2. Sohn des byzantinischen Feldherrn Leon
Phokas; Neffe von KaiserNikephoros
II. Phokas
Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 2108
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Phokas
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Byzantinisches Adelsgeschlecht kappadokischer Herkunft
Nach Ermordung Nikephoros'
II.
kämpften die PHOKADEN um
die Macht. Sein NeffeBardas,
dux von Antiocheia, revoltierte
987 und fiel am 13. April 989 bei Abydos, dessen Sohn Nikephoros
fiel 1022 bei einer Erhebung.
Bardas, Kaiser 970 und 987
†
989
Kinder:
Sohn
†
Nikephor "au col roide"
†
1022
Norwich John Julius: Band II Seite 266,272-274,292-295,299-304
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"Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen Reiches."
Nach der Ermordung seines Onkels,
Kaiser Nikephoros
II., wurde Leons zweiter Sohn
Bardas in das viel unwirtlichere Amaseia in Pontos, eine niederschlagsreiche
Gegend in der Nähe der Schwarzmeerküste, verbannt. Im
Frühjahr 971 war Bardas Phokas
aus der Verbannung in Pontos entflohen und nach Cäsarea zurückgekehrt,
in die kappadokische Machtbasis seiner Familie; dort hatte ihn eine Versammlung
bürgerlicher und aristokratischer Familien zum Basileus ausgerufen.
Zu Bardas aber schickte
Kaiser Johannes
Gesandte mit dem Versprechen, dass er sein Leben und seinen
Besitz behalten dürfe, wenn er seinen Thronanspruch aufgebe.
Bardas Phokas reagierte jedoch wie Swjatoslaw
ein Jahr zuvor. Er rückte an der Spitze mehrerer tausend Leute langsam
gegen Konstantinopel vor.
Zur Bekämpfung der Rebellen zog Kaiser
Johannes seinen besten Feldherrn
Bardas Skleros mit den besten Leuten aus Thrakien ab. Er trug seinem
Schwager auf, keine Anstrengung zu scheuen, um ein Blutvergießen
zu vermeiden. All jenen, die Phokas
verließen, sollte er nicht nur Straffreiheit garantieren, sondern
ihnen auch Ehren und eine finanzielle Belohnung in Aussicht stellen. Als
alter Freund und Waffengefährter von Phokas
gehorchte Skleros nur zu gern, zumal sein jüngerer Bruder
Konstantin mit dessen Schwester verheiratet war. Kaum hatte
er den See der vierzig Märtyrer erreicht, berichteten seine Späher,
Phokas'
Lager liege direkt vor
ihnen. Er verzichtete jedoch auf einen Angriff und entsandte statt dessen
eine Gruppe von Geheimagenten, die als Bettler verkleidet die Rebellen
bestechen sollten. Ob die Geschwindigkeit und die Größe der
kaiserlichen Truppen ihre Moral untergraben hatten oder die versprochenen
großzügigen Belohnungen für eine Desertation unwiderstehlich
erschienen - die Mission der Geheimagenten verlief außerordentlich
erfolgreich. Jeden Abend wandten sich mehr Anhänger von Phokas
ab, verließen sein Lager und liefen zu Skleros über,
wo sie mit offenen Armen empfangen wurden. Phokas'
Heer war in kürzester Zeit auf wenige hundert Mann zusammengeschrumpft
- und noch kein einziger Pfeil war verschossen worden. Außer sich
und gedemütigt floh
Phokas im
Schutz der Dunkelheit mit einer kleinen Gruppe Reiter, die noch zu ihm
hielten. Er suchte mit seiner Familie Zuflucht in der Festung Tyropoion
etwas außerhalb der heutigen Stadt Ilgin, aber es nützte ihm
nichts. Skleros folgte ihnen und belagerte das kleine Kastell. Bardas
Phokas und seine Getreuen hielten so lange aus, wie es ging.
Nachdem ihnen zugesichert worden war, ihr Leben werde verschont, kamen
er, seine Frau und seine Kinder heraus und ergaben sich.
Johannes Tzimiskes
hielt Wort. Er ließ Bardas tonsurieren
und ihn und seine Familie ins Exil nach Chios bringen, auf eine
der schönsten Inseln in der Ägäis. Kaum ein Herrscher wäre
so gnädig mit einem rebellischen Thronanwärter verfahren; kaum
ein Prätendent konnte sich je über eine so milde Strafe freuen.
Nach dem Scheitern seiner ersten Revolte gegen
Tzimiskes war Bardas Phokas,
Neffe des Kaisers Nikephoros,
fest entschlossen, eine zweite gegen Basileios
II. zu lancieren, sobald sich eine Gelegenheit bot. Skleros
ergriff als erster die Initiative, ließ sich im Frühjahr 976
von seinen Truppen zum Basileus ausrufen und marschierte mit seinen Truppen
auf Konstantinopel.
Der immer noch einflußreiche Eunuch und Haushofmeister
Basileios
hatte
den Mut, den Oberbefehl über das Heer gegen Skleros
Bardas
Phokas anzuvertrauen. Dies war, gelinde gesagt, eine unerwartete
Ernennung. Phokas'
Loyalität
dem Thron gegenüber war kaum weniger fragwürdig als diejenige
von Skleros. Als der Entscheid gefällt wurde, befand sich
Phokas noch immer auf Chios in der Verbannung. Andererseits
wurde mittlerweile das gesamte Heer von anatolischen Baronen kontrolliert,
und ein anderer Befehlshaber wäre kaum verläßlicher gewesen.
Wenn Phokas
auch von seiner Machtergreifung
träumte, mußte er doch zuerst Skleros aus dem Weg räumen.
Die einzige Gefahr bestand darin, dass die beiden Feldherren gemeinsame
Sache gegen Konstantinopel machten. So warf Bardas
Phokas, den man in aller Eile von Chios herbrachte, die Mönchskutte
ab, legte den beiden Kaisern den Treueid ab und begab sich in aller
Stille zu seiner Machtbasis in Cäsarea, wo es für ihn ein leichtes
war, ein Heer auszuheben. Skleros, der die Gefahr in seinem Rücken
erkannte, blieb keine Wahl, als sich zurückzuziehen. Der folgende
Bürgerkrieg dauerte an die drei Jahre. Es kam zu mehreren blutigen
Begegnungen. Bardas Skleros gelang es jedoch trotz wiederholten
taktischen Siegen nicht, die Streitkräfte seines Rivalen aufzureiben.
Sie schafften es immer wieder, sich in tadelloser Ordnung zurückzuziehen,
Verstärkung zu holen und sich ein, zwei Monate später mit neuen
Kräften dem Kampf zu stellen. Schließlich standen sich die beiden
Heere doch zum letzten Mal gegenüber. Das genaue Datum ist umstritten,
es muß jedoch im Frühjhar des Jahres 979 gewesen sein. Als Bardas
Phokas erkannte, dass die Schlacht eine Wendung zu seinen Ungunsten
nahm, forderte er Skleros heraus, den Konflikt im direkten Zweikampf
zu entscheiden. Mutig - denn Phokas war
ein Hüne von einem Mann - nahm Skleros die Herausforderung
an. Die Soldaten beider Seiten scharten sich umd sie, um zuzusehen. Mit
einem wie eine Szene aus der Ilias beschriebenen Auftakt begann der Kampf.
Die zwei Kämpen galoppierten aufeinander los und schlugen gleichzeitig
zu. Phokas konnte Skleros' Hieb
ablenken; dieser traf statt seiner sein Pferd, durchtrennte dessen Zaumzeug
und verletzte es am Ohr. Sein eigener Hieb dagegen hatte sein Ziel getroffen.
Skleros fiel in seinem Sattel nach vorne und glitt mit blutüberströmten
Kopf zu Boden. Ein paar seiner Männer trugen ihn bewußtlos zu
einem nahe gelegenen Fluß, um die Wunde auszuwaschen; die übrigen
flohen. Der Krieg war zu Ende.
Als Bardas Skleros
im Jahre 987 aus arabischer Gefangenschaft zurückkehrte, fand er heraus,
dass viele Adlige Bardas Phokas bevorzugten,
ja, in der Tat so viele, dass Phokas,
anstatt ein kaisertreues Heer gegen ihn anzuführen wie acht Jahre
zuvor, einmal mehr die Seiten wechselte und am 15. August das Reich offiziell
in eigenem Recht beanspruchte. Von beiden Anwärtern war Phokas
nun wesentlich stärker. Er genoß die mehrheitliche Unterstützung
der älteren Offiziere sowie der Landaristokratie. Er wagte jedoch
nicht, Skleros im Rücken nach Konstantinopel zu marschieren.
Kein Zweifel, dass man sich in irgendeiner Form einigen mußte. Bardas
Phokas unterbreitete Skleros deshalb den Vorschlag, das
Reich unter sich aufzuteilen. Ihm wurde der europäische Teil genügen,
wozu natürlich Konstantinopel gehörte; Skleros bliebe
ganz Anatolien vom Marmarameer bis an die Ostgrenze. Gegen den Rat all
seiner Verbündeten ging Skleros auf diesen Vorschlag ein. Er
war nicht länger auf der Hut - und ging prompt direkt in die Falle.
Kurz darauf wurde er verhaftet und verbrachte die folgenden beiden Jahre
hinter den Mauern der Festung Tyropoion. Bardas
Phokas dagegen versuchte, die Macht an sich zu reißen.
Zu diesem Zeitpunkt kann Phokas
kaum am Erfolg seiner Operation gezweifelt haben. Auf seinem langen Marsch
durch Kleinasien war er auf keinerlei Widerstand gestoßen; immer
mehr Begeisterte scharten sich unter seinem Banner; sein Gegner war ein
junger, unerfahrener Kaiser, dessen einzige militärische Heldentat
in einem Debakel geendet hatte und dessen Heer - oder was davon noch übriggeblieben
war - gebrochen und vollkommen demoralisiert war. Wie sollte er unter diesen
Umständen scheitern? An der Küste des Marnmarameers teilte er
sein Heer auf: die eine Hälfte sandte er Richtung Westen nach Abydos
am Hellespont, die andere verschanzte sich gegenüber von Konstantinopel
in Chrysopolis. Er selbst begann mit den Vorbereitungen eines Zwei-Fronten-Angriffs
auf die Hauptstadt.
Die kaiserliche Flotte hinderte mit ihren andauernden
Patrouillen auf dem Hellespont, dem Marmarameer und dem Bosporus Bardas
Phokas daran, auf europäischen Boden überzusetzen.
Ungefähr zur Wintersonnenwende erschien die wikingische Flotte mit
den von Großfürst
Wladimir von Kiew zugesagten 6.000 Kämpfern an Bord. Eines
Abends gegen Ende Februar 989 überquerten sie im Schutz der Dunkelheit
mit dem Kaiser persönlich an der Spitze die Meerenge und bezogen wenige
hundert Meter vom Hauptlager der Aufständischen entfernt Stellung
an der Küste von Chrysopolis. Beim ersten Tageslicht griffen sie an.
Gleichzeitig überschüttete eine Schwadron kaiserlicher Flammenwerfer
die Küste mit Griechischem Feuer. Phokas'
Leute, von der furchterregenden Schar aus dem Schlaf gerissen, konnten
wenig zu ihrer Verteidigung unternehmen. Die Angreifenden schwangen gnadenlos
Schwerter und Kampfbeile, bis sie knöcheltief im Blut standen. Nur
wenige ihrer Opfer kamen mit dem Leben davon. Von drei untergeordneten
Befehlshabern, die man dem Kaiser auslieferte, wurde einer gehängt,
der zweite gepfählt und der dritte ans Kreuz geschlagen. Zu seinem
Glück scheint sich Bardas Phokas
bei den Reservetruppen aufgehalten zu haben, wenn nicht sogar in Nikäa.
Jedenfalls war er ein Stück weit von Chrysopolis entfernt. Sobald
er von den Massaker hörte, beeilte er sich, um zu seinem restlichen
Heer bei Abydos zu gelangen. Wenn er nur diesen Hafen an der Mündung
des Hellespont erreichte, würde er dort genügend Schiffe finden,
um seine Männer auf die Halbinsel Gallipoli übersetzen zu lassen
und von dort den Angriff auf Konstantinopel zu lancieren. Kaum angekommen,
begann er mit der Belagerung der gleichnamigen Stadt. Gallipoli leistete
jedoch erbitterten Widerstand. Da die kaiserliche Flotte die Meerenge sicher
unter Kontrolle hielt, erwies sich eine wirkungsvolle Blockade als unmöglich.
In der Zwischenzeit machte sich Kaiser
Basileios, nach Konstantinopel zurückgekehrt, an die Vorbereitung
eines Entlastungsangriffs. Mitte März 989 war man bereit loszuschlagen.
Umgehend wurde ein Kontingent vorausgeschickt. Es stand - eher unerwartet
- unter dem Befehl seines Bruders und Mit-Kaisers
Konstantin. Basileios II.
schiffte sich wenige Tage später ein. Er ging ein paar Kilometer nordöstlich
in der Nähe von Lampsakos an Land und marschierte unverzüglich
auf die belagerte Stadt zu, die hünenhaften Waräger hinter sich.
Am nächsten Morgen standen sich die beiden gegnerischen
Heere auf der offenen Ebene von Abydos landeinwärts gegenüber;
auf beiden Seiten versuchte man mehrere Tage lang, sich in eine bessere
Ausgangsstellung zu manövrieren. Erst am Samstag, dem 13. April
989, gab der Kaiser in der Morgendämmerung den Befehl zum Angriff.
Zuerst machte es den Anschein, als wollte schon der erste Ansturm die Entscheidung
herbeiführen. Die Aufständischen zerstreuten sich, viele wurden
erschlagen, andere machten kehrt und rannten auf und davon. Nur unter größten
Schwierigkeiten gelangs es Bardas Phokas,
wieder Ordnung in seine Reihen zu bringen und die restlichen Truppenverbände
zu formieren. Als er über die Ebene blickte, soll er, so ist überliefert,
Basileios
erblickt haben, der gerade seine nordischen Reihen abritt, sie lobte und
zu noch größerem Schlachten anfeuerte, und an seiner Seite Konstantin
mit
einer langen Lanze. Phokas' Gesichtszüge
nahmen einen neuen Ausdruck an. Er erinnerte sich, dass er bei seiner letzten
Begegnung mit Bardas Skleros eine sichere Niederlage in einen Sieg
verwandelt hatte, indem er seinem Feind einen Zweikampf vorschlug. Alle
ignorierend, die ihn von seinem Vorhaben abzubringen versuchten, schrie
er unvermittelt nach seinem Pferd, gab ihm die Sporen und donnerte im Galopp
auf die kaiserliche Front zu, das Schwert direkt auf den Kaiser gerichtet.
Basileios blieb stehen; er umklammerte
sein eigenes Schwert mit der Rechten und hielt in der Linken eine Ikone
der Gottesmutter, die für ihre wundertätige Kraft bekannt war.
Näher und näher kam sein Angreifer: "Wie eine von einem Orkan
getriebene Wolke", schreibt Psellos. Dann schien er plötzlich zu schwanken.
War er von einem plötzlichen Schwindelanfall ergriffen? Er hielt sein
Pferd an, glitt aus dem Sattel und blieb reglos auf dem Boden liegen. Als
Basileios, Konstantin
und ihr Gefolge einen Augenblick später zu ihm traten, war er bereits
tot. Zuerst wurde angenommen, er sei von einem Pfeil getroffen worden.
An seinem Körper gab es jedoch kein Anzeichen für eine Wunde.
In Wirklichkeit hatte ihn schlicht der Schlag gerührt,
vermutlich verursacht durch Aufregung und Anstrengung. Er war offenbar
sofort tot. Als seine Truppen sahen, was geschehen war, gerieten sie in
Panik und flohen. Aber sie waren für die warägischen Riesen leichte
Beute; sie verfolgten sie und hackten sie kurzerhand in Stücke.
oo N.N.
†
Kinder:
Nikephoros
†
1022
Literatur:
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Collenberg, Weyprecht Hugo Graf Rüdt von:
Wer war Theophano? Seite 52 Tafel B 1 - Norwich John Julius: Byzanz.
Der Aufstieg des oströmischen Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf
und München 1993 Band II Seite 266,272-274,292-295,299-304 -