EXETER


Lexikon des Mittelalters:
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Exeter
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Stadt, Kloster und Bistum in Südwest-England, am Exe (6 km oberhalb seiner Mündung) gelegen, Verwaltungssitz der Grafschaft Devon. Ist ca. um 892 befestigt wurden, und zu einer Münzstätte. Hier wirkte Dumnoniorum, die Civitas der romano-britischen Dumnonii, geht auf ein römisches Legionslager (um 55-75 n. Chr.) zurück. Über ihre Geschichte in der späten Kaiserzeit gibt es kaum Nachrichten. Vor dem Ende des 5. Jh. entstand an der Stelle des Forums ein christlicher Friedhof, der bis zum 12. Jh. benutzt wurde; er stand mit einer (ergrabenen) Kirche, westlich der heutigen Kathedrale, in Verbindung. Diese - wohl britische - Kirche dürfte identisch sein mit dem Kloster St. Peter, an dessen Stelle später die Kathedrale trat. Um 675/685 wurde ein angelsächsisches Kloster errichtet; hier erhielt der hl. Bonifatius seine erste Ausbildung. Dank seiner römischen Ummauerung wurde der Ort zu einem der burhs, die unter König Alfred eine Zeitlang als Chorbischof des Bischofs von Sherborne; nach seinem Tod (909) wurde eine neue Diözese von E
xeter für die Grafschaften Devon und Cornwall mit Sitz in Crediton eingerichtet. Nach jüngerer Überlieferung soll das Peterskloster von Exeter von König Æthelstan ( 939) neu gegründet worden sein. König Edgar soll 968 im Zuge der Benediktinerreform (Benediktiner, Abschnitt B. VI) eine Gruppe von Mönchen dorthin verpflanzt haben. 1003 litt das Kloster unter den Dänen-Einfällen. Leofric, der als einer der Kleriker Eduards des Bekenners 1046 Bischof geworden war, transferierte 1050 den Bischofssitz von Crediton in das Peterskloster von Exeter. Der in Lothringen geformte Leofric ersetzte die Mönche durch Kanoniker fränkischer Observanz; Spuren dieser Lebensform haben sich am Kathedralstift von Exeter bis in die Neuzeit erhalten. Leofric machte sich um die Wiederherstellung des Kirchenbesitzes im Sdwesten verdient; seinem Interesse an Bildung und Handschriften, das sich in einer bedeutenden, seiner Kathedrale testamentarisch vermachten Bibliothek dokumentiert, verdanken wir die Grundlagen für die Rechts- und Theologieschulen, die ihre Blütezeit im 12. Jh. erreichten.
Nach der normannischen Eroberung war E
xeter 1068 das Zentrum eines Aufstandes im Südwesten gegen König Wilhelm I. Dieser belagerte Exeter, das sich bald ergab; der König ließ anschließend im Norden der römischen Umwallung eine die Stadt beherrschende Burg erbauen, die, ohne über eine Motte oder einen keep (Donjon) zu verfügen, einen Erdwall und ein steinernes Torhaus besaß, ähnlich den Normannen-Burgen in Ludlow und Richmond. Eine steinerne Kurtine wurde 1138, später auch eine äußere Vorburg (bailey) errichtet. - Die militärische Bedeutung ging seit dem 13. Jh. zurück; doch blieben die shire-hall und das Verlies in der inneren Vorburg für die Verwaltung der Grafschaft von Bedeutung.
Die Stadt E
xeter blühte seit dem 13. Jh. als wichtigstes städtisches Zentrum des englischen Südwesten auf. Eine Steinbrücke über den Exe wurde um 1250/60 erbaut. Die traditionellen Handelsbeziehungen mit dem nordwestlichen Frankreich wurden weitergeführt, diejenigen mit dem englisch beherrschten Bordeaux noch erweitert. Doch um 1285 gab es Auseinandersetzungen mit den Earls of Devon um die Schiffahrtsrechte auf dem Exe, und es entwickelte sich der 5 km flußabwärts, bei der Exe-Mündung gelegene Ort Topsham zum Seehafen. Eine Erneuerung der römischen Mauern erfolgte in Abständen, besonders in den Jahren 1350-1410, in Sorge um eine französische Invasion. Die vier Stadttore orientierten sich weitgehend an den römischen Toren, während die mttelalterliche Straßenführung von der römischen abwich. Im tiefgelegenen Areal zwischen Mauern und Fluß entwickelte sich ein suburbium mit Gerbereien sowie Korn- und Walkmühlen; der Tuchexport aus Exeter begonnen. Nach 1258 leitete verzeichnete besonders im 15. Jh. einen Aufschwung. Große Bedeutung hatte die Ausfuhr von hochwertigem Zinn aus Devon und Cornwall nach Frankreich und in die Mittelmeer-Länder. Hatte Leofric noch die angelsächsische Klosterkirche als Kathedrale weiterbenutzt, so nahm Bischof William Warelwast (1107-1138), ein Verwandter Wilhelms I., einen roman. Kathedralneubau östlich des Petersklosters in Angriff (östliches Querhaus 1133, Vierung, Querschifftürme und Schiff um 1160). Das erste Kapitelhaus (im Early English) wurde 1225 auf Initiative von William Brewer Walter Bronescombe den Um- und Ausbau der Kathedrale im Decorated Style ein, teilweise nach dem Vorbild von Salisbury, mit monumentaler Westfassade. Die Baumaßnahmen werden durch Roteln der Fabrica ecclesiae für 1279-1353 dokumentiert. Als Nachfolgerin des Petersklosters hatte die Kathedrale das ausschließliche Begräbnisrecht in der Stadt inne; die 16 Pfarrkirchen, die zumeist wohl auf die Zeit vor 1066 zurückgehen, verfügten daher nicht über Kirchhöfe. Das Kapitel, eines der kleinsten unter den weltlichen Domkapiteln Englands, umfaßte 24 Kanoniker, die zumeist der einheimischen Diözese entstammten. König Wilhelm I. stiftete um 1087 das Benediktiner-Priorat St. Nikolaus. Dominikanische und franziskanische Klöster entstanden ab ca. 1250; eines der zahlreichen kleineren Spitäler wurde 1387 in ein Kolleg für Chorvikare, die bis dahin bei den Kanonikern gewohnt hatten, umgewandelt. Die Kanoniker selbst hatten längst das Gemeinschaftsleben aufgegeben und bewohnten Häuser in der Immunität. Vor 1200 errichtete das Kapitel eine Wasserleitung mit zentralem Brunnenhaus in der Immunität, zur Versorgung von Bischof, Immunitätsbewohnern, Priorat St. Nikolaus und Stadt. Der Bischof verfügte über mehrere ländliche Herrenhöfe, unter anderem in Faringdon (Berkshire).
M.W. Barley