Tochter des Herzogs Friedrichs II. von Ober-Lothringen
und der
Mathilde von Schwaben, Tochter von Herzog Hermann II.
Lexikon des Mittelalters: Band I Seite 1745
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Beatrix von Tuszien
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wohl vor 1020, + 18. April 1076
Pisa
Tochter Friedrichs II. von Ober-Lothringen und der Mathilde von Schwaben [Schwester der Kaiserin Gisela]
1033 verwaist, wurde sie von der Kaiserin Gisela, ihrer Tante, adoptiert. Die zwischen 1036 und 1038 geschlossene Ehe mit dem spätestens 1032 mit Tuszien belehnten Bonifaz von Canossa lag auch im Interesse KONRADS II. Bonifaz wurde 1052 ermordet, die Kinder Friedrich (+ 1055), Beatrix und Mathilde waren unmündig, so dass nun Beatrix über Güter und Lehen des Bonifaz gebot. Beatrix hatte gute Beziehungen zu Papst Leo IX. und seinem Reformkreis, sie kannte früh Hildebrand (Gregor VII.) und Petrus Damiani. 1054 heiratete sie ohne Wissen HEINRICHS III. Gottfried den Bärtigen von Ober-Lothringen, der sich mehrfach gegen den Kaiser erhoben hatte. 1055 setzte HEINRICH III. den nach Lothringen ausgewichenen Gottfried ab und nahm Beatrix und Mathilde in Haft. Gottfrieds Bruder, Kardinaldiakon Friedrich von Lothringen, verzichtete auf sein Amt und trat in Montecassino ein. Viktor II. wurde von HEINRICH III. das Herzogtum Spoleto und die Mark Fermo, wohl auch als Gegengewicht gegen das Haus CANOSSA, verliehen. Viktor gelang die Aussöhnung Gottfrieds mit dem Hof, so dass Gottfried und Beatrix 1056 wieder über ihre Güter und Lehen verfügten. Beide förderten 1058 die Wahl Gerhards von Florenz zum Papst (Nikolaus II.). Beatrix verlegte 1062 Cadalus-Honorius II. den Weg nach Rom; Gottfried veranlaßte die Überprüfung der schismatischen Wahl und sicherte die Synode zu Mantua 1064, die Alexander II. bestätigte. Nach Gottfrieds Tod (1069) konnte Beatrix bis zu ihrem Tod mit Mathilde als zuverlässige Stütze der Reformpartei, anwesend 1073 bei der Weihe Gregors VII., regieren. 1074 war Beatrix bereit, die Pläne Gregors gegen Sarazenen und Normannen militärisch zu unterstützen. Das Kloster Frassinoro unter dem Appeninenpaß Foce della Radici ist ihre Gründung (Dotation 29.8.1071).
Literatur:
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DBI VII, 352-363 [Lit.] - H. Bresslau, JDG K II., 1879-1884
[Nachdruck 1967] - E. Steindorff, JDG H III., 1874-1880 [Nachdr. 1963]
- G. Meyer v. Knonau, JDG H IV., Bd. I und II, 1894-1894 [Nachdr. 1964]
- A. Overmann, Gfn. Mathilde v. Tuszien, 1895 [Nachdr. 1965]
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Golinelli Paolo: Seite 72,113-115
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"Mathilde und der Gang nach Canossa"
In den Quellen erscheint Beatrix
von Lothringen erstmals am 5. Oktober 1040 als Bonifaz' Gemahlin.
Aus den Urkundenmaterial läßt sich erschließen, dass Richilde
im Frühjahr 1036 starb und Bonifaz im darauffolgenden Juli
Beatrix in Nijmwegen traf, wo er
der Hochzeit des Kaisersohnes
HEINRICH III.
mit der Tochter König Knuts von England und
Dänemark beiwohnte und an der anschließenden Versammlung
der Großen des Reichs teilnahm. Manche vermuten, dass der von Bonifaz
eingegangene Ehebund auf Wunsch Kaiser KONRADS
II. zustande gekommen war, der damit zwei Mächtige des
Reichs noch stärker an sich binden wollte.
Beatrix gehörte
einer der angesehensten Familien des Reichs an: Ihre Eltern waren Herzog
Friedrich von Ober-Lothringen und Mathilde, die Tochter des
Herzogs Hermann II. von Schwaben und Gerbergas, der Tochter des Königs
von Burgund. Nach dem Tod ihres Vaters im Jahre 1033 wurde Beatrix
zusammen mit ihrer Schwester Sophie von ihrer Tante Gisela,
der Gemahlin KONRADS II., aufgenommen.
Man weiß nicht genau, wie alt die Braut war, aber sicherlich war
sie jünger als der Bräutigam. Erbin eines beträchtlichen
Vermögens und den Ränken ihres Vetters Gottfried,
des Herzogs von Nieder-Lothringen, ausgesetzt, suchte Beatrix
bei
Bonifaz
die
Sicherheit, die ihr dieser als einer der Mächtigen im Reich und dazu
noch im höchstem Maße kaisertreu, bieten konnte. Sie brachte
nicht nur "Diener und Mägde", sondern auch "Länder und Burgen"
mit in die Ehe, wie Donizo bezeugt. Overmann stellt bei seinem Versuch,
die geographische Lage der Herrschaften und Besitztümer der
CANOSSA
zu rekonstruieren, folgende Liste der lothringischen Güter zusammen:
die Burg Briey nordwestlich von Metz,
Gebiete, die an Luxemburg grenzen, in denen Mathilde
später
die Abtei Orval gründete,
weitere Ortschaften im heutigen Belgien (Cyricihof zwischen
Lüttich und Namur);
im nördlichen Frankreich (unter anderem die Burg
Merevaux und der Wald von Woevre, die Mathilde
der Kirche von Verdun schenkte) und am Rhein.
Wenn man der in der Vatikanbibliothek aufbewahrten Donizo-Handschrift
Glauben schenken darf, war Beatrix
sehr schön: Sie besaß eine würdevolle Haltung, große
kluge Augen und rotes Haar, das sich wohl an Mathilde
vererbte,
wie man nach der Öffnung des Sarkophags der Markgräfin im 17.
Jahrhundert feststellen konnte.
Ihre Intelligenz und starke Persönlichkeit zeigen
sich nicht zuletzt darin, wie sie sich ihrem Gatten Bonifaz gegenüber
verhielt und mit welchem Geschick sie nach dessen Tod lavierte, um ihre
Herrschaft zu bewahren. Die Forschung vertritt einstimmig die Ansicht,
Beatrix
habe Bonifaz in seinen letzten Lebensjahren zu manchen wichtigen
Entscheidungen bewogen und - was noch bemerkenswerter ist - einen Wandel
in seinem Verhalten gegenüber den kirchlichen Institutionen herbeigeführt,
so dass er von seinen früheren simonistischen Praktiken abließ.
Nach der Ermordung ihres Gatten Bonifaz' suchte
Beatrix
daher
Anlehnung an die Kirche und baute zwischen den CANOSSA
und den Päpsten
eine Beziehung auf, die auf Zusammenarbeit und gegenseitiger Unterstützung
basierte, was in den folgenden Jahren von großer Bedeutung für
die Dynastie sein sollte. Diese Beziehungen, die durch das Verwandtschaftsverhältnis
zwischen Beatrix
und
Papst Leo IX. (er war ihr Onkel) erleichtert wurde, sah jedoch als Gegenleistung
für den Schutz der Päpste vor, dass die Herren von Canossa die
von Bonifaz den Kirchen entzogenen Güter zurückerstatten
und Kanonikerhäuser und Klöster noch stärker fördern
sollten. Unter diesem Gesichtspunkt muß also die erste erhaltene
Urkunde gedeutet werden, in der Beatrix
nach dem Tod ihres Mannes allein agiert: eine Schenkung des Fronhofs Volta
Mantovana an die Kathedrale von Mantua. Diese Urkunde ist entweder auf
den 3. oder auf den 10. Januar datiert. Beatrix
agierte
im Namen ihres noch minderjährigen Sohnes Friedrich, des legitimen
Nachfolgers von Bonifaz, und verband damit natürlich die Fürbitte
für das Seelenheil ihres Mannes. Am 21. Februar 1053 kam Leo IX. nach
Mantua, um eine Reform des Klerus durchzusetzen, wurde aber durch einen
"Volksaufstand" vertrieben, der in Wirklichkeit von den städtischen
Arimannen ausging. Eine gegen Ende jenes unruhigen Jahres in Felonica ausgestellte
Urkunde, einer am Po zwischen Mantua und Ferrara gelegene ländliche
Ortschaft, wo Bonifaz ein Benediktinerkloster gegründet hatte,
gibt jedoch Zeugnis für eine sehr schwierige Phase in Beatrix'
Leben.
Am 17. Dezember machte Beatrix
in der Nähe des Friedhofs von Santa Maria die Felonica
an das Kloster, dessen Abt Petrus war, die Schenkung über die Kirche
Santa Maria di Badigusala (in der Ortschaft Raigusa im Bologneser Gebiet),
"für Bonifaz' Seelenheil und für die Seelen meines Sohnes
und meiner Tochter". Die Urkunde nennt keine Namen, aber die darin erwähnten
Kinder waren sicherlich Friedrich und Beatrix, Mathildes
Geschwister,
die beide in eben dem Jahr gestorben waren, bevor das Dokument ausgestellt
wurde, vielleicht sogar in Felonica selbst. Es konnte nicht ausbleiben,
dass so mancher, wie Bonizo von Sutri, der Chronist des Investiturstreits,
von einem gewaltsamen Tod sprach, dessen Urheber unbekannt war, und der
durch ein maleficium, vielleicht Gift, verursacht worden war.
Noch schwieriger und wechselvoller war für sie das
Jahr 1054:
Beatrix
hatte erkannt, dass es über ihre Kräfte ging, weiterhin
allein ihre Herrschaftsgebiete zu verwalten. Als ihr Sohn noch lebte, war
es ihre Pflicht gewesen, ihre Herrschaftsgebiete vor Zersplitterung zu
bewahren, um ihm die Nachfolge zu sichern. Aber da nun Friedrich gestorben
war, mußte man eine Lösung finden, die ihr und ihrer Tochter
Sicherheit bieten konnte.
Nach der Vertreibung ihres Mannes Gottfried
der Bärtige nach Lothringen waren Beatrix
und
Mathilde
nun wieder ohne Schutz. Am 31. Mai 1055 - falls die Urkunde echt ist -
verkaufte die Markgräfin, die das schlimmste befürchtete, weit
unter dem Wert Güter im Gebiet von Lucca, die sie 1044 erworben hatte.
Sie brauchte dringend und rasch Bargeld. HEINRICH
III. hatte sie nämlich zu einer Synode nach Florenz gerufen,
die in Anwesenheit von Papst Viktor II. vom 4. bis zum 14. Juni 1055 abgehalten
wurde. Dort bewahrheiteten sich ihre Befürchtungen: Der Kaiser nahm
sie und ihre Tochter Mathilde,
die noch keine 10 Jahre alt war, in Haft. Als er später nach Deutschland
zurückkehrte, führte er seine beiden Gefangenen mit sich. Ein
Mathilde
nahestehender Chronist berichtet über den wenig später erfolgten
Tod HEINRICHS III.:
"Kaum hatte er die fränkische Seite des Rheins erreicht,
wurde er von einem heftigen Fieber ergriffen. Da rief er den erhabenen
Herzog
Gottfried zu sich, gab ihm seine Gemahlin und die Tochter des Bonifaz
zurück
sowie alle Besitzungen, die ihnen gehörten, und bat ihn dringend,
er möge seinem Sohn, dem schon designierten König, die Treue
halten. Wenige Tage danach ereilte ihn der Tod. Sein Leichnam wurde mit
allen Ehren in Speyer, im Grab seines Vaters, beigesetzt, und sein Sohn
übernahm gemeinsam mit der Mutter die Regierung des Reichs."
So schildert Bonizo von Sutri das Geschehen. Andere behaupten
jedoch, dass das Herrscherpaar von Canossa erst nach dem Tod HEINRICHS
III. wieder zusammenkommen konnte und erst dann seine Herrschaftsgebiete
zurückerhielt.
Goez Elke:
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"Beatrix von Tuszien"
Jugendjahre Seite 11-13
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Der genaue Zeitpunkt der Geburt von Beatrix
ist
nicht bekannt; er muß jedoch zwischen 1013 und 1026 gelegen haben.
Das gleiche gilt für ihre Schwester Sophie, die zwar erst geraume
Zeit nach Beatrix starb, deshalb aber
nicht die jüngere der beiden Schwestern gewesen zu sein braucht. Ihr
einziger Bruder fand bereits 1032 oder 1033 den Tod. Obwohl Sophie und
Beatrix
erstmals
im Zusammenhang mit dem Tod des Vaters am 18. Mai 1033 erwähnt
werden, ist Glaesener überzeugt, dass Beatrix
1036 20 Jahre alt gewesen sei, somit also 1016 geboren wurde.
Diese Behauptung ist durch keine Quelle zu belegen und basiert allein auf
Spekulationen über das heiratsfähige Alter, die der Vorstellungswelt
des 20. Jahrhunderts entstammen. Zudem läßt Glaesener außer
acht, dass die Töchter des verstorbenen Herzogs von einer zeitgenössischen
Quelle ausdrücklich als minderjährig bezeichnet werden.
Mit Herzog Friedrich II. erlosch die Linie
BAR des ARDENNERGRAFEN-Hauses im
Mannesstamm und es unterlag keinem Zweifel, dass
Beatrix und Sophie wegen des geringen
Alters, aber vor allem wegen ihres Geschlechts dem Vater nicht im Herzogtum
nachfolgen konnten. Die beiden Waisen wurden gleich nach 1033 durch ihre
Tante mütterlicherseits, die Kaiserin Gisela,
an den Hof KONRADS II. geholt und dort
als Adoptivtöchter erzogen. Ich halte es allerdings für höchst
unwahrscheinlich, dass die beiden Mädchen beständig mit dem Herrscher
herumreisten, sondern möchte eine Ausbildung oder doch längere
Anwesenheit in einem von der Kaiserin bevorzugten Damenstift annehmen.
Eine gemeinsame Erziehung mit HEINRICH III.
ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen,
zumal der junge König 1033 bereits Mitregent war und in dieser Eigenschaft
zusammen mit seinem Vater Regierungsaufgaben zu erfüllen hatte. Allerdings
dürften sich Beatrix und HEINRICH
- letzterer geboren am 28. Oktober 1017 - im Alter tatsächlich sehr
nahegestanden haben .
Obwohl das Grab der Beatrix
in Pisa erhalten blieb, wurden Untersuchungen der Gebeine bislang noch
nicht vorgenommen, so dass wir keine Vorstellungen vom Äußeren
der Markgräfin machen können. Die schwärmerische Schilderung
Donizos über die Schönheit der Mutter seiner Herrin Mathilde
muß man als panegyrische Schmeichelei auffassen, und auch ihre Miniatur
im Donizo-Codex zeigt zweifellos kein realistisches Abbild.
Über die Jahre bis zu Beatrix'
Verheiratung
mit Bonifaz von Tuszien-Canossa ist nichts bekannt. Der im frühen
14. Jahrhundert lebende Dominikaner Jean de Bayon erzählt allerdings,
dass Herzog
Gozelo von Nieder-Lothringen der tutor der beiden Mädchen
gewesen sei. Doch dieser Geschichtsschreiber erweist sich häufig als
zu phantasievoll. KONRAD II. ließ
die beiden Erbtöchter des Herzogs Friedrich II. an seinen Hof
holen, verheiratete Sophie mit Graf Ludwig von Mousson und Mömpelgard
und gab 1037 Beatrix
seinem treuesten italienischen Vasallen zur Frau, dem seit kurzem
verwitweten Markgrafen Bonifaz von Tuszien-Canossa.
1.3. Herzog Gottfried der Bärtige Seite 20-25
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Nach dem Mord an Bonifaz hatte Beatrix
im
canusinischen
Herrschaftsgebiet einen schweren Stand, denn viele der kleinen Vasallen
warteten seit langem auf eine Gelegenheit, das drückende Joch abzuschütteln,
das der Markgraf ihnen auferlegt hatte. Zugleich gab es seitens der Krone
Probleme: Beatrix beanspruchte als Vormund ihres minderjährigen Sohnes
Friedrich das ungeschmälerte Erbe einschließlich der umfänglichen
Reichslehen. Deswegen sandte sie die Bischöfe Arnald von Arezzo und
Wido von Volterra als Unterhändler zu HEINRICH
III. Doch es gelang dem Kaiser, durch betonte Großzügigkeit
die beiden Geistlichen auf seine Seite zu ziehen, und ihre Gesandtschaft
blieb daher für Beatrix
ohne
Erfolg. Unglücklicherweise starben zudem binnen weniger als 2 Jahre
nach dem Attentat auf den Markgrafen auch die beiden älteren Kinder
Friedrich und Beatrix. Weder der Zeitpunkt noch die Todesursachen sind
geklärt. Bonizo überliefert in seinem weitgehend polemischen
"Liber ad amicum" das Gerücht, sie seien vergiftet worden, wofür
es allerdings keinerlei Quellenhinweise gibt. Mit Sicherheit war Friedrich
Anfang Januar 1053 noch am Leben; denn damals schenkte
Beatrix
für
das Seelenheil ihres verstorbenen Mannes gemeinsam mit dem Sohn das Hofgut
Volta an die Kirche des heiligen Petrus zu Mantua. Eine Stiftung der Markgräfin
für das Marienkloster in Felonica vom 17. Dezember 1053 wurde in der
Forschung wiederholt zur Bestimmung des Sterbedatums von Friedrich und
seiner Schwester Beatrix herangezogen. Doch entgegen dem Wortlaut der älteren
Drucke, die an dieser Stelle von der handschriftlichen Überlieferung
abweichen, gab die Markgräfin dem Kloster die Marienkirche in Badigusula
propter Deum et remedium anime mee et anime de quondam Bonefacio marchio
est anime filio et filias meas. Da sie hier von ihrem Sohn und den beiden
Töchtern spricht, zugleich aber nur Bonifaz ausdrücklich
als Verstorbenen nennt, möchte ich im Gegensatz zur bisherigen Forschung
annehmen, dass die 3 Kinder zu diesem Zeitpunkt alle noch am Leben waren.
Der Tod ihres Sohnes, als dessen Vormund Beatrix
fungierte, muß jedoch bald nach dem 17. Dezember 1053 erfolgt sein,
da ich es für ausgeschlossen halte, dass sie noch zu Lebzeiten eines
männlichen, somit reichsrechtlich eindeutig erbberechtigten Kindes
eine 2. Ehe eingegangen wäre. Ein bislang in der Regel übersehener
Quellenbeleg liefert dagegen nur ein Scheinargument für ein noch späteres
Sterbedatum: Angeblich schwor Rodolfo do Casola 1055 dem Bischof Guido
II. von Lugni gegen jedermann Treue, ausgenommen Beatrix
und
ihren Sohn. Diese undatierte Nachricht wird allein durch den Pontifikat
des Bischofs zeitlich fixiert, der gerade für dieses Jahr auch anderweitig
bezeugt ist. Sein Vorgänger wird jedoch nur ein einziges Mal in einer
Urkunde genannt, nämlich 1039, so dass es durchaus plausibel erscheint,
dass Guido II. bereits geraume Zeit vor 1055 sein Amt antrat und jener
Eid bedeutend früher abgelegt wurde, was angesichts der politischen
Verhältnisse sogar viel einleuchtender ist.
Nach dem Tode Friedrichs drohte die Stellung der
Beatrix unhaltbar
zu werden; sie mußte ernsthaft fürchten, das Erbe des Bonifaz
weder für sich noch für ihre einzige überlebende Tochter
Mathilde
behaupten
zu können. Nur durch die baldige Heirat mit einem mächtigen Fürsten
war Hilfe gegen alle Anfeindungen zu erhoffen.
Vermutlich ist der aufständische, vom Kaiser abgesetzte
und geächtete
Herzog
Gottfried der Bärtige von Ober-Lothringen mit seinem Bruder
Friedrich,
dem späteren
Papst Stephan
IX., im Gefolge Leos IX., dem an einer echten Versöhnung des
Fürsten mit HEINRICH III. gelegen
war, im Winter 1049/50 nach Italien gezogen. In diesen Zusammenhang gehört
wohl auch die Behauptung des Laurentius von Lüttich, Gottfried
habe damals dem Markgrafen Bonifaz als Gefolgsmann gedient. Steindorff
tut diese Nachricht zwar als "fabulose Vorgeschichte" ab, aber man kann
sie durchaus als Hinweis darauf deuten, dass Gottfried
schon
frühzeitig Kontakte zum Haus CANOSSA aufgenommen hatte. Dass
er seine zukünftige Frau bereits vor der Heirat bei der Bewahrung
des canusinischen Erbes unterstützt habe, wäre zwar möglich;
doch beweisen läßt es sich nicht. Wedemann vermutet, dass es
Kardinal
Friedrich
gewesen sei, der die Beziehungen seines Bruders zu den
CANUSINERN
in Italien vermittelte. Dass Gottfriedallerdings
schon 1051 der Gedanke an eine zukünftige Ehe mit Beatrix
vorschwebte,
wie Dupreel meinte, muß entschieden bezweifelt werden, da Bonifaz
zu dieser Zeit ja noch lebte. Man darf jedoch angesichts ihrer Verwandtschaft
und der gemeinsamen lothringischen Heimat davon ausgehen, dass Gottfried
Beatrix
wohl
schon viel früher, nämlich noch als Kind kennengelernt hatte.
1054 - als sich erste Anzeichen zu einer Aussöhnung
des Herzogs mit HEINRICH III. anzudeuten
schienen - heiratete Gottfried
der Bärtige Beatrix von Tuszien-Canossa
ohne Rücksicht auf das kanonische Ehehindernis einer zu nahen Verwandtschaft
und ohne Einholung der Erlaubnis des Lehnsherrn, also gleichsam hinter
dem Rücken des Kaisers, der offenbar völlig überrascht wurde
und sich brüskiert zeigte. Die Quellen differieren stark in der zeitlichen
Einordnung der Hochzeit, was vor allem dadurch zu erklären ist, dass
sie Ereignisse, welche durch die Ehe ausgelöst wurden, in direktem
Zusammenhang mit der Vermählung berichten, was naturgemäß
zu chronologischen Ungenauigkeiten führte. Die überaus heftige
Reaktion Kaiser HEINRICHS
III., der 1055 nicht zuletzt deswegen persönlich nach Italien
zog, um "kompromißlos... diesen Versuch einer neuen Machtbildung
in Italien" zu durchkreuzen und die ihm unliebsame Verbindung zu trennen,
ist ein zusätzliches Argument dafür, dass die Hochzeit nicht
bereits im Jahr 1053 stattfand, da der Herrscher schwerlich 2 Jahre tatenlos
dieser Verbindung zugesehen hätte. Bemerkenswert ist die Tatsache,
dass HEINRICH III. bei dem Italienzug
bereits am 22. März 1055 Brixen erreichte. Die seit langem geplante
Reichssynode zu Pfingsten 1055 in Florenz hätte eine solche Eile nicht
erfordert. Man darf daher annehmen, dass Beatrix
und
Gottfried
im Sommer oder Herbst 1054 heirateten und HEINRICH
III. sofort Gegenmaßnahmen einleitete, nachdem ihn die
Nachricht erreicht hatte. Die neuerliche Kränkung und Mißachtung
seiner Rechte mußten HEINRICH III.
daher um so empfindlicher treffen; denn auch Gottfried
der Bärtige und Beatrix
hatten es versäumt, den lehnsrechtlich vorgeschriebenen
Ehekonsens des Kaisers einzuholen, mit dessen Gewährung sie freilich
niemals hätten rechnen dürfen. HEINRICH
III. konnte und wollte in Oberitalien keine Machtkonzentration
in den Händen eines bereits wiederholt rebellischen und gemaßregelten
Feindes dulden. Die klandestine Hochzeit mochte manchen Zeitgenossen wie
offener Verrat erscheinen. Ob Gottfried
allerdings
tatsächlich Oberitalien vom Reich abspalten wollte oder ein antikaiserliches
Bündnis mit den Normannen plante, wie eine einzelne Quelle behauptet,
ist eher unwahrscheinlich. Doch insgeheim hatten
Beatrix
und
Gottfried
wohl
darauf gehofft, dass HEINRICH III.
durch die damaligen Krisen im Reich zu stark in Anspruch genommen sein
würde, um in Italien aktiv werden zu können. Aber sie hatten
sich getäuscht. 1055 zog der Kaiser über die Alpen, wo er lokale
Revolten augenblicklich niederwarf, und Gottfried
ergriff
die Flucht.
Nun war Beatrix wiederum
auf sich allein gestellt. Die einzige Möglichkeit, die canusinische
Stellung vielleicht doch noch zu retten, bestand in der Unterwerfung unter
die Gnade des siegreichen Kaisers. So bezog sie in Begleitung ihrer noch
minderjährigen Tochter Mathilde,
die zu diesem Zeitpunkt vermutlich bereits mit dem gleichnamigen Sohn Gottfrieds
des Bärtigen verlobt war, nach Florenz, wo
HEINRICH III. mit dem Papst ein Konzil veranstaltete. Noch auf
der Reise versuchte Beatrix, durch
eine Veräußerung mit Rückkaufsrecht binnen Jahresfrist
wenigstens eine besonders wichtige Besitzung vor den drohenden Verlust
zu retten. Auffälligerweise nennt sie sich in dieser Urkunde nicht
in der sonst üblichen Weise Markgräfin oder gar Herzogin, sondern
erwähnt nur ihre Abstammung von Herzog Friedrich. Sie wollte
offenbar vermeiden, durch eine fürstliche Intitulatio, die - wenn
überhaupt - reichsrechtlich nur ihrem Gemahl zustand, den Kaiser noch
mehr zu reizen. Zu Beatrix'
Unglück war ihr Fürsprecher und naher Verwandter Leo
IX., der sich bislang stets für Gottfried
den Bärtigen eingesetzt hatte, im Jahr zuvor gestorben, und
von Viktor II. hatte sie keine Hilfe zu erwarten. Lampert von Hersfeld
berichtet, dass Beatrix sich mit einer
Rede vor dem Kaiser ausführlich zu rechtfertigen suchte, aber sie
hatte damit keinen Erfolg. HEINRICH III.
ließ sie und ihre Tochter in Haft nehmen und führte sie mit
sich über die Alpen nach Deutschland. Damit schien zugleich eine der
letzten KONRADINER-Erbinnen ausgeschaltet.
Auch Friedrich, der Bruder
Gottfrieds
blieb
vor dem Zorn des Kaisers nicht verschont.
In dieser geradezu aussichtslos anmutenden Situation
rettete Gottfried
und Beatrix der plötzliche Tod
HEINRICHS
III. Ausschließlich die Tatsache, dass sie den Kaiser
überlebten,
ermöglichte es ihnen, in ihre Herrschaftsgebiete südlich der
Alpen zurückzukehren. Gleichsam mit einem Schlag zählten sie
wieder zu den wichtigsten Fürsten des Reiches.
2.1. Die lothringischen Besitzungen Seite 35-41
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Beatrix
selbst hat indessen nur in geringem Umfang über ihren lothringischen
Allodialbesitz urkundlich verfügt, so dass der Großteil der
Objekte lediglich durch die Veräußerungen oder Schenkungen ihrer
Tochter Mathilde
erschlossen kann.
Zunächst ist festzuhalten, dass Beatrix
ebenso wie ihre Schwester Sophie "le bien des allieux et de certains benefices
de leur pere" übernahm, den väterlichen Amtstitel und die
damit verbundenen Rechte und Besitzungen aber selbstverständlich einbüßte.
Das Privaterbe Friedrichs II., das laut Parisot die Grundlage der
herzoglichen Territorialherrschaft bildete, fiel nach seinem Tod offenbar
ohne größere Verluste den Töchtern zu. Die Zentren lagen
im Gebiet von Bar-le-Duc, im westlich von Briey im Department Meuse gelegenen
Gondrecourt, in Saint-Mihiel an der Maas, auf halbem Wege zwischen Toul
und Verdun, dessen Hochstiftsvogtei der Herzog besessen hatte, in Amance
nordöstlich von Nancy, in Mousson an der Mosel und rings um das Department
Meuse nordwestlich von Metz gelegene Briey mit Thionville, ein sehr ausgedehnter
Besitzkomplex. Die beiden Schwestern teilten sich den väterlichen
Nachlaß zu annähernd gleichen teilen. Sophie erhielt Saint-Mihiel,
die Burgherrschaften von Bar und Fains, und sie verfügte - neben weiteren,
verstreut liegenden Gütern - über die Besitzungen von Saint-Denis-en-Lorraine.
Die mangelnde Geschlossenheit dieser Objekte erlaubte der Herzogstochter
und ihrem Gemahl Graf Ludwig von Mömpelgard keine kraftvolle und ausgreifende
Territorialpolitik; in dieser Hinsicht änderte sich erst für
ihre Nachkommen im Verlauf des 12. Jahrhunderts die Situation.
Beatrix übernahm
dagegen die weiter nördlich "dans le Verdunois, la Woevre et l'Ardenne"
gelegene Familienbesitzungen Stenay, Mouzay, Muraut, Juvigny und Briey.
Gegenseitige Einmischungen in die jeweiligen Erbteile der Schwestern kamen
offenbar nicht vor. Selbst für das vormalige Familienkloster Saint-Mihiel
erfolgte daher niemals eine Schenkung der frommen Markgräfin oder
ihrer Tochter
Mathilde.
Es ist allerdings nicht mit Sicherheit zu bestimmen,
ob Stenay und Mouzay wirklich aus dem Besitz des Großvaters oder
nicht vielmehr aus dem Erbe Gottfrieds
des Bärtigen an Mathilde
kamen, möglicherweise auf dem Weg über das nicht näher bekannte,
aber vorauszusetzende Wittum der Beatrix.
Der Herzog hat nämlich auf Veranlassung seiner Gemahlin der Abtei
Gorze die Kirche St. Dagobert in Stenay urkundlich zugesprochen, wozu auch
Mouzay gehörte. Dies ist deshalb bemerkenswert, weil Beatrix
sonst immer selbst und erklärtermaßen kraft eigenen Rechts aus
ihrem Privatvermögen Schenkungen tätigte. Es wäre daher
denkbar, dass nicht sie, sondern Gottfried
der
ursprüngliche Besitzer von Stenay und Mouzay gewesen ist. Eine undatierte,
jedoch relativ späte Notiz des Erzbischofs Bruno von Trier (1101-1124)
zugunsten von Gorze legt allerdings nahe, dass es sich in der Tat um Allodien
der Beatrix handelte. Auch Parisot
vermutet, dass Stenay aus der Erbmasse ihres Vaters stammte, ohne dies
belegen zu können, für Mouzay ist eine eindeutige Aussage ebenfalls
nicht möglich .
Juvigny mit dem Nonnenkloster St. Scholatica, im Department
Meuse, Arrondissement Montmedy, gelegen, besaß Mathilde zweifellos
aus dem Allod ihrer Mutter. Sie übertrug es 1079 dem Bischof von Verdun;
ob sie die Dotation nach Streitigkeiten mit diesem dann wieder annullierte,
wie Overmann meint, bleibt unklar. HEINRICH IV.
verfügte nach der Ächtung der Markgräfin und der Konfiszierung
ihrer lothringischen Güter über Juvigny, dessen Besitz er dem
Bischof bestätigte. 1096 nahm Urban II. die Abtei unter apostolischen
Schutz, indem er geltend machte, dass sie schon durch Beatrix,
Bonifaz und deren Tochter Mathilde
der römischen Kirche übereignet worden war. Hier lag vielleicht
ein Irrtum vor, denn Bonifaz hätte wohl kaum eine Schenkung
getätigt, in welcher nur eines seiner 3 Kinder - und zwar ausgerechnet
seine zweite Tochter - namentlich genannt wird. Es ist daher denkbar, dass
diese Dotation erst durch Herzog
Gottfried den Bärtigen, Beatrix
und Mathilde
geschah.
Allerdings war für Papst Urban II. nur deren Erwähnung von aktuellem
Belang, so dass aus diesem Grund die Namen der beiden Geschwister in seiner
Bestätigungsbulle ausgelassen worden sein könnten. Im gleichen
Dokument wird erwähnt, dass die Schenkung noch weitere Güter
umfaßte: Remoiville, Han, Verneuille-Grand, Verneuille-Petit, Ire-le-Pres,
Mercy, Clemery, Belrupt, Velosnes, Mesancy und Sivry. Falls diese Objekte
wirklich schon durch Bonifaz und Beatrix
gestiftet
worden sind, stammten sie zweifellos aus dem väterlichen Erbe der
Gemahlin des Markgrafen.
In der Nähe von Juvigny, dicht bei Neufchateau liegt
auch Longlier, das Gottfried
und
seine Frau vermutlich 1055/57 an die Abtei Florennes gaben. Damit wäre
die Dotation kurz nach dem Tod HEINRICHS III.
erfolgt,
als sich Gottfried
und
seine Gemahlin noch in Deutschland befanden. Dies ist wahrscheinlicher
als eine Stiftung im Jahr 1064, woran Bertholet glaubte, da Beatrix
zu
dieser Zeit nachweislich bereits wieder in Italien weilte.
Der heute nicht mehr genau zu lokalisierende Hof Donceel
(domus Cyrici) gehörte ebenfalls Beatrix.
Zweifellos lag diese Besitzung im Komitat von Huy. In einem als Insert
überlieferten Brief bestätigte Mathilde
1083 den Verkauf des Allods durch Rangerius von Briey an Abt Robert von
Saint-Jacques in Lüttich. Es ist anzunehmen, dass das weit abgelegene
Donceel nur mit großer Mühe zu behaupten gewesen wäre,
der Verkauf daher eine Maßnahme im Sinne einer vernünftigen
Gebietspolitik war, um besser verwaltbare Besitzkomplexe zu schaffen und
Unhaltbares abzustoßen.
Die Herrschaft Briey, nordwestlich von Metz gelegen,
und der dazugehörende Ort Standalmont stammten gleichfalls aus dem
Erbe Herzog Friedrichs II. Ein Burgenvogt Odouin ist dort 1055 als
Vasall der Beatrix
nachweisbar. Der später mehrfach genannte Albert von Briey
gehörte zu den lothringischen Ministerialen Mathildes,
die 1096 das Kloster Saint-Pierremont in dem ausgedehnten Besitz um Briey
neu errichtete und unter anderem mit Standelmont ausstattete.
Muraut, das wohl mit dem Burgenkomplex Mereveaux identisch
ist, gelangte zusammen mit dem Wald von Woevre aus dem Besitz der
Beatrix an die bischöfliche
Kirche von Verdun.
Aus dem väterlichen Erbe besaß Beatrix
ferner
Besitz in Waleswilre, dessen Lage bis heute ungedeutet blieb, und in Stetten,
das nördlich von Albisheim im Kreis Kirchheimbolanden (Rheinland-Pfalz)
zu lokalisieren ist. Höchstwahrscheinlich befand sich auch Waleswilre
in der Nähe dieses Ortes. Beider Güter wurden von Beatrix
und Mathilde
1072 oder 1073 auf Bitten des Grafen Friedrich von Mömpelgard an das
schon seit 872 bestehende Nonnenkloster Münsterdreisen geschenkt.
Weit abseits vom alten Herrschaftszentrum Herzog Friedrichs II. von
Ober-Lothringen lagen ferner Titinesheim und Lutera. Es könnte
sich also hierbei möglicherweise um konradinisches Erbe aus
dem Nachlaß von Beatricens
Mutter
Mathilde
gehandelt haben. Titinesheim ist mit
Deidesheim an der Weinstraße zu identifizieren. Bei Lutera handelt
es sich offenbar um Lauterburg. Auch diese Güter wurden während
des Investiturstreites durch HEINRICH IV. konfisziert;
er schenkte Deidesheim 1086 dem Stift St. Guido und Lutera der bischöflichen
Kirche in Speyer. Doch Mathilde
hat diese Verfügung nicht anerkannt und gab ihrerseits den erstgenannten
Ort um das Jahr 1093 an das Schwarzwaldkloster St. Blasien. Es ist anzunehmen,
dass sie sich dessen bewußt war, diesen Teil ihres mütterlichen
Erbes, der in Streulage im Osten bis an den Rhein reichte, ohnehin nicht
auf Dauer sichern zu können, und sie ihn daher abstieß, anderweitig
dagegen möglichst geschlossene Besitzkomplexe zu behalten suchte:
ein ähnlicher Vorgang wie in Donceel.
Hart an der Grenze zum heutigem Luxemburg lagen Besitzungen,
auf denen - allerdings vermutlich erst von Mathilde
- die Abtei Orval gestiftet wurde. Die Gründungsgeschichte des berühmten
belgischen Klosters ist sehr schlecht dokumentiert; die Weiheurkunde vom
30. September 1124, welche detaillierte Nachrichten über die Frühzeit
enthält, ist nämlich eine Fälschung. In der Nähe von
Orval saßen die Grafen von Chiny, welche in Quellen aus dem frühen
12. Jahrhundert als Vasallen Mathildes
bezeugt
sind. Ob ihre dortigen Güter aus dem Erbe der Mutter oder aus dem
ihr von Gottfried
dem Buckligen ausgesetzten Wittum stammten, ist nicht zu entscheiden.
Unsicher und kaum beweisbar ist auch die Vermutung von
Grosdidier de Matons, dass Beatrix
bei ihrer 2. Hochzeit folgende Güter als Witwengut erhalten hätte:
"Lanfroicourt,
Aboncourt,
Salone qui etait siege d'un prieure de l'abbaye de Saint-Mihiel,
Malancourt,
Dehne,
Solzeling,
Morsberg,
Insming,
Sarreguemines,
Farchsweiller,
Theding,
Ausmacher,
Bliesgerwiller,
Bliedersdorf.
Ces villae qui appartenaient a Saint-Denis ont peutetre
ete donnes en douaire a Beatrice".
Da keiner dieser Orte jemals bei Beatrix oder
Mathilde
eine Rolle spielte und nirgends in ihren Urkunden genannt wird, ist es
eher unwahrscheinlich, dass es sich tatsächlich um das Wittum der
Markgräfin handelte, weil ein völliger Verlust gleich nach ihrem
Tod angesichts der ansehnlichen Güter, die Mathilde
nachweislich aus dem mütterlichen Erbe behaupten konnte, unglaubhaft
ist. Ein beträchtlicher Teil der genannten Liegenschaften gehörte
zwar zweifelsfrei den Eltern von Beatrix, wurde aber vermutlich
gar nicht an sie, sondern an ihre Schwester vererbt. Bliedersdorf, Theding,
Farchsweiler und Saargemünd besaß nämlich später die
zweite Tochter Dietrichs, eines Sohnes der Sophie. Auch das Priorat von
Insming und der ganze Ort Solzeling befanden sich bis 1102 in dessen Besitz;
Dietrich schenkte sie damals der Abtei Saint-Mihiel. Ferner kam das Priorat
Salone mit den Dörfern Aboncourt und Malancourt durch eine Stiftung
Sophies an dieses Kloster. Ganz unwahrscheinlich und durch nichts zu begründen
ist, dass diese Güter nach Beatrix' Tod
in die Hände ihrer Schwester und nicht in die ihrer Tochter gelangt
wären; sie hatten offenbar von vornherein Sophie allein gehört.
Um die Herrschaft über die lothringischen Besitzungen
aufrechterhalten zu können, mußte Beatrix
die
Beziehungen zu ihrer alten Heimat pflegen. Sie benötigte dort ansässige
Helfer, da anders die Verwaltung der Güter über eine so große
räumliche Distanz nicht möglich gewesen wäre. Wir wissen,
dass Beatrix auf
ihrer 1. Reise nach Italien einem Jungkleriker aus Saint-Hubert namens
Lambertus im Gefolge hatte, der nach dem Tod des Markgrafen Bonifaz
Italien wieder verließ und nach Lothringen zurückkehrte. Ob
dieser Tatbestand in einem Zusammenhang mit der Liegenschaftsverwaltung
steht, bleibt unklar. Vermutlich hatte
Beatrix
jedoch
diesbezüglich ihrer lothringischen Interessen anfänglich in dem
mit ihr verwandten Bischof Brun von Toul, seit 1049 Papst Leo IX., eine
Stütze, auch wenn sich hierfür keine schriftlichen Belege finden
lassen. Seit der Eheschließung mit Gottfried
dem Bärtigen (1054) oblag die Sorge um die dortigen Güter
natürlich in erster Linie dem Herzog. Nach seinem Tod dürfte
Beatrix' Stiefsohn Gottfried
der Bucklige diese Aufgabe übernommen haben. Eine Verbindung
zur alten Heimat stellte auch Graf Friedrich von Mömpelgard sicher,
der mit den lothringischen CANUSINERN nahe verwandt war. Erstmals
ist er am 29. August 1071 bei Beatrix
nachweisbar; damals fungierte er in der Gründungsurkunde für
Kloster Frassinoro als Zeuge. Vermutlich brachte der Graf bei dieser Gelegenheit
der besorgten Beatrix Nachrichten über
ihre hochschwangere Tochter. Mindestens bis zum 10. September 1073 blieb
er im Umkreis der Markgräfin, bis er, wahrscheinlich im Gefolge Gottfrieds
des Buckligen, nach Lothringen zurückkehrte .
Zusammenfassend hat Parisse den lothringischen Besitz
der Beatrix
folgendermaßen
charakterisiert: "Les comtesses Beatrice et Mathild ont herite de leurs
ancetres un ensemble de terres fiscales, qui devaient constituer une partie
du benefice de l'honor ducale confie a Frederic I en 959: soit essentiellement
des biens alignes le long de la Meuse et de quelques affluents avec des
parissses des vallees de la Semois ert du Loison. Ce n'etait qu'un morceau
d'un fisc gigantesque, dont d'autres parties furent con fiees a l'autre
branche des comtes d'Ardenne, celle des comtes de Verdun. Le reunion des
deux familles au XI siecle refit l'unite du fisc."
Trotz des erheblichen Umfangs der lothringischen Güter
der Beatrix blieben diese weit hinter dem enormen Besitz des Markgrafen
Bonifaz zurück. Keinesfalls war der durch die Mitgift erzielte
Zugewinn an materiellen Werten für Bonifaz der Hauptgrund gewesen,
die Lothringerin zu heiraten, obwohl Beatrix über
sehr beachtliche Geldmittel verfügte [Bereits 1044 Mai 14 erwarb
Beatrix
mit Erlaubnis ihres 1. Ehemannes 6 große Höfe zum Preis von
1.000 Pfund Silber. 1044 Juni 14 kaufte sie mit Zustimmung ihres Mannes
für 125 Pfund Silber den 3. Teil des Kastells Porcari.]. Für
den Markgrafen war vielmehr in erster Linie der soziale Aufstieg in die
Verwandtschaft zum salischen Königshaus
wichtig, den ihm diese Ehe verschaffte.
Die größte Bedeutung erlangten die lothringischen
Güter der Beatrix
allerdings erst in der Zeit ihrer 2. Ehe, als sie mit den Besitzungen
Herzog
Gottfrieds zusammengefaßt wurden und nunmehr tatsächlich
"une veritable tete pont entre Verdun et Bouillon" darstellten.
1037
1. oo 2. Bonifaz I. Markgraf von Canossa
um 985-6.5.1052
1054
2. oo 2. Gottfried II. Herzog von Lothringen
x
-21.12.1069
Kinder:
1. Ehe
Beatrix
- vor 17.12.1053
Bonifaz II.
-
1055
Mathilde
1046-24.7.1115
Literatur:
------------
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Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 64,145,160,163,186, 213 - Brandenburg
Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt
an der Aisch 1998 Seite 7 X, 25b - Bresslau Harry: Jahrbücher
des Deutschen Reiches unter Konrad II. Verlag von Duncker&Humblot Leipzig
1879 Band I Seite 431-436 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan
Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I, Seite 449/Band II Seite
157/Band III Seite 157,268,321, 323 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter.
Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 70-71,75,230 - Fumagalli
Vito: Mathilde von Canossa. Verlag Klaus Wagenbach Berlin 1998 - Glocker
Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik.
Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 331,340, 343 - Goez
Elke: Beatrix von Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte
des 11. Jahrhunderts, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995 - Golinello,
Paolo: Mathilde und der Gang nach Canossa, Artemis und Winkler Düsseldorf
1998, Seite 37-300 - Wies, Ernst W.: Kaiser Heinrich IV. Canossa
und der Kampf um die Weltherrschaft, Bechtle Esslingen 1996, Seite 27,82,
132,147 -