Krieger,
Karl-Friedrich: Seite
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"Die Habsburger im
Mittelalter.
Von Rudolf I. bis Friedrich III."
Diese Heiratspolitik wurde später - nach der Niederwerfung Ottokars -
konsequent fortgesetzt, indem zwei
weitere Töchter, Hedwig und Guta, mit dem
Markgrafen Otto VI. von Brandenburg,
bzw. mit Ottokars Sohn und Nachfolger Wenzel II., verehelicht
wurden, so daß hiermit alle vier Laien-Kurfürsten zu
Schwieger-Söhnen des Königs geworden waren.
Der neu geschlossene Friede sollte außerdem für die Zukunft
durch eine Doppel-Eheverbindung zwischen den bisher verfeindeten
Familien in der Form abgesichert werden, daß Ottokars
Tochter einen Sohn König RUDOLFS und
außerdem eine Tochter RUDOLFS den Sohn und Nachfolger Ottokars, Wenzel,
heiraten sollten. Als Aussteuer waren für das erste Paar 40.000
Mark Silber vorgesehen, für die RUDOLFS Sohn
österreichische Eigengüter Ottokars südlich
der Donau als Pfand erhalten sollte as zweite Paar sollte
ebenfalls 40.000 Mark Silber an Aussteuer erhalten, die durch eine
Verpfändung entsprechender Eigengüter vor allem südlich
der Donau aufzubringen waren.Da die Witwe
Ottokars, Kunigunde,
befürchtete, daß RUDOLF nicht
nur auf die österreichischen Länder, sondern jetzt auch auf
Böhmen und Mähren als heimgefallene Reichslehen
Ansprüche erheben werde, rief sie im Einklang mit einer
letztwilligen Verfügung Ottokars den Markgrafen Otto den Langen von Brandenburg
als Vormund für ihren unmündigen Sohn und Thronerben Wenzel II. ins Land.
Nach dem ausgehandelten Friedensbedingungen war zunächst klar,
daß die PREMYSLIDEN
endgültig auf die gesamten österreichischen Länder
einschließlich aller Allodgüter sowie auf das Egerland
verzichteten. Dafür verblieben dem jungen Thronfolger die
Stammterritorien Böhmen und Mähren als Reichslehen. Die
Vormundschaft wurde auf fünf Jahre dem Brandenburger Markgrafen Otto
überlassen, während für den gleichen Zeitraum RUDOLF die
Verwaltung Mährens als Ersatz für seine Kriegskosten an sich
ziehen konnte. Herzog Heinrich von
Breslau erhielt die Grafschaft Glatz, während die
Königin-Witwe mit Troppau als Wittumsgut abgefunden wurde. Zur
Bekräftigung des Friedens wurde das frühere Doppel-Eheprojekt
wieder aufgenommen, wobei RUDOLFS Tochter Guta mit dem Thronerben Wenzel und die böhmische Königs-Tochter Agnes mit Rudolf, dem jüngsten Sohn König RUDOLFS, vermählt
wurden.
Die Aussichten für eine Wahl des jungen HABSBURGERS
standen insofern nicht schlecht, als es König RUDOLF offensichtlich
gelang, alle weltlichen Kurfürsten, die ja durchweg mit seiner
Familie verschwägert waren, für diese Lösung zu
erwärmen, wobei sich RUDOLF vor
allem gegenüber dem Böhmen-König
Wenzel II. durch
eine förmliche Anerkennung seines bisher noch immer umstrittenen
Kurrechts und andere Gunstbeweise erkenntlich zeigte.
Kurz nachdem König Wenzel II. von Böhmen
sich auf dem Hoftag in Erfurt feierlich zur Wahl des jungen Rudolf
verpflichtet hatte, starb der Thronkandidat nach kurzer
Krankheit am Prager Königshof (10. Mai 1290). Doch sogar jetzt
scheint König RUDOLF nicht resigniert
zu haben, sobderb versuchte nun, den Kurfürsten seinen einzig
überlebenden ältesten Sohn ALBRECHT als Nachfolger
und künftigen König zu empfehlen Dieses Ansinnen stieß
jedoch nicht nur bei den geistlichen Kurfürsten sondern auch bei König Wenzel II. von Böhmen
auf starke Vorbehalte dessen Verhältnis zu ALBRECHT als
Herzog von Österreich bereits in den letzten Jahren chronisch
gespannt war und gerade jetzt wieder in offene Feindschaft umschlug.
Dabei hatte Pfalzgraf Ludwig II.
schnell erkannt, daß bei diesem Vorhaben der böhmische König Wenzel II. eine
Schlüsselstellung einnahm und daß daher zunächst das
gespannte Verhältnis zwischen dem Böhmen-König und dem Thronkandidaten ALBRECHT bereinigte
werden mußte, bevor überhaupt mit Aussicht auf Erfolg an
weitere Verhandlungen mit den übrigen Kurfürsten zu denken
war. Unter Vermittlung des Pfalzgrafen und der böhmischen
Königin Guta,
die als HABSBURGERIN
und Schwester ALBRECHTS
ebenfalls an einer Verständigung zwischen Ehemann und Bruder
interessiert war, wurde ein persönliches Treffen zwischen dem
jungen König und Herzog Albrecht in Znaim
vereinbart, das die
Versöhnung zwischen den beiden Männern als Voraussetzung
für die Wahl ALBRECHTS
bringen sollte. Daß das Treffen am Ende scheiterte, lag nicht nur
an den unterschiedlichen Interessenkonstellationen der beiden
territorialmächte und ihrer Herrscher-Familien, - König Wenzel war ja immerhin
bereit gewesen, ALBRECHTS jüngeren Bruder Rudolf zu wählen - sondern vor
allem auch an den gegensätzlichen Persönlichkeiten der
Kontrahenten selbst. So wird uns der junge Böhmen-König Wenzel II. in den Quellen
als ein äußerst zwiespältiger, sensibler und labiler
Charakter geschildert, der wenig mit seinem berühmten Vater Ottokar
gemein zu haben schien. Offensichtlich hat Herzog Albrecht,
der mit großem Gefolge in Znaim einritt, durch sein
hochfahrend-gebieterisches Auftreten alle Chancen zunichtegemacht, das
Vertrauen seines Partners zu gewinnen. Daß dieser selbst nach der
römisch-deutschen Königswürde gestrebt habe, wie man
vereinzelt in der älteren Forschung angenommen hat, ist allerdings
durch nicht zu beweisen und erscheint zudem auch wenig plausibel. Als
Endziel der böhmischen Politik dürfte vielmehr von König
Wenzel und seinen Beratern die Restaurierung des Ottokarischen
Großreiches durch den Wiedererwerb der verlorenen
österreichischen Herzogtümer ins Auge gefaßt worden
sein. Im Rahmen dieser Zielvorstellungen hatte Wenzel von ALBRECHT wohl
eine Einigung über Kärnten zu Lasten des alten habsburgischen
Kampfgefährten Meinhard von
Kärnten und Görz-Tirol erwartet und als ALBRECHTS
Verhandlungen hierüber brüsk ablehnte, entschied man sich auf
der böhmischen Seite für eine andere, sich ebenfalls
anbietende Option: den Versuch, diese Zielvorstellung gegen HABSBURG -
mit Hilfe eines Königs aus einem anderen Hause - zu verwirklichen.
Nach außen vermied der junge König zwar noch die offene
Konfrontation mit ALBRECHT, den
man im Glauben gehen ließ, daß noch alles offen sei.
InWirklichkeit dürfte Wenzel aber
bereits zu diesem Zeitpunkt fest entschlossen gewesen sein, auf keinen
Fall seine Stimme dem HABSBURGER zu
geben. Da es dem Böhmen-König
schon vorher, im Zittauer Wahlbündnis vom 29. November 1291,
gelungen war, die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg zu
verpflichten, sich der böhmischen Stimmabgabe bei der Wahl
anzuschließen, war der Plan des Pfalzgrafen, mit Hilfe eines
geschlossenen Votums der weltlichen Kurfürsten zugunsten ALBRECHTS die
geistlichen Wähler vor vollendete Tatsachen zu stellen,
hinfällig geworden, was - angesichts der prinzipiell negativen
Einstellung der geistlichen Kurfürsten gegenüber dem HABSBURGER -
bedeutete, daß die vom Pfalzgrafen betriebene Wahl ALBRECHTS
bereits endgültig gescheitert war.
Vor diesem Hintergrund ging bereits 1293 König Wenzel von Böhmen in
seiner Enttäuschung über die Belehnung Herzog Albrechts
in Hagenau deutlich auf Distanz zu ADOLF, indem
er sich nun seinerseits ebenfalls mit seinem
Schwager ALBRECHT
aussöhnte. Bestärkt wurde er in dieser Haltung noch, als ein
Jahr später der neue König sich anschickte, seine Machtbasis
entscheidend durch den Erwerb der Länder Thüringen und
Meißen zu erweitern.
Seit 1294 verschlechterte sich auch das bisher lediglich
distanziert-kühle Verhältnis zwischen dem König und Herzog Albrecht.
Während ADOLF
dem habsburgischen
Parteigänger Otto von
Ochsenstein die Landvogtei im Elsaß entzog (Juni 1294),
antwortete ALBRECHT
mit einer noch engeren politischen Annäherung an den böhmischen König Wenzel, durch dessen
Vermittlung dann ein Ehebündnis zwischen dem HABSBURGER
und den brandenburgischen Kurfürsten abgeschlossen werden
konnte, das zur Vermählung von ALBRECHTS Tochter Anna mit dem Markgrafen Hermann von Brandenburg
führte (Oktober 1295).
Die lange hinausgeschobene Krönung des Böhmen-Königs, die
Pfingsten 1297 vom Mainzer Erzbischof vorgenommen wurde, brachte die
Gegner König ADOLFS, den Erzbischof
von Mainz und den König von Böhmen, die Kurfürsten von
Brandenburg und Sachsen, die um ihr Erbe gebrachten Söhne des Landgrafen Albrecht von Thüringen sowie
Herzog Albrecht in Prag
zusammen, wobei wohl schon hier erste Pläne für den Sturz des
ungeliebten NASSAUERS
geschmiedet wurden. Die Verhandlungen unter den Verschworenen kamen
dann Anfang Februar 1298 in Wien zum Abschluß.
Besondere Aufmerksamkeit hatte ALBRECHT dabei
dem Verhältnis zu König Wenzel II. von Böhmen
geschenkt, den er seit seiner Wahl bewußt durch besondere
Zugeständnisse hofiert und damit in gewisser Weise auch von seinen
westlichen Kollegen isoliert hatte. Das Einvernehmen zwischen den
beiden Königen war soweit gegangen, daß sogar böhmische
Hilfstruppen ALBRECHT
im Kampf gegen die rheinischen Kurfürsten unterstützt hatten.
Das bisher gute Verhältnis wurde jedoch in den Augen des HABSBURGERS getrübt,
als König Wenzel im Rahmen seiner
expansiven Ost-Politik in Polen unerwartet erfolgreich operierte und
dann sich sogar anschickte, im Königreich Ungarn Fuß zu
fassen. Dabei hatte ALBRECHT dem Böhmen-König noch zum
Zeitpunkt seiner Wahl durchaus freie Hand gegen Polen signalisiert,
indem er ihn als Herzog von Krakau
und Sandomir anerkannt und damit die böhmischen Eroberungen
in Polen legitimiert hatte. Noch im Juli 1300 hatte ALBRECHT
König Wenzel mit
allen künftigen Erwerbungen in Polen förmlich belehnt und ihn
damit wieder zu einem aggressiven und expansiven Vorgehen im Osten
ermuntert, wohl um den ehrgeizigen BÖHMEN
auf Ziele zu lenken, die damals noch außerhalb der
Interessensphäre des HABSBURGERS
lagen. In der Zwischenzeit hatte sich Wenzel jedoch
in Polen in beeindruckender Weise durchgesetzt. Bereits im Hochsommer
1300 wurde er in Gnesen feierlich zum König gekrönt und mit Elisabeth,
der Tochter des letzten
Polen-Königs, verlobt, während sein Thronrivale Wladyslaw Lokietek außer
Landes fliehen mußte. Schon ein Jahr nach diesem Erfolg
eröffnete sich für den PREMYSLIDEN
im benachbarten Königreich Ungarn eine weitere glänzende
Möglichkeit, seine Machtstellung zu erweitern. Am 14. Juni 1301
war König Andreas III. von Ungarn
verstorben, ohne männliche Leibeserben zu hinterlassen, was
bedeutete, daß das Königs-Geschlecht
der ARPADEN im
Mannesstamm erloschen war. Bereits zu Lebzeiten von König Andreas hatte Karl II. Robert von
Anjou als Ur-Enkel König
Stephans V. Ansprüche
auf die ungarische Krone angemeldet, ohne allerdings im Lande viel
Unterstützung zu finden. Die ungarischen Stände trugen die
Krone zunächst Herzog Otto von Nieder-Bayern,
der ebenfalls mit dem ungarischen
Königs-Haus verwandt war, an. Als dieser ablehnte, wandte
man sich an den Prager Königshof, wo man in der Person Wenzels III.,
des Sohnes König Wenzels, einen für
die Interessen des Landes geeigneten Thronkandidaten gefunden zu haben
glaubte, zumal auch Wenzel
über seine Groß-Mutter mit den ARPADEN verwandt
war und mit der einzigen Tochter des
verstorbenen Königs Andreas verlobt war. König Wenzel zögerte
nicht, das attraktive Angebot anzunehmen, so daß am 27. August
1301 der junge Wenzel in
Stuhlweißenburg als Ladislaus V. zum
König von Ungarn gekrönt wurde.
Nach seinem Sieg über die rheinischen Kurfürsten und der
Ausöhnung mit Papst Bonifaz
hielt ALBRECHT
nun den Zeitpunkt für gekommen, den Machtkampf mit den PREMYSLIDEN
aufnehmen zu können. Der neue Konfrontationskurs gegenüber
dem ehemaligen Bündnispartner wurde dadurch eingeleitet, daß
König Wenzel ein ganzes
Bündel von Maximalforderungen präsentiert wurde. Nicht nur
von der ungarischen Krone sollte er die Hände lassen, sondern
jetzt auch die verpfändeten Gebiete Meißen sowie das Eger-,
Oster- und Pleißnerland ausliefern, auf die polnischen
Eroberungen verzichten und schließlich ALBRECHT ein
Zehntel der Einnahmen an den Kuttenberger Silberminen für
fünf Jahre abtreten. Daß es sich hierbei um
unerfüllbare Forderungen handelte, dürfte nicht nur aus der
Sicht des Böhmen-Königs
klar gewesen sein, so daß die militärische Konfrontation in
bedrohliche Nähe rückte. Doch vorher suchten noch beide
Parteien, Bundesgenossen um sich zu scharen. So gelang es der
böhmischen Diplomatie, die traditionell böhmenfreundlichen
Markgrafen von Brandenburg auf ihre Seite zu ziehen, während der
Versuch, ein Bündnis mit em französischen König zu
schließen fehlschlug, unter anderem auch deshalb, weil der maßgebliche Berater König Wenzels, Peter von Aspelt, auf dem Weg nach
Frankreich in die Hände der HABSBURGER geriet
und gefangengesetzt wurde.
Die militärische Entscheidung schien zunächst in Ungarn zu
fallen, wo es Karl
Robert von Anjou im Bunde mit den HABSBURGERN
im Laufe des Frühsommers 1304 gelang, die Oberhand zu gewinnen, so
daß König Wenzel II., der mit
Heeresmacht in Ungarn erschienen war, kurzerhand beschloß, das
immer mehr in Anarchie versinkende Land zu verlassen und den jungen
König mit einigen ungarischen Geiseln und den Reichskleinodien
einschließlich der berühmten Stephanskrone ins sichere Prag
zurückzubringen.
Der Abzug der Böhmen drängte die Ungarn nun vollends in das
Lager der ANJOU-Partei, so
daß Karl
Robert binnen kurzer Zeit seine Herrschaft stabilisieren und im
Herbst durch einen gemeinsam mit dem HABSBURGER
geführten Angriff gegen die böhmischen Stammlande von der
Defensive zu einer offensiven Kriegsführung übergehen konnte.
Der im Oktober erfolgte Einmarsch der Verbündeten endete jedoch
mit einem Fehlschlag. Das taktische Kalkül ALBRECHTS,
den Gegner durch das Vorrücken auf die Stadt Kuttenberg mit den
reichen Silberminen zu einer Entscheidungsschlacht zu zwingen, ging
nicht auf. Die Böhmen ließen sich nicht aus der Reserve
locken, und schon nach wenigen Tagen mußte die Belagerung der
energisch verteidigten Stadt wegen Lebensmittelknappheit und mit
Rücksicht auf die bereits fortgeschrittene Jahreszeit abgebrochen
und der Rückzug angetreten werden.
König ALBRECHT gab jedoch nicht
auf und hatte bereits zu einem zweiten Feldzug gerüstet, als am 21. Juni 1305 König Wenzel II. von Böhmen an der Schwindsucht
starb. Hierdurch
änderte sich die politische Situation grundlegend.