Krieger, Karl-Friedrich: Seite 32,44,50,67,77,81,100,102-105,109
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Die Habsburger im Mittelalter. Von Rudolf I. bis Friedrich III."

Diese Heiratspolitik wurde später - nach der Niederwerfung Ottokars - konsequent fortgesetzt, indem zwei weitere Töchter, Hedwig und Guta, mit dem Markgrafen Otto VI. von Brandenburg, bzw. mit Ottokars Sohn und Nachfolger Wenzel II., verehelicht wurden, so daß hiermit alle vier Laien-Kurfürsten zu Schwieger-Söhnen des Königs geworden waren.
Der neu geschlossene Friede sollte außerdem für die Zukunft durch eine Doppel-Eheverbindung zwischen den bisher verfeindeten Familien in der Form abgesichert werden, daß Ottokars Tochter einen Sohn König RUDOLFS und außerdem eine Tochter RUDOLFS den Sohn und Nachfolger Ottokars, Wenzel, heiraten sollten. Als Aussteuer waren für das erste Paar 40.000 Mark Silber vorgesehen, für die RUDOLFS Sohn österreichische Eigengüter Ottokars südlich der Donau als Pfand  erhalten sollte as zweite Paar sollte ebenfalls 40.000 Mark Silber an Aussteuer erhalten, die durch eine Verpfändung entsprechender Eigengüter vor allem südlich der Donau aufzubringen waren.Da die Witwe Ottokars, Kunigunde, befürchtete, daß RUDOLF nicht nur auf die österreichischen Länder, sondern jetzt auch auf Böhmen und Mähren als heimgefallene Reichslehen Ansprüche erheben werde, rief sie im Einklang mit einer letztwilligen Verfügung Ottokars den Markgrafen Otto den Langen von Brandenburg als Vormund für ihren unmündigen Sohn und Thronerben Wenzel II. ins Land.
Nach dem ausgehandelten Friedensbedingungen war zunächst klar, daß die PREMYSLIDEN endgültig auf die gesamten österreichischen Länder einschließlich aller Allodgüter sowie auf das Egerland verzichteten. Dafür verblieben dem jungen Thronfolger die Stammterritorien Böhmen und Mähren als Reichslehen. Die Vormundschaft wurde auf fünf Jahre dem Brandenburger Markgrafen Otto überlassen, während für den gleichen Zeitraum RUDOLF die Verwaltung Mährens als Ersatz für seine Kriegskosten an sich ziehen konnte. Herzog Heinrich von Breslau erhielt die Grafschaft Glatz, während die Königin-Witwe mit Troppau als Wittumsgut abgefunden wurde. Zur Bekräftigung des Friedens wurde das frühere Doppel-Eheprojekt wieder aufgenommen, wobei RUDOLFS Tochter Guta mit dem Thronerben Wenzel und die böhmische Königs-Tochter Agnes mit Rudolf, dem jüngsten Sohn König RUDOLFS, vermählt wurden.
Die Aussichten für eine Wahl des jungen HABSBURGERS standen insofern nicht schlecht, als es König RUDOLF offensichtlich gelang, alle weltlichen Kurfürsten, die ja durchweg mit seiner Familie verschwägert waren, für diese Lösung zu erwärmen, wobei sich RUDOLF vor allem gegenüber dem Böhmen-König Wenzel II. durch eine förmliche Anerkennung seines bisher noch immer umstrittenen Kurrechts und andere Gunstbeweise erkenntlich zeigte.
Kurz nachdem König Wenzel II. von Böhmen sich auf dem Hoftag in Erfurt feierlich zur Wahl des jungen Rudolf verpflichtet hatte, starb der Thronkandidat nach kurzer Krankheit am Prager Königshof (10. Mai 1290). Doch sogar jetzt scheint König RUDOLF nicht resigniert zu haben, sobderb versuchte nun, den Kurfürsten seinen einzig überlebenden ältesten Sohn ALBRECHT als Nachfolger und künftigen König zu empfehlen Dieses Ansinnen stieß jedoch nicht nur bei den geistlichen Kurfürsten sondern auch bei König Wenzel II. von Böhmen auf starke Vorbehalte dessen Verhältnis zu ALBRECHT als Herzog von Österreich bereits in den letzten Jahren chronisch gespannt war und gerade jetzt wieder in offene Feindschaft umschlug.
Dabei hatte Pfalzgraf Ludwig II. schnell erkannt, daß bei diesem Vorhaben der böhmische König Wenzel II. eine Schlüsselstellung einnahm und daß daher zunächst das gespannte Verhältnis zwischen dem Böhmen-König und dem Thronkandidaten ALBRECHT bereinigte werden mußte, bevor überhaupt mit Aussicht auf Erfolg an weitere Verhandlungen mit den übrigen Kurfürsten zu denken war. Unter Vermittlung des Pfalzgrafen und der böhmischen Königin Guta, die als HABSBURGERIN und Schwester ALBRECHTS ebenfalls an einer Verständigung zwischen Ehemann und Bruder interessiert war, wurde ein persönliches Treffen zwischen dem jungen König und Herzog Albrecht in Znaim vereinbart, das die Versöhnung zwischen den beiden Männern als Voraussetzung für die Wahl ALBRECHTS bringen sollte. Daß das Treffen am Ende scheiterte, lag nicht nur an den unterschiedlichen Interessenkonstellationen der beiden territorialmächte und ihrer Herrscher-Familien, - König Wenzel war ja immerhin bereit gewesen, ALBRECHTS jüngeren Bruder Rudolf zu wählen - sondern vor allem auch an den gegensätzlichen Persönlichkeiten der Kontrahenten selbst. So wird uns der junge Böhmen-König Wenzel II. in den Quellen als ein äußerst zwiespältiger, sensibler und labiler Charakter geschildert, der wenig mit seinem berühmten Vater Ottokar gemein zu haben schien. Offensichtlich hat Herzog Albrecht, der mit großem Gefolge in Znaim einritt, durch sein hochfahrend-gebieterisches Auftreten alle Chancen zunichtegemacht, das Vertrauen seines Partners zu gewinnen. Daß dieser selbst nach der römisch-deutschen Königswürde gestrebt habe, wie man vereinzelt in der älteren Forschung angenommen hat, ist allerdings durch nicht zu beweisen und erscheint zudem auch wenig plausibel. Als Endziel der böhmischen Politik dürfte vielmehr von König Wenzel und seinen Beratern die Restaurierung des Ottokarischen Großreiches durch den Wiedererwerb der verlorenen österreichischen Herzogtümer ins Auge gefaßt worden sein. Im Rahmen dieser Zielvorstellungen hatte Wenzel von ALBRECHT wohl eine Einigung über Kärnten zu Lasten des alten habsburgischen Kampfgefährten Meinhard von Kärnten und Görz-Tirol erwartet und als ALBRECHTS Verhandlungen hierüber brüsk ablehnte, entschied man sich auf der böhmischen Seite für eine andere, sich ebenfalls anbietende Option: den Versuch, diese Zielvorstellung gegen HABSBURG - mit Hilfe eines Königs aus einem anderen Hause - zu verwirklichen. Nach außen vermied der junge König zwar noch die offene Konfrontation mit ALBRECHT, den man im Glauben gehen ließ, daß noch alles offen sei. InWirklichkeit dürfte Wenzel aber bereits zu diesem Zeitpunkt fest entschlossen gewesen sein, auf keinen Fall seine Stimme dem HABSBURGER zu geben. Da es dem Böhmen-König schon vorher, im Zittauer Wahlbündnis vom 29. November 1291, gelungen war, die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg zu verpflichten, sich der böhmischen Stimmabgabe bei der Wahl anzuschließen, war der Plan des Pfalzgrafen, mit Hilfe eines geschlossenen Votums der weltlichen Kurfürsten zugunsten ALBRECHTS die geistlichen Wähler vor vollendete Tatsachen zu stellen, hinfällig geworden, was - angesichts der prinzipiell negativen Einstellung der geistlichen Kurfürsten gegenüber dem HABSBURGER - bedeutete, daß die vom Pfalzgrafen betriebene Wahl ALBRECHTS bereits endgültig gescheitert war.
Vor diesem Hintergrund ging bereits 1293 König Wenzel von Böhmen in seiner Enttäuschung über die Belehnung Herzog Albrechts in Hagenau deutlich auf Distanz zu ADOLF, indem er sich nun seinerseits ebenfalls mit seinem Schwager ALBRECHT aussöhnte. Bestärkt wurde er in dieser Haltung noch, als ein Jahr später der neue König sich anschickte, seine Machtbasis entscheidend durch den Erwerb der Länder Thüringen und Meißen zu erweitern.
Seit 1294 verschlechterte sich auch das bisher lediglich distanziert-kühle Verhältnis zwischen dem König und Herzog Albrecht. Während ADOLF dem habsburgischen Parteigänger Otto von Ochsenstein die Landvogtei im Elsaß entzog (Juni 1294), antwortete ALBRECHT mit einer noch engeren politischen Annäherung an den böhmischen König Wenzel, durch dessen Vermittlung dann ein Ehebündnis zwischen dem HABSBURGER und den brandenburgischen Kurfürsten  abgeschlossen werden konnte, das zur Vermählung von ALBRECHTS Tochter Anna mit dem Markgrafen Hermann von Brandenburg führte (Oktober 1295).
Die lange hinausgeschobene Krönung des Böhmen-Königs, die Pfingsten 1297 vom Mainzer Erzbischof vorgenommen wurde, brachte die Gegner König ADOLFS, den Erzbischof von Mainz und den König von Böhmen, die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen, die um ihr Erbe gebrachten Söhne des Landgrafen Albrecht von Thüringen sowie Herzog Albrecht in Prag zusammen, wobei wohl schon hier erste Pläne für den Sturz des ungeliebten NASSAUERS geschmiedet wurden. Die Verhandlungen unter den Verschworenen kamen dann Anfang Februar 1298 in Wien zum Abschluß.
Besondere Aufmerksamkeit hatte ALBRECHT dabei dem Verhältnis zu König Wenzel II. von Böhmen geschenkt, den er seit seiner Wahl bewußt durch besondere Zugeständnisse hofiert und damit in gewisser Weise auch von seinen westlichen Kollegen isoliert hatte. Das Einvernehmen zwischen den beiden Königen war soweit gegangen, daß sogar böhmische Hilfstruppen ALBRECHT im Kampf gegen die rheinischen Kurfürsten unterstützt hatten. Das bisher gute Verhältnis wurde jedoch in den Augen des HABSBURGERS getrübt, als König Wenzel im Rahmen seiner expansiven Ost-Politik in Polen unerwartet erfolgreich operierte und dann sich sogar anschickte, im Königreich Ungarn Fuß zu fassen. Dabei hatte ALBRECHT dem Böhmen-König noch zum Zeitpunkt seiner Wahl durchaus freie Hand gegen Polen signalisiert, indem er ihn als Herzog von Krakau und Sandomir anerkannt und damit die böhmischen Eroberungen in Polen legitimiert hatte. Noch im Juli 1300 hatte ALBRECHT König Wenzel mit allen künftigen Erwerbungen in Polen förmlich belehnt und ihn damit wieder zu einem aggressiven und expansiven Vorgehen im Osten ermuntert, wohl um den ehrgeizigen BÖHMEN auf Ziele zu lenken, die damals noch außerhalb der Interessensphäre des HABSBURGERS lagen. In der Zwischenzeit hatte sich Wenzel jedoch in Polen in beeindruckender Weise durchgesetzt. Bereits im Hochsommer 1300 wurde er in Gnesen feierlich zum König gekrönt und mit Elisabeth, der Tochter des letzten Polen-Königs, verlobt, während sein Thronrivale Wladyslaw Lokietek außer Landes fliehen mußte. Schon ein Jahr nach diesem Erfolg eröffnete sich für den PREMYSLIDEN im benachbarten Königreich Ungarn eine weitere glänzende Möglichkeit, seine Machtstellung zu erweitern. Am 14. Juni 1301 war König Andreas III. von Ungarn verstorben, ohne männliche Leibeserben zu hinterlassen, was bedeutete, daß das Königs-Geschlecht der ARPADEN im Mannesstamm erloschen war. Bereits zu Lebzeiten von König Andreas hatte Karl II. Robert von Anjou als Ur-Enkel König Stephans V. Ansprüche auf die ungarische Krone angemeldet, ohne allerdings im Lande viel Unterstützung zu finden. Die ungarischen Stände trugen die Krone zunächst Herzog Otto von Nieder-Bayern, der ebenfalls mit dem ungarischen Königs-Haus verwandt war, an. Als dieser ablehnte, wandte man sich an den Prager Königshof, wo man in der Person Wenzels III., des Sohnes König Wenzels, einen für die Interessen des Landes geeigneten Thronkandidaten gefunden zu haben glaubte, zumal auch Wenzel über seine Groß-Mutter mit den ARPADEN verwandt war und mit der einzigen Tochter des verstorbenen Königs Andreas verlobt war. König Wenzel zögerte nicht, das attraktive Angebot anzunehmen, so daß am 27. August 1301 der junge Wenzel in Stuhlweißenburg als Ladislaus V. zum König von Ungarn gekrönt wurde.
Nach seinem Sieg über die rheinischen Kurfürsten und der Ausöhnung mit Papst Bonifaz hielt ALBRECHT nun den Zeitpunkt für gekommen, den Machtkampf mit den PREMYSLIDEN aufnehmen zu können. Der neue Konfrontationskurs gegenüber dem ehemaligen Bündnispartner wurde dadurch eingeleitet, daß König Wenzel ein ganzes Bündel von Maximalforderungen präsentiert wurde. Nicht nur von der ungarischen Krone sollte er die Hände lassen, sondern jetzt auch die verpfändeten Gebiete Meißen sowie das Eger-, Oster- und Pleißnerland ausliefern, auf die polnischen Eroberungen verzichten und schließlich ALBRECHT ein Zehntel der Einnahmen an den Kuttenberger Silberminen für fünf Jahre abtreten. Daß es sich hierbei um unerfüllbare Forderungen handelte, dürfte nicht nur aus der Sicht des Böhmen-Königs klar gewesen sein, so daß die militärische Konfrontation in bedrohliche Nähe rückte. Doch vorher suchten noch beide Parteien, Bundesgenossen um sich zu scharen. So gelang es der böhmischen Diplomatie, die traditionell böhmenfreundlichen Markgrafen von Brandenburg auf ihre Seite zu ziehen, während der Versuch, ein Bündnis mit em französischen König zu schließen fehlschlug, unter anderem auch deshalb, weil der maßgebliche Berater König Wenzels, Peter von Aspelt, auf dem Weg nach Frankreich in die Hände der HABSBURGER geriet und gefangengesetzt wurde.
Die militärische Entscheidung schien zunächst in Ungarn zu fallen, wo es Karl Robert von Anjou im Bunde mit den HABSBURGERN im Laufe des Frühsommers 1304 gelang, die Oberhand zu gewinnen, so daß König Wenzel II., der mit Heeresmacht in Ungarn erschienen war, kurzerhand beschloß, das immer mehr in Anarchie versinkende Land zu verlassen und den jungen König mit einigen ungarischen Geiseln und den Reichskleinodien einschließlich der berühmten Stephanskrone ins sichere Prag zurückzubringen.
Der Abzug der Böhmen drängte die Ungarn nun vollends in das Lager der ANJOU-Partei, so daß Karl Robert binnen kurzer Zeit seine Herrschaft stabilisieren und im Herbst durch einen gemeinsam mit dem HABSBURGER geführten Angriff gegen die böhmischen Stammlande von der Defensive zu einer offensiven Kriegsführung übergehen konnte. Der im Oktober erfolgte Einmarsch der Verbündeten endete jedoch mit einem Fehlschlag. Das taktische Kalkül ALBRECHTS, den Gegner durch das Vorrücken auf die Stadt Kuttenberg mit den reichen Silberminen zu einer Entscheidungsschlacht zu zwingen, ging nicht auf. Die Böhmen ließen sich nicht aus der Reserve locken, und schon nach wenigen Tagen mußte die Belagerung der energisch verteidigten Stadt wegen Lebensmittelknappheit und mit Rücksicht auf die bereits fortgeschrittene Jahreszeit abgebrochen und der Rückzug angetreten werden.
König ALBRECHT gab jedoch nicht auf und hatte bereits zu einem zweiten Feldzug gerüstet, als am 21. Juni 1305 König Wenzel II. von Böhmen an der Schwindsucht starb. Hierdurch änderte sich die politische Situation grundlegend.