Werner, Matthias: Band I Seite 387,420,446,459
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"Der Herzog von Lothringen in salischer Zeit" in: Die Salier und das Reich

Graf Reginar V. vom Hennegau und Graf Albert II. von Namur, die 1018 bieziehungsweise 1037 als einzige niederlothringische Grafen im Heer Gottfrieds I. beziehungsweise Gozelos I. genannt werden, standen durch Heiratsbeziehungen mit den Herzögen in verwandtschaftlicher Verbindung [127 Vgl. dazu unten Seite 447 mit Anmerkung 435 und 439.]. Eine vasallitische Bindung der Grafen an den Herzog, die, wie in Schwaben, die Heerfolge begründet hätte, ist in Lothringen nicht bezeugt.
Dies um so mehr, als in eben diesen Jahren die Grenzgrafschaft durch den Eintritt Graf Hermanns in das Kloster St. Vanne in Verdun 1025 an seinen Schwiegersohn Graf Reginar V. vom Hennegau überging und damit dem unmittelbaren Einfluß der Herzogsfamilie entglitt.
Mächtigste Vertreter des einheimischen Adels und als solche die schärfsten Gegner der 1012 erneuerten niederlothringischen Herzogsgewalt waren die Grafen vom Hennegau und von Löwen aus der Familie der REGINARE und die mit ihnen verbündeten Grafen von Namur. Erst nach schweren Kämpfen 1013/15 konnten sich der neu eingesetzte, landfremde Herzog und seine Familie ihnen gegenüber behaupten und es bedurfte mehrfacher Hilfe und friedensstiftender Vermittlung der Bischöfe, um zum Ausgleich zu gelangen. Umso bemerkenswerter ist es, daß es Gottfried I. und Gozelo I. gelang, nach und nach mit sämtlichen verfeindeten Familien Heiratsverbindungen anzuknüpfen, sie damit wenigstens zeitweise in ihre Herzogsherrschaft zu integrieren und das Haus VERDUN fester im niederlothringischen Adel zu verankern.
Der erste Schritt in diese Richtung war 1016 die Heirat Graf Reginars V. vom Hennegau mit Mathilde, der Erbtochter Graf Hermanns von Eename, des Bruders Herzog Gottfrieds I. Diese Eheverbindung, um die Reginar ad integrandam amicitiam bat [433 Gesta epp. Cam. III, 10, MGH SS 7, Seite 469. Vorausgegangen waren nach der Schlacht von Florennes am 15.9.1015, in der Reginars V. Oheim Lambert I. von Löwen fiel, erneute Angriffe Reginars und seines Neffen Heinrichs I. von Löwen auf die fidelis imperatoris, das heißt vor allem auf den Herzog und dessen Familie, und die wohl im November 1015 von den Bischöfen von Cambrai, Utrecht und Verdun vermittelte Aussöhnung der REGINARE mit dem Kaiser, ebd. cap. 9; zum Datum vgl. Böhmer/Graff, Reg. Imp. II, 4 (wie Anm. 287), Nr. 1870 und 1871. Wie stark das Interesse des Bischofs von Cambrai an dieser Eheverbindung war, zeigt, daß er sich über kirchenrechtliche Bedenken wegen zu naher Verwandtschaft hinwegsetzte; vgl. Th. Schieffer, Gerhard I. von Cambrai (1012-1051), ein deutscher Bischof des 11. Jahrhunderts, in: DA I, 1937, Seite 341.], führte zwar zum Übergang der Mark Eename nach 1025 an den Hennegau [434 Vgl. dazu oben Seite 420 mit Anm. 297.], hatte aber vor allem zur Folge, daß Reginar, in den Kämpfen 1013/15 einer der entschiedensten Gegner des Hauses VERDUN, seitdem sicher auf Seiten des Herzogs stand, wie seine Teilnahme 1018 bei einem Kriegszug gegen Dietrich von Holland und seine eidliche Verpflichtung 1024 gegenüber Gozelo I. in der Frage der Königshuldigung zeigen [435 Annales Laubienses ad a. 1018, MGH SS 4, Seite 18; zu 1024 vgl. Anm. 382. Jeweils ist Reginar V. der einzige der niederlothringischen Grafen, der in diesem Zusammenhang genannt wird. Ob die Mitwirkung von Reginars Sohn und Nachfolger Graf Hermann vom Hennegau an dem Aufstand Gottfrieds des Bärtigen 1047, die er durch sein Bündnis mit Balduin V. von Flandern begründete, vgl. dazu Boshof, Lothringen (wie Anm. 13), Seite 94, auch mit seinen Verwandtschaftsbeziehungen zu Gottfried zusanmmenhing, mag hier offenbleiben.]. Gozelo I. setzte die Integration der ehemaligen Hauptgegner durch Einheirat in die Herzogsfamilie konsequent fort.
Graf Hermann von Eename (+ 1029) gründete in und bei Eename in der Nachfolge seines Vaters mehrere Klöster und gab 1025/29 den gesamten Herrschafts- und Güterkomplex, die erblich gewordene Markgrafschaft und seine Eigengüter, soweit er sie nicht an geistliche Empfänger übertrug, seiner Tochter Mathilde und deren Gemahl Graf Reginar V. vom Hennegau als Erben weiter [493 Vgl. oben Anm. 297 und 299.]