3. Sohn des Kaisers
KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud
von Orleans, Tochter von Graf Odo
Werner Karl Ferdinand: Seite 453
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"Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr
1000 (1.-8. Generation)"
IV. Generation
36
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Den Tod Karlmanns
datiert Brandenburg in seiner Anm. B. IV, 36 auf "bald nach" der Blendung
von 873, auf der Tafel mit "874". Zum richtigen Todesjahr 876 vgl.
Dümmler 2, 359, sowie oben IV, 23, Absatz 2.
Mühlbacher Engelbert: Band II Seite 334-336
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"Deutsche Geschichte unter den Karolingern"
Viel schlimmer war es gleichzeitig dem westfränkischen
Prinzen Karlmann ergangen, der gegen seinen Vater in offenem
Aufruhr gestanden war. Als dieser seiner habhaft geworden war, verurteilte
er ihn zu Senlis zu strenger Haft, während er dessen Spießgesellen
gegen Ableistung des Treueids begnadigte. Nach mehr als Jahresfrist ließ
er, da bei der allgemeinen Unzufriedenheit dem gefangenen Prinzen noch
immer die Sympathien vieler sich zuwandten, über ihn abermals zu Senlis
Gericht halten. Er selbst überreichte der dort versammelten Synode
eine Klageschrift gegen den eigenen Sohn. Wie er es verlangte, entsetzten
die Bischöfe Karlmann seiner geistlichen
Würde und gestanden ihm nur noch die Laienkommunion zu. Damit wurde
Karlmann
der Vorrechte des geistlichen Standes, welche ihn der weltlichen Strafgewalt
entzogen, verlustig; der Degradierte konnte vor ein weltliches Gericht
gestellt und an Leib und Leben gestraft, er konnte, wie sein Vater beabsichtigte,
unschädlich gemacht werden. Ein Anlaß fand sich bald. Karlmann
und seine Freunde folgerten aus seiner Absetzung, daß er, nunmehr
wieder ganz Laie geworden, in sein volles Erbrecht eintrete und den königlichen
Thron besteigen könne. Seine alten Anhänger sammelten sich, sie
warben neue Genossen und planten, Karlmann
aus dem Gefängnis zu befreien und, wie es hieß, auf den Thron
zu erheben. Karlmann, der an dieser
Bewegung nicht persönlich beteiligt sein konnte, da er immer in Haft
geblieben war, wurde abermals vor Gericht gestellt. Sogar seine frühere
Empörung wurde in die Anklage einbezogen. Unter Zustimmung aller Anwesenden
erklärte man es als eine Staatsnotwendigkeit, daß der Prinz,
der eigentlich der Todesstrafe verfallen sei, geblendet werde, "damit er
Gelegenheit und Zeit zur Reue habe und ihm die Möglichkeit genommen
werde, noch Ärgeres, wie er es sinne, anzurichten, damit die wahnwitzige
Hoffnung der Friedensstörer auf ihn vereitelt werde und die Kirche
Gottes und die Christenheit im Reich außer der Befeindung durch die
Heiden nicht auch durch einen verruchten Aufstand in Verwirrung gebracht
werden könne." In herzloser Grausamkeit ließ KARL
DER KAHLE die Blendung an seinem Sohn vollziehen, dem er aus
politischen Rücksichten den geistlichen Stand, ein verfehltes und
verbittertes Leben aufgezwängt, den er damit selbst auf Abwege gedrängt
hatte. Es ist ein scheußliches Bild, um so greulicher, wenn man ihm
das Verhalten seines Bruders, des deutschen Königs, gegen seine Söhne,
die doch dasselbe verschuldet hatten, gegenüberstellt, der sich der
höheren Pflicht bewußt blieb, auch unbotmäßigen Söhnen
gegenüber Vater zu sein. Der geblendete Karlmann
wurde in das Kloster Corbie in Gewahrsam gebracht. Unterstützt von
Adalhard, dem Bruder seiner Mutter, gelang es ihm, auf deutschen Boden
zu entfliehen. Der deutsche König nahm seinen unglücklichen Neffen
auf. Er übergab ihn dem Erzbischof Liutbert und wies ihm das St. Albanskloster
bei Mainz zum Aufenthalt an. Dann verlieh er ihm das Kloster Echternach
und hier ist Karlmann, kein gutes Andenken
hinterlassend, nach webnigen Jahren gestorben.
Literatur:
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Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen
Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 588-590,718,723,
758-761,766,769,772,794-797; Band II Seite 691 - Hlawitschka Eduard:
Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton
Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 27,228 - Mühlbacher Engelbert:
Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft
Athenaion, Band II Seite 334 -
Schieffer Rudolf: Die Karolinger.
W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,159 -
Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern.
Von den Karolingern
zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln
1990, Seite 58,67,95 -