Sohn des Grafen
Adalbert II. der Erlauchte im Thurgau
Adalbert war 894/910 Graf im Thurgau und 901-902 Graf im Klettgau. Er wurde nur anläßlich seines gewaltsamen Todes in Quellen erwähnt. Er hatte vermutlich keine Nachkommen.
Borgolte Michael: Seite 29-32
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"Die Grafen Alemanniens"
ADALBERT (III)
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894 1 27 - ?910 IV 20, + 911,
§ Thurgau 894 1 27 - ?910 IV 20,
Grafschaft am Nordufer des Bodensees ?897 11 23 [?1,
?898 V 28
- Linzgau ?897 11 23,
- Argengau ?898 V 28,
Klettgaui 901/2)
Belege mit comes-Titel:
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W II Nrn. 692 (= ThUB I Nr. 146), 693 (= ThUB I Nr. 147),
W II Anh. Nr. 10 (= ThUB I Nr. 148), W II Nrn. 697 (= ThUB 1 Nr. 149),
699,701 (= ThUB I Nr. 150), 704 (= ThUB I Nr. 151), 709,710 ThUB I Nr.
153), 712 (= ThUB I Nr. 154), 713f., W III Anh. Nr. 9, W II Nr. 715, D
Arn Nr. 165 (= W II Nr. 716, ThUB I Nr. 155), W II Nrn. 717 (= ThUB I Nr.
156), 719 (= ThUB I Nr. 157), UB Zürich I Nr. 57 (= Cartular Rheinau
Nr. 2), W II Nr. 725, DD LdK Nrn. 20 (= W II Nr. 726), 82,23, W II Nrn.
727, 729,731f., BU I Nr. 86 (= CL 1 Nr. 59), W II Nrn. 736f.,739 (= ThUB
I Nr. 160), 742f., 745-747, D LdK Nr. 44, W II Nrn. 749-752,754, D LdK
Nr. 65 (= W II Nr. 755), UB Zürich I Nr. 65 (= Cartular Rheinau Nr.
3), W II Nr. 757 (= ThUB 1 Nr. 162), 758 (= UB Appenzell I Nr. 13), 759,761
(= ThUB 1 Nr. 163, BU 1 Nr. 89; UB St. Gallen Süd I Nr. 58), 762f.,764
(= ThUB I Nr. 164), Clavadetscher, Wolfinus Cozperti palatini comitis filius
151, Lendi, Untersuchungen 188f. (Annales Alamannici, Cod. Modoctiensis
ad a. 911, Annales Laubacenses ad a. 911), ? W II Anh. Nr. 3, ? W I Nr.
227, ? St. Galler Gedenkbuch pag. 60 (= Piper, Libri Confrat. 81 col. 252,
5), ?Necrologium monasterii sancti Galli 475 ad 6.6. (= St. Galler Totenbuch
43)
Belege ohne comes-Titel:
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W II Nr. 768, ? Codice Necrologico-Liturgico Brescia
62 (fol. 34v)
Literatur:
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Meyer von Knonau, Rheingau 212f. - Pupikofer, Thurgau
I 176-179 - Dümmler, Ostfrk. Reich III 569f. - Zeller, Salomo III
82f.,85-87 - Knapp, Buchhorner Urkunde 207,209f. - Hedinger, Landgrafschaften
24 - Tellenbach, Königtum und Stämme 52 Nr. 29g - Meyer-Marthaler,
Rätien 76,79f.,81,87f. A. 224 - Schmid, Königtum, Adel und Klöster
270f. - Keller, Einsiedeln 23,25 - Maurer, Land zwischen Schwarzwald und
Randen 42,47f. - Schulze, Grafschaftsverfassung 90,105,123 - Zotz, Breisgau
63,80 - Bilgieri, Geschichte Vorarlberg I 90-92 - Borst, Pfalz Bodman 208,211
- Goetz, "Dux" und "Ducatus" 17,307,327,373 - Clavadetscher, Wolfinus Cozperti
palatini comitis filius 153,155-157,162 - Borgolte, Geschichte der Grafschaften
Alemanniens, s. v.
Die St. Galler Urkunde 692 vom 27. Januar 894, die eine
Übertragung in Wuppenau, Zuckenriet, Zuzwil und ?Buchen festhält,
schließt mit der Wendung sub comite Hadalb(er)to
comite ivniore. Schreiber Hartbert legte offenbar Wert darauf,
den damaligen Grafen im Thurgau von dessen namengleichen Vorgänger
zu unterscheiden. Tatsächlich wird seine carta chronologisch ganz
nah an den Wechsel der Amtsverwalter heranführen, da Adalbert (II)
"der Erlauchte" wohl 893 noch gelebt hat. Ich nenne deshalb W I Nr.
692 als 1. Beleg für Adalbert,
auch wenn Nr. 689 (893 V 14), 690 (893 VI 24) und 691 (?894 1 10) ebenfalls
schon seiner Amtszeit statt der Adalberts (II) angehört haben
könnten.
Die Nachweise Adalberts
im Thurgau reichen in dichter Folge bis zum Jahr ?910 (s.o. W II Nrn. 692f.,
Anh. Nr. 10,697-714, 715, D Arn Nr. 165, W II Nrn. 717,719,725,727-732,736-754,
UB Zürich I Nr. 65, W II Nrn. 757-764; Udalrich VI). Zweifelhaft ist
die Zuordnung der St. Galler Urkunden W I Nr. 227 und II Anh. Nr. 3 (vgl.
bereits Borgolte, Chronol. Stud. 173). Nachdem Wartmann die Stücke
in die Zeit LUDWIGS DES FROMMEN datiert
hatte, setzte sie Meyer von Knonau (Besitz 108 A. 104; Ein thurgauisches
Schultheissengeschlecht 113f. A. 2) in die Jahre 904 bzw. 900, also in
die Herrschaft Ludwigs des Kindes.
Eines seiner beiden Argumente, es habe am Beginn des 9. Jahrhunderts keinen
Grafen
Adalbert gegeben, überzeugt nicht mehr ganz, seitdem der
Beleg eines Niagnaten dieses Namens von ca. 814 bekannt geworden ist (s.
Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens 227). Andererseits spricht
weiterhin der laicus Otherius, Empfänger der beiden cartae, für
eine chronologische Bestimmung nach Meyers Vorschlag, da Otherius mit einem
Thurgauer centurio der Jahrhundertwende identisch gewesen sein könnte.
Auch die formelhafte Gestaltung der Datumszeile in Nr. 227 läßt
sich für die spätere Datierung der Urkunden geltend machen (Borgolte,
Geschichte der Grafschaften Alemanniens 76). Sollten trotzdem einmal neue
Gesichtspunkte den Ausschlag für die frühere Datierung der Urkunden
geben, so wäre der in ihnen genannte Graf noch vor Adalbert
(I) und während der Belegzeit Rihwins einzuordnen.
Anno 11 Hlodewici regis
wurde in pago Cblegowe in comitatu Adilberti eine
Rheinauer Tauschurkunde ausgestellt (UB Zürich I Nr. 57); bei dem
König
Ludwig hat man nach den überzeugenden Darlegungen Schmids
nicht an Ludwig den Deutschen (so noch
Hedinger), sondern an Ludwig das Kind zu
denken. Gehört die Quelle demnach in die Zeitspanne von 901 II 4-902
II 3, so darf der Graf mit dem gleichzeitigen Thurgauer Amtswalter identifiziert
werden. Aus dem Zeugnis läßt sich aber nicht zwingend ableiten,
dass der Klettgau eine eigene Grafschaft gebildet hat (Borgolte, Kap. X).
Aus einer anderen Gegend Alemanniens stammt ein weiterer
Beleg für einen Grafen Adalbert,
der wegen seines Datums ebenfalls auf Adalbert
bezogen
wird. Es handelt sich um eine im 11. Jahr König
ARNULFS, wahrscheinlich am 28. Mai 898, ausgestellte St. Galler
Urkunde, in der eine Güterübertragung in Lauterach niedergelegt
ist (W III Anh. Nr. 9). Nach traditioneller Meinung der Forschung weist
der mit dem Güterort in Beziehung gesetzte Eschatokollvermerk Notavi
( ... ) Adalbertum
comitem A. als Graf im Rheingau aus (Meyer von Knonau, Rheingau;
Meyer-Marthaler 81). Mit der Urkunde war für Knapp (207) gleichzeitig
erwiesen, dass die seit Anfang des 9. Jahrhunderts bestehende "Personalunion
zwischen den Grafschaften im Linzgau und im Rheingau" vor 898 gelöst
worden sei. Bei diesem Schluß blieb unbeachtet, dass von 894 bis
ca. 905 sichere Nachrichten über die Verwaltung des Linz- und Argengaus
fehlen, Adalbert also auch hier amtiert
haben könnte. Neuerdings hat Bilgeri, ausgehend von einer anderen
Abgrenzung der Gaue (Ders., Besiedlung 9-11),
Adalbert
aufgrund der besprochenen Quelle selbst die Grafschaft im Argengau zugeschrieben
(Ders., Geschichte Vorarlbergs l 90ff.). Adalbert
soll, wie Bilgeri glaubt, die Verwaltung der N-Bodenseegebiete wahrgenommen
haben, seitdem Udalrich (V) wegen seiner Teilnahme am Aufstand Bernhards
(890) in Ungnade gefallen war. Tatsächlich ist der Rebell Udalrich
(V) jedoch 891 bereits wieder als Graf im Linzgau nachweisbar, während
894 derselbe und ein anderer Udalrich im Argengau amtiert haben. Erst geraume
Zeit nach dem Aufstand Bernhards scheint Adalbert
also nördlich des Bodensees Fuß gefaßt zu haben. Für
die Frage, wie lange Adalbert
hier tätig gewesen ist, darf man auf einen bisher nicht
beachteten Sachverhalt hinweisen. Durch eine der St. Galler Urkunden aus
dem Thurgau, datiert von ca. 897 (Nr. 709), bedingte sich nämlich
ein Tradent von Gütern in Goldach auf Lebenszeit die Anwartschaft
auf die Basilika von Manzeil im Linzgau aus. Die Archivare des Gallusklosters
haben diese ins Auge gefaßte Gegenleistung durch einen dorsualen
Vermerk explizit festgehalten und als Kapitelzahl XXX vermerkt, die auf
Manzell, nicht auf Goldach, paßt (Clavadetscher-Staerkle, Dorsuainotizen
154f., vgl. Staerkle, Rückvermerke I 63 mit Karte I ebd. im Anhang).
In der Grafenformel der Urkunde ist aber nur Adalbert
aufgeführt. Da die Übergabe der Güter zu Goldach
ad hoc erfolgte, muß man sicher den Namen in erster Linie auf den
Grafen im Thurgau beziehen; doch fragt es sich, ob Adalbert
nicht
zugleich als Amtswalter im Linzgau bezeichnet sein könnte. Allein
der zuerst behandelte Beleg von ?898 dürfte allerdings ausreichen,
Adalbert
als
Graf der Grafschaft am Nordufer des Bodensees zu charakterisieren;
der Argengau war nämlich damals schon jahrzehntelang mit dem Linz-
und wohl auch mit dem Alp- und dem Rheingau zu einem Comitat vereinigt
gewesen.
Die häufig wiederholte Angabe Meyer-Marthalers (76),
Adalbert habe auch den Comitat im Scherra innegehabt, entbehrt jeder
Grundlage in der Überlieferung (vgl. nach Meyer-Marthaler, Zotz 63,
Maurer 47, Schulze 123).
In den Jahren 903 (DD LdK Nrn. 20,23; das Falsifikat
D LdK Nr. 82 mit Zeugenreihe), 906 (D LdK Nr. 44) und 909 (D LdK Nr. 65)
hat ein Graf Adalbert bei Diplomen
Ludwigs
des Kindes interveniert; auch 904 weilte Adalbert
nach einer Lorscher "Privaturkunde" am Hof zu Ingelheim (BU I Nr. 86).
Wie ein Vergleich der Intervenienten- bzw. Zeugengruppen zeigen kann, befand
sich Adalbert jeweils in der Umgebung
alemannischer und rätischer Großer (s. Artt. Konrad II, Burchard,
Udalrich VI, Arnulf, Hugo, Adalgoz, Reginbold), so dass es erlaubt ist,
ihn mit Adalbert gleichzusetzen (Goetz 327, Borst 208; im Hinblick
auf DD LdK Nrn. 20 und 23 anders Tumbült, Albgau 159 A. 7). Bei 2
St. Galler Rechtsgeschäften waren einige der Magnaten, unter ihnen
Adalbert,
ebenfalls zugegen.
Adalbert wird in
den zitierten Urkunden wahrscheinlich immer mit, manchmal sogar unmittelbar
neben Burchard,
dem marchio von Rätien, genannt. Auf beide darf man die Nachricht
der Annales Alamannici (Cod. Modoctiensis) beziehen, dass Purghart,
Graf und Princeps der Alemannen, nach einem ungerechten Urteil getötet
wurde, während frater vero ipsius Adalbertus
nobilissimus atque iustissimus comes nutu episcopi Salomonis et quorundam
aliorum ermordet worden sei (Lendi 188; vgl. auch Annales Laubacenses ebd.
189). 911, im Jahr des Annalenberichts, hatte Burchard
nach Auffassung der Forschung, vielleicht mit Unterstützung seines
Bruders, versucht, den Dukat in Alemannien zu erlangen, war dabei aber
am Widerstand anderer weltlicher Großer und Salomons III. von Konstanz
gescheitert. Tatsächlich brechen die urkundlichen Belege für
Adalbert
und
Burchard
um 909/10 ab; im jüngeren St. Galler Necrolog aus dem 10./11. Jahrhundert
wird zum 6. Juni der obitus Adalberti comitis
vermerkt, den Dümmler und Wartmann auf Adalbert
bezogen haben (St. Galler Todtenbuch 43, vgl. 67). WarAdalbert
ein Bruder Burchards,
so gehörte er wie dieser zu den Söhnen Adalberts (II) "des
Erlauchten", seines Vorgängers im Amt des Thurgaugrafen.
Nach der von Clavadetzscher entdeckten St. Galler Urkunde
aus der Zeit von ca. 900-910 hat Wolfinus, der Sohn des Pfalzgrafen Gozbert,
seinen Verwandten (cognatus) Graf Adalbert
zum Vogt gehabt. Wahrscheinlich darf man Gozbert mit einem um die Jahrhundertwende
belegten Grafen gleichen Namens gleichsetzen (Gozbert II, III), der seinerseits
mit dem Rheinauer Restaurator Wolvene und dem Grafen Adalbert (II)
verwandt gewesen ist (s.a. Art. Wolvinus). So scheint auch der Vogt des
Wolfinus mit Adalberts "des Erlauchten" Sohn Adalbert
identisch gewesen zu sein.
Schon auf den toten Adalbert
bezieht sich offenkundig eine St. Galler Urkunde vom 5.4.912 (W II Nr.
768; Meyer-Marthaler 88 A. 224); nach ihrem Wortlaut hat Albrich damals
pro remedio anime senioris mei Adalberti seinen
Besitz in der Mark von Keßwil an das Galluskloster übertragen.
Albrich war sicher mit jenem gleichnamigen Vasallen Adalperts, eines Getreuen
König
ARNULFS, identisch, der 889 in pago Turgouue in comitatu Adalperti
Güter
in Uttwil, Langrickenbach, Keßwil und Altnau vom Herrscher zum Gebrauch
erhalten hatte (D Arn Nr. 51; Adalbert II). Man darf annehmen, dass er
im Dienst Adalberts "des Erlauchten" zu Königsgütern gekommen
war, von denen er nach den Ereignissen von 911 zugunsten des jungen Adalbert
eine Stiftung zum Seelenheil finanzierte.
In den Gedenkbüchern des KAROLINGER-Reiches
konnte Adalbert bisher
nicht nachgewiesen werden (vgl. Art. Adalbert II). Am ehesten darf man
an ihn wohl bei einem umfangreichen Eintrag im Gedenkbuch von St. Gallen
denken, der mit den Namen Adalb(er)tus
comes iunior, Liukart, Uuolfmunt, Odalrich beginnt (pag. 60,
vgl. Keller 25 A. 76).
Eine Namengruppe im Liber vitae von Brescia hat mindestens
folgenden Umfang. Adalbertus
comes, Odelricus, Manegoldus, Adelbertus,
Ropertus, Albericus, Burchardus, Adelinda, Rodlinda, Rumilda, Rodlinda
(Codice Necrologico-Liturgico Brescia 62). Da der an der Spitze stehende
Graf
Adalbert mit Adalbert (II), der auf ihn folgende Odelricus mit
Udalrich (V) identifiziert werden kann, ist der Eintrag um 900 zu datieren.
Nach Keller (22) war Manegoldus ein weiterer Sohn Adalberts (II) "des
Erlauchten". Der an 4. Position aufgeführte Adalbertus
könnte Adalbert gewesen sein,
zumal in der Namengruppe auch ein Burchardus erscheint.
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Literatur:
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Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer
und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1986 Seite 18,22,24,27,29-32,57,85-87,138,147,172,204,257,267 -
Borgolte
Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.
Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen
1984 Seite 96-98,109, 197,205,210,234,242,244,256 -
Hlawitschka
Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des
11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich
klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag
Sigmaringen 1987, Seite 64-67,71 -