Ostgermanischer Stamm, den Goten nahestehend
Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 1292
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Gepiden (Gepidae, Gepidi)
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Germanischer Stamm, dessen Verwandtschaft mit den Goten
(Iordan. Get. 17, 94), wohl als Mythifizierung zu gelten hat. Im 3. Jh.
folgten die Gepiden und andere Stämme den Goten auf ihrer Süddrift,
siedelten im 4. Jh. im nördlichen Transdanubien und zogen im Verlauf
der Völkerwanderung zu Anfang des 5. Jh. teilweise nach Westen (Hier.
epist. 123). Sie wurden zum Bestandteil des Reiches Attilas,
machten sich aber in der Schlacht am Nedao unter Ardarich
selbständig. Seit 455 Föderaten von Byzanz, doch in ständigen
Reibereien mit den Ostgoten, gewannen
die Gepiden in den folgenden Jahrzehnten Dakien und das Gebiet zwischen
Donau und Theiß. Die Eroberung von Sirmium durch Truppen Theoderichs
(504) und der Abwehrkampf der Gepiden gegen die Ostgoten führten zu
Spannungen mit Byzanz; 533 konnte Sirmium ohne Schwierigkeiten zurückgewonnen
werden. Die Gotenkriege erlaubten offensichtlich eine Machtausweitung der
Gepiden über germanische Restsubstrate und fremde, vor allem bulgarische
Stammesgruppen sowie Slaven. Kaiser Justin II.
suchte der wachsenden gepidischen Bedrohung 567 durch ein Bündnis
mit den Avaren zu begegnen. Nach der Zerschlagung
des gepidischen Stammes durch Avaren und Langobarden
gingen die überlebenden Volksteile in den siegreichen Stämmen
auf, scheinen aber zum Teil in ihren Wohnsitzen geblieben zu sein.
Eigenheiten der Stammesstruktur der als besonders barbarisch
geschilderten Gepiden sind nicht überliefert, doch ist seit dem 5.
Jh. straffe, monarchische Organisation anzunehmen. Das Zentrum des Gepiden-Reiches
ist in Nordost-Ungarn zu lokalisieren. Zeugnisse agrarischer Zivilisation
lassen sich durch Siedlungsspuren und Gräberfelder für das 6.
Jh. feststellen, doch ist bei den Funden (vor allem Tonwaren, Fibeln, Waffen)
eine gepidische Eigenständigkeit nicht zu erweisen. Das Christentum
ist bei den Gepiden, wohl nach arianiischen Missionsansätzen im 5.
Jh., erst im 6. Jh. nachweisbar.
G. Wirth