Einziger Sohn des Kaisers
Manuel
I. Komnenos von Byzanz aus seiner 2. Ehe mit der Xenia-Maria
von Antiochia, Tochter von Fürst Raimund I.
Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 386
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Alexios II. Komnenos, byzantinischer Kaiser September
1180-1183
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* 14. September 1169 † September
1183
Sohn von Manuel Komnenos
oo Agnes von Frankreich (Agnes - Anna)
Die Regentschaft, die für den minderjährigen
Alexios
die
Staatsgeschäfte übernahm, stärkte in der Innenpolitik die
lateinerfreundliche Richtung, was Erbitterung im Volk und eine Verschwörung
des Adels zur Folge hatte. Ein von einem antilateinischen Aufstand in Konstantinopel
begleiteter Staatsstreich brachte im Mai 1182
Andronikos Komnenos an die Macht, der sich zum Mit-Kaiser Alexios'
aufschwang und Mitglieder und Anhänger der Regentschaft hinrichten
ließ. Bald darauf wurde auch Alexios erdrosselt;
seine kurze, unselbständige Herrschaft besaß nur Übergangscharakter.
ALEXIOS II.
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* 1169, † 1183 ermordet
1180 Kaiser, von Andronikos I. ermordet.
1180
oo AGNES
VON FRANKREICH, Tochter des Königs Ludwig VII.
* 1171, †
um 1240
Norwich John Julius: Band III Seite 165-184
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"Byzanz"
Alexios Komnenos II. war
ein unscheinbares Kind. Der Chronist Niketas Choniates berichtet. "Der
junge Herrscher, unreif und unfähig, für das Staatswohl zu sorgen,
kümmerte sich um keine einzige seiner Pflichten. Ohne ernsthafte Erziehung
aufwachsend, ohne schon wahre Freude und wahren Schmerz kennengelernt zu
haben, hatte er nur für Jagd und Pferderennen Sinn. Sein ganzer Umgang
waren seine gleichaltrigen Spielgefährten, und das prägte seinem
Wesen die übelsten Züge ein." In der Zwischenzeit herrschte seine
Mutter, Kaiserin
Maria von Antiochia, an seiner Statt als Regentin. Nie zuvor
hatte jemand lateinischer Abstammung in Konstantinopel regiert, und so
trat sie ihr Amt mit einem schwerwiegenden Nachteil belastet an. Dem byzantinischen
Volk war, wie wir gesehen haben, schon die Vorliebe Manuels
für alles Westliche ein Dorn im Auge gewesen; nun befürchtete
man - und mit gutem Grund - eine weitere Ausdehnung der Handelsrechte und
Privilegien für die italienischen und fränkischen Kaufleute.
Die Besorgnis wuchs zusehends, als Maria
eine weitere äußerst prowestlich eingestellte Persönlichkeit
zu ihrem obersten Ratgeber ernannte, nämlich den Protosebastos
Alexios, Manuels Neffen
und Onkel Königin
Theodoras von Jerusalem. Es dauerte nicht lange, bis allgemein
gemunkelt wurde, sie habe ihren Berater auch zu ihrem Geliebten gemacht,
obwohl aus der Beschreibung von Niketas nicht recht zu ersehen ist, was
sie, die Kaiserin - deren Schönheit in der ganzen christlichen Welt
gerühmt wurde -, an ihm hätte finden können, denn er schreibt:
Er war sehr verweichlicht und vergeudete nicht bloß
den Morgen mit tiefem Schlaf, sondern opferte sogar einen großen
Teil des Tages seinem Schlummer. Damit ihm nun nicht die Sonne, wenn sie,
von allen freudig begrüßt, ihre Augen aufschlägt, seine
eigenen Augen öffne, verdunkelte er sein Schlafgemach mit dichteren
Vorhängen [...] Oder wahrer gesagt:
Die Nacht durchschwelgte er und brach das nächtliche Dunkel durch
künstliches Licht; wenn aber die Sonne am östlichen Horizont
heraufstieg, verkroch er sich wie ein wildes Tier in seinem Schlafgemach
und sperrte das Licht durch Decken und Vorhänge aus. Er putzte sich
aber auch seine faulenden Zähne und ersetzte jene, die ihm mit der
Zeit ausfielen, durch künstliche.
Nun, die Unzufriedenheit wuchs also, und es begannen
sich verschiedene Verschwörungsnester zu bilden, insbesondere jenes,
in dem die gleichnamige Stieftochter Kaiserin
Marias als Drahtzieherin wirkte. Das Komplott wurde indes aufgedeckt,
und diese Maria, ihr EhemannRainier
von Montferrat und die übrigen Verbündeten schafften
gerade noch die Flucht in die Hagia Sophia und verbarrikadierten sich dort.
Aber Kaiserin
Maria von Antiochia scherte sich nicht um die Anerkennung kirchlichen
Asylrechts. Sie sandte umgehend die kaiserliche Wache mit der Order aus,
sich der Verschwörerin und ihres Gefolges zu bemächtigen, und
einzig die persönliche Vermittlung des Patriarchen bewahrte die Hagia
Sophia vor der Entweihung. Dieser Vorfall erschütterte die byzantinische
Bevölkerung zutieftst, und die ihm folgende Exilierung und Verfügung
seiner Heiligkeit in ein Kloster zur Strafe für seine Einmischung
machte die Regierung so unbeliebt wie nie zuvor. Das Ausmaß öffentlichen
Unwillens, der Kaiserin
Maria entgegenschlug, war derart groß, dass sie nie wagte,
ihre Stieftochter Maria zu bestrafen.
Auch rührte sie sich nicht, als das Volk später geschlossen zum
Kloster des Patriarchen marschierte und ihn zurück nach Konstantinopel
trug. Die ganze Angelegenheit hätte nicht undiplomatischer gehandhabt
werden können.
Der erste Staatsstreich war also fehlgeschlagen. Doch
drohte bald darauf von einem anderen Mitglied der kaiserlichen Verwandtschaft
Gefahr, diesmal von einem Mann, und zwar einem solchen ganz anderer Größenordnung.
Andronikos
Komnenos, der leibliche Vetter Kaiser
Manuels, Sohn des Sebastocrator
Isaak, muß ein wahres Wunderwesen gewesen sein.
Andronikos hatte
immer schon nach der kaiserlichen Krone geschielt, und als ihm nach Manuels
Tod
Berichte über den wachsenden Aufruhr gegen die RegentschaftKaiserin
Marias zu Ohren kamen, bedurfte es nur wenig, um ihn davon zu
überzeugen, dass seine Chance endlich gekommen war. Im August 1182
zog er gegen die Hauptstadt Konstantinopel. Sein altes Zaubermittel wirkte
so stark wie eh und je. Die gegen ihn ausgesandten Truppen verweigerten
den Kampf; deren
Befehlshaber Andronikos Angelos ergab sich und
schloß sich ihm an, ein Beispiel, dem bald darauf der befehlshabende
Admiral der kaiserlichen Flotte auf dem Bosporus folgte. Andronikos
Komnenos zog weiter, und das Volk strömte aus den Häusern,
um ihm zuzujubeln; bald war die Straße von seinen Gefolgsleuten gesäumt.
Noch bevor er die Meerenge überquert hatte, brach in Konstantinopel
der Aufstand los, und mit ihm explodierte die aufgestaute Fremdenfeindlichkeit,
die die Ereignisse der vorangegangenen zwei Jahre so sehr begünstigt
hatten. In der Folge wurde praktisch die gesamte lateinischstämmige
Bevölkerung der Stadt niedergemetzelt - Frauen und Kinder, Alte und
Gebrechliche, selbst die Kranken - und das ganze von ihr bewohnte Viertel
bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Im Palast fand man den vor Furcht
sich windendenProtosebastos
Alexios, zu verängstigt, um die Flucht auch nur zu erwägen;
er wurde in ein Verlies geworfen und später, auf Andronikos'
Geheiß hin, geblendet. Der junge Kaiser
Alexios
II. Komnenos und seine Mutter, Kaiserin
Maria, wurden in die kaiserliche Villa des Philopation überführt,
wo sie ausharren mußten, bis Andronikos
nach
Belieben über sie verfügen würde. Ihr Schicksal muß
ihre sämtlichen Befürchtungen übertroffen haben. Der Triumph
förderte die andere Seite von Andronikos'Charakter
zutage: eine Grausamkeit und Brutalität, die wenige in ihm vermutet
hätten und die weder durch einen Funken Mitleid noch durch Skrupel
oder Moral gemildert wurden. Obwohl inzwischen allmächtig, war er
noch nicht Kaiser; und so begann er methodisch und kaltblütig alle
zu eliminieren, die zwischen ihm und dem Thron standen. Prinzessin
Maria und ihr Ehemann mußten als erste über die Klinge
springen; sie starben rasch und unter mysteriösen Umständen,
doch niemand zweifelte daran, dass sie vergiftet worden waren. Dann war
die Reihe an Kaiserin
Maria von Antiochia. Ihr 13-jähriger Sohn Alexios
wurde
gezwungen, das Todesurteil eigenhändig zu unterschreiben, und sie
wurde in ihrer Zelle erdrosselt. Im September des Jahres 1183 ließ
sich Andronikos zum Mit-Kaiser krönen,
und zwei Monate später fand auch der jungeKaiser
Alexios II. Komnenos durch eine Bogensehne den Tod; seinen
Leichnam warf man in den Bosporus. Damit waren, wie Niketas sich ausdrückte,
alle Bäume im kaiserlichen Garten gefällt. Lediglich eine Formalität
galt es noch zu erledigen. Die letzten dreieinhalb Jahre seines kurzen
Lebens war Alexios mit Agnes
von Frankreich verheiratet gewesen, die inzwischzen den byzantinischen
Namen Anna trug. Kaum war ihr 13-jähriger Gemahl beseitigt,
nahm der neue, mittlerweile 64-jährige Kaiser die 12-jährige
Kaiserin zur Frau.
2.3.1180
oo 1. Agnes von Frankreich, Tochter des Königs
Ludwig VII.
1171 † um 1240
Literatur:
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Browning Robert: Byzanz. Roms goldene Töchter.
Die Geschichte des Byzantinischen Weltreiches. Gustav Lübbe Verlag
GmbH Bergisch Gladbach 1982 Seite 132,134 - Frischler Kurt: Das
Abenteuer der Kreuzzüge. Heilige, Sünder und Narren. F.A. Herbig
Verlagsbuchhandlung München-Berlin 1973 Seite 225 - Heilig,
Konrad Josef: Ostrom und das Deutsche Reich um die Mitte des 12. Jahrhunderts.
Die Erhebung Österreichs zum Herzogtum 1156 und das Bündnis zwischen
Byzanz und dem Westreich, in Kaisertum und Herzogsgewalt im Zeitalter Friedrichs
I. Studien zur politischen und Verfassungsgeschichte des hohen Mittelalters,
Anton Hiersemann Stuttgart 1944 Seite 112,118,231, 250,262,267,294 - Kashdan
A.P.: Byzanz und seine Kultur. Akademie-Verlag Berlin Seite 84,173 - Lehmann
Johannes: Die Kreuzfahrer. Abenteurer Gottes. Gondrom Verlag Bindlach 1991
Seite 267 - Norwich John Julius: Byzanz. Der Aufstieg des oströmischen
Reiches. Econ Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1993
Band III Seite 165-184 - Runciman, Steven: Geschichte der Kreuzzüge,
Sonderausgabe in 1 Band Verlag H.C. Beck München 1978, Seite 723,727-728,813
- Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur
europäischen Geschichte Band III Europäische Kaiser-, Königs-
und Fürstenhäuser Ergänzungsband, R.G. Fischer Verlag 1994
Tafel 203 - Weller Tobias: Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels
im 12. Jahrhundert. Rheinisches Archiv. Böhlau Verlag Köln Weimar
Wien 2004 Seite 108,110 -