Illegitimer Sohn des Grafen
Ramnulf II. von Poitou
Lexikon des Mittelalters: Band III Spalte 1507
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Ebalus „Manzer“(‚Bastard‘), Graf von Poitou
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+ 934/35
Sohn des Grafen Ramnulf II. von Poitou (+ 890) und ein Neffe des Erzkanzlers Ebalus, er stammte somit aus karolingischemGeschlecht.
Die von seinem Vater ererbte Herrschaft verlor Ebalus892, errang sie aber 902 mit Hilfe Herzog Wilhelms des Frommen, seines Verwandten, wieder. Berühmt wurde er durch den Sieg über die Normannen bei Chartres (911), den er mit Markgraf Robert von Neustrien und Herzog Richard von Burgund erfocht. 927 gewann er die Auvergne. Durch seinen Sohn Wilhelm III. Tete d’Etoupe‘ ist er der Stammvater der späteren Herzöge von Aquitanien.
Literatur:
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L.Auzias, L'Aquitaine carolingienne (778-987), 1937,
461ff. - K. F.Werner, Die Nachkommen Karls d. Gr. bis zum Jahr 1000 (Braunfels,
KdG IV), 455 Nr. 17 und 459 Nr.21 - W. Kienast, Der Herzogstitel in Frankreich
und Deutschland, 1968, 180ff., Stammtafel 176f - K. F. Werner, Hist. de
France, I: Les origines, 1984, 442f,460 -
VI. Generation
21
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Als Todesjahr des Ebalus Mancernennt
Brandenburg (VII, 40 unter den wahrscheinlichen Nachkommen. Zur irrigen
Generation siehe oben V,17) 932; Ebalus
urkundet aber noch 934 I, vgl. Auzias 462, Anmerkung 7, ferner zu den anderen
Lebensdaten, 441,476.
Die beiden Frauen, bei Brandenburg "892 Eremburge",
"vor 911
Emiliane", nach Richard, Poitou kennen wir aus Urkunden:
891 X 10 (ich zitiere nach Bibl. Nat. Coll. Baluze 76, fol. 158 und
161) sponsa eius (sc. Ebali)
nomine Aremburgis, quam
per sponsalia iura in futuris nuptitis oberratam habet, Arenburg/Irmburg
war damals also erst verlobt; 911 II (ich zitiere nach Bibl. Nat. Coll.
Moreau 4, fol. 3-3') domnum
Ebolum comitem
et ... zxorem eius
Emillane.
Ebalus "Mancer" wurde 892 vertrieben, kehrte aber 902 mit Hilfe Wilhelms des Frommen von Aquitanien in seinen Besitz zurück. 911 besiegte er im Bunde mit Robert von Neustrien und Richard I. von Burgund die Normannen bei Chartres. 918 beanspruchte er vergeblich die Nachfolge Wilhelms I. des Frommen, setzte sich aber 927 weitgehend als Herzog von Aquitanien und Graf von Auvergne durch.
Kienast Walter: Seite 175-183
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"Der Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis
12. Jahrhundert)"
Die Erbschaft Acfreds, mit dem das Haus AUVERGNE ausstarb,
fiel an Ebalus Manzer, den Grafen
von Poitou. Die Besitzungen der Dynastie Plantevelues waren, wie gesagt,
auf die Auvergne mit dem Velay und vielleicht das Limousin zusammengeschrumpft.
Dem Großvater Ebals,
Ramnulf
I. (+ 866?), hatte noch LUDWIG DER FROMME
(839) die große Grafschaft Poitou, die sechs pagi umfaßte,
übergeben. Wie seine ganze Familie ein getreuer Anhänger der
KAROLINGER, suchte er das Land vor den Normannen zu schützen,
gegen die er im Kampfe fiel (866). Sein Sohn und Nachflger Ramnulf
II. (+ 890?) griff beim Tode KARLS III.,
als die Einheit des fränkischen Reiches endgültig auseinanderbrach,
in die allgemeine Geschichte ein. Urenkel KARLS
DES GROSSEN, also ausgezeichnet durch Blutsverwandtschaft mit
dem Kaiserhause, Hüter des einzigen rechtmäßigen Nachkommen
KARLS
DES KAHLEN, des späteren
Karls
des Einfältigen, der noch im Kindesalter stand, mächtig
durch den Besitz von Poitiers, damals der reichsten Stadt des Südens,
Vetter und Freund Wilhelms des Frommen, des ersten Fürsten des Midi,
wollte er den Königsthron Aquitaniens besteigen. Damals drohte mit
der Unterbrechung der karolingischen
Thronfolge die Monarchie KARLS
DES KAHLEN in ihre Teile auseinanderzufallen. GRAF
WIDO VON SPOLETO ließ sich in Langres, Odo,
der ROBERTINER, in Compiegne zum König
des W-Reiches krönen. Der WELFE Rudolf errichtete
das juranische Königreich Burgund, nachdem sich Boso
von Vienne schon nach dem Tode Ludwigs
des Stammlers zum König der Provence aufgeworfen hatt.
Aber als Odo sich
im Norden durchgesetzt und WIDO verzichtet
hatte, gab Ramnulf
seine ehrgeizigen Pläne auf und schwor König
Odo Treue, der Anfang 889 mit geringer Begleitung über
die Loire gekommen war und den gefährlichen Neebnbuhler mit Gunstbezeugungen
überschüttete. Wie bedeutend Ramnulfs Stellung eingeschätzt
wurde, zeigt der Titel, den ihm ein Geschichtsschreiber gab: Herzog des
größten Teiles von Aquitanien, in geographischer Hinsicht sicher
eine Übertreibung, verglichen mit dem viel ausgdehnteren Territorien
Wilhelms des Frommen. Was den "dux" angeht, so wird das Wort hier genauso
unbestimmt verwendet wie im Munde von Chronisten auch sonst. Es bedeutet
nur Markgraf, großer Graf. Weder wurde Ramnulf der Titel vom
König "verliehen", noch hat er ihn selbst "usurpiert". Ein zweiter
Herzog von Aquitanien wäre übrigens notwendig ein Feind Wilhelms
des Frommen gewesen, dem Ramnulf in enger Freundschaft verbunden
war. Karolingische Amtsherzöge
konnte es in Aquitanien mehrere zugleich geben. Ein feudaler "Herzog der
Aquitanier" duldete keinen zweiten neben sich.
Für das Königtum Odos
blieb
Ramnulf
eine ständige Gefahr. Als er, der einer Einladung des
ROBERTINERS
an den Hof gefolgt war, dort plötzlich starb (890?), trug das dem
König bei einem späteren Chronisten den grundlosen Vorwurf des
Giftmordes ein.
Auf Ramnulf folgte sein junger Sohn Ebal
mit dem Beinamen
Manzer (890?-892,902-934/35),
das heißt Bänkling, da eheliche Nachkommen fehlten. Er wurde
aber bereits 892 vertrieben von Aymar, dem Sohne Emenons, eines früheren
Grafen von Poitou, der an Ramnulf I. seinen Comitat verloren hatte.
Erst 10 Jahre später gelang es Ebal (902)
mit Hilfe des mächtigen Herzogs Wilhelm des Frommen, seine Verwandten
und Wohltäters, an dessen Hof er aufgewachsen war, Aymar seinerseits
nach einem geglückten Überfall auf Poitiers zu verjagen und sich
seines väterlichen Erbes zu bemächtigen. Seine Teilnahme an dem
großen Normannensiege Roberts von
Franzieen und Herzog Richards von Burgund bei Chartres (911)
erhöhte seinen kriegerischen Ruf.
Im Jahre 927 fiel wie gesagt, mit dem Aussterben des
Hauses AUVERGNE das Erbe Wilhelms des Jüngeren und Acfreds an Ebal.
Wir haben dafür keine urkundlichen Beweise, aber die Nachricht Adhemars
von Chavannes ist wohl glaubwürdig, daß König
Rudolf dem Verwandten der alten Dynastie, der
Karl den Einfältigen nicht länger anerkannte, an der
Bestznahme nicht hinderte, statt, wie manche Gelehrte meinen, das Land
Raimund III. Pons, Grafen von Toulouse, bisher Rudolfs
entschiedenem
Gegner, der allerdings 932 dem König huldigte, zu übertragen.
Pons erscheint, wie wir noch sehen werden, 936 als Herzog von Aquitanien.
Wurde nun Ebal
auch "Herzog von Aquitanien"? In seinen Urkunden führt er ausschließlich
den Grafentitel. Die beiden Urkunden mit Intitulatio Ebals,
die ich kenne, zeigen bereits die erweiterte Form : comes Pictavorum. Sämtliche
Belege für einen erinfachen comes entfallen auf die Signa. Adhemar
nennt ihn zwar Herzog und stellt seinen Sohn Wilhelm
bei Regierungsantritt sogleich als dux vor, aber diese Titelverleihung
bedeutet für den offiziellen, das heißt urkundlichen Sprachgebrauch
nicht mehr als entsprechende Angaben anderer Chronisten.
Halten wir also fest: nur der Grafentitel ist für
Ebal
sicher
bezeugt. Daß er sich nach Erwerb der Auvergne auch Herzog genannt
habe, ist nicht unmöglich, aber eine unbeweisbare und unnötige
Annahme.
Ebal ist
934 oder
935 gestorben [Zum Todesjahr Auzias, Aq. 476 n. 40 für 934, während
Richard, Hist. I, 72 935 annimmt.
Sein Sohn Wilhelm
III. ist als Nachfolger erst 935 Dez., Ebal
zuletzt
934 Jan. n. 85, 12) sicher bezeugt. Bischof Frother von Poitiers, der nach
einer fälschlich auf 932 datierten Urkunde (Redet, S. Cypr. 90 nr.
126) von Ebal ab- und von Wilhelm
wieder eingesetzt wurde, amtet in einer Urkunde von 934 Dez., Monsabert,
Nouaille 81 nr. 46, wobei die Handlung nur auf 934 datiert ist, Dez. also
vielleicht nur für die Beurkundung gilt. Auzias schließt daraus,
Frother sei Dez. 934 schon wieder im Amte gewesen, aber vielleicht war
er 934 noch nicht seines Amtes enthoben.].
Werner Karl Ferdinand: Seite 471,490
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"Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"
Am 20. Juli 911 erfolgte der Gegenangriff der zu Hilfe
gerufenen und konzentrisch vereinigten Streitkräfte der
Markgrafen Robert von Neustrien und Richard von Burgund, den
sein mächtiger Vasall Manasses begleitete; außerdem beteiligten
sich noch die Leute des Grafen
Ebalus von Poitiers. 6.000 Normann fielen im Kampf.
Allerdings wurde dann RudolfsAutorität
von Graf Ebalus Manzer von Poitou respektiert,
der im Jahre 927 die Auvergne und die Oberhoheit über Aquitanien erbte.
Schwager, Helmut: Seite 41,43 Anm.172,121,145
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"Graf Heribert II. von Soissons"
Das aquitanische Herzogtum selbst war zwischen circa 880
und 960 umstritten unter den drei bedeutendsten Territorien der Aquitania,
den Grafschaften Poitou, Auvergne und Toulouse! Ende des 9. Jahrhunderts
rivalisierten besonders zwei Fürsten um den Herzogstitel, nämlich
Graf
Ramnulf II. von Poitou (866/678,878-890), der seit 888 den Herzogstitel
trug und zudem den unmündigen KAROLINGER
Karl III. hütete, und Graf Wilhelm I. der Fromme von der
Auvergne (886-918), der auch Markgraf von Gothien war, und der sich nach
890 gegen Graf Ebalus Manzer von Poitou (890/92,902-934/35),
den jungen Sohn
Ramnulfs
II., als Herzog von Aquitanien, der das Zentrum und den O der Aquitania
tatsächlich beherrschte, durchsetzen konnte.
Higounet, Aquitaine, 173/75 hält eher eine Teilung
des Erbes (Auvergne an Graf Ebalus Manzer,
der aquitanische Herzogstitel an Graf Raimund III. Pontius) für wahrscheinlich,
was aber meines Erachtens unsinnig ist, da der Mächtigere von beiden
(seit 924 eindeutig Graf Raimund III.) sich kaum mit dem bloßen Herzogstitel
begnügt haben dürfte; zudem war dieser zu jener Zeit anscheinend
bereits untrennbar mit dem Besitz der Auvergne verbunden. Flach, Origines
4,506 und 540; Auzias, Aquitain, 461/62, 465/67, 469 sowie 470/73; Richard,
Poitou, 65/66-70, Mabille, Aquitaine, 24 und 47; Lasteyrie, Limoges, 40/41
und Montaigu, Aquitaine, 117 sehen hingegen fälschlicherweise Graf
Ebalus Manzer von Poitou (+ 934/35) als
den Gesamterben an; als solcher wäre er angeblich bereits 926 von
König Ludwig IV. (damals als 6-jähriger noch im angelsächsischen
Exil!) bzw. nach anderen Ansichten vom 928 kurz befreiten König
Karl III. bestätigt worden.
Auch andere aquitanische Große wie Graf
Ebalus Manzer von Poitou (+ 934735), der Erbe des Hauses
"AUVERGNE", oder Ebbo von Deols huldigtemn dem BOSONIDEN.
Außerdem mußte König
Rudolf von hier aus die inneren Verhältnisse in der Aquitania
im Auge behalten, wo erbittert zwischen Graf Raimund III. Pontius von Toulouse
(+ 955/61) und Graf Ermengald von Rouerge (+ 937) gegen Graf
Ebalus Manzer von Poitou um den
Besitz der Grafschaft Auvergne gerrungen wurde.
10.10.891
1. oo Aremburgis
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911
2. oo Emiliana
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Kinder:
1. Ehe
Wilhelm III. Werghaupt
900-3.4.963
Ebalus Bischof von Limoges (944-963)
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977
Literatur:
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Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer
GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 21 - Kienast Walter:
Der Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis 12. Jahrhundert).
R. Oldenbourg Verlag München Seite 174-180 - Wien 1968 - Schwager,
Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf.
1994 Seite 41,43 Anm.172,121, 145,147 - Werner Karl Ferdinand: Die
Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)
Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben.
Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 459 -
Werner Karl Ferdinand:
Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch
Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 471,490 -