20. Die Sippe des Grafen Erp
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Die Traditionen von Corvey verzeichneten die Übertragung eines
Erp und seiner Gattin Amulrad,
die für sich und ihre Söhne Walthard
und Liudolf dem Kloster neun
Hörigenfamilien in verschiedenen - heute wüsten - Orten in der
Umgebung von Löwendorf und Bremerberg (bei Höxter) überwiesen.
Diese Tradition erfolgte kurz vor 1000. Der Herausgeber des Schenkungsregisters
koppelte sie fälschlich mit der Übertragung eines Walthard und
seiner Gattin Windilwith, die dem Kloster für sich und ihren Sohn
Recheri 4 Familien in Emschede (nordwestlich von Münster in Westfalen)
schenkten. Da das Rechtsgeschäft in Gegenwart des Abtes Gerbernus
getätigt wurde, fiel es in den Zeitraum von 948 bis 965. Vermutlich
standen die beiden Familien in verwandtschaftlicher Beziehung. Das Ehepaar
Erp und Amulrad begegnet
bei Thietmar wieder. Er erwähnte sie als Eltern Erzbischof
Walthardus, qui et Dodico vocabatur. Thietmar bezeugte, dass Walthard
ex nobilissimis natalibus genealogiam ducens. Er charakterisierte seine
Eltern: erat eiusdem pater Erp senior, vita laudabili, carus cunctis suimet
contemporalibus, mater autem eius Amulred nomine, quae castitate pia et
opere herili... lucebat.
Walthard
war von 984 an Praepositus in Magdeburg. Das Domkapitel wählte
ihn 1004 zum Erzbischof, doch der König zwang ihn aus unbekannten
Gründen zum Rücktritt. Erst 1012 bestieg er den erzbischöflichen
Stuhl. Er starb noch im gleichen Jahr seiner Erhebung. Sein Todestag wurde
im Necrologium des Erzstiftes Magdeburg am 12. August verzeichnet. Ebenfalls
notierte man am 16. April den Tod eines Erp
laicus, was wir wohl auf seinen Vater beziehen dürfen.
Walthards
Bruder Liudolf war
vermutlich mit dem Liudolf comes personengleich,
der nicht lange nach 1000 dem Kloster Corvey seinen Eigenbesitz in Wrethum
(Wehrden ?) tradierte. Ein Graf Liudolf
leistete mehrfach Testate für Paderborn, die in die Jahre zwischen
1015 und 1020 fielen. Urkundlich war er schon 1006 als Graf im Gebiet von
Böckenförde (Kr. Lippstadt) nachweisbar. Sein umfangreiches Herrschaftsgebiet
schälte sich durch eine Urkunde HEINRICHS
II. von 1021 heraus, der nach dessen Tode den Amtsbereich in
locis Sorathfeld, Sinuthfeld, Almunga, Treveresga, Burclaun in die Hände
des Bischofs Meinwerk von Paderborn übergab. Graf
Liudolf verfügte demnach über Grafschaftsrechte in zerstreut
liegenden Orten in den Kreisen Büren, Lippstadt und Soest, einem Gebiet
also, das dem tradierten Eigentumsbetrieb Erps und Amulrads benachbart
war.
Außer dem Bruder Liudolf
hatte Walthard
nachweisbar noch 2 Schwestern. Eine von ihnen war Nonne (Name unbekannt).
Die andere, die den Namen ihrer Mutter Amulrad
trug, heiratete dem sächsischen Annalisten zufolge Konrad von Morsleben
und Horneburg. Beider Sohn war der berühmte Switger,
der zuerst in Halberstadt Kanoniker und später königlicher Kaplan
wurde. 1041 bestieg er den Bamberger Bischofsstuhl. Im Jahre 1047 erhob
ihn HEINRICH III. zum Papst
Clemens II.
Switger hatte noch
2 Brüder, Konrad und Adalbert. Konrad schlug wie sein Bruder die geistliche
Laufbahn ein. Er stieg von der Stellung eines Magdeburger Kanonikers zum
Patriarchen von Aquileja auf. Adalbert blieb weltlich. Er verweist durch
seine Heirat auf einen weiteren Sippenzusammenhang. Margareta, die Schwester
seiner unbekannten Gattin, heiratete einen Theodericus, den Bruder Hanulfs
de Ammenesleve (Ammensleben bei Wolmirstedt, im Nordthüringgau). Auf
beider Tochter vererbte sich der Name Amulrad fort. Der Vater der beiden
Brüder war vermutlich jener Milo, der aus persönlicher Feindschaft
Graf Bruno von Braunschweig erschlug. Dieser Schluß ist möglich,
weil der Name Milo von Ammensleben wieder bei dem Enkel Thiedrichs und
Hanulfs auftauchte, der 1126 im Kampf sein Leben ließ.
Wegen der Seltenheit dieses Namens möchte man auch den Bischof
Milo von Minden (969-996) dieser Sippe zurechnen.
Wir haben hier also eine Sippe von vornehmer Herkunft vor uns, deren
Mitglieder wohl zum größten Teil freie Landedelleute waren.
Auf Grund ihrer Zugehörigkeit zum Adel stand ihnen sowohl der Aufstieg
in ein Grafenamt als auch in höchste kirchliche Stellungen offen.
Erst zu Beginn des 11. Jahrhunderts war ein Graf Erp im Paderborner
Gebiet nachweisbar. Er leistete in dem Zeitraum von 1015-1024 zahlreiche
Testate für Bischof Meinwerk von Paderborn. Sein eigenes Herrschaftsgebiet
läßt sich nicht mehr feststellen. Vermutlich war Graf Erp
Lehnsträger des Bistums Paderborn. In der Stellung eines bischöflichen
Vogtes ließ er sich jedoch nicht nachweisen. Seinem Namen nach war
er vermutlich mit Erp senior
der Traditionen verwandt.
Hömberg wies darauf hin, dass die Grafen von Padberg den Namen
Erpo als Leitnamen trugen und als Lehngrafen des Paderborner Bistums im
Diemelgebiet seit dem 1. Viertel des 11. Jahrhunderts amtierten. Sie lassen
sich später als Grafen im Ittergau nachweisen.
Für den eben genannten Grafen Erpo reichen die Belege nicht
aus, um ihn zu einem "Grafen von Padberg" zu machen.