Zeitpunkt der Stiftsgründung läßt sich annähernd
errechnen. Hermann wird als Pfalzgraf zum ersten Mal 1064 genannt. Damals
muß er mindestens 15 Jahre alt gewesen sein, denn das war in Ripuarien
das früheste Mündigkeitsalter für einen vaterlosen Freien.
Demnach müßte er spätestens 1049 geboren sein, was bedeutet,
dass seine Mutter bereits im Jahre 1048 die Ehe mit ihrem späteren
Mörder eingegangen wäre. Die Stiftsgründung und der vorzeitige
Tod Sigebodos, der ihr ja erst die Möglichkeit bot, noch einmal
zu heiraten, müssen demnach vorher liegen, also etwa in der Mitte
der 40-er Jahre. Mathildewar eine Tochter
Herzog Gozelos I. von Lothringen, nicht des zweiten dieses Namens,
wie in der Literatur gelegentlich behauptet wird, denn dann wäre rein
zeitlich eine erste Ehe der späteren Pfalzgräfin unmöglich
gewesen. In den Zeitpunkt der Stiftsgründung von Kerpen fällt
der schwere Konflikt ihres Bruders Gottfried des Bärtigen mit HEINRICH
III. Möglicherweise besteht zwischen beiden Ereignissen
ein ursächlicher Zusammenhang.
Bei der Gründung des Stiftes Kerpen handelt es sich
also nicht um die Stiftung eines Adelsklosters, sondern um eine Anlage
von Reichsgut. Formell hätte Sigebodo anstelle des Königs
handeln sollen. Der Name Sigebodo weist in die Familie der Grafen
von Are, wo er in mehreren Generationen vorkommt. Der in der zitierten
Urkunde als erster Mann der späteren Pfalzgräfin
Mathilde genannte Sigebodo könnte der Bruder des
Grafen Richwin gewesen sein, des Vaters Bischof Udos von Toul. Die Grafschaft
im Zülpichgau zu dem unweit westlich von Kerpen liegende Langenich
gehörte, hatten die Grafen von Are inne. Es wäre denkbar, - ausdrücklich
bezeugt ist es nicht - dass Sigebodo hier Graf gewesen ist und als
solcher ihm auch die Aufsicht über das dort gelegene Königsgut
oblag. Sollten nicht Sigebodo und Mathildebeabsichtigt
haben durch Stiftsgründung und Burgenbau das Reichsgut Kerpen zu entfremden
und es in den Jahren der Auseinandersetzung zwischen HEINRICH
III. und Gottfried dem Bärtigen zu einem antikaiserlichen
Stützpunkt für Bruder und Schwager zu machen? Der Erfolg dieses
Unternehmens, wenn es wirklich so geplant gewesen ist, blieb aus. Sigebodo
starb frühzeitig, anscheinend ohne Kinder zu hinterlassen.
Die offensichtlich erbärmliche Lage ihrer eigenen
Gründung mag die Pfalzgräfin Mathilde
bekümmert haben. Möglicherweise war sie gar nicht grundsätzlich
gegen die Weltflucht ihres zweiten Mannes Heinrich, aber sie verweigerte
dazu die Genehmigung, gönnte sie doch dem weit entfernten und dem
Metzer Bischof gehörigen Kloster Gorze nicht die reichen Schenkungen,
die ihr Mann, wäre er dort geblieben, dieser Abtei hätte machen
müssen. Ihr mag daran gelegen haben, diese Güter der eigenen
Stiftung zuzuwenden. Für Heinrich
wiederum war dieses Stift
Kerpen mit seinen herumvagabundierenden Kanonikern kein Ort, wo er Erfüllung
seiner asketischen Neigungen hätte finden können. Das wäre
immerhin eine zusätzliche Erklärung für den Konflikt zwischen
dem pfalzgräflichen Ehepaar, der so blutig endete.
1. oo Sigebodo Graf von Are
-
1048
2. oo Heinrich I. der Rasende Pfalzgraf bei Rhein
- 1061?
Kinder:
Hermann II.
um 1049- 1085
Literatur:
-----------
Lewald Ursula: Die Ezzonen. Das Schicksal eines
rheinischen Fürstengeschlechtes. In: Rheinische Vierteljahresblätter
43,1979, Seite 160 -