Zoe Karbonopsina                          Kaiserin von Byzanz
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um 880 nach 920 als Nonne Anna
 

Tochter des N.N.; Nichte des Admirals Himerios
 

Norwich John Julius: Band II Seite 148,153,158,161,166-176
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"Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches."

Die Nichte von Admiral Himeros "mit kohlrabenschwarzen Augen" wurde erst einmal die Geliebte des Kaisers Leon VI. Nachdem sie einer Tochter das Leben geschenkt hatte, gebar sie im September 905 einen Sohn, der klein und kränklich war, und am 6. Januar 906 auf den Namen Konstantin getauft wurde. Da Papst Sergius III. dem Kaiser Leon VI. einen Dispens für eine 4. Ehe erteilte, heiratete dieser Zoe im Jahre 906.
Nach dem Tode Leons VI. wurde Kaiserin Zoe mit all ihren Freunden und Beratern ohne viel Federlesen aus dem Palast gewiesen. Sobald Zoe vernahm, dass Kaiser Alexander im Sterben liege, verschaffte sie sich, zielstrebig um die Zukunft ihres Sohnes bemüht, wieder Zugang zum Palast. Sie wußte, dass Alexander wenige Monate zuvor vorgeschlagen hatte, ihn zu entmannen, um ihn für immer von der Thronfolge auszuschließen. Nur das Argument, dass ein solcher Schritt einen möglicherweise gefährlichen Aufschrei provozieren könnte und der Junge ohnehin schwach und kränklich sei, dass er nicht lange leben werde, vermochte ihn dazu zu bewegen, die Sache nochmals zu überdenken. Nun, da es den Anschein machte, als würde der Patriarch Nikelaos mächtigste Figur im Staat, wuchsen Zoes Befürchtungen noch. Nikolaos hatte den Dispens nie akzeptiert, mit dem sein Feind Eutymios ihre Ehe mit Leon anerkannt und ihren Sohn legitimiert hatte. Sie zweifelte nicht daran, dass er alles in seiner Macht Stehende unternehmen würde, um den jungen Konstantin vom Thron fernzuhalten - und war festentschlossen, seine Bemühungen zunichte zu machen.
Zoe kämpfte noch immer darum, die alte Stellung wiederzuerlangen, als der sterbende Kaiser noch einmal zu Bewußtsein kam und seinen Nachfolger ernennen konnte. Zu ihrer Erleichterung bestimmte er tatsächlich ihren Sohn Konstantin. Um so weniger muß sie sich jedoch gefreut haben, wen er in den erforderlichen Regentschaftsrat berief: Vorsitzender sollte kein anderer als Patriarch Nikelaos sein. Sie selbst aber gehörte nicht dazu. Zoe protestierte heftig. Noch nie in der byzantinischen Geschichte war der Mutter eines Kaisers und einer gekrönten Augusta der Sitz in einem solchen Rat verwehrt worden. Nikalaos wußte aber, dass er kein Risiko eingehen konnte. Ihre Stellung sowie die ihres Sohnes gingen auf eine Entscheidung von Euthymios zurück. Dadurch war sie gewissermaßen die Verkörperung von dessen Anhängerschaft schlechthin, sogar noch mehr als der alte Abt selbst, und daher automatisch schlimmste Konkurrentin des nun wieder herrschenden Patriarchen. Eine seiner ersten Handlungen als Regent bestand darin, sie verhaften, ihr das Haar scheren und sie in das ferne Euphemia-Kloster in Petrion verfrachten zu lassen. Nicht einmal ihren Namen durfte sie behalten. Schwester Anna sollte sie nun sein und weiter nichts mehr. Die Nachricht, dass Patriarch Nikolaos - der mitlerweile schwer unter dem Verdacht stand, zumindest zu Beginn in die DUKAS-Affäre verwickelt gewesen zu sein - geheime Verhandlungen mit dem bulgarischen König geführt hatte, brachte das Faß zum Überlaufen. Von dem Augenblick an begann der Rat auseinanderzubrechen. Im Februar 914 wurde Schwester Anna aus dem Nonnenkloster zurückgerufen, und sie setzte umgehend ihre Freunde und Berater wieder in ihre alten Ämter ein. Damit nahm einmal mehr eine Kaiserin die Regentschaft in die Hand.
Kein Wunder, dass sich die Kaiserin mit ihrem hauptsächlich aus Eunuchen bestehenden Beraterstab als weitaus fähigere Verwalterin des Reichs erwies als Nikelaos und sein Regentschaftsrat. Das einzige Hindernis war der alte Patriarch. Zuerst hatte Zoe vorgehabt, ihn ein zweites Mal durch Euthymios zu ersetzen. Mit einem gewissen Widerwillen erlaubte sie deshalb Nikolaos, im Amt zu bleiben, gleichzeitig warnte sie ihn jedoch davor, sich weiter in Angelegenheiten zu mischen, die ihn nichts angingen. Zweifellos muß es ihn aber fürchterlich geärgert haben, als Zoe ihre ohnehin bereits beträchtliche Popularität mit drei militärischen und politischen Erfolgen von sehr großer Bedeutung für die Sicherheit des Reichs noch steigern konnte.
Das erste war die Inthronisation von Aschot zum König von Armenien. Kaiserin Zoes zweiter Triumph bestand im wichtigen Sieg über ein großes moslemisches Heer, das von einem Stützpunkt in Tarsos aus einen Großangriff auf das Reichsgebiet lanciert hatte. Großer Jubel herrschte, als die Nachricht Konstantinopel erreichte. Und doch war dieser Erfolg nichts, verglichen mit dem dritten, den sie für Byzanz in der entgegengesetzten Ecke des Reichs errungen hatte, während sich Aschot wieder anschickte, in Armenien Fuß zu fassen. Im süditalienischen Thema Langobardien, direkt vor Capua, vernichtete der kaiserliche Strategos mit seinen Einheiten das sarazenische Heer. Damit erreichte das byzantinische Ansehen auf der italienischen Halbinsel das höchste Niveau seit dem Abzug von Nikephoros Phokas im Jahre 886. Bis zum Ende des Jahres 915 saß Kaiserin Zoe so fest im Sattel, dass sie nach Ansicht der Mehrheit ihrer Untertanen überhaupt nichts mehr falsch machen konnte.
Ein byzantinisches Heer unter dem Befehl des Domestikos Leon Phokas, Sohn des Befehlshabers Nikephoros, wurde am 20. August 917 von den Bulgaren außerhalb des kleinen Hafens Anchialos vernichtend geschlagen, wobei das gesamte byzantinische Heer niedergemetzelt wurde. Die Wut der Kaiserin, als sie von dem Debakel erfuhr, war nicht gering. Sie ordnete sofort eine offizielle Untersuchung des Verhaltens von Romanos Lakapenos an, und er wurde zur Blendung verurteilt. Zu seinem Glück - und, wie sich später herausstellen sollte, auch dem des Reiches - verwendeten sich ein paar seiner einflußreichen Freunde für ihn und erwirkten in letzter Minute, dass man ihn begnadigte. Zoes Vertrauen in Leon Phokas war trotz der so verheerenden Niederlage offenbar ungebrochen. Im selben Winter vertraute sie ihm ein weiteres Heer an, um die Bulgaren zurückzudrängen. Sie hatten erneut Ost-Thrakien überrollt und waren bis zu den Mauern Konstantinopels vorgedrungen. Leon hatte jedoch nichts vom militärischen Geschick seines Vaters geerbt. Er gelangte gerade bis Kasasyrte in den westlichen Außenbezirken der Stadt, da ereilte seine zweite Armee eine fast ebenso gründliche Niederlage wie die erste.
Dennoch stand Konstantinopel zu Beginn des Jahres 918 im Zeichen einer zunehmenden Krise. Nach zwei vernichtenden Niederlagen war Zoes Ruf angeschlagen, ihre Herrschaft ernstlich in Gefahr. Sie wußte, dass keine Aussicht auf eine Übereinkunft mit dem Bulgaren-König Symeon bestand. Er beharrte weiterhin auf einer Ehe zwischen ihrem Sohn Konstantin und seiner Tochter als Vorbedingung eines Abkommens. Zoe aber konnte sich noch immer nicht dazu durchringen, eine fremdländische Schwiegertochter auch nur in Erwägung zu ziehen. Um die nötige Unterstützung für die Rettung ihres wackligen Throns zu finden, mußte sie innerhalb des Reichs suchen. Nüchtern betrachtet kamen nur zwei Personen in Frage. Der erste war Leon Phokas, so diskredidiert er auch sein mochte. Er hatte sich nach der Schmach in Kasasyrte auf ihren Befehl nach Asien begeben, um Ordnung in die anatolischen Truppen zu bringen. Seit Konstantin Dukas' Sturz war die Familie, der er entstammte, zur anerkannten führenden Kraft innerhalb des reichen Landadels aufgestiegen. Leon war zudem Witwer, so dass Zoe eine Ehe mit ihm in Betracht ziehen konnte - ein Schritt, der ihre Position, geschweige denn die ihres Sohnes, enorm gestärkt hätte.
Die Alternative hieß Romanos Lakapenos. Er unterschied sich in zwei wichtigen Belangen von Leon: er war
1. weder von hoher Geburt noch gebildet, sondern hatte sich, aus bäuerlichen Verhältnissen
   stammend, aus eigenen Kräften hochgearbeitet, und war
2. obwohl auch er sich in den vergangenen Kämpfen nicht gerade ausgezeichnet hatte, immerhin nicht
    besiegt worden. Sein großes Flaggschiff lag auch jetzt stolz im Goldenen Horn vor Anker, umgeben
    von der kaiserlichen Flotte: eine Zurschaustellung der Seemacht, die ihre Wirkung auf die
    byzantinische Bevölkerung nicht verfehlte, vor allem im Vergleich zum Zustand ihrer Armee - und
    an dem war, wie wohl alle wußten, hauptsächlich Leon Phokas schuld.
Die Kaiserin zog schließlich doch den properen, aristokratischen Feldherrn dem ungebildeten, fremden Emporkömmling vor. Sie ließ Leon in den Palst kommen, und innerhalb weniger Wochen gehörte er zu ihren engsten Mitarbeitern und vertrautesten Beratern. Sie hatte indes Macht und Einfluß der öffentlichen Meinung ernstlich unterschätzt. Konstantins VII. Lehrer Theodor schrieb einen Brief an Romanos Lakapenos und bat ihn um seinen Schutz. Zweifellos nach Absprache mit Phokas, gab Kaiserin Zoe ihrem alten Freund und Berater, Parakoimomenos Konstantin, den Auftrag, Romanos in ihrem Namen zu befehlen, seine Seeleute auszuzahlen und die Flotte umgehend aufzulösen. Dieser reagierte überaus höflich und bat Konstantin an Bord seines Flaggschiffes, wo er sofort gefangengesetzt wurde.
Die Verhaftung ihres bedeutenden Vertreters war ein vorsätzliche Beleidigung und eine Kampfansage an die Kaiserin. Zoe sandte eine Abordnung an Romanos mit der Forderung nach einer Erklärung, und diese wurde von einem Steinhagel begrüßt. Alarmiert berief sie umgehend eine Sitzung ihrer Magistraten im Bukoleon ein - und mußte erkennen, dass diese die Seite gewechselt hatten. Ihr eigener Sohn, der Knabe Konstantin Porphyrogennetos, verlas eine Erklärung, in der seiner Mutter, der Kaiserin, verkündet wurde, ihre Regentschaft sei zu Ende und werde zukünftig gemeinsam von Patriarch Nikolaos und dem Magistraten Stephanos, einem weiteren Mitglied des früheren Rates, übernommen. Am Morgen danach erschien ein Trupp Soldaten, um Kaiserin Zoe erneut in das Euphemiakloster zu verfrachten. Erst nachdem Konstantin unter Tränen lange darum gefleht hatte, durfte sie schließlich, allerdings entmachtet, im Palast bleiben.
Kaum einen Monat später (August 920) stellte Romanos Konstantins Mutter Zoe mit dem Vorwurf unter Anklage, sie habe versucht, ihn zu vergiften. Ob an dem Verdacht etwas Wahres war, werden wir nie erfahren. Grund genug hätte sie gehabt, aber da ihm in seiner Skrupellosigkeit jedes Mittel recht war, zum Ziel zu gelangen, kann er die Anklage auch als Vorwand benutzt haben, um sie endgültig aus dem Weg zu schaffen. Der Verdacht genügte jedenfalls, um Kaiserin Zoes Schicksal zu besiegeln. Wieder wurde ihr das Haar geschoren, wieder mußte sie ins rauhe Nonnengewand schlüpfen, und wieder schloß sich das schwere Tor des Euphemiasklosters hinter der widerstrebenden Schwester Anna.
 
 
 
 

9.1.906
  oo 4. Leon VI. der Weise Kaiser von Byzanz
           1.9.866 11.5.912
 
 
 
 

Kinder:

  Tochter
  90 3

  Konstantin VII. Porphyrogennetos
  September 905 9.11.959
 
 
 
 

Literatur:
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Collenberg, Weyprecht Hugo Graf Rüdt von: Wer war Theophano? Seite 59 - Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993 Band II Seite 148,153,158,161,166-176 -