Michael I. Rhangabe                   Kaiser von Byzanz (811-813)
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    11.1.844
 

Sohn des Patricius Theophylactus
 

Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 597
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Michael I., byzantinischer Kaiser 811-813
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* 2. Hälfte 8. Jh., 11. Januar 844

Sohn des Theophylaktos, was bereits auf die zweite Generation dieses vielleicht slavischen Familiennamens hinweist

Sein Vater hatte schon die Würde eines Patrikios und den Rang eines Drungarios, als er 781 nach einer Usurpation verbannt wurde. Michael I. (oo Prokopia, Tochter NikephorosI.) war Kuropalates und wurde, angesichts der schweren Verwundung des Kaisers Staurakios, in einer Art Staatsstreich am 2. Oktober 811 zum Kaiser ausgerufen. In seine Regierungszeit fielen die Anerkennung des Kaisertums KARLS DES GROSSEN, aber auch erneute Vorstöße der Bulgaren, die er nicht genügend abwehren konnte. Er wurde daher am 11. Juli 813 abgesetzt, floh mit seinen Söhnen Theophylakt und Niketas in ein Kloster (Theotokos tu Pharu) und wurde Mönch.



Thiele, Andreas: Tafel 195
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band III Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser Ergänzungsband"

PROKOPIA
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  oo MICHAEL I. "RHANGABE"
             †  840

Michael I. Rhangabe war General und wurde 811 vom Heer und Senat an Stelle seines Schwagers Staurakios zum Kaiser gewählt. Er geriet unter den Einfluß der mönchischen Zelotenpartei (Abt Theodor von Studion), anerkannte 812 das Kaisertum KARLS DES GROSSEN, aber nicht dessen Gleichrangigkeit. Michael I. verlor 813 die Schlacht bei Versinikia gegen den Bulgaren-Khan Krum und mußte abdanken.



Michael I. Rhangabe war der Schwiegersohn und Palastmarschall des Kaisers Nikephoros I. Er stürzte nach dem Tode seines Schwiegervaters seinen Schwager Staurakios und setzte sich am 2.10.811 selbst die Krone auf. Michael war ein feuriger Bilderverehrer und treuer Diener der Kirche. Nachdem ihn der Bulgaren-Khan Krum am 22.6.813 bei Adrianopel besiegt hatte, nötigte ihn die Armee am 10.7.813 zum Rücktritt. Er starb als Mönch.

Norwich John Julius: Band II Seite 20-28
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"Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches."

Unter der Handvoll Überlebenden der Schlacht bei Verbika befand sich Michael Rangabe, der Schwiegersohn des Kaisers Nikephoros. Dass er die tödliche Schlacht überlebt hatte, grenzte an ein Wunder und wurde von vielen als ein Zeichen ausgelegt, dass er göttlichen Schutz genieße. Aus Gründen, die nicht auszumachen sind, haßte ihn Staurakios jedoch und machte den schwachen Versuch, seine Frau Theophano zu seiner Nachfolgerin zu ernennen. Aber er war nicht in der Lage, seinen Plan durchzusetzen. Entsprechend wurde am 2. Oktober 811 ohne Zustimmung des sterbenden Kaisers und ohne sein Wissen Michael gekrönt und zum Basileus ernannt - der erste in der Geschichte von Byzanz, der einen hebräischen Namen trug. Staurakios wurde trotz seines Zustandes eilig in ein Kloster verfrachtet, wo ihn drei Monate später endlich der Tod ereilte.
Kaiser Michael I. stand im besten Alter. Es heißt bewundernd, das volle Gesicht sei von dichten, dunklen Lockengewirr und einem Bart umrahmt gewesen. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass sich unter den Gaben, die der Himmel ihm geschenkt hatte, weder die Intelligenz noch die Charakterfestigkeit befanden. Er erwies sich als willensschwach und leicht lenkbar, eine Marionette, die sich von allen führen ließ, denen es gelang, die Fäden in die Hand zubekommen. Da er tief religiös war, verwundert es nicht, dass die einflußreichsten Personen, die ihn während seiner kurzen Regierungszeit manipulierten, die führenden Kirchenmänner jener Zeit waren: Nikephoros, der Patriarch von Konstantinopel, und Theodor von Studios.
Der sterbende Staurakios hatte sich der Nachfolge von Michael Rangabe nicht zu Unrecht widersetzt. Gäbe es den Friedensvertrag mit KARL DEN GROSSEN nicht, bei dem ihm zu seinem Glück die Federführung zufiel, müßte man die Herrschaft dieses glücklosen Monarchen als die reine Katastrophe bezeichnen. In auffallendem Gegensatz zu seinem Vorgänger waren er und seine Frau Prokopia, deren Krönung nur zehn Tage nach seiner eigenen stattgefunden hatte, entsetzlich verschwenderisch. Sie verschenkten Unsummen an Kirchen und Klöster und - so machte es zuweilen den Anschein - an alle, die darum baten. Nur auf einem Gebiet weigerte sich Michael offenbar, Geld locker zu machen oder überhaupt Interesse aufzubringen: für die Verteidigung des Reichs und alles, was damit zusammenhing.
Dabei hätte es das Reich wieder einmal besonders nötig gehabt. Ermutigt durch seinen Sieg im Jahr zuvor hatte Krum im Frühjahr 812 Develtos eingenommen, eine befestigte byzantinische Stadt am Schwarzen Meer. Er kontrollierte nun die Küstenstraße nach Süden. Im Juni machte sich Michael auf, um ihm entgegenzutreten. Das neu einberufene Heer, das noch keinerlei Erfahrung hatte und überhaupt nicht ausgebildet war, revoltierte jedoch praktisch auf der Stelle, und Michael war zur Umkehr gezwungen. Zwangsläufig verbreitete sich die Nachricht von seinem Rückzug wie ein Lauffeuer durch Thrakien und Makedonien. Die dortige Bevölkerung erkannte, dass sie nun Krum und seinen Truppen ausgeliefert war, und ergriff panikartig die Flucht. Derartige Panik erwies sich als unbegründet, zumindest zu jenem Zeitpunkt. Krum ist zugute zu halten, dass er keinen Grund sah, um etwas zu känmpfen, was er auch umsonst bekommen konnte; er bot Frieden an. Nach dieser Gelegenheit hätte Michael mit beiden Händen greifen sollen. Unter den vom Khan angebotenen Bedingungen befand sich nun aber auch die durchaus verständliche Forderung, ihm sämtliche bulgarischen Gefangenen und Deserteure, die sich in byzantinischer Hand befanden, zu überstellen, und das war mehr, als Abt Theodor meinte ertragen zu können. Mit dem, an dieser Stelle völlig unangebrachten, Wort Jesu, "Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen", überzeugte er den Kaiser spielend, die Bedingungen abzulehnen. So tobte der Krieg weiter.
Am 5. November 812 fiel die von den Bulgaren belagerte Stadt Mesembria, einer der reichsten Häfen der ganzen Balkanhalbinsel. Krum erbeutete riesige Silber- und Goldvorräte und, was noch viel schlimmer war, Kanister mit flüssigem Griechischem Feuer, der wirksamsten, streng geheimen Waffe des Reiches, dazu 36 Bronze-Siphons, um es zu versprühen. Für den Kaiser in Konstantinopel gab es nur eines: Wenn er seinen Thron behalten wollte, mußte er einmal mehr gegen seinen Feind marschieren. Und diesmal mußte er gewinnen. Den Winter verbrachte er damit, Truppen aus allen Winkeln des Reiches zusammenzuziehen. Im Mai 813 brach er von der Hauptstadt auf. Prokopia begleitete ihn bis nach Heraklea am Marmarameer, wo sie ihm vom Aquädukt aus zum Abschied zuwinkte.
Die bulgarische Armee ließ sich außerordentlich schwierig in den Kampf verwickeln, bevor sie wirklich genügend darauf vorbereitet war. Michael hatte garantiert nicht vergessen, wie er im Jahre 811 nur um Haaresbreite entkommen war. Wohl deshalb zögerte er, Feindesland zu betreten. Über einen Monat blieb er unschlüssig in Thrakien. Seine mehrheitlich asiatischen Truppen wurden immer rastloser. Anfang Juni überquerte Krum die Grenze. Schließlich standen sich die beiden Armeen auf dem Feld von Wersinikia, etwa 30 Kilometer nördlich von Adrianopel, gegenüber. Zahlenmäßig waren die kaiserlichen Truppen den bulgarischen überlegen. Michael schien jedoch noch immer zu zaudern und ließ nicht angreifen. Weitere nicht enden wollende zwei Wochen beobachteten die beiden Lager einander. Am 21. Juni ersuchte Johannes Aplakes, der Befehlshaber des makedonischen Regiments auf dem linken Flügel, den Kaiser um die Erlaubnis zum Angriff. Dieser fand am nächsten Tag statt. In wilder Unordnung wichen die bulgarischen Truppen vor dem Ansturm zurück. Einen Moment lang sah es aus, als wäre die Schlacht schon vorbei, bevor sie recht begonnen hatte. Doch dann geschah etwas geradezu Unerhörtes. Die anatolischen Truppen auf der Rechten, die unter der Führung von Leon dem Armenier standen, machten plötzlich kehrt und ergriffen die Flucht. Es heißt, zunächst habe Krum nur sprachlos dagestanden und seinen Augen nicht getraut. Doch dann, als er seine Chance bewußt wurde, stürzte er sich mit seinen Männern auf die unglückseligen Makedonier, die von ihren Kameraden im Stich gelassen worden und nun zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen waren. Krum und seine Scharen metzelten sie samt und sonders nieder. Darauf sahen sie ihren Weg klar vor sich: der Eroberung Konstantinopels stand nichts mehr im Weg. Am 17. Juli schlug das bulgarische Heer vor den Stadtmauern sein Lager auf.
Doch zu diesem Zeitpunkt war Michael Rangabe bereits nicht mehr Kaiser. Noch einmal einer Schlacht unverletzt entronnen, war er so schnell wie möglich in die Hauptstadt zurückgeeilt und hatte den Patriarchen sogleich in Kenntnis gesetzt, dass er abdanken werde. Er erklärte, er könne sich dem Willen des Allmächtigen nicht länger widersetzen, der seine Abneigung gegen Nikephoros' Familie nun endgültig bewiesen habe. Ob der Patriarch mit dieser Begründung einverstanden war oder nicht, billigte er doch ganz bestimmt Michaels Entschluß - lag darin doch, so befürchtete er, die einzige Hoffnung auf das Überleben der kaiserlichen Familie. Kaiserin Prokopia war anderer Ansicht. Sie verspürte nicht den geringsten Wunsch, den Thron aufzugeben. Sie gefiel sich in ihrer Rolle und sah sich ganz als neue Theodora, die ihren Mann zum Durchhalten ermutigte. Ihre Argumente stießen jedoch auf taube Ohren. Sie, der Ex-Kaiser und ihre fünf Kinder suchten, unter Mönchskutten verborgen, Zuflucht in der Kirche der pharischen Jungfrau, wo sie warteten, bis man ihnen sicheres Geleit garantierte. Ihr Leben wurde geschont, die drei Söhne jedoch wurden entmannt, um eine künftige Machtergreifung von vornherein auszuschließen. Prokopia und die Töchter steckte man ins Kloster. Michael nahm als Mönch den Namen Athanasios an und verbrachte die restlichen dreiunddreißig Jahren seines Lebens in einem Kloster auf einer der Prinzeninseln im Marmarameer, wo er am Todestag seines Vorgängers Staurakios, am 11. Januar 845, starb.
 
 
 
 

  oo Prokopia, Tochter des Kaisers Nikephoros I.
            † 
 
 
 
 

Kinder:

  Ignatius Patriarch
  um 800 878

  Theophylaktos
       † 
 
 
 
 

Literatur:
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Becher Matthias: Karl der Grosse. Verlag C.H. Beck München 1999 Seite 87 - Browning Robert: Byzanz. Roms goldene Töchter. Die Geschichte des Byzantinischen Weltreiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH Bergisch Gladbach 1982 Seite 69 - Ferdinandy Michael de: Der heilige Kaiser. Otto III. und seine Ahnen. Rainer Wunderlich Verlag Tübingen 1969 Seite 152 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987 Seite 310,313 - Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993 Band II Seite 20-28 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 156,174 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band III Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser Ergänzungsband, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 195 - Wahl Rudolph: Karl der Grosse. Der Vater Europas. Fischer Bücherei Frankfurt/Main - Hamburg. 1954 Seite 225,226 -