Ratchis
König der Langobarden (744-749)(756-757)
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Herzog von Friaul
† nach
757
Sohn des Herzogs Pemmo
von Friaul und der Ratperga
Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 454
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Ratchis, langobardischer König 744-749
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†
Seine Familie stammte aus Belluno. Er wurde um 738 von
König
Liutprand,
der Ratchis Vater Pemmo abgesetzt
hatte, zum Herzog von Friaul erhoben. 742 folgten Ratchis
und
sein Bruder
Aistulf
Liutprand auf einem Feldzug gegen das Herzogtum Spoleto.
744 setzten die Langobarden den Nachfolger
Liutprands,
König
Hildeprand,
ab und wählten
Ratchis zum König.
Mit
Ratchis Thronerhebung begann eine
Phase friedlicher Beziehungen mit dem byzantinischen Italien.
Ratchis
ließ in seiner kurzen Regierungszeit die langobardischen Gesetze
(Edictus) fortführen und fügte neue Kapitel hinzu, die darauf
hinweisen, daß die innere Ordnung sich in einer schwierigen Phase
befand. 749 revoltierte die Partei, die einen Krieg mit Byzanz befürwortete,
und erhob Ratchis'
Bruder
Aistulf auf den Thron. Die Annullierung der von Ratchis
und seiner Gemahlin Tassia gemachten
Schenkungen weisen darauf hin, daß Aistulf
die
Anhängerschaft seines Bruders schwächen wollte. Nach seiner Absetzung
trat Ratchis als Mönch in Montecassino
ein. Nach dem Tod Aistulfs (756) versuchte
er, den Thron zurückzugewinnen, wurde jedoch von Desiderius
besiegt. Ratchis' Beiname Hidebohorit
ist auf dem von ihm in Cividale gestifteten Altar erhalten.
S. Gasparri
Thiele, Andreas: Tafel 226
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"Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band III Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser
Ergänzungsband"
RATCHIS
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† nach
757
Rachtis wurde durch
König
Luitprand, der 737 Herzog Pemmo
verjagte, als
Herzog von Friaul eingesetzt. Er wurde königlicher
Feldherr, gewann 741 die Schlacht bei Fossombrone gegen Benevent, wurde
744 König
und ermordete Herzog Hildebrand,
den Neffen und Gegen-König von König Luitprand.
Er gab weitere Eroberungen in Italien auf, wurde daher 749 von seinem Bruder
Aistulf
abgesetzt
und zur Tonsur in Monte Cassino gezwungen. Er wurde nach dem Tode
seines Bruders 756 wieder für 3 Monate König
und
wurde von Desiderius abgesetzt.
Ratchis wurde auf
Betreiben der Großen anstelle Hildeprants
zum
König
gewählt. Während der Regierungszeit
Ratchis,
der als Herzog von Friaul
Liutprand
treu gedient hatte, geriet das Langobarden-Reich in die Krise. Ratchis,
der Gönner des Paulus Dioconus, wird als besonnener und zugleich tapferer
Mann geschildert. Von König Liutprand
geschätzt, wurde ihm das Herzogtum Friaul übertragen,
nachdem sein Vater Pemmo beim König in Ungnade gefallen war.
Obwohl ihm Paulus die klassischen Herrschertugenden bescheinigt - Besonnenheit,
Tapferkeit und Klugheit -, konnte sich Ratchis
als König nicht durchsetzen. Er hatte anscheinend keine ausreichende
Legitimation und konnte vor allem die Großen des Reiches nicht für
sich gewinnen. Es kam zu schweren inneren Unruhen und Revolten der Bevölkerung
gegen Gastalden und Herzöge, die aus den instabilen sozialen Verhältnisse
resultierten. Der frömmelnde Ratchis
- er hatte schon als Herzog von Friaul eine rege Bautätigkeit
entwickelt - war sehr römerfreundlich. Mit der vornehmen Stadtrömerin
Tassia
verheiratet, suchte er unverblümt Unterstützung bei der überwiegend
romanischen Bevölkerung und wollte sich wohl als integrierende Herrscherfigur
darstellen, indem er sich Princeps nannte und auf die alte Titular rex
gentis Langobardorum verzichtete. Um sich eine breitere politische
Basis zu sichern machte er immense Schenkungen, privilegierte die königlichen
Gefolgsleute und unterstützte die langobardische Unterschicht durch
seine soziale Gesetzgebung. Weitblickend baute der König auf eine
friedliche Koexistenz mit Rom und Ravenna, weil das Verhältnis zu
den Franken zwangsläufig gespannt war. Ratchis
ordnete
an, die Festungen in den Alpen wieder herzurichten und die Grenzen selbst
streng zu kontrollieren. Möglicherweise hätte sich Ratchis mit
seiner politischen Linie der friedlichen Koexistenz von Rom, Langobarden-Reich
und Ravenna auf Dauer durchgesetzt, wenn der König nicht von der langobardischen
Opposition gezwungen worden wäre, gegen das byzantinische Italien
vorzugehen. Nachdem die Pentapolis angegriffen und Perugia belagert worden
war, brachte Papst Zacharias den Ratchis
durch Verhandlungen von weiteren kriegerischen Aktionen ab, worauf die
Langobarden Ratchis absetzten und seinen
Bruder Aistulf zum König erhoben.
Ratchis
zog
sich daraufhin ins Kloster Monte Cassino zurück. Nach
dem Tode seines
Bruders verließ Ratchis das Kloster
Monte Cassino und bemächtigte sich des Throns von Pavia. Dagegen lehnte
sich Desiderius, der
Herzog der
Toskana, auf. Er verbündete sich mit dem Papst und
Pippin,
indem er ihnen allerlei Zusagen machte. Der frömmelnde Ratchis wurde
vom Papst überredet, sich wieder ins Kloster zurückzuziehen.
oo Tassia (Stadtrömerin)
†
Kinder:
Ratrud
†
Literatur:
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Paulus Diakonus und die Geschichtsschreiber der
Langobarden: Geschichte der Langobarden. Phaidon Verlag Kettwig 1992 Buch
II Kapitel 28/Buch IV Kapitel 38/Buch VI Kapitel 26,51,56 - Schmid
Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter.
Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983,
Seite 273,278,282,292,295 - Schneider, Reinhard: Königswahl
und Königserhebung im Frühmittelalter, Seite 56-61 - Thiele,
Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen
Geschichte Band III Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser
Ergänzungsband, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 226 -