Begraben: Abtei Clairvaux (gemeinsam mit seiner 2. Gemahlin
in der durch ihn gestifteten Kapelle)
2. Sohn des Grafen
Dietrich von Elsaß-Flandern aus seiner 2. Ehe mit der Sibylle
von Anjou,
Tochter von Graf Fulko V.
Lexikon des Mittelalters: Band VI Seite 2071
*******************
Philipp von Elsaß, Graf von Flandern, Vermandois,
Valois und Amiens
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* 1142, + 1. Juni 1191
vor
Akkon
Begraben: Abtei Clairvaux (gemeinsam mit seiner 2. Gemahlin in der durch ihn gestifteten Kapelle)
Sohn Dietrichs von Elsaß, Grafen von Flandenr, und seiner 2. Gemahlin Sibylle von Anjou, der Tochter Fulcos V., König von Jerusalem
1156
1. oo Elisabeth, Erb-Tochter Raouls, Grafen von
Vermandois
-26. März 1182
1184
2. oo Mathilde (Terese), Tochter von Alfons I.
König von Portugal
-6. März 1218
Philipp vertrat seinen
Vater erstmals vollwertig während dessen Palästinaaufenthalt
vom Mai 1157 bis August 1159. Ab 1159 teilte er die Macht mit seinem Vater,
wobei Philipp, gestützt auf seinen
großen Ratgeber Robert von Aire, sich vor allem der inneren Politik
und einer bedeutenden städtischen Gesetzgebung (Keuren) annahm. 1163
traf er mit seinem an Aussatz leidenden Schwager Raoul dem Jüngeren
von Vermandois ein Abkommen, das ihm die Regierung der Grafschaft Vermandois
schon vor dem Tode Raouls übertrug. Als der Vater im Januar 1164 zu
seiner letzten Palästinareise aufbrach, erhielt Philipp
die selbständige Regierung Flanderns. Er baute in umsichtiger Weise
die Verwaltungsinstitutionen auf (Kanzlei, Baillis), um durch sie seine
Reformen in Regierung, Finanzwesen (Verwaltung der neuen extradomanialen
Einkünfte) und Gerichtswesen zu verwirklichen. Der wirtschaftliche
Aufstieg Flanderns ließ Philipp
zu einem äußerst finanzkräftigen Fürsten werden. Infolge
der zentralen geographischen und politischen Position der Grafschaft war
Philipp
prädestiniert,
eine aktive Rolle auf der Bühne der internationalen Politik zu spielen.
Er nahm Anteil am Machtkampf zwischen dem England der
PLANTAGENET
und dem Frankreich der
KAPETINGER,
schaltete sich in den Konflikt zwischen Heinrich
II. und Thomas Becket ein und unterstützte in seiner Eigenschaft
als Reichsfürst die Italienzüge FRIEDRICH
BARBAROSSAS. Angesehen als Kämpfer in Krieg und Turnier,
war er auch ein gebildeter Fürst, der Dichter wie Chretien de Troyes
förderte.
Als nach seiner Reise ins Heilige Land (1177-1179) klar
wurde, dass die eigene Ehe kinderlos bleiben würde, widmete sich Philipp
einer großangelegten Tätigkeit als Pate und Ehestifter der großen
Fürstenhäuser. Er bahnte die Heirat seines Lehnsherrn Philipp
II. Augustus mit Elisabeth von Hennegau
an, der er die Grafschaft Artois als Dos übertrug. Über die Töchter
seines verstorbenen Bruders Matthias,
Grafen von Boulougne, übte er die Vormundschaft aus. Nach
dem Tode seiner 1. Gemahlin weigerte sich Philipp,
ihr Erbe an seine Schwägerin Eleonore von Vermandois herauszugeben,
woraus sich ein langer Konflikt mit Philipp Augustus
entspann,
der mit dem Frieden von Boves (Juli 1185), durch den Philippfaktisch
die Macht über Vermandois, Valois und Amiens verlor, endete. Doch
behielt er bis zu seinem Tode den Titel des Grafen von Vermandois bei.
Auch seine zweite Ehe blieb kinderlos; damit fiel sein Erbe definitiv an
seine Schwester Margarete
von Hennegau (oo Balduin V./VIII.) und deren Nachkommen. Philipp
vermittelte
noch mehrfach zwischen Philipp Augustus
und den Königen von England sowie im Konflikt zwischen seinem Schwager
Balduin V. von Hennegau einerseits, dem Herzog von Brabant und dem Grafen
von Namur andererseits. Er nahm am dritten Kreuzzug teil, verließ
Flandern im September 1190, schloss sich mit seinen Truppen im Februar
1191 zu Messina dem von Philipp Augustus und
Richard
Löwenherz
befehligten Kreuzfahrerheer an, erreichte im
April das Heerlager vor Akkon, in dem er während der Belagerung an
einer Epedemie starb.
4. Krise und Herrschaftsantritt der ELSÄSSER Dynastie
(1127/28-1191)
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Anläßlich der letzten Palästinareise
(1164-1166, zum Besuch seiner Gemahlin) trat der Graf seinem Sohn Philipp
endgültig
die Regierung ab. Philipp
von Elsaß (1168-1191), der schon 1163 durch den frühen
Tod seines Schwagers Radulf V., Graf von Vermandois geworden war, verdankte
der umsichtigen Politik seines Vaters die Herrschaft über ein ausgedehntes
Gebiet. Dieses umfaßte nicht nur die eigentliche Grafschaft Flandern
mit Reichsflandern und der späteren Grafschaft Artois, sondern
im Südosten auch die Picardie, mit den Grafschaften Amiens, Vermandois
und Valois und die Burg Cambrai. Philipp
rangierte somit nahezu gleichberechtigt neben den mächtigsten Herrschern
seiner Zeit Ludwig VII. von Frankreich,
Heinrich
II. von England und Kaiser FRIEDRICH
I. BARBAROSSA. Mit ihnen wie mit Papst Alexander III. unterhielt
er, auch dank der Diplomatie seines Beraters und späteren Kanzlers
Robert von Aire (1168-1174), gute Beziehungen und trat in ihren Konflikten
mehrfach als Schiedsrichter auf. Die Achillesferse der Regierung des Grafen
war jedoch die Kinderlosigkeit seiner Ehe mit Elisabeth
von Vermandois. Nach dem frühen Tod seiner jüngeren Brüder
Matthäus (+ 1173) und Peter
(+ 1176) blieb als Erbin nur seine Schwester Margarete übrig,
vermählt seit 1169 mit dem Grafen von Hennegau, Balduin V., so dass
aller Voraussicht nach ein Kind aus dieser Ehe die Erbfolge der Grafschaft
Flandern antreten musste und darüber hinaus beim Tod derGräfin
Elisabeth auch der Verlust des Vermandois drohte. Nach
der 1174 erfolgten Ermordung seines Freundes und Kanzlers Robert von Aire
und dem Tod seines jüngsten Bruders Peter
(+ 1176) änderte
Philipp grundsätzlich
seine Politik. Während er, bedingt durch die bitteren Erfahrungen
seines Vaters, auf Ambitionen im Königreich Jerusalem verzichtete,
setzte er alles daran, in eine dynastische Beziehung zu dem jungen französischen
König Philipp II. August, dessen Mentor er 1179 wurde,
zu kommen. Er vermählte 1180 seine Nichte
Elisabeth (Isabella), Tochter Balduins V. von Hennegau mit Philipp
II. und versprach ihr im Falle des kinderlosen Todes den südlich
gelegenen Teil Flanderns sowie Artois, das heißt ein Drittel seiner
Länder. Die Weigerung Philipps von Elsaß,
nach dem Tod seiner Frau Elisabeth (26. März
1182) die Grafschaft Vermandois an deren Schwester Eleonore
abzutreten, war jedoch für den französischen König der Anlaß,
einen jahrelangen Kampf gegen den Grafen von Flandern zu eröffnen,
den dieser durch den erniedrigenden Frieden von Boves (Juli 1185) mit der
Abtretung des Vermandois verlor. Im September 1190 brach Philippzum
dritten Kreuzzug auf (dort + Juni 1191 vor Akkon). Seine Witwe Mathilde,
Schwester König Sanchos I. von Portugal
(oo 1184) führte die Regentschaft bis zur Machtübernahme Balduins
V. von Hennegau weiter.
Die Regierung Dietrichs undPhilipps
von Elsaßsind von außerordentlicher Bedeutung für
die Verfassungsgeschichte Flanderns. Obwohl Dietrich seinen Thron
den flämischen Städten verdankte, verhielt er sich vor allem
den großen Städten gegenüber bei der Verleihung von Privilegien
und in der Herrschaftspraxis eher zurückhaltend. Sein Sohn Philipptrat
sogar noch strenger gegen sie auf: Die Statuten, die er den Städten
Arras, Gent, Brügge, Douai, Lille und Ypern auferlegte, haben die
weitere Entwicklung ihrer Autonomie stark gehemmt. Andererseits förderte
Philipp den wirtschaftlichen Aufstieg dieser Städte, unter anderem
indem er bei den benachbarten Fürsten Zoll- und Jahrmarktprivilegien
für sie erwirkte, während er insbesondere die neugegründeten,
meist kleineren Hafenstädte wie Gravelines, Dünkirchen, Nieuwpoort,
Damme und Biervliet sehr begünstigte, unter anderem durch Zollprivilegien.
Demgegenüber drängten die beiden Grafen die Macht des Adels weiter
zurück. Den Burggrafen wurde ein großer Teil ihrer Befugnisse
entzogen durch Einsetzung von baljuws (Bailli), die nicht gräfliche
Lehensträger, sondern besoldete Beamte eines neuen Typs darstellten
und mit der Einführung eines modernisierten Straf- und Strafprozessrechts
beauftragt wurden. Viele große Lehen (Aalst, Desdin, Lillers, Lens)
kehrten in die Hand des Grafen zurück, was die Zentralgewalt stärkte,
die überdies durch die Modernisierung der gräflichen Finanzverwaltung
an Effizienz gewann.
XIII. 339 b. PHILIPP, Graf von Vermandois vor
1165, von Flandern 1168
----------------------------
* ca. 1136, + 1191 1. VII.
Gemahlinnen: a) 1159 Isabella (Mabilie), Tochter Rudolfs
I. Grafen von Vermandois (siehe XIII 9)
+ 1182 26. III.
b) 1183 VIII. Mathilde, Tochter König Alfons I. von
Portugal (siehe XIV 395)
+ 1218 6. V.
Philipp von Lothringen
nahm Graf Florenz III. von Holland gefangen, zwang ihn damit zur Huldigung
für Seeland, was Anlaß für jahrhundertelange Auseinandersetzungen
beider Länder wurde. Er förderte ab 1173 die Rebellionen der
englischen Prinzen und war 1180-1182 Regent von Frankreich, was
den Höhepunkt von Flandern bedeutete. Er stand gegen das Haus BLOIS-CHAMPAGNE
und wurde von diesem in der Folgezeit verdrängt. Er gewann Valois
hinzu und war ein bedeutender Förderer der Städte, der Künste
und des Rittertums. Handel und Wirtschaft florierten, Gent und Brügge
waren dominant. Er stritt sich jahrelang mit seinem Schwager Balduin V.
von Hennegau und mußte ihn letztlich als Erben anerkennen. Er sicherte
und mehrte das Land durch Deichbauten, stand ab 1182 im Krieg gegen Frankreich,
den Hauptlehnsherrn, und verlor Valois, Vermandois und Artois nach und
nach an sein ehemaliges Mündel König
Philipp II. August. Er suchte daher verstärkt die Hilfe
seines königlichen Neffen Richard I. Löwenherz
und
hielt sich mehrmals in Jerusalem auf. Er versuchte dort seine Thronansprüche
durchzusetzen, wurde von Kronrat abgewiesen und lehnte 1177 die Stelle
eines Reichsverwesers, der an der Spitze der fränkischen Truppen mit
den Griechen gegen Ägypten ziehen sollte, ab. Er belagerte 1177/78
im Bunde mit Bohemund III. von Antiochia die feste Burg Harim, hob
die Belagerung nach einer Geldzahlung auf und kehrte nach Europa zurück.
Er nahm auch am 3. Kreuzzug teil und fiel vor Akkon. Seine Regierung markierte
Höhe- und Wendepunkt von Macht und Ansehen Flanderns.
1177 hatte der kinderlose Graf von Flandern die Erbfolge Balduins V. von Hennegau auch in seiner Grafschaft anerkannt. Hier kann nicht näher ausgeführt werden, dass auf dem Mainzer Hoffest die Planung einer Heerfahrt gegen den französischen König begann, die Graf Philipp von Flandernin Mainz anregte und die der Kaisersohn HEINRICH VI. im Herbst 1185 durchführen wollte. Das Unternehmen HEINRICHS VI. und des Grafen von Flandern sollte offenkundig durch ein Bündnis des staufischen Kaiserhauses mit dem Königshaus der PLANTAGENET abgesichert werden. Im September 1185 verweigerte Balduin V. von Hennegau, Schwiegervater des französischen Königs, in Lüttich auf eine Anfrage hin dem Heer des Kaisersohnes den Durchmarsch durch seine Grafschaft, woraufhin der Kaiser im buchstäblich letzten Augenblick von Italien aus den Abbruch des Unternehmens befahl.
Ehlers Joachim: Seite 128,135,140
*************
"Die Kapetinger"
Beim Tode seines Vaters war Philippfünfzehn
Jahre alt und seit dem 28. April 1180 mit Elisabeth
verheiratet, der zehnjährigen Nichte des Grafen Philipp von Flandern,
Tochter seiner Schwester Margarete aus ihrer Ehe mit dem Grafen Balduin
V. von Hennegau. Als Heiratsgut sollte Elisabeth
die
später „Artois“ genannte Landschaft bekommen.
Seit 1175 hatte Ludwig VII.
den
Grafen immer stärker in seine Umgebung gezogen, als Gegengewicht zur
Dominanz des Hauses CHAMPAGNE am Hof. Die Familie Philipps von Flandern
führte sich in weiblicher Linie auf KARL
DEN GROSSEN zurück, er selbst hatte die Grafschaft Flandern
durch enge Beziehungen zum Herzogtum Brabant, den Grafschaften Geldern,
Hennegau und Namur zur wichtigsten Herrschaft zwischen dem König von
Frankreich und dem Kaiser gemacht; sein fürstlicher Rang war in der
Zeit des alexandrinischen Schismas noch deutlicher erkennbar geworden.
Nun waltete er als vornehmster Berater des jungen französischen Königs,
so dass sich mit Ludwigs VII. Witwe
Adela
das ganze Haus CHAMPAGNE brüskiert und verdrängt fühlen
musste.
Der wohlhabende flandrische Wirtschaftsraum bildete eine
gut verwaltete politische Einheit in der Hand des Grafen, der die mittleren
und südlichen Landesteile vom französischen König,
die östlichen vom Kaiser zu Lehen trug und deshalb auf Ausgleich zwischen
beiden Mächten bedacht sein musste. Als Exportgewerbelandschaft mit
den großen Städten Gent, Brügge, Doaui, Lille, Ypern, St-Omer
und Arras brachte die Großgrafschaft erhebliche Einkünfte, die
aber zum Teil von den Wollimporten aus England abhängig erwirtschaftet
werden mussten. Als Brücke zwischen England und dem Kontinent beherrschte
der Graf von Flandern die kürzeste Verbindung über den Kanal
auf die Insel und war deshalb gesuchter Partner der englischen Könige;
ebenso leicht konnte er freilich deren Opfer werden, wenn er sich ungenügend
sicherte. Seit 1164 gehörte die Grafschaft Vermandois zum Herrschaftsgebiet
des Grafen von Flandern, der damit als mächtigster Fürst im Nordwesten
unmittelbarer Anrainer der Krondomäne geworden war. Falls sich die
Grafen von Flandern und von der Champagne gegen den König zusammentaten,
konnte dessen Stellung unhaltbar werden. Ein solches Bündnis bahnte
sich im Mai 1181 an, als der Graf von Flandern die doppelte Eheverbindung
zwischen den Häusern FLANDERN-HENNEGAU und CHAMPAGNE aushandelte,
wonach der junge Graf Heinrich von Troyes Jolanthe
von Hennegau heiraten sollte, Nichte des Grafen von Flandern
und Schwester der französischen Königin
Elisabeth; im Gegenzug wurde ihr Bruder Balduin
mit Maria von Troyes verlobt, der Schwester
des Grafen Heinrich. Das konnte nur
gegen den König gerichtet sein, der in den folgenden Kämpfen
die Unterstützung der Söhne Heinrichs
II. von England erhielt und auf Vermittlung eines päpstlichen
Legaten im April des folgenden Jahres ein Friedensabkommen mit Philipp
von Flandern schloss. Das Misstrauen aber war gewachsen, so dass der
französische König nur mit Mühe davon abgebracht werden
konnte, seine Ehe mit Elisabeth von Hennegau
aufzulösen. Wieder gab es wechselseitige militärische Vorstöße,
die in einem etwas großspurig angekündigten Feldzugs des Grafen
von Flandern auf Paris gipfelten, der allerdings schon in der Gegend von
Corbie aufgehalten und Ende Juli im Freden von Boves (bei Amiens) beendet
werden konnte.
Außerdem war Philipp II.
krank geworden, ebenso wie zuvor schon Graf Philipp von Flandern,
der am 1. Juni 1191 vor Akkon gestorben war.
Ehlers Joachim: Seite 123
*************
"Geschichte Frankreichs im Mittelalter"
Philipp von Flandern befand sich in doppelter Lehnsbindung:
Zum König von Frankreich, dem er für Kronflandern gehuldigt und
zum Kaiser, der ihm den Lehnseid für Reichsflandern abgenommen hatte.
Faktisch war der Graf jedoch selbständig und gebot über ein Fürstentum,
das er durch seine Ehe mit Isabella von Vermandois
noch um die Grafschaften Vermandois und Valois vergrößern
konnte, so dass sich seine Herrschaft von der Picardie in die nördliche
Ile-de-France erstreckte, bis knapp vor Senlis, und von der Scheldemündung
bis zur Marne. Philipps Schwester Margarethe war mit Graf Balduin
V. von Hennegau verheiratet, der sein militärisches Aufgebot im Kriegsfall
dem Grafen von Flandern zuführen wollte. Bei der Krönung des
jungen Königs hatte Philipp von Flandern das Reichsschwert
getragen und meinte nun als alter Freund Ludwigs
VII. Anspruch auf die Rechte eines Schutzherrn über den
Sohn zu haben.
1159
1. oo Elisabeth von Vermandois, Tochter des Grafen
Rudolf I. von Valois
x um 1143-28.3.1182
Arras
1184
2. oo Mathilde (Therese) von Portugal, Tochter
des Grafen Alfons I.
-6.3.1218 ertrunken
Kinder:
Illegitim
Dietrich
- nach 1207
Kommandant der flandrischen Flotte auf dem 4. Kreuzzug
Literatur:
-----------
Appleby John T.: Heinrich II. König von England.
Die Zeit des Thomas Becket. Dr. Riederer-Verlag Stutgart 1962 Seite 141,145,146,
207,209,210,217,225-227,231,233,234,251,252,256-258,275-288,300,301,314,321,322,326,336,343
- Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag
Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 22 Seite 45 -
Csendes,
Peter: Heinrich VI., Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Wiesbaden 1993,
Seite 43,45 - Die Staufer im Süden. Sizilien und das Reich,
hg. von Theo Kölzer, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1996, Seite
66,66 A.45 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH
Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 128,135,140 -
Ehlers Joachim:
Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 123,127
- Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller
Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis
Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 156 - Engels,
Odilo: Stauferstudien. Beiträge zur Geschichte der Staufer im 12.
Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1996, Seite 127,191,193 A,194
A,196 - Erbe Michael: Belgien, Niederlande, Luxemburg. Geschichte
des niederländischen Raumes. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln
1993 Seite 38 - Favier, Jean: Frankreich im Zeitalter der Landesherrschaft
1000-1515. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1989 Seite 153,158 - Jordan,
Karl: Heinrich der Löwe, Deutscher Taschenbuch Verlag München,
Seite 172,204,216 - Lehmann Johannes: Die Kreuzfahrer. Abenteurer
Gottes. Gondrom Verlag Bindlach 1991 Seite 261 - Leo Heinrich Dr.:
Zwölf Bücher niederländischer Geschichten, Eduard Anton
Verlag Halle 1832 Seite 52-60 - Mayer, Hans Eberhard: Geschichte
der Kreuzzüge, Verlag W. Kohlhammer GmbH 1995 Seite 119 - Toeche,
Theodor: Kaiser Heinrich VI. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt
1965, Seite 29,39,49,70,93,100,159,160,164,220,221,240, 249,308,359 - Wies,
Ernst W.: Kaiser Friedrich Barbarossa. Mythos und Wirklichkeit, Bechtle
Esslingen 1999, Seite 251,253 - Winkelmann, Eduard: Jahrbücher
der Deutschen Geschichte, Philipp von Schwaben und Otto IV. von Braunschweig
1. Buch Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1873, Seite 48,73,85,159,161,313,319,320,321,372,405,437,531
- Winkelmann, Eduard: Jahrbücher der Deutschen Geschichte,
Philipp von Schwaben und Otto IV. von Braunschweig 2. Buch Verlag von Duncker
& Humblot Leipzig 1873, Seite 351,354 -
67 Abb. 15
PHILIPP VON ELSASS, Graf von Flandern (1168-1191)
Wachssiegel an Urkunde (anhängend)
Flandern, 1168
Dm 8,8, cm; rund. Dunkelgrünes Wachs an gewebten naturfarbenen Hanfbändern. Wachsrand stellenweise ausgebrochen. An der Urkunde auch Siegel Nr. 68
Umschrift: + SIGILLVM + PHILIPP + COMITIS : FLANDRIE - auf dem Rücksiegel: + ET + VIROMANDIE
In Flandern hatte sich die Ausbildung einer Territorialherrschaft und die Festigung einer landesfürstlichen Dynastie am frühesten vollzogen, da die Grafen seit salischer Zeit eine bedeutende Machtposition zwischen England, Frankreich und dem Reich hatten aufbauen können Die rechtlicheOrganisierung des hochentwickelten flandrischen Städtewesens erfolgte vor allem unter den elsässischen Grafen Dietrich und Philipp. Seit 1157 Mitregent seines Vaters Dietrich, war Philipp von Beginn seiner Alleinregierung 1169 an einer der mächtigsten Monarchen Europas. In bestem Einvernehmen mit FRIEDRICH BARBAROSSA, an dessen Hoffest 1184 in Mainz er mit großem Gefolge teilnahm, Vormund des französischen Thronfolgers Philipp August und als solcher ab 1180 Regent in Frankreich, war er später in langwierige kriegerische Auseinandersetzungen mit seinem früheren Mündel vetrstrickt, in deren Folge er die von seiner Frau Elisabeth (vgl. Nr. 68) geerbte Grafschaft Vernmandois verlor. 1191 starb er auf dem dritten Kreuzzug vor Akkon in Syrien an der Pest.
Mohr Walter: Band II. Seite 98-112
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"Geschichte des Herzogtums Lothringen"
Inzwischen zeichneten sich seit etwa 1180 in Westeuropa
neue politische Linien ab, in die auch Nieder-Lothringen einbezogen werden
sollte. Nach anfänglichem großangelegtem flämisch-französischen
Zusammenwirken entwickelte sich jetzt ein Gegensatz zwischen dem neuen
französischen
König Philipp August und dem Grafen
Philipp von Flandern. Der Graf begann eine großangelegte
Opposition gegen den König aufzubauen, in die er auch Herzog Gottfrieds
Sohn Heinrich einbezog. Der junge Heinrich hat an dem folgenden Kriege
teilgenommen, der sich an innerfranzösischen Problemen entzündete.
Die Kämpfe waren nur von verhältnismäßig kurzer Dauer,
Friede wurde aber erst im April 1182 zu La Grange Saint-Arnoul in der Hauptsache
unter englischer Vermittlung geschlossen. Graf
Philipp hat indes seine Haltung gegenüber dem französischen
König nicht aufgegeben. Er spekulierte mit einer Unterstützung
des Kaisers. So nahm er um Reichstag im Mai 1182 teil, zu dem auch Herzog
Gottfried erschien. Allerdings lässt sich nicht ersehen, ob auf diesem
Tage etwa nähere Verbindungen zwischen Flandern und Nieder-Lothringen
bestanden. Im übrigen kam es nur zu allgemein gehaltenen Absprachen
zwischen dem Grafen und dem Kaiser.
Als er aber auch in dem in der Nähe gelegenen Lembeek
eine Burg errichten wollte, wehrten sich Herzog Gottfried und sein Sohn
dagegen. Lehensherr von Lembeek war an sich der Graf vom Hennegau, andererseits
hatte aber auch das Kloster Nivelles dort einige Besitzungen, und diese
Belange standen unter dem Schutz des Herzogs und seines Sohnes als Vögten
des Klosters. Sie sammelten sofort einige Streitkräfte. Auf der andern
Seite fand Graf Balduin die Unterstützung des Grafen
Philipp von Flandern. Dieser kalkulierte allerdings zu
diesem Zeitpunkt bereits mit einem Zusammengehen mit Nieder-Lothringen.
Als daher die beiden Heere sich Ende November 1182 gegenüberstanden,
fanden Gottfried und sein Sohn einige Unterstützung auch beim Grafen
von Flandern, der den Hennegauer dazu bestimmte, einen Waffenstillstand
bis zum 13. Januar 1183 einzugehen. In der Zwischenzeit erfolgten neue
Zurüstungen des Grafen vom Hennegau. Bei Lembeek stieß auch
der Graf von Flandern wieder zu ihm. Auf der andern Seite griff der Erzbischof
von Köln zugunsten Herzog Gottfrieds ein. Er rückte bis Nivelles
vor und bewog die Streitenden zum Abschluss eines neuen Waffenstillstandes.
Gleichzeitig schlichtete er einen Streit, der um die Erbschaftsaufteilung
der Grafschaft Duras aufgetaucht war. Graf Aegidius von Duras, Clermont
und Rochefort, der am Aussatz erkrankt war, hatte im Jahre 1175 abgedankt,
seine Besitzungen unter seine Brüder Kuno und Peter aufgeteilt und
sich selbst nur den Besitz von Jodoigne reserviert. Diese Regelung war
vom Grafen Philipp von Flandern, der
übrigens mit dem Hause DURAS verwandt war, und von Herzog Gottfried
hingenommnen worden. Aber nach einigen Jahren, wahrscheinlich 1182, änderte
sich ihre Haltung. Mit Einverständnis des Grafen von Flandern bemächtigte
sich der junge Heinrich von Brabant der Stadt Jodoigne. Hier hat also nun
der Erzbischof von Köln ebenfalls eingegriffen: dem Grafen von Duras
wurde sein Eigentum zurückgegeben.
Man hat den Grafen vom Hennegau zum Abschluß dieses
Waffenstillstandes offensichtlich - wie es auch Gislebert von Mons sagt
- durch den Hinweis auf die Verpflichtung Herzog Gottfrieds zur Wallfahrt
nach Jerusalem gebracht. Gegen seine weitere Widerspenstigkeit, durch die
Gottfrieds Auszug gefährdet wurde, trat dann der Graf von Flandern
energisch auf, indem er ihm bedeutete, er werde sich auf die Seite des
Herzogs stellen, falls er weiterhin die Befestigung von Lembeck betreiben
werde. Balduin sah sich darauf zum Nachgeben genötigt und verlängerte
den Waffenstillstand bis zur Rückkehr Gottfrieds. Dieser ist dann
tatsächlich zur Wallfahrt aufgebrochen. Die Regierung des Herzogtums
übernahm in dieser Zeit sein Sohn Heinrich. Wahrscheinlich wurde er
damals der Regierung seines Vaters assoziiert. Er ist übrigens sehr
aktiv aufgetreten, er zerstörte die Burgen von Jauche und Duras
und eine dritte, nicht näher zu identifizierende, und wandte sich
auch gegen St. Truiden.
Die allgemeine Spannung stieg an, als Herzog Gottfried
aus Palästina zurückkehrte. Er war am 20. Mai 1184 am Reichstag
in Mainz zugegen, wo sich eine Neugruppierung der politischen Kräfte
vollzog. Der Kaiser traf Maßnahmen zur Stärkung seiner Autorität
am Niederrhein, und dadurch geriet Erzbischof Philipp von Köln in
Gegensatz zu ihm. Herzog Gottfried stellte sich auf dessen Seite. Auf dem
gleichen Reichstage weilte auch der Graf vom Hennegau, der dort wegen seiner
künftigen Nachfolge in der Grafschaft Namur mit dem Kaiser verhandelte.
Er wurde hier in großen Ehren gehalten, und sein Gegner in der Erbschaftsfrage,
der Herzog von Zähringen, konnte ihn nicht aus der kaiserlichen Gunst
verdrängen. FRIEDRICH I. stellte
ein Diplom aus, das bereits jetzt das Recht Balduins in der Nachfolge der
Allodien und Reichslehen von Namur sicherte. Sobald die Ubertragung der
Allodien geschehen sei, werde er sie bestätigen, dazu die Reichslehen
fügen und aus dem Ganzen eine Markgrafschaft bilden, wodurch Balduin
in den Reichsfürstenstand erhoben würde. Die jetzt noch nebeneinander
bestehenden, nur durch Personalunion geeinten Grafschaften Namur, Laroche,
Durbuy und Luxemburg sollten dadurch zu einem einzigen Fürstentum
vereinigt werden. Der Vorgang ist die erstmalige bewusste Ausnutzung eines
verfassungsmäßig gewachsenen Faktors für die kaiserliche
Politik: das Faktum des Reichsfürstenstandes wurde jetzt vom Kaiser
zur Vergrößerung seines eigenen Einflusses benutzt, indem er
von sich aus einen Reichsfürsten schuf, der natürlich dadurch
in enger Abhängigkeit von ihm stand. Dem Grafen vom Hennegau war auf
diese Weise für den Tod des Grafen von Namur eine Förderung in
Aussicht gestellt, die ihn gleichberechtigt in eine Reihe mit den niederländischen
Fürsten, besonders dem Herzog von Nieder-Lothringen und dem Grafen
von Flandenr stellen würde. Die Zielpunkte des kaiserlichen Strebens,
hier Gleichgewicht zugunsten seiner eigenen Macht zu schaffen, sind deutlich
zu erkennen. Vielleicht dachte FRIEDRICH
noch in besonderem Sinne an die ihn stark beunruhigende Macht des Erzbischofs
von Köln.
Da mit der Rückkehr Gottfrieds aus Palästina
streng genommen der Waffenstillstand zwischen ihm und dem Grafen Balduin
abgelaufen war, die Feindseligkeiten sich aber noch nicht erneuert hatten,
ist anzunehmen, dass der Stillstand wieder verlängert worden war und
zwar bis zum 1. August 1184, wozu der Graf vom Hennegau wegen seiner dringenden
Geschäfte um Namur sicher bereit gewesen war. Im übrigen aber
sah er sich nach Bundesgenossen um. Dabei spielte nun der Gegensatz zwischen
Flandern und Frankreich eine Rolle. Graf Balduin hatte mit dem französischen
König Verhandlungen aufgenommen und ein irgendwie geartetes Hilfsversprechen
gegeben. Dadurch war das Misstrauen des Grafen von Flandern gegen ihn geweckt
worden, was sich auf dem Reichstag zu Mainz gezeigt hatte. Während
der Graf vom Hennegau hier noch auf die Unterstützung des Grafen von
Flandern rechnete, arbeiteten dessen Bevollmächtigte plötzlich
eifrig gegen das Namursche Projekt.
Inzwischen sorgte der französische König für
eine Verschärfung der Spannung. Als er Ende Mai 1184 mit dem Philipp
von Flandern einen Waffenstillstand abschloss, nannte
er von seiner Seite als Garant für diesen Vertrag den Grafen vom Hennegau.
Für den Grafen von Flandern war das eine Bestätigung für
sein Mißtrauen gegenüber dem Hennegauer. Dagegen hatte dieser
seinerseits bereits Vorkehrungen getroffen, um nach seiner Rückkehr
von Mainz in Flandern militärische Hilfe gegen Frankreich zu leisten.
Gegenüber der völlig neuen Situation suchte er mit dem Grafen
wieder ins Gespräch zu kommen. Dieser wich zunächst aber einer
Begegnung aus. Schließlich hat ihn Balduin einfach in Arras am 29.
Juli aufgesucht. Die Stimmung des Flamen war alles andere als freundlich.
Balduin ersuchte ihn im Hinweis auf ihr Bündnis um Hilfe gegen Herzog
Gottfried. Philipp von Flandern besaß
indes andere Interessen. Ihm ging es um die Bekämpfung des französischen
Königs, und deshalb verlangte er eine Verlängerung des Waffenstillstandes
mit Gottfried, damit Balduin ihm seinerseits gegen Frankreich helfe. Dieser
war dazu bereit, wenn man sofort gegen den französischen König
ausziehen würde, andernfalls bestehe er auf flämischer Hilfe
gegen Gottfried. Darüber konnte man sich nicht einig werden. Zwei
Tage später trafen sich beide nochmals in Lewarde bei Douai, gingen
aber auch hier in gleicher Zwietracht auseinander.
Graf Balduin begab sich darauf zu seinem Heer nach Tubize.
In der Nähe, im Raum von Halle, stand Herzog Gottfried mit seinen
Streitkräften, zu denen auch flämische Kontingente gehörten.
Uber die folgenden Vorgänge sind die Quellen nicht übereinstimmend.
Die im Kloster Anchin geschriebene Fortsetzung der Chronik Sigeberts lässt
den Grafen vom Hennegau Herzog Gottfried angreifen, bei Gislebert von Mons
beginnt dieser, indem er Lembeek angezündet habe, was alles natürlich
durch Parteilichkeit bedingt ist. Das Gefecht jedenfalls scheint beiden
Seiten
die Grenzen ihrer Macht gezeigt zu haben, denn schon am folgenden Tage,
dem 3. August 1184, wurde ein Waffenstillstand auf zwei Jahre geschlossen.
Balduin suchte darauf eine Verständigung mit dem König von Frankreich,
um auf diese Weise dem Grafen von Flandern beizukommen, und gelangte zu
einem Bündnis mit ihm. Demgegenüber gewann Graf
Philipp die Unterstützung
des Erzbischofs von Köln und Herzog Gottfrieds sowie Jakobs von Avesnes,
des vornehmsten der Vasallen Balduins. Er begann im November 1184 vom Gebiet
von Cambrai aus den Angriff. Der Erzbischof von Köln und Herzog Gottfried
mit seinem Sohn Heinrich drangen über Binche in den Raum von Mons
ein, wo sie sich mit Philipp vereinigten. Demgegenüber beschränkte
sich Balduin auf die Verteidigung seiner Burgen und festen Plätze.
Die weitere Entwicklung des Krieges ist nicht recht aus
den Quellen zu erkennen. Es kam anscheinend zu Verhandlungen zwischen Balduin
und dem Erzbischof von Köln, allerdings ohne Ergebnis, doch zogen
sich der Erzbischof und Herzog Gottfried bald wieder aus dem Hennegau zurück.
Philipp
von Flandern hat im Grenzgebiet den Krieg noch weiter geführt.
Der französische König hatte zwar ein Heer versammelt, griff
aber nicht im Hennegau ein, sondern wandte sich gegen den Grafen Stephan
von Sancerre. Der Graf vom Hennegau hatte auch seinen Lehnsherren, den
Bischof von Lüttich, um Hilfe angegangen, doch zog es dieser vor,
sich aus der Streitsache herauszuhalten. Schließlich kam es durch
Vermittlung - von welcher Stelle sie geschah, ist nicht zu erkennen - am
14. Dezember 1184 zum Abschluß eines Waffenstillstandes zwischen
Hennegau und Flandern, der bis zur Oktav des Dreikönigsfestes dauern
sollte, in den auch Herzog Gottfried einbezogen wurde. Von französischer
Seite wurden im Dezember 1184 und Januar 1185 neue Verhandlungen mit den
Grafen vom Hennegau und von Flandern angeknüpft, die zum Abschluß
eines Waffenstillstandes bis zum 24. Juni 1185 führten. Noch ehe er
abgelaufen war, schien es, als sollte der Krieg wieder ausbrechen, es kam
zu einigen Feindseligkeiten, doch war offensichtlich auf beiden Seiten
wenig Lust am Kriege vorhanden. So entschloß sich der Graf von Flandern
zum Nachgeben, zumal er von England und vom Kaiser die erwartete Unterstützung
nicht erhielt. Verhandlungen wurden in Boves bei Amiens eröffnet,
zu denen der französische König auch den Grafen vom Hennegau
berief, und die wahrscheinlich Ende Juli 1185 zum Friedensschluß
führten. In den Vertrag wurde auch Nieder-Lothringen einbezogen, die
Zwistigkeiten zwischen Graf Balduin und Herzog Heinrich sollten durch die
Zurückgabe der besetzten Gebiete südlich von Halle bereinigt
werden.
Herzog Gottfried hatte in dieser Zeit dem Grafen von
Flandern keine Unterstützung mehr geleistet, sondern wandte sich vielmehr
bereits während der Friedensverhandlungen mit starken Streitkräften
gegen das Gebiet von Namur. Graf Balduin erhielt deshalb auf der Rückkehr
vom Friedensschluß in Cambrai die dringende Aufforderung seines Oheims
aus Namur um Hilfeleistung und eilte mit seinen Truppen dorthin. Auf die
Nachricht davon verstärkte Gottfried die Verteidigung der Stadt Gembloux,
gegen die sich jetzt der vereinte Angriff der Grafen von Namur und Hennegau
richtete. Trotz heftigen Widerstandes ging Gembloux für Gottfried
zu Ende des Jahres 1185 verloren, wobei Stadt und Kloster einer völligen
Zerstörung anheim fielen.
Die Lage besserte sich aber für Gottfried dadurch,
dass der Graf von Flandern sich nicht in den Friedensschluß mit Frankreich
fügen wollte, für den er schließlich ja große Opfer
hatte bringen müssen. Graf
Philipp begab sich Ende August 1185 an den Hof König
HEINRICHS VI. nach Speyer und führte Klage über den
französischen König und den Grafen vom Hennegau. HEINRICH
hielt ihm allerdings vor, er habe nicht abgewartet, bis er ihm Hilfe geleistet
hätte, so wie es abgesprochen gewesen wäre, sagte ihm aber schließlich
doch Unterstützung zu. Der Graf war darauf wieder zum Bruch mit Frankreich
entschlossen. Als es zu Meinungsverschiedenheiten über einen Punkt
des zuvor geschlossenen Friedens kam, lehnte er eine zweimalige Einladung
des französischen Königs zu Besprechungen ab. Gleichzeitig fand
er wieder die Unterstützung des Erzbischofs von Köln und Herzog
Gottfrieds. Beide erhoben Vorstellungen bei König
HEINRICH VI., wodurch dieser zu einer Aktion bestimmt wurde.
Er kam im September 1185 nach Lüttich und lud den Grafen vom Hennegau
vor.
Dieser schlug eine vorsichtige Politik ein, um sich nicht
durch einen Rechtsbruch ins Unrecht zu setzen. Nachdem er auf sein Ersuchen
ein sicheres Geleit erhalten hatte, erschien er in Lüttich. Dort wurde
er vom König dringend aufgefordert, dem Grafen von Flandern Hilfe
gegen Frankreich zu leisten und dazu den königlichen Truppen Durchzug
durch sein Gebiet zu gewähren und ihnen seine Burgen einzuräumen.
Gegen diese Forderungen brachte Balduin 2 Gründe vor. Zum ersten wies
er darauf hin, dass der Graf Philipp von Flandern,
der gerade doch Frieden mit dem König von Frankreich geschlossen habe,
jetzt ohne Grund zum Schaden dieses seines Lehensherrn arbeite, das heißt,
dass kein Grund zu einem Bruch des Lehensverhältnisses vorliege. In
diesem Falle war aber Graf Balduin als Lehensmann des Grafen von Flandern
nicht gehalten, diesem zu helfen. Zum zweiten lehnte er es ab, den königlichen
Truppen Durchzug zu gewähren und ihnen seine Burgen einzuräumen,
weil dadurch eine Verwüstung seines Landes drohe. Es sei lediglich
seine Pflicht, das ihm anvertraute Grenzgebiet zwischen Frankreich und
Deutschland in deren Kriegen zu behüten. Natürlich war das eine
reichlich eigennützige Erklärung, die aber im Grunde genommen
ihre Berechtigung besaß: bei der Bedrohung des eigenen Landes war
der Lehensträger nicht mehr zu anderweitiger Hilfe verpflichtet. Man
sollte daher hier keine dramatisch geartete Prinzipienentscheidung suchen.
Im übrigen, so fuhr Balduin fort, halte er sein
Land vom Bischof von Lüttich zu Lehen, gegen den er nichts verschuldet
habe, und er sei bereit, dessen Anordnungen gemäß dem Urteil
der übrigen Vasallen des Bistums zu befolgen. Der Schachzug war geschickt
ausgespielt. Der Bischof trat sofort mit seinen Vasallen zur Beratung zusammen
und bot dann dem König an, falls er Beschwerden gegen seinen getreuen
Lehensmann, den Grafen vom Hennegau, habe, diese vor das Gericht der Reichsfürsten
zu bringen, deren Meinung er folgen werde. Daraufhin hat HEINRICH
VI. die Sache offensichtlich sofort
fallen lassen, weil der Verlauf zeigte, dass weder die Vasallen von Lüttich,
noch der Bischof selbst geneigt waren, die Auflehnung des Grafen von Flandern
gegen den französischen König als gerechtfertigt zu betrachten,
und dass zu erwarten stand, die Reichsfürsten würden ihnen darin
folgen. Der König scheint indessen entschlossen gewesen zu sein, dem
Grafen
Philipp von Flandern zu helfen.
Vermutlich hat er dann aber eine Anweisung seines kaiserlichen Vaters erhalten,
nichts zur Unterstützung der flämischen Absichten zu unternehmen.
Für FRIEDRICH I. stand in der
Politik im niederländischen Raum die Bindung des Grafen vom Hennegau
an seine Seite an erster Stelle, er wollte das nicht durch ein Vorgehen
gegen Frankreich gefährden. Somit erhielt der Graf von Flandern keine
Hilfe und musste sich mit dem französischen König im Waffenstillstand
von Aumale am 7. November 1185 verständigen.
Indes blieb die Koalition zwischen Herzog Gottfried,
dem Grafen von Flandern und dem Erzbischof von Köln bestehen, sie
besaß ja den eigentlichen Zweck, die Nachfolge des Grafen vom Hennegau
in Namur zu verhindern. Vielleicht ist der von Gottfried weiter geführte
Titel Herzog und Markgraf von Lothringen auch ein Ausdruck des Widerstandes
gegen das Streben des Grafen vom Hennegau nach der Markgrafschaft gewesen.
Die verbündeten Fürsten brachten dann den Grafen von Namur dazu,
sich mit seiner verstoßenen Gemahlin Agnes von Geldern auszusöhnen.
Die letzten Spekulationen gingen dabei auch in Erfüllung: im Juli
1186 wurde dem Grafen Heinrich eine Tochter, Ermesinde, geboren. Damit
trat die Frage in ein neues Stadium, denn das ganze Trachten des Grafen
ging jetzt darauf hinaus, sein Erbe seiner Tochter zu übermachen und
ihr einen Gemahl zu finden, der ihr diese Erbfolge sichern konnte. Diese
Persönlichkeit glaubte er im Grafen Heinrich von der Champagne zu
finden, dem er im März 1187 seine Tochter verlobte. Der Entschluss
war allerdings sehr problematisch, es stand zu erwarten, dass der Kaiser
eine Nachfolge des Grafen von der Champagne in den Reichslehen nicht zulassen
werde, und außerdem hatte dieser bereits der Tochter des Grafen vom
Hennegau, Yolande, die Ehe versprochen. Dieser wandte sich denn auch sofort
an Kaiser FRIEDRICH, der seinerseits
feierlich versicherte, nach dem Tode des Grafen von Namur werde er die
Reichslehen nur an Balduin übertragen und auch nicht dulden, dass
im Allodialbesitz jemand aus Frankreich nachfolge. Inzwischen kam der Graf
von der Champagne nach Namur und erhielt dort bereits die Huldigung der
Vasallen. Auch Balduin war in Namur erschienen, konnte sich aber nicht
durchsetzen. Er wandte sich nochmals mit einer Gesandtschaft an den Kaiser,
der auf dem Reichstage zu Worms im August 1187 seine Zusagen von zuvor
erneuerte.
Balduin blieb indes weiter beunruhigt, wozu ihm wohl
vor allem die Ereignisse in Lüttich Anlass gaben, bei denen sich eine
nicht gerade freundliche Stimmung König HEINRICHS
ihm gegenüber gezeigt hatte. Als nun der Kaiser im Dezember 1187 zu
einer persönlichen Unterredung mit dem französischen König
an der Grenze bei Mouzon zusammentraf, musste er besorgen, dabei werde
vielleicht auch über Namur verhandelt werden. Gislebert von Mons behauptet
nun zwar, sein Herr sei sowohl vom Kaiser wie vom König von Frankreich
nach Mouzon entboten worden, die Art aber, wie er dabei die Rolle des Grafen
herausstreicht, der für beide Verhandlungspartner der höchste
Ratgeber gewesen sei, macht seinen Bericht doch etwas verdächtig.
Vollends seine Worte, Balduin habe sich als zum Reich gehörig betrachtet,
sei deshalb zum Kaiser übergegangen und mit ihm zusammen zur Unterredung
gekommen, lassen eher vermuten, dass er von vornherein eine französische
Aktion erwartete und deshalb sich von kaiserlicher Seite mitnehmen ließ.
In Mouzon hat denn auch der Graf von der Champagne durch seine Verwandten,
den Erzbischof von Reims, den Grafen von Blois und den Herzog von Burgund,
den Kaiser in der Frage von Namur bearbeiten lassen. Auf welche Weise auch
der französische König in die Gespräche einbezogen wurde,
lässt sich aus dem Bericht Gisleberts nicht ersehen, doch scheint
das durch den Grafen von der Champagne geschehen zu sein. Jedenfalls dürfte
er ausweichend geantwortet haben, denn diese Haltung war womöglich
für den Kaiser ausschlaggebend bei einer auf der Rückreise in
Virton erfolgenden Vorsprache des Grafen Balduin, um eine Erneuerung der
Abmachungen über Namur zu erhalten, ihm zu erklären, er werde
ohne vorherige Rücksprache mit seinem Sohne, König
HEINRICH, keine neuen Beschlüsse in dieser Sache fassen.
Balduin behielt eifrig das Ziel einer Erwerbung der Grafschaft
Namur im Auge. Auf Seiten der Reichsgewalt war die Lage dabei für
ihn günstig. Die Feindschaft der niederrheinischen Fürsten, vor
allem des Erzbischofs von Köln, war für den Kaiser Anlass, gerade
in diesem Raum eine Stütze für seine Politik zu suchen. Diese
Lage zeigte sich besonders deutlich, als König
HEINRICH die Nieder-Lothringer zu sich nach Koblenz beschied,
um festzustellen, wer ihm gegen den Erzbischof helfen wolle. Er fand dazu
keinen bereit. Graf Balduin konnte also bei dieser Stimmung Geneigtheit
für seine eigenen Wünsche finden und begab sich im April 1188
an den Hof des Königs. Dieser stellte nach Rücksprache mit seinem
Vater am 16. Mai in Seligenstadt ein Diplom aus, in dem er versprach, nach
dem Tode des Grafen von Namur dessen Reichslehen an Balduin zu übertragen.
Von der Errichtung einer Markgrafschaft ist allerdings in diesem Schriftstück
nicht die Rede. Es ist indes nicht zu ersehen, ob dieses Diplom vom Kaiser
bestätigt wurde, obwohl uns Gislebert dessen Zustimmung eigens versichert.
Für den Grafen Balduin war die Situation indes nicht
einfach, denn jetzt begann eine Aktion des Grafen von der Champagne gegen
ihn. Ob hierzu Absprachen zwischen diesem und Herzog Heinrich getroffen
worden waren, lässt sich nicht ersehen, eine Andeutung Gisleberts
von Mons könnte es als möglich erscheinen lassen. Der Graf vom
Hennegau wurde nur dadurch gerettet, dass der Graf von der Champagne seine
begonnene Aktion nicht durchführte. Herzog Heinrich allein scheint
nicht stark genug gewesen zu sein, um etwas gegen die Hennegauer ausrichten
zu können. Es setzte jetzt eine Vermittlungsaktion des Grafen
Philipp von Flandern ein, der Balduin und Heinrich im Juli 1189
nach Ypern berief und sie dort zum Abschluss eines Waffenstillstandes bis
zum 8. September bewog. Auch der französische König bemühte
sich um eine Friedensvermittlung. Zu einer Besprechung in Pontoise, zu
der der Graf vom Hennegau persönlich erschien, kamen von Seiten des
Grafen von der Champagne indes nur Bevollmächtigte. Der König
schlug eine für Balduin sehr ungünstige Teilung des Namurschen
Erbes vor, die dieser annahm in der Hoffnung allerdings, sie werde durch
König
HEINRICH VI. abgelehnt werden, an dessen Zustimmung er seine
Annahme knüpfte. Das ist denn auch eingetreten, der deutsche König
wies die Übertragung auch nur irgendeines Teiles der Grafschaft Namur
an den Grafen von der Champagne zurück. Balduin wollte darauf seine
Sache einer Vereinbarung des deutschen und des französischen Königs
anheim stellen. Indessen hatte auf der andern Seite der Graf von der Champagne
den französischen Vorschlag bereits rundweg abgelehnt.
Nach dem Ablauf des Waffenstillstandsabkommens zwischen
dem Grafen Balduin und Herzog Heinrich im September 1189 stand demnach
eine größere militärische Aktion zu erwarten, denn der
Herzog sprach sich mit dem Grafen von der Champagne zu einem gemeinsamen
Handeln ab, aber wiederum gab dieser seine Aktion auf. Inzwischen hatte
Philipp
von Flandern wieder eine Vermittlungsaktion aufgenommen und
brachte im Oktober eine Besprechung zwischen Balduin und Herzog Heinrich
zustande, an der auch der Erzbischof von Köln teilnahm. Man kam dabei
zu einer Erneuerung der Abmachungen, die ehedem zu Kaiserswerth unter Vermittlung
des deutschen Königs zustande gekommen waren, so dass Heinrich die
in Namur erworbenen Gebiete an Balduin abtrat. Indes gingen die Kämpfe
zwischen Balduin und dem Grafen von Namur weiter. Schließlich brachte
im Juli 1190 Erzbischof Philipp von Köln auch hier eine Übereinkunft
zustande. Balduin wurden Namur und die befestigten Plätze des Landes
zugesprochen, während der Graf von Namur nur noch die Grafschaften
Laroche und Durbuy und die unbefestigten Orte behielt, doch wurde Balduin
bereits die Lehenshuldigung im ganze Lande zugestanden. Auch zwischen Herzog
Heinrich und dem Grafen von Loon wurde unter Kölner Vermittlung eine
Vereinbarung getroffen, wonach der Graf die Vogtei von St. Truiden gegen
Zahlung einer Pfandsumme an Heinrich behielt.