Graf Reginar V. vom Hennegau und Graf Albert II.
von Namur, die 1018 bieziehungsweise 1037 als einzige niederlothringische
Grafen im Heer Gottfrieds
I. beziehungsweise Gozelos
I. genannt werden, standen durch Heiratsbeziehungen mit den Herzögen
in verwandtschaftlicher Verbindung [127 Vgl. dazu unten Seite 447
mit Anmerkung 435 und 439.]. Eine vasallitische Bindung der Grafen an den
Herzog, die, wie in Schwaben, die Heerfolge begründet hätte,
ist in Lothringen nicht bezeugt.
Dies um so mehr, als in eben diesen Jahren die Grenzgrafschaft
durch den Eintritt Graf Hermanns in das Kloster St. Vanne in Verdun
1025 an seinen Schwiegersohn Graf Reginar V. vom Hennegau überging
und damit dem unmittelbaren Einfluß der Herzogsfamilie entglitt.
Mächtigste Vertreter des einheimischen Adels und
als solche die schärfsten Gegner der 1012 erneuerten niederlothringischen
Herzogsgewalt waren die Grafen vom Hennegau und von Löwen aus der
Familie der REGINARE und die mit
ihnen verbündeten Grafen von Namur. Erst nach schweren Kämpfen
1013/15 konnten sich der neu eingesetzte, landfremde Herzog und seine Familie
ihnen gegenüber behaupten und es bedurfte mehrfacher Hilfe und friedensstiftender
Vermittlung der Bischöfe, um zum Ausgleich zu gelangen. Umso bemerkenswerter
ist es, daß es Gottfried I. und Gozelo I. gelang, nach
und nach mit sämtlichen verfeindeten Familien Heiratsverbindungen
anzuknüpfen, sie damit wenigstens zeitweise in ihre Herzogsherrschaft
zu integrieren und das Haus VERDUN fester im niederlothringischen
Adel zu verankern.
Der erste Schritt in diese Richtung war 1016 die Heirat
Graf Reginars V. vom Hennegau mit Mathilde, der Erbtochter
Graf Hermanns von Eename, des Bruders Herzog Gottfrieds I.
Diese Eheverbindung, um die Reginar ad integrandam amicitiam
bat [433 Gesta epp. Cam. III, 10, MGH SS 7, Seite 469. Vorausgegangen
waren nach der Schlacht von Florennes am 15.9.1015, in der Reginars
V. Oheim Lambert
I. von Löwen fiel, erneute Angriffe Reginars und seines
Neffen Heinrichs
I. von Löwen auf die fidelis imperatoris, das heißt
vor allem auf den Herzog und dessen Familie, und die wohl im November 1015
von den Bischöfen von Cambrai, Utrecht und Verdun vermittelte Aussöhnung
der REGINARE mit dem Kaiser, ebd. cap. 9; zum Datum vgl. Böhmer/Graff,
Reg. Imp. II, 4 (wie Anm. 287), Nr. 1870 und 1871. Wie stark das Interesse
des Bischofs von Cambrai an dieser Eheverbindung war, zeigt, daß
er sich über kirchenrechtliche Bedenken wegen zu naher Verwandtschaft
hinwegsetzte; vgl. Th. Schieffer, Gerhard I. von Cambrai (1012-1051), ein
deutscher Bischof des 11. Jahrhunderts, in: DA I, 1937, Seite 341.], führte
zwar zum Übergang der Mark Eename nach 1025 an den Hennegau
[434 Vgl. dazu oben Seite 420 mit Anm. 297.], hatte aber vor allem
zur Folge, daß Reginar, in den Kämpfen 1013/15 einer
der entschiedensten Gegner des Hauses VERDUN, seitdem sicher auf
Seiten des Herzogs stand, wie seine Teilnahme 1018 bei einem Kriegszug
gegen Dietrich
von Holland und seine eidliche Verpflichtung 1024 gegenüber
Gozelo I. in der Frage der Königshuldigung zeigen [435 Annales
Laubienses ad a. 1018, MGH SS 4, Seite 18; zu 1024 vgl. Anm. 382. Jeweils
ist Reginar V. der einzige der niederlothringischen Grafen, der
in diesem Zusammenhang genannt wird. Ob die Mitwirkung von Reginars
Sohn und Nachfolger Graf
Hermann vom Hennegau an dem Aufstand Gottfrieds
des Bärtigen 1047, die er durch sein Bündnis mit Balduin
V. von Flandern begründete, vgl. dazu Boshof, Lothringen (wie Anm.
13), Seite 94, auch mit seinen Verwandtschaftsbeziehungen zu Gottfried
zusanmmenhing, mag hier offenbleiben.]. Gozelo I. setzte die Integration
der ehemaligen Hauptgegner durch Einheirat in die Herzogsfamilie konsequent
fort.
Graf Hermann von Eename (+
1029) gründete in und bei Eename in der Nachfolge seines Vaters
mehrere Klöster und gab 1025/29 den gesamten Herrschafts- und Güterkomplex,
die erblich gewordene Markgrafschaft und seine Eigengüter, soweit
er sie nicht an geistliche Empfänger übertrug, seiner Tochter
Mathilde und deren Gemahl Graf Reginar V. vom Hennegau als
Erben weiter [493 Vgl. oben Anm. 297 und 299.]