Tochter des Gepiden-Königs Kunimund
Thiele, Andreas: Tafel 223
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band III Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser
Ergänzungsband"
ALBOIN
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† 572 (573?)
ermordet
1. oo CLOTSWINDE
† um 565
Tochter des Franken-Königs Chlothar I.
2. oo ROSIMUNDE DER GEPIDEN
† 572/73 ermordet
Tochter des Königs Kunimund
(2. Ehe: oo Helmigis, Alboins "Milchbruder"
† 572/73 ermordet)
Uns klingt Franz Schuberts unsterbliche "Rosamunde"-Ouvertüre
im Ohr beim Gedanken an die "Große Rächerin", der Hans Sachs
und Alfieri, Swinburne und de la Motte-Fouque in ihrer Dichtung gehuldigt
haben. Unsere Kenntnis vom Leben und Schicksal Rosamundes
verdanken wir dem hochgelehrten Historiker Paulus Diaconus, der nach Jahren
fruchtbarer Tätigkeit am Hofe KARLS DES GROSSEN
sich in die Stille des Klosters von Monte Cassino zurückgezogen hatte,
um dort an seiner - leider unvollendet gebliebenen - "Geschichte der Langobarden"
zu arbeiten. Im Jahre 566 hatte die lange Fehde zwischen den Langbarden
und ihrem östlichen Brudervolk, den Gepiden, in offener Feldschlacht
mit der gepidischen Niederlage und dem Tod ihres Königs Kunimund
geendet, aus dessen Schädel sich der siegreiche Langobarden-König
Alboin
eine mit Gold und Edelsteinen verzierte Trinkschale fertigen ließ.
Kunimunds Tochter Rosamunde
wurde zur Heirat mit dem siegestrunkenen Alboin
gezwungen, und bei einem festlichen Trinkgelage forderte er die Gemahlin
auf, aus ihres Vaters Schädel auf seinen Sieg zu trinken. "Da regte
sich tiefer Schmerz in ihrem Herzen", berichtet Paulus Diaconus, der das
frevelhafte Trinkgefäß selbst noch gesehn hat, "und sie glühte
vor Verlangen, ihren Vater zu rächen. Sie überredete Alboins
Waffenträger Helmichis, der ihrem Herzen nahestand, zum Mord an
seinem König und ließ ihn heimlich in ihres Gatten Gemach, als
Alboin in trunkenem Schlafe lag. Wehrlos verblutete der
Überfallene unter den Händen des ungetreuen Helmichis.
Rosamunde
genoß die Früchte der gewaltigen Rachetat nicht; sie mußte
vor der Empörung der langobardischen Häuptlinge nach Ravenna
entfliehen. Liebesenttäuschung trieb sie zum Giftmord an Helmichis,
der vor seinem Hingang die Unselige zwang, den tödlichen Becher mit
ihm gemeinsam zu leeren."
Offergeld Thilo: Seite 130,147
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"Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im
frühen Mittelalter."
Die gepidische Königstradition wurde vom Langobarden-Herrrscher
Alboin
durch die Heirat mit Kunimunds Tochter
Rosamunde
gewissermaßen absorbiert.
Die Ermordung Alboins
572 und die gescheiterte Usurpation seines Mörders Helmichis,
dem auch die Heirat mit Alboins Witwe
nichts nützte [341Hauptfeld, Gentes Seite 126, hält Helmichis
für einen Sohn Ildigis
(Hildichis) - ähnlich schon Bognetti, Santa Maria Seite
55 (Amaler oder Lethinger) -, doch widersprechem dem die Quellen (Origo
gentis Langobardorum c. 4, Seite 3; Historia Langobardorum codocis Gothani
c. 4; Seite 9), die auch nichts über eine erbrechtliche Begründung
der Helmichis-Usurpation sagen. Die Flucht des Prätendenten
nach Ravenna und der Plan einer Ehe der Königin Rosamunde
mit dem Exarchen scheinen eher auf byzantinische Hintergründe der
gesamten Aktion zu deuten.], markieren schon die Auflösungstendenzen
des langobardischen Königtums.
Schneider, Reinhard: Seite 22
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"Königswahl und Königserhebung im Frümittelalter.
Untersuchungen zur Herrschaftsnachfolge bei den Langobarden und Merowingern"
Aus der Ehe mit dieser vermutlich schon vor 567 frühverstorbenen
fränkischen Prinzessin stammte eine Tochter, während Alboins
zweite Ehe mit Rosamunde, der Tochter
des von ihm im Jahre 567 besiegten Gepiden-Königs Kunimund,
kinderlos blieb, für den Langobarden-König aber schicksalhaft
werden sollte [92 Paulus I, 27 Seite 69.]. Das Geschehen ist allbekannt,
zumal es die Sage vielfach umrankt hat. Lehrreich ist, daß die Initiative
zum Umsturz von der Königin ausging und zunächst auch glückte
[93 Siehe bei Paulus II, 28 Seite 87ff.]. Alboin
fiel, vermutlich am 28. Juni des Jahres 572 [94 L. Schmidt, Ostgermanen
594 mit Anm. 3; ebd. Seite 594f. über romanhafte Ausschmückung
des Mordes in der Überlieferung.], durch Mörderhand. Ihrem wichtigsten
Helfer Helmechis, dem Vertrauten und Milchbruder Alboins,
hatte Rosameunde die Ehe versprochen,
was gewiß gleichzeitige Anwartschaft auf die Nachfolge des ihr verhaßten
Königs bedeutete. Helmechis verstand das Angebot auch als Einheirat
und extincto Alboin, regnum
eius invadere conatus est [95 Paulus II, 29 Seite 89; sehr deutlich
auch in den Consularia Italica Auctarii Hauniensis extrema (5), AA 9 Seite
337f.]. Die Verschwörer hatten sich jedoch verrechnet bei der Beurteilung
der Langobarden, und es zeigte sich, daß die vom Königsmord
belastete Einheirat in das Königshaus für Helmechis zwar
eine Chance, aber keine Garantie zur Herrschaftsübernahme bot [96
Origo
c. 5 Seite 5: Voluit regnare Hilmichis, et non potuit, quia volebant
eum Langobardi occidere.]. Die frischgebackenen Eheleute mußten
fliehen und nahmen Alboins Tochter
aus erster Ehe sowie den Königsschatz mit [97 Paulus II, 29
Seite 89; vgl. Iohannis Biclarensis Chronica (AA 11 Seite 213); Marius
Aventicensis Chronica a. 572 (AA 11 Seite 238).]. Das Gelingen der Flucht
nach Ravenna zeigt wiederum, welch brauchbares politisches Instrumentarium
Heiratsangebote abgeben konnten, denn nach mehrfacher Überlieferung
soll Rosamunde schon unmittelbar vor
der Flucht aus Pavia dem oströmischen Präfekten Longinus
mit einer Ehe gewinkt haben [98 Codex Goth. c. 5 Seite 10; Historia
Langobardorum Florentina (SS rer. Langob. Seite 601); anders Origo c. 5
Seite 5; Paulus II, 29, deren Angaben jedoch nicht grundsätzlich abweichen.
Seit der Abberufung des Narses (Anfang 568) war Longinus als
praefectus
praetorio per Italiam Chef der reinen Zivilverwaltung, siehe Schmidt,
Ostgermanen 588; Hodgkin 5, 171ff.]. Er half auch bei der Flucht und überredete
in Ravenna die Langobarden-Königin, ihrerseits Helmechis
zu ermorden und den Königsschatz in eine gemeinsame Ehe einzubringen
- ein Plan, der indes gründlich mißglückte [99 Paulus
II, 29 Seite 89; Agnellus, liber pontificalis ecclesiae Ravennatis c. 96
(SS rer. Langob. Seite 340f); Tod Rosdamundes
und
Helmechis'
im August 572.].
Literatur:
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Gregor von Tours: Fränkische Geschichte.
Phaidon Verlag, Essen und Stuttgart 1988 Buch IV Kapitel 41 - GROSSE
FRAUEN DER WELTGESCHICHTE. Tausend Biographien in Wort und Bild. Neuer
Kaiser Verlag 1987 Seite 398 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das
Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche
Buchhandlung Hannover 2001 Seite 130,147 - Paulus Diakonus und die
Geschichtsschreiber der Langobarden: Geschichte der Langobarden. Phaidon
Verlag Kettwig 1992 Buch I Kapitel 27/Buch II Kapitel 28 - Schneider,
Reinhard: Königswahl und Königserhebung im Frümittelalter.
Untersuchungen zur Herrschaftsnachfolge bei den Langobarden und Merowingern,
Anton Hiersemann Stuttgart 1972 Seite 22,247 - Thiele, Andreas:
Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte
Band III Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser
Ergänzungsband, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 223 -