Sohn des Grafen
Pippin I.; Urenkel des Kaisers KARL DER
GROSSE
Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 2154
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Heribert I., Graf von Vermandois
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+ 6. November 900/06
Enkel Bernhards von Italien, Sohn Graf Pippins und vermutlich einer Dame aus dem Hochadel des Pariser Raums, war als KAROLINGER im Mannesstamm eng mit den Führungsschichten Neustriens und der Francia verwandt
Begründer des Hauses „VERMANDOIS“
Vergleichbar mit anderen Herrschaftsbildungen in W-Franken
(ROBERTINER in Neustrien, Rudolf
in
Burgund, Balduin in Flandern), vollzog sich der Aufstieg der „VERMANDOIS“
im späten 9. Jh. Zwischen 886 und 898 erwarb
Heribert die Grafschaft Soissons und die Laienabbiate
von St-Crepin und St. Medard/Soissons. Enge Bindungen zu
König Odo verschafften ihm 888/89 die Grafschaften Meaux
(mit Chateau-Thierry) und Merezais, eventuell auch Beauvais,
Vexin und Senlis, die Heribert
zur Abwehr der Normannen zusammenfaßte. 893 in Opposition zu Odo,
waren Heribert I. und sein Bruder Pippin
neben Erzbischof Fulco von Reims maßgeblich an der Erhebung Karls
III. beteiligt. Ein erneuter Parteiwechsel zu Odo
brachte den Erwerb der Grafschaft Vermandois und des Laienabbiats
von St-Quentin 896. Während seiner Auseinandersetzungen mit den
Grafen von Flandern wurde Heribert zwischen
900 und 906 erschlagen.
V. Generation
3.
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Heribert I. Graf (wohl von Vermandois) 893
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* ca. 840, + nach 900, vor 908 ermordet
Gemahlin: N
Anmerkungen: Seite 114
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V. 3. Heribert I.
Das Geburtsjahr kann nur schätzungsweise angegeben werden. 877 und 892 wie bei Nr. 2. Er erscheint nie ausdrücklich als Graf von Vermandois, war aber wohl sicher schon im Besitz dieser später von seinen Nachkommen verwalteten Grafschaft. Er wurde ermordet von einem Dienstmann des Grafen Balduin von Flandern, Regino 818, S. S. 1, 567. Der Zeitpunkt ist ungewiß. Heribert kommt zuletzt vor im Sommer 900, Ann. Vedast., S. S. 1, 531; er muß 908 tot gewesen sein, da Regino, der in diesem Jahr seine Chronik vollendete, seinen Tod erwähnt. Meist wird 902 als sein Todesjahr angenommen, ich kenne aber keinen Grund dafür. [V 3]
* Ergänzung (Werner): * ca. 850, + 6. XI. 900/07 (ermordet)
886/98 Graf von Soissons und Abt von St. Crepin, 888/89
Graf von Meaux, Madrie, 896 Graf von Vermandois.
V. Generation
1
--
Regino nennt zu 818 (ed. Kurze 73) als ältesten
Sohn Pippins,
des Sohnes König Bernhards von Italien,
Bernhardus,
vor seinen Brüdern Pippin
und Heribert. Zu 893 I 28, der Erhebung
Karls
III. als Gegen-König in Reims (ed. 140f) erwähnt er
nebeneinander die Brüder und Grafen Heribert
und Pippin. Es ist
möglich, daß Bernhard
zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebte. Die Aufstellungen von Guiseppe Pochettino,
I Pippinidi in Italia (sec. VIII-XII), Archivio storico lombardo, Serie
sesta 54 (1927) 1-43 sind zu unsicher, um berücksichtigt werden zu
können. Er unterstellt für Bernhard,
er habe in Italien weitergelebt und dort Nachkommen gehabt. Dabei stützt
er sich lediglich auf Vorkommen des (verbreiteten) Namens Bernhard: Kein
einziger Pippin oder Heribert (Leitname der Familie von Bernhards
Mutter, vgl. Werner, Unters. 101f.) begegnet unter diesen vermeintlichen
Nachkommen. Dagegen könnte Bernhard
durchaus identisch sein mit dem Grafen dieses Namens, der ND de Laon als
Testamentsvollstrecker
KARLS DES KAHLEN
einen Codex überbrachte, siehe E. Bourgeois, Le capitulaire de Kiersy-sur-Oise,
Paris 1885,23.
Heribert I. baute sich nach und nach im Raum Paris eine überragende Machtposition auf als treue Stütze des königlichen Vetters KARL II. DER KAHLE. Er wurde Graf von Beauvais, Senlis, Madrie, Chartres und Teilen von Artois und beherrschte damit die gesamte Ile de France. Wie die ROBERTINER stützte er sich auf markgräfliche Rechte im Kampf gegen die Normannen, schlug sie 885/86 bei Paris zurück und baute Schloß Chateau-Thierry als Zentrum aus. Er bekämpfte besonders die Grafen von Flandern wegen Peronne und St. Quentin, ermordete 896 den Grafen Rudolf und wurde von dessem Bruder ermordet. Heribert wählte 893 zusammen mit Erzbischof Fulco von Reims Karl III. mit, fiel 896 von ihm ab und erkannte ihn 898 endgültig an. Er war Laienabt von St. Quentin, Peronne, St. Medard und St. Crepin und neben dem Herzog von Burgund der mächtigste französische Kronvasall seiner Epoche.
Schwager Helmut: Seite 24,26-31
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„Graf Heribert II.“
Heribert I. und sein Bruder Pippin tauchten in der engsten Umgebung Kaiser KARLS II. DES KAHLEN auf; und zwar sandte sie der westfränkische Herrscher im September 877 auf seinem zweiten Italienzug mit seinem Notar Audacher und dem Grafen Goiram nach Oberitalien, um Papst Johannes VIII. das Geleit nach Pavia zu geben. Der Autor der Annales Bertiniani, Erzbischof Hincmar von Reims, nennt dabei beide HERIBERTINER ohne Rangbezeichnung, weswegen sie anscheinend lediglich am Hofe KARLS DES KAHLEN lebten und damals noch keine Grafen gewesen sind.
b) Graf Heribert als Begründer der heribertinischen Machtstellung in der Francia
Der weitere Aufstieg der HERIBERTINER
im nördlichen Gallien vollzog sich erst in den Wirren, in die das
W-Fränkische Reich nach dem unerwartet frühen Tod von
KARLS DES KAHLEN Sohn König Ludwig
II. der Stammler (+ 879) stürzte. Frühestens Ende
886 gelang es Heribert I., die Grafschaft
Soissons nebst dem Kloster Saint-Crepin in Soissons zu erhalten, zumindest
hat man von seinem Vorgänger Graf (H)erich, der am 25. Oktober 886
eine Urkunde für das Kloster Saint-Crepin ausfertigen ließ,
seitdem nichts mehr gehört. Sicher bestätigt wird
Graf Heriberts I. Herrschaft im Soissonnais jedoch erst am 17.
Mai 898 durch eine Urkunde König Karls III.
für das Kloster Saint-Crepin! Um die Jahrhundertwende 888/89 wurde
Graf
Heribert I. weiter mit der Grafschaft Meaux belehnt, nachdem
deren bisheriger Graf Tetbert im Sommer 888 im Kampf mit den Normannen
vor Meaux gefallen war. Zur Grafschaft Meaux gehörten noch das Omois
mit der wichtigen Festung Chateau-Thierry und das Queudois. Graf
Heribert I. erhielt diese Grafschaft bereits als Anhänger
des 1. nicht-karolingischen westfränkischen
Königs, des ROBERTINERS/KAPETINGERS Odo,
des Sohnes Markgraf Roberts des Tapferen von Neustrien. Zusammen mit seinem
Bruder Pippin, der in dieser Zeit eine
Grafschaft nördlich von Paris, wahrscheinlich Senlis, erhalten hatte,
begannen beide nun mit dem Aufbau der heribertinischen
Machtposition im östlichen N-Gallien als Leiter der Normannenabwehr
an der Oise unnd der unteren Seine. Ungefähr zur gleichen Zeit wird
Graf
Heribert I. auch die Grafschaft Merezais/Madrie erhalten haben,
wozu noch wichtiger Besitz im Vexin kam, dergestalt stabilisierte sich
der Machtkomplex der
HERIBERTINER.
Noch am 30. Dezember 889 erschien Graf Heribert
I. als Intervenient in einer Urkunde König
Odos; doch bald geriet der HERIBERTINER
in zunehmenden Konflikt mit dem westfränkischen König, der einerseits
versuchte, die steigende Macht der westfränkischen Aristokratie zu
begrenzen und andererseits selbst eine hemmungslose
robertinische
Hausmachtpolitik betrieb. Im Jahre 892 verbanden
sich Graf Heribert I. und sein Bruder
Graf
Pippin von Senlis mit Erzbischof Fulco von Reims und anderen
westfränkischen Gegnern des ROBERTINERS König
Odo und erhoben am 28. Januar 893 zu Reims den
KAROLINGER Karl III. den Einfältigen, dritten Sohn
König Ludwigs II. des Stammlers, zum Gegen-König im
W-Fränkischen Reich. Deshalb rückte König
Odo mit großer militärischer Übermacht heran
und drängte die Aufrührer bereits 894 in die Defensive. Zur Jahreswende
894/95 mußten Graf Heribert I. und
seine Freunde sogar die Francia verlassen und in die Burgundia fliehen.
Als ihnen König Zwentibold von Lothringen
zu Hilfe kam, brachte ihnen dies nur wenig Nutzen. Denn gerade die Intervention
der Lothringer spaltete das Lager König Karls
III. endgültig: Graf Balduin II. von Flandern und sein
Bruder Graf Rudolf (+ 896) verbündeten sich mit ihnen und trieben
Expansionspolitik auf eigene Faust, die ihnen Peronne und das befestigte
Kloster Saint-Quentin einbrachte. Währenddessen versuchten Graf
Heribert I. und andere Aufständische eine Fühlungnahme
mit König Odo, nachdem dieser
dem HERIBERTINER die meisten Burgen
abgenommen hatte. Als zur Jahreswende 895/96 Graf Rudolf die Verhandlungen
mit den ROBERTINERN torpedierte, unterwarfen
sich die HERIBERTINER, später
sogar Erzbischof Fulco von Reims, der Coronator König
Karls III., dem legitimen westfränkischen
König Odo. Der KAROLINGER Karl
der Einfältige war daraufhin gezwungen, nach Lothringen
zu fliehen. Währenddessen rückte König
Odo, unterstützt von Graf Heribert
I., auf Saint-Quentin vor, das er mit der Abtei Saint-Quentin-en-Vermandois
eroberte und nebst Peronne an den wieder getreuen HERIBERTINER
gab. Der erboste Graf Rudolf fiel darauf plündernd in die Besitzungen
der Abtei ein, worauf er von Graf Heribert I.
gestellt
und in einem Gefecht am 28. Juni 896 erschlagen wurde. Tatsächlich
war der HERIBERTINER erst seitdem Graf
von Vermandois, wie er allerdings nie genannt worden ist. Dies trifft auch
auf seinen Sohn Graf Heribert II. zu,
der vor allem von Flodoard und Richer nie derart tituliert worden ist,
weswegen jeder Versuch, Saint-Quentin und Vermandois als Kern der heribertinischen
Besitzungen hinstellen und deswegen von einem Hause
"VERMANDOIS"
sprechen zu wollen, zum Scheitern verurteilt ist.
Wie dem auch sei, als es im Jahre 897 zu einem Friedensschluß und
einer reichsteilung zwischen König Odo und
König
Karl III. kam, vermittelte der ROBERTINER
zwischen dem HERIBERTINER und dem KAROLINGER.
Inzwischen tobten aber heftige Kämpfe im NO um Peronne zwischen Graf
Heribert I. und dem rachedürstenden Grafen Balduin II.
von Flandern. Diese Auseinandersetzungen setzten sich auch im Jahre 898
fort, als der KAROLINGER Karl III. alleiniger
König des W-Fränkischen Reiches wurde. Er entriß 899 dem
Grafen Balduin II. die Abtei Saint-Vaast bei Arras und gab sie seinem Erzkanzler
Erzbischof Fulco von Reims. Dieser jedoch tauschte sie bei Graf Alkmar
von Artois (+ ca. 920) gegen die wichtige Abtei Saint-Medard bei Soissons
ein. Die Folge war nun eine angrundtiefe Feindschaft zwischen Erzbischof
Fulco und Graf Heribert I. einerseits
und Graf Balduin II. von Flandern andererseits. Als Ergebnis dieser Antipathie
wurde Erzbischof Fulco von Reims am 17. Juni 900 durch Winemar und andere
flämische Vasallen Balduins II. ermordet. Dies nützte aber Graf
Heribert I. sofort aus und okkupierte die Abtei Saint-Medard
bei Soissons, die nun bis 1048 seiner Familie gehören sollte. Allerdings
erbte der HERIBERTINER auch die alte
Todfeindschaft, die schließlich im Zeitraum von 900 bis 906
an einem unbekannten Zeitpunkt zur Ermordung Graf
Heriberts I. durch Balduin und andere Vasallen Graf Balduins
II. führte. Beim Tode des HERIBERTINERS
und der Herrschaftsübernahme durch seinen einzigen Sohn Heribert
II. waren die heribertinischen
Besitzungen in der Francia bereits zu einem solchen Machtkomplex geworden,
daß ihnen nur noch die ROBERTINER
um Paris sowie die BALDUINE in Flandern an politischer und militärischer
Macht gleichkamen. Daher mußte zwischen ihnen die Entscheidung im
Kampf um die Vormacht in der Francia fallen! Graf
Heribert II. trat jedenfalls bestens ausgerüstet in diese
Auseinandersetzung ein!
oo Adele von Meaux, Erb-Tochter des Grafen Theutbert
-
Kinder:
Heribert II. Graf von Vermandois
880-23.2.943
Beatrix
880- nach 3.931
895
oo 2. Robert I. Herzog von Neustrien
um 860-15.6.923
Kunigunde
- nach
943
oo Udo IV. Graf von der Wetterau
-12.12.949
Literatur:
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Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino
von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 8,104 - Dümmler
Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und
Humblot Berlin 1865 Band II Seite 53,383,433,517 - Hlawitschka Eduard:
Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton
Hiersemann Stuttgart 1968 Seite 117,205,247 - Riche Pierre: Die
Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH
& Co. KG, München 1991 Seite 277, 293 -
Schieffer Rudolf:
Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite
193,199,224 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons.
Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 5,22,24,26-31,36,63/64,68,85,233,318,336,359,398,406
- Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis
um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl
der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf
Seite 455 -