Nikephoros Bryennios der Ältere   Gegen-Kaiser von Byzanz 1077
----------------------------------------
    nach 1078
 

Sohn des Strategen Nikephoros Bryennioi von Kappadokien und Makedonien
 

Lexikon des Mittelalters: Band II Spalte 799
********************
Bryennioi
------------

Nikephoros (?) Bryennioi, Stratege von Kappadokien und Makedonien, nahm 1057 an der Verschwörung teil, die Isaak Komnenos auf den Thron brachte, der Strateg selbst aber wurde gefangegenommen und geblendet. Sein Sohn Nikephoros, Dux von Dyrrhachion und Sieger über die aufständischen Slaven im Jahre 1072, ließ sich 1077 zum Kaiser ausrufen und versuchte, nachdem er die europäischen Truppen vereinigt hatte, Konstantinopel einzunehmen. Der asiatische Adel aber war auch diesmal stärker, und der neue Kaiser Nikephoros Botoneiates (gekrönt am 3. April 1078) entsandte sogleich seinen Feldherrn, den späteren Kaiser Alexios Komnenos, gegen Nikephoros Bryennioi, welcher dem KOMNENEN unterlag.



Norwich John Julius: Band II Seite 439-441,444,453,455
*****************
"Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches."

Romanos brach mit seinem anderen Oberbefehlshaber, Nikephoros Bryennios, und dem Rest seiner Truppen zur kleinen Festungsstadt Mantzikert auf, von der er annahm, sie würde keinen großen Widerstand leisten. Wie sich herausstellte, traf dies ganz und gar zu: die Garnision kapitulierte kampflos. Bereits am nächsten Tag wurden ein paar Männer auf einenm Erkundungsstreifzug von berittenen seldschukischen Bogenschützen überfallen und erlitten schwere Verluste. In der Annahme, er habe es nur mit einer Handvoll Plünderer zu tun, sandte der Kaiser eine kleine Abordnung unter Bryennios los - und bekam einen Wutanfall, als ein, zwei Stunden später die Bitte um Verstärkung eintraf. Nach einigem Zögern sandte er eine um etliches größere Einheit unter der Führung eines impulsiven Armeniers namens Basilakios zu Hilfe. Sie versuchten, die Bogenschützen zu verfolgen, wurden jedoch in eine Falle gelockt und umzingelt. Basilakios geriet in Gefangenschaft, aber nur wenige aus seinem Gefolge kamen mit dem Leben davon. Bryennios ritt erneut los - diesmal den gesamten rechten Flügel des Heers hinter sich -, um seine Retter zu retten, und sah sich einem offenbar beträchtlichen Teil des seldschukischen Heeres gegenüber. Der Rückzug ins Lager erfolgte zwar geordnet, jedoch erlitt Bryennios dabei nicht weniger als drei Wunden, zwei von Pfeilen in den Rücken und eine von einer Lanze in die Brust. Zum Glück waren alle Verletzungen nur geringfügiger Natur, und er konnte den Feldzug fortsetzen.
In jener Nacht ging kein Mond am Himmel auf - und es gab nur wenig Schlaf für das byzantinische Heer. Die Seldschuken übten unerbittlich Druck aus, sandten Pfeilhagel um Pfeilhagel und verursachten soviel Aufruhr und Verwirrung in der Dunkelheit, dass man ein ums andere Mal glaubte, sie hätten die Verteidigungslinie durchbrochen und das Lager überrollt. Am nächsten Morgen war es für alle eine angenehme Überraschung zu sehen, dass die Palisaden gehalten hatten - aber eine höchst unangenehme zu hören, dass ein großes Kontingent von uzischen Söldnern zum seldschukischen Feind übergelaufen war. Es gab noch mehrere andere türkische Einheiten im Heer, und sie alle konnten deren Beispiel jederzeit folgen. Angesichts dieser Umstände und der Tatsache, dass die Hälfte seiner Armee mitsamt einem seiner besten Feldherren spurlos verschwunden war, hätte man von Kaiser Romanos erwartet, dass er die Delegation, die ein, zwei Tage darauf eintraf, willkommen hieß. Offiziell kam sie vom Kalifen in Bagdad, aber in Tat und Wahrheit offensichtlich von Alp Arslan, der sie in der Hoffnung sandte, man werde sie gnädiger empfangen, als wenn es hieß, sie komme von ihm. Sie schlug einen Waffenstillstand vor.
Wir fragen uns vielleicht, weshalb der Sultan freiwillig zu einem Waffenstillstand bereit war? Höchstwahrscheinlich weil er sich weit von einem sicheren Sieg entfernt wähnte. Wir wissen, dass er kurz vor Beginn der Kämpfe von einem möglichen Martyrium auf dem Schlachtfeld sprach. Er kleidete sich ganz in Weiß, in ein Kleidungsstück, so erklärte er, das ihm auch als Totenhemd dienen könnte. Auch ließ er alle um sich herum schwören, dass sein Sohn Malik-Schah im Falle seines Ablebens die Nachfolge übernehmen würde. Bis dahin hatten sich die Seldschuken stets auf ihr Geschick in einer unsystematischen Kriegführung mit Überfällen, Hinterhalten und Überraschungsangriffen verlassen. Sie mochten offene Schlachten nicht und vermieden sie, wo sie nur konnten. Trotz der vor kurzem erfolgten byzantinischen Demütigungen hatten die türkischen Truppen noch immer einen heilsamen Respekt vor der kaiserlichen Armee. Vor allem aber gab es vom Standpunkt des Sultans aus überhaupt einen vernünftigen Grund für den Kampf? Die einzige ernsthafte politische Meinungsverschiedenheit betraf Armenien, eine sowohl für Alp Arslan als auch für Kaiser Romanos strategisch wertvolle Region. Man brauchte sich lediglich auf eine für beide Seiten akzeptable Teilung zu einigen, dann konnten beide Heere unversehrt abziehen - und Alp Arslan sein Augenmerk wieder ganz auf das widmen, was ihn wirklich interessierte: das fatimidische Kalifat.
Allein, der Entscheid des Kaisers war bereits gefallen. Er wußte, dass dies die einzige Chance war, das Reich ein für allemal von der türkischen Bedrohung zu befreien. Alp Arslan stand mit seinem gesamten Heer nur wenige Kilometer entfernt. Er selbst befehligte trotz des Debakels von Khelat noch immer eine Streitmacht, die zwar nicht gleich groß war wie die türkische, jedoch größer als jede, die er jemals wieder würde ausheben können. Und zu guter Letzt muß er sich folgendes überlegt haben: Welche Chancen, den Thron - oder gar sein Leben - zu bewahren, blieben ihm denn angesichts der Intrigen der DUKAS, wenn er nach Konstantinopel zurückkehrte, ohne dass es überhaupt zu einem Kampf gegen die Seldschuken gekommen war? Er entließ die Gesandtschaft deshalb mit dein Minimum an Höflichkeit und machte sich zur Schlacht bereit.
Es ist eine eigenartige und etwas frustrierende Tatsache, dass man sich offenbar weder über das Datum noch über den Ort einer der folgenreichsten Schlachten der Weltgeschichte einig werden kann. In den moslemischen Chroniken heißt es einmütig, sie habe an einem Freitag stattgefunden, und zwar zweifellos im August. In der historischen Forschung streitet man sich jedoch noch immer darüber, ob es der 5.,12.,19. oder 26. August war. Die meisten europäischen Untersuchungen halten offenbar den 19. für am wahrscheinlichsten. Dabei wird aber ein wichtiger Hinweis außer acht gelassen, der Umstand nämlich, dass Michael Attaleiates - der mit dabei war - die zweit- oder drittletzte Nacht vor der Schlacht als mondlos (aselenos) schildert. Im August des Jahres 1071 war, nach dem Julianischen Kalender, am 13. Vollmond. Dies würde heißen, dass am 16. und 17 die Nächte noch immer hell waren, am 23. und 24. aber schon viel dunkler, erschien doch der Mond dann nur noch eine oder zwei Stunden vor der Morgendämmerung als schmale Sichel. Wenn wir die Möglichkeit ausschließen, dass Attaleiates nur meinte, der Himmel sei bedeckt gewesen - zu der Jahreszeit in jener Gegend höchst unwahrscheinlich -, hieße dies für uns, dass das Schicksal des Byzantinischen Reichs am Freitag, dem 26. August 1071, besiegelt wurde.
Was den Ort betrifft, so wissen wir, dass die Schlacht auf einer ziemlich flachen Steppe ausgetragen wurde, im Umkreis von zwei bis drei Kilometern der Festung von Mantzikert (wo heute die türkische Stadt Malazgirt steht). Der Chronist Nikephoros Bryennios, ein Enkel und Namensvetter von Romanos' Feldherrn und eine weitere wichtige Quelle, fügt hinzu, dass die byzantinischen Truppen im Endstadium der Schlacht in Hinterhalte gerieten. Da Steppen wenig Verstecke bieten, heißt das, dass es auch hügeliges Gelände in der Nähe gegeben haben muß. Nun ist Armenien ein gebirgiges Land, aber es gibt in der Tat eine solche Steppe von etwa fünf bis sechs Kilometern auf einer Südwest-Nordost-Achse unmittelbar südöstlich von Mantzikert erstreckt. Dahinter zieht sich ein von Sturzbächen und Schluchten zerklüfteter Hügelzug - ein ideales Gebiet für Hinterhalte - wieder zu den Bergen hinauf. Irgendwo auf dieser gegen 100 Quadratkilometer messenden Ebene stellten sich die beiden Heere also an frühen Nachmittag einander gegenüber auf. Die Schlacht begann.
Oder kann man das gar nicht sagen? Tatsache ist, dass sich das vor Mantzikert trotz seiner überragenden  historischen  Bedeutung bis auf den allerletzten Abschnitt kaum als richtige Schlacht bezeichnen läßt. Romanos hatte sein Heer, wie in den traditionellen Armeehandbüchern angegeben, in einer langen Linie formiert, mehrere Reihen tief, die Kavallerie zu beiden Seiten. Er selbst bezog in der Mitte Stellung, Bryennios zu seiner Linken und ein kappadokischer General namens Alyattes zu seiner Rechten. Dahinter stand eine beträchtliche Nachhut, die, wie es heißt, aus dem "Aufgebot des Adels" bestand: es handelte sich um die persönlichen Einheiten von Großgrundbesitzern; sie stand, etwas überraschend, unter der Führung von Andronikos Dukas, dem Sohn des Cäsars Johannes Dukas und Neffen des verstorbenen Kaisers Konstantin X. Der junge Mann scheint keinen Hehl aus seiner Verachtung für Romanos gemacht zu haben. Es verwundert deshalb, dass ihm dieser überhaupt gestattete, am Feldzug teilzunehmen. Vermutlich hielt er es für sicherer, ihn als potentielle Geisel in unmittelbarer Nähe zu haben, als ihn in Konstantinopel zurückzulassen, wo er ihm Schwierigkeiten bereiten konnte. Wenn es sich so verhält, sollte es sich als der größte Fehler seines Lebens erweisen.
Den ganzen Nachmittag lang rückte das kaiserliche Heer über die Steppe vor. Anstatt ihm jedoch entgegenzutreten, zog sich der seldschukische Gegner in einem weiten Bogen langsam zurück und überließ die Initiative seinen berittenen Bogenschützen, welche die byzantinischen Flanken entlang auf und ab galoppierten und sie mit Pfeilen übersäten. Wutentbrannt durchbrach daraufhin die Reiterei ihre Linie und verfolgte sie in das Vorgebirge hinein und - man braucht es kaum zu erwähnen - direkt in die sorgsam vorbereiteten Hinterhalte. Für den zunehmend frustrierten Kaiser in der Mitte blieb die Stelle, wo der Feind hätte sein sollen, jedoch leer. Er ritt immer weiter und weiter, offenbar in der Annahme, dass die gegnerischen Truppen wenden und sich dem Kampf stellen müßten, sobald sie die Berge erreichten. Dann erkannte er, dass die Sonne rasch unterging und er sein Lager so gut wie unverteidigt zurückgelassen hatte. Eine weitere Verfolgung hatte keinen Sinn mehr - wenn er denn überhaupt je jemanden verfolgt hatte. Er ließ die kaiserlichen Standarten wenden, gab damit das vereinbarte Signal zur Umkehr und wendete sein Pferd.
Auf diesen Augenblick aber hatte Alp Arslan gewartet. Von seinem Beobachtungsposten in den Hügeln aus hatte er jede Bewegung von Romanos und seinem Heer beobachtet. Jetzt, und erst jetzt, gab er den Befehl zum Angriff. Als seine Männer auf die Steppe hinunterströmten, brachen die byzantinischen Reihen in größter Verwirrung auseinander. Einige Söldnereinheiten, die sahen, dass die Standarte gewendet worden war und die Bedeutung dessen nicht verstanden, wähnten den Kaiser tot und flohen. Unterdessen stellten sich die Seldschuken direkt hinter der byzantinischen Front quer und schnitten sie so von der Nachhut ab. In diesem Augenblick hätte die Nachhut ihre Existenz rechtfertigen und vorrücken müssen, um den Feind zwischen sich und den regulären Einheiten einzuschließen und ihm die Flucht zu verunmöglichen. Statt dessen verbreitete Andronikos Dukas bewußt unter seinen Männern das Gerücht, der Kaiser sei geschlagen und die Schlacht verloren. Darauf flohen sie. Je mehr die Panik um sich griff, desto mehr Einheiten folgten ihnen. Lediglich die Reitertruppen am linken Flügel ritten dem Kaiser zu Hilfe, als sie erkannten, in was für Schwierigkeiten er steckte. Die Seldschuken stürzten sich jedoch von hinten auf sie, und so mußten auch sie bald ihr Heil in der Flucht suchen.
Inmitten seiner persönlichen Garde hielt Romanos die Stellung und brüllte seinen Truppenverbänden vergeblich zu, sie sollten sich wieder sammeln. Chaos und Verwirrung waren zu groß. Attaleiates beschreibt es folgendermaßen:

Außerhalb des Lagers war alles auf der Flucht, alle schrien Unzusammenhängendes und sprengten ohne Ordnung umher; niemand konnte sagen, was genau vor sich ging. Einige behaupteten, der Kaiser kämpfe noch immer mit dem Rest seines Heeres und die Barbaren seien in die Flucht geschlagen, andere, er sei getötet oder gefangen. jeder hatte etwas anderes zu berichten... Es war wie ein Erdbeben. das Gebrüll, der Schweiß, die Wellen der Angst, die Staubwolken und nicht zuletzt die türkischen Horden, die überall um uns herumritten. Je nach seiner Behendigkeit, Entschlossenheit und Stärke suchte jedermann sein Heil in der Flucht. Der Feind folgte ihnen dicht auf den Fersen, brachte die einen um, nahm andere gefangen und zertrampelte wieder andere unter den Hufen der Pferde. Es war eine Tragödie, ein Anblick jenseits aller Trauer oder Klage. Was könnte in der Tat entsetzlicher sein, als die ganze kaiserliche Armee auf der Flucht zu sehen, geschlagen und verfolgt von grausamen, unmenschlichen Barbaren; der Kaiser hilflos und von mehr und mehr Feinden umgeben, die kaiserlichen Zelte, Symbole der militärischen Macht und Überlegenheit, von diesen Männern übernommen, der ganze römische Staat zugrunde gerichtet - im Wissen, dass das Reich selbst am Rande des Zusammenbruchs stand?
Wer überlebte? Nur gerade jene, die rechtzeitig geflohen waren. Die armenischen Soldaten hatten auch in guten Zeiten nur wenig für Byzanz und seine Leute übrig. Diese hatten ihr Land erobert und verfolgten auch jetzt noch ihre Familien, weil sie ihren Glauben aufrechterhalten wollten. Die Söldner sind weniger zu bedauern. Sie waren dem Reich zwar gefühlsmäßig nicht verbunden und verständlicherweise über die Diskriminierung durch den Kaiser erzürnt, der seine einheimischen Truppen unverhüllt bevorzugte. Sie standen jedoch unter Vertrag, und ihr Sold war bezahlt. Sie verhielten sich zwar kaum schlimmer als alle Söldner auf der ganzen Welt, aber ein bißchen mehr Einsatz hätten sie schon beweisen dürfen. Die einzigen wirklichen Bösewichte waren jene aus dem "Aufgebot des Adels", welche die Nachhut bildeten, sowie ihr Befehlshaber Andronikos Dukas. Ihre schmähliche Flucht lag vermutlich eher in Verrat als in Feigheit begründet, und dies macht sie um kein Jota entschuldbarer.
Es gab noch einen weiteren Überlebenden: Romanos Diogenes. Obwohl praktisch allein auf weiter Flur gelassen, widerstand er tapfer der Versuchung zu fliehen und kämpfte bis zum Schluß wie ein Löwe. Erst als sein Pferd unter ihm fiel und seine Hand so zerfetzt war, dass er das Schwert nicht mehr halten konnte, ließ er sich gefangennehmen. Seine Häscher müssen gewußt haben, wen sie da ergriffen. Dennoch erhielt er keine Sonderbehandlung. Die ganze Nacht lag er unter den übrigen Verwundeten und Sterbenden und wurde erst am folgenden Morgen dem Sultan vorgeführt: im Gewand eines gewöhnlichen Soldaten und in Ketten gelegt.
Die Herrschaft Michaels VII. ging so katastrophal weiter, wie sie begonnen hatte. Ein Jahr nach Mantzikert kam es in Bulgarien zu einem gefährlichen Austand. Es war weitgehend den Anstrengungen Nikephoros Bryennios' zu verdanken, daß das reich schließlich die Kontrolle wiedererlangte, allerdings zu einem sehr hohen Preis.
Als Byzanz deshalb ein, zwei Jahre später einer erneuten und viel gefährlicheren Revolte gegenüberstand, wurde Roussel aus der Gefangenschaft entlassen und kämpfte Seite an Seite gegen zwei neue Thronanwärter. Der erste hieß Nikephoros Bryennios. Nachdem er sich in Mantzikert ausgezeichnet hatte, war er zum Dux (Gouverneur) von Dyrrhachion ernannt worden und dort hauptsächlich für die Niederschlagung des slawischen Aufstandes von 1072 verantwortlich gewesen. Da er nicht mehr bereit war, die Unfähigkeit Michael Parapinakes' und seiner Regierung hinzunehmen - und er außerdem gehört hatte, daß der Eunuch Nikephoritzes ein Attentat auf ihn plante -, probte er im November 1077 den Aufstand und marschierte in seiner Hauptstadt Adrianopel ein, wo er sich zum Basileus ausrufen ließ. Schon einige Wochen später stand er mit seinem Heer vor den gewaltigen Mauern von Konstantinopel.
Seinem Aufstand hätte durchaus Erfolg beschieden sein können - hätte nicht beinahe gleichzeitig im Osten eine ähnliche Revolte stattgefunden. Deren Anführer hieß ebenfalls Nikephoros, aber mit Nachnamen Botaneiates, und amtierte als Strategos im Thema Anatolikon. Er ist überdies bereits an anderer Stelle einmal kurz in dieser Geschichte aufgetaucht, nämlich als Ehekandidat von Kaiserin Eudokia, bevor sie das Erscheinen von Romanos Diogenes diese Idee verwerfen ließ. Romanos aber hatte Botaneiates ganz bewußt vom Mantzikert-Feldzug ausgeschlossen, vermutlich weil er an seiner Loyalität zweifelte. Der Feldherr war darauf auf seine ausgedehnten Ländereien in Anatolien zurückgekehrt, wo er kurz nach Michaels Thronbesteigung sein gegenwärtiges Amt übernahm. Nun erhob auch er, vermutlich aus demselben höchst ehrenwerten Motiven, wie Bryennios, die Waffen gegen den Kaiser.
Von den beiden Kandidaten war Bryennios als Feldherr überlegen, Botaneiates dagegen als Angehöriger der PHOKAS und damit Mitglied der alten Militäraristokratie von weit vornemerer Abkunft; außerdem befand er sich in einer stärkeren Position, insbesondere da es ihm gelungen war, die seldschukischen Streitkräfte zubestechen, die Michael gegen ihn in Dienst gestellt hatte. Weder Bryennios noch Botaneiates unternahm einen direkten Angriff auf Konstantinopel. Aufgrund geheimer Verhandlungen zu entsprechenden Kreisen wußten sie sehr wohl, daß die allgemeine Unzufriedenehit über de steigenden Preise bald eine Entscheidung erbeiführen mußte. Und sie sollten recht behalten. Im März des Jahres 1078 brachen überall in Konstantinopel Unruhen aus. Viele Regeirungs- und andere öffentliche Gebäude, daruner auch Nikephoritzes' neuer Kornspeicher, wurden niedergebrannt, er selbst von der Menge ergriffen und zu Tode gequält. Der erbärmliche Michael, der gerade noch das Glück hatte, mit dem Leben davonzukommen, dankte umgehend ab und zog sich ins Studioskloster zurück. Am 24. März zog Nikephoros Botaneiates im Triumph in Konstantinopel ein. Dort ließ er als erstes seinen Rivalen Bryennios festnehmen und blenden.

Runciman, Steven: Seite 68-69,70
***************
"Geschichte der Kreuzzüge"

Nikephoros Botaneiates fand das Leben eines Aufrührers leichter als das eines Herrschers. Andere Heerführer folgten seinem Beispiel. Auf dem westlichen Balkan rief sich Nikephoros Bryennios, der Statthalter von Dyrrhachion, zum Kaiser aus und zog die Soldaten der europäischen Provinzen unter seine Fahnen. Alexios Komnenos wurde gegen ihn mit einer kleinen Streitmacht unausgebildeter Griechen und einiger Franklen ausgesandt, die wie üblich desertierten. Nur das rechtzzeitige Eintreffen einiger türkischer Söldner ermöglichte es ihm, Bryennios zuschlagen.
 
 
 
 

Literatur:
-----------
Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993 Band II Seite 439-441,444,453,455; Band III Seite 15  - Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge, Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978 Seite 68-69,70 -