Sohn des fränkischen Grafen Gerold und der Imma,
Tochter vom Alemannenherzog Hnabi; Bruder der Königin
Hildegard und des Präfekten Gerold
Prinz Isenburg:
***********
Udalrich I. war 780/81 Graf im
Alpgau und Breisgau, 787-791 Graf im Hegau, 787 Graf im Thurgau, 805/17
Graf am Nordufer des Bodensees, 778/817 Graf im Elsaß.
Udalrich entstammte der alemannischen
GEROLD-UDALRICH-Sippe und war der Schwager
Kaiser KARLS DES GROSSEN. Er erschien
778 erstmals selbst in den Quellen. Notker berichtet, Udalrich
sei nach Hildegards Tod bei KARL
in Ungnade gefallen und habe alle Lehen verloren, doch der König
habe mit Rücksicht auf seine geliebte verstorbene Gemahlin sein Urteil
rückgängig gemacht.
Bebo (Pepo), Gerold, Udalrich
und Robert sind als Söhne des Grafen Udalrich
in einer Schenkungsurkunde des Jahres 803 an das Kloster Fulda bezeugt,
also Brüder gewesen.
Michael Mitterauer: Seite 16
***************
"Karolingische Markgrafen im Südosten"
In der Gegend von Straßburg tradierte auch Graf
Udalrich an Fulda. Er ist neben Gerold der bedeutendste von
Gerolds Brüdern. Noch zu Lebzeiten seines Vaters übte er gräfliche
Funktionen aus. Seit 783 ist er als Graf im Breisgau, seit 787 im Thurgau
nachzuweisen. Nach dem Tode seines Onkels Roadbert übernahm er die
Grafschaft im Linz-, Argen-, Rhein- und Alpgau. Eine solche Ämterkulmination
war zur Zeit KARLS DES GROSSEN gänzlich
ungewöhnlich. Der Monachus Sangallensis berichtet, daß Udalrich
seine einzigartige Stellung in Alemannien der besonderen Gunst seines Schwagers
verdankte.
Der Thurgau ging Graf Udalrich
noch zu Lebzeiten vorübergehend verloren. Nach seinem Tod wurde die
Familie auch aus den Schwarzwaldgrafschaften verdrängt. Bloß
im Bodenssegebiet konnten sich seine Söhne Udalrich und Rodbert halten.
Sie versuchten ihr Machtgebiet auf Kosten der HUNFRIDINGER nach Südosten
auszudehnen.
Michael Borgolte
*************
"Die Grafen Alemanniens"
UDALRICH (I, II)
--------------------
belegt als Graf 778 III 31 - 817 VI 4,
Alp- und Breisgau 780 V 11 - 781 V 13, 787 VI 28 [?], 800 I 6 [?] bzw.
786/89 XII 26 - ?809 IX 21,
Hegau 787/88/90/91 I 7, 800 I 6 [?],
Thurgau 787 VI 17 - ?799 III 13,
Grafschaft am Nordufer des Bodensees 800 I 6 [?], ?802 V 15 [?], 805
II 21 - 817 VI 4 -
Linzgau 800 I 6 [?], ?809 IX 14 - 817 VI 4 -
Argengau ?802 V 15 [?], 805 11 21 - 815 VI 26)
Belege mit comes-Titel:
------------------------
Urkundenbuch des Klosters Fulda I Nr. 84, W III Anh. Nr. 1, W I Nr.
94 (= ChLA I Nr. 90), Trad. Wiz. Nr. 190, W I Nrn. 110 (= ChLA II Nr. 114),113,
BRUCKNER, Vorakte Nr. 17 (zu W I Nr. 114 = ChLA II Nr. 116), W I Nrn. 115,118
(= ChLA II Nr.117),120 (= ChLA II Nr.122),125,126,129(= ChLA II Nr. 124,
ThUB I Nr. 17),167,131 (= ChLA II Nr. 126, ThUB I Nr. 18),132 (= ChLA II
Nr. 127, ThuB I Nr. 19), 133 (= ChLA II Nr. 128, ThUB I Nr. 20),138 (=
ChLA II Nr. 134, ThUB I Nr. 21),142 (= ChLA II Nr. 136), Urkundenbuch des
Klosters Fulda I Nr. 254, W I Nrn. 153 (= ChLA II Nr. 135),155 (= ChLA
II Nr. 149, ThUB I Nr. 24), W III Anhang Nr. 2, W I Nr. 160 (= ChLA II
Nr. 152), Codex diplomaticus Fuldensis Nr. 178 (= Regesta Alsatiae I Nr.
397), W I Nrn. 179,181,197,196,200,202f.,215, 219,226 (= BM Nr. 648), Das
Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau 114D1, 115B3, Visio
Wettini Walahfridi 317 Z. 414-420, ? W I Nrn. 116 (= ChLA II Nr. 118),
164, ? Liber Viventium Fabariensis pag. 24 (= PIPER, Libri Confrat. 359
col. 7, 1)
Belege ohne comes-Titel:
--------------------------
St. Galler Gedenkbuch pag. 8 (= PIPER, Libri Confrat. 20 col. 32, 2,9,14),
Notkeri Balbuli Gesta Karoli Magni 17 cap. I. 13, Chronik Petershausen
38,40
Literatur:
----------
NEUGART, Episcopatus Constantiensis I. 165 - STÄLLN, Geschichte
I 243,326 f. - MEYER VON KNONAU, Die angeseheneren Urheber 230f. mit A.
32 - DERS., Geschlechtskunde 76,81 - BAUMANN, Gaugrafschaften 43,56 - PUPIKOFER,
Thurgau I 133-135,138f. - ABEL-SIMSON, Jbb. Karl der Große I 105,
II 193f. - TUMBÜLT, Hegau 623 f. - DERS., Albgau 154f. - SCHULTZE,
Gaugrafschaften 45,120 - KNAPP, Buchhorner Urkunde 205,208f.,211-219 -
TELLENBACH, Königtum und Stämme 51 Nr. 28b - SCHMID, Graf Rudolf
von Pfullendorf 32-34 - DIENEMANN-DIETRICH, Der fränkische Adel 183
A. 195,186 - TELLENBACH, Der großfränkische Adel 56 - SCHMID,
Familie, Sippe und Geschlecht 8,11-13 - DERS., Struktur des Adels 4f. -
MITTERAUER, Markgrafen 8f., 16f.,19-22 - MAURER, Land zwischen Schwarzwald
und Randen 42f. - SCHULZE, Grafschaftsverfassung 83,89, 104f.,118,121,328
- BILGERI, Geschichte Vorarlbergs I 70-72 - SCHMID, Zur historischen Bestimmung
513f. - BORGOLTE, Die Geschichte der Grafengewalt im Elsaß 21-24
- DERS., Geschichte der Grafschaften Alemanniens, s. v.
Nach Notker dem Stammler hatte Hildegart,
die Gemahlin KARLS DES GROSSEN, einen
Bruder namens Udalrich, dem sein königlicher
Schwager plurgma tribuit (Gesta Karoli Magni 17). Udalrich
wäre somit ein Sohn GEROLDs (I) und der Imma, ein Neffe
des bis zur Jahrhundertwende als Graf im nördlichen Bodenseegebiet
bezeugten Grafen RUADBERT (I) und ein Bruder GEROLDs (II), des Präfekten
von Bayern und berühmten Awarenkämpfers, gewesen. Die Nachricht
Notkers wird durch Fuldaer Urkunden über Liegenschaften im Elsaß
gestützt, wenn auch nicht ausdrücklich bestätigt.
Am 1. Mai 803 schenkte ein Graf Vodalrichus
für sein eigenes Seelenheil seu pro remedium germani mei Votoni der
Bonifatiusabtei Besitz im elsässischen Heinhaim, quantumcumque Voto
in ipsa uilla fuit uisus habere aut ego conquesiui de portione sua (...)(Codex
diplomaticus Fuldeasis Nr. 178; Regesta Alsatiae I Nr. 397 mit der Bestimmung
des Güterortes als Hönheim). Offenkundig dasselbe Brüderpaar
war bereits in einer Urkunde vom 12.2.798 gemeint gewesen, als ein Adalrich
an Fulda Güter in Barr, Altbronil, Hürtigheim, Hüttenheim
und Bernolsheim, ebenfalls im Elsaß gelegen, schenkt, dabei als Motiv
pro remedium Otoni angibt und über die Herkunft quantumcumque supradictus
Voto in ipsa marca conquesivit et quod Vodalrichus comis mihi pro anime
sue tradidit(...) vermerkt (UB Fulda I Nr. 254; zu den Orten ergänzend
Regesta Alsatiae I Nr. 379). Zu Graf Vodalrichus
und seinem 798 wohl bereits verstorbenen Bruder Voto passen zwei weitere
Urkunden aus der vorangegangenen Zeit. Am 31. März 778 hatte Imma/Immina
ihrem ungenannten Sohne für 600 solidi ihren von Walthari erworbenen
Besitz in pago Alsacinse in Oberehnheim, Walf, Krautergersbeim, Rosheim
und in der Stadt Straßburg verkauft (UB Fulda I Nr. 84; Regesta Alsatiae
I Nr. 273 zu den Orten). Am Anfang der Zeugenreibe erscheint Graf
Vodalrich. 10 Jahre darauf schenkte ein Uoto der Abtei Fulda
unter Abt Baugulf seine Güter im Eisaßgau und nannte dabei unter
anderem Liegenschaften in Oberehnheim, Walf, der Stadt Straßburg
sowie in Barr, Altbronn und Hürtigheim (UB Fulda I Nr. 176; vgl. Regesta
Alsatiae I Nr. 329). Als Grundberr in den 3 zuletzt genannten Orten war
Uoto zweifellos mit dem Voto von 798 identisch; da er andererseits über
Besitz in Oberehnheim, Walf und Straßburg verfügte, dürften
er oder sein Bruder, sicher der Spitzenzeuge bei Immas Rechtsgeschäft,
der Käufer von 778 gewesen sein. Graf Vodalrich
und Voto wären somit Söhne der Imma gewesen, die ihrerseits
denselben Namen wie Hildegarts Mutter
trug.
Wahrscheinlich eben der Graf, der zwischen 778 und 803 in 3 Fuldaer
Urkunden über Gütergeschäfte links des Rheins vorkommt,
wird auch in einer Weißenburger carta vom 3. Februar 783 als Käufer
genannt (Trad. Wiz. Nr. 190; zu dem von ZEUSS, Trad. Wiz. Nr. 190, und
den Regesta Alsatiae I Nr. 280 abweichenden Datum s. DOLL, in Trad. Wiz.
394 Note i). In der Urkunde erklärt Germund, er habe Odalricho
comite Güter in der Mark Biberestorf, ubi dicitur Bruningesuuilari,
für einen Preis von 30 solidi in argento überlassen.
Außer den Eltern und Geschwistern des gräflichen Grundherrn
im Elsaß glaubt man, auch Kinder Udalrichs
zu kennen. Die Zeugenreihe der Schenkungsurkunde von 803 beginnt
folgendermaßen: + Vodalrichi qui hanc donationem fieri rogavit. +
Beboni + Geroldi + Vdilrichi + Ratbertt + cum filiis suis qui consenserunt.
Der Passus über den Konsens der Söhne hat wohl kaum so in der
Originalurkunde gestanden; vielmehr ist anzunehmen, dass der Kopist des
Fuldaer Cartulars den Text vom Ausstellernamen abgezogen und hinter den
letzten der Söhne gestellt hat; oder dass er einen, im Original zu
jedem der 4 Namen gesetzten Vermerk filii sui qui consensit (vgl. W I Nrn.
107,171) an einem Ort zusammenzufassen suchte. Dies vorausgesetzt wären
die vier auf den Aussteller folgenden Personen als dessen Söhne zu
betrachten, die ihr Einverständnis mit der Schenkung als Erbberechtigte
gegeben haben (s. SCHMID, Zur historischen Bestimmung 414, KNAPP 212,216;
anders MITTERAUER 22).
Diese Deutung wird durch eine St. Galler Übertragungsurkunde des
Jahres 800 bekräftigt (W I Nr. 160), in der es um Güter in Bonndorf
ging. Die Zeugenreihe setzt mit den Signa eines Grafen
Odalricus und seiner Söhne Odalricus und Rodpertus ein.
Die Namenfolge in der Zeugenreihe entspricht so offenkundig der von 803,
dass der Graf mit dem elsässischen Tradenten und seine Söhne
mit den dort ebenfalls genannten Vdilrichus und Ratbertus identifiziert
werden dürfen.
Mit allen 4 Söhnen von 803 scheint Udalrich
im ältesten Eintrag des St. Galler Gedenkbuches (pag. 8)
eingetragen worden zu sein. Die Namen sind wie folgt angeordnet:
Odalrih
Pepo Pald
Kerolt
Erih
Ruadpert
Odalrib
Der am Anfang genannte Odalrih dürfte Graf
Udalrich gewesen sein, während in Pepo und Kerolt wohl
die ersten Zeugen seiner Fuldaer Schenkung wiedererkannt werden können;
am Schluß stehen sicher die urkundlich zweimal belegten Söhne
(MITTERAUER 19; SCHMID), Zur historischen Bestimmung 513f.). Ob Erih und
Pald, wie MITTERAUER (I9) jedenfalls im Hinblick auf Erih vermutet hat,
andere Söhne Udalrichs gewesen
sind, muß unentschieden bleiben.
Nach einer weiteren Vermutung MITTERAUERs (19f.) geben die Namen Pebo
und Erih, von denen der erste auch einen Enkel Udalrichs
bezeichnet haben soll (GEROLD
III), einen Hinweis auf die Herkunft der sonst unbekannten Gemahlin
des Grafen. Beide Namen kommen bereits bei spät-merowinger-zeitlichen
Grafen in Alemannien vor, die durch eine St. Galler Urkunde als Brüder
ausgewiesen sind. Wenigstens einer von ihnen hat am oberen Zürichsee
amtiert (PFB0, ERICH). Da Udalrich,
im Unterschied zu seinem Vater, am Beginn seiner Karriere auch im Thurgau
als Graf in Erscheinung getreten sein dürfte (dazu s.u.), hat er nach
MITTERAUER wohl eine Frau aus der Nachfahrenschaft der Grafen Pebo und
Erich geheiratet. Diese Annahme wird man aber kaum als gut begründet
ansehen können, da jegliche gesicherte Kenntnis über das Schicksal
der Grafenfamilie, aus der Udalrichs Gattin hervorgegangen sein soll, fehlt
(zu einem Grafen Erich Im Elsaß s.u.).
Auf pag. 8 des St. Galler Gedenkbuches findet man Udalrich
offenbar noch einmal inmitten anderer Verwandter. Die Abfolge der Magnatennamen
auf dieser Seite beginnt RODBERTUS, Odalricus,
Kerolt. Der 1. Name bezeichnet wohl den Bruder Immas (RUADBERT I),
der 2. und 3. deren beide Söhne, den hier behandelten Udalrich
und den Markgrafen GEROLD (II) (SCHMID, Zur historischen Bestimmung
513; MITTERAUER 19).
Udalrich, den man als Bruder der
Königin Hildegart betrachten darf, ist nach den bisher
behandelten Zeugnissen zwischen 778 und 803 Graf gewesen. Nach der Lage
der urkundlich genannten Güter hat man ihn bereits häufiger als
Grafen im Elsaß angesprochen (KNAPP 212, TUMBÜLT, Albgau 154
mit A. 8, SCHULTZE 120); ein Comitat im Sinne eines fest abgegrenzten Amtssprengels
läßt sich zu Udalrichs Zeit
aber im Elsaß noch nicht fassen (BORGOLTE, Die Geschichte der Grafengewalt
im Elsaß 21-24). Immerhin ist bemerkenswert, dass Udalrich,
der ausschließlich im Unterelsaß bezeugt ist, eines seiner
Rechtsgeschäfte in der alten merowingischen
Königspfalz Marlenheim abwickelte (Trad. Wiz. Nr. 190) und dass udalrichingischer
Besitz unter anderem in Straßburg lag (Urkundenbuch des Klosters
Fulda I Nrn. 84, 176). Udalrich dürfte also im nördlichen Elsaß
zu seiner Zeit eine dominierende politische Rolle gespielt haben, ähnlich
wie vor ihm RUTHARD. Vielleicht knüpfte er an eine bereits vor-karolingisch
Machtposition seiner Verwandten an; denn unter dem elsässischen
Herzog Eticho werden gegen Ende des 7. Jahrhunderts 2 Grafen namens Erich
und Rodebert genannt (BORGOLTE, Die Geschichte der Grafengewalt im Elsaß
10f.).
Im Unterschied zu den das Elsaß betreffenden Quellen wird Udalrich
durch den Grafenvermerk zahlreicher St. Galler Urkunden in Amtswaltung
belegt. Diese Zeugnisse erstrecken sich von 780 bis 817. In der Regel braucht
an einer Identität des Grafen mit dem Bruder der Königin nicht
gezweifelt zu werden, da Notker diesen als besonderen Günstling KARLS
erscheinen läßt. Allerdings wird in der Forschung
angenommen, Udalrich sei am Beginn
des 9. Jahrhunderts von seinem gleichnamigen Sohn abgelöst worden.
Wie bei der Erörterung der einzelnen Belegfelder gezeigt werden wird,
ist ein solcher Grafenwechsel nicht ausgeschlossen, doch gibt es für
ihn kein explizites Zeugnis. Vom Lebensalter her betrachtet, kann Udalrich
durchaus noch im letzten St. Galler Beleg von 817 gemeint gewesen sein.
Da Hildegart wohl 757 geboren wurde
(ABEL-SIMSON I 449 mit A. 3) und die Notiz der Annales Alamannici zum Jahr
798: Imma defunctus est (LENDI, Untersuchungen 172; HENKING, Die
annalistischen Aufzeichnungen 243 mit A. 115) wahrscheinlich den Tod der
Mutter ermittelt, wird Udalrich kaum
vor 750 zur Welt gekommen sein.
Eine andere Schwierigkeit bei der Identifikation des Grafen ergibt
sich bei zwei Urkunden, die den Grafennamen Adalricus/Adalrihcus enthalten.
Dabei handelt es sich nicht um eine orthographisch-lautliche Variante zu
Udalricus etc., da die Erstglieder jeweils auf andere Lemmata zurückgehen.
Freilich muß der andere Name nicht unbedingt eine andere Person bezeichnen,
doch gibt es in diesen Fällen einige weitere Argumente für eine
Nichtidentität. Die Belege für einen oder zwei Grafen Adalricus
sind deshalb - mit allen Vorbehalten - in einem gesonderten Artikel zusammengestellt
und behandelt worden (AADALRICH), erscheinen aber auch hier mit den erforderlichen
Erwägungen am entsprechenden Ort für den Fall der Personengleichheit.
Die ältesten Belege Udalrichs
in der Grafenformel St. Galler Urkunden datieren von 780 (W III Anh. Nr.
1) und 781 (W I Nr. 94); beide Schriftstücke beziehen sich auf Traditionsgut
im Schwarzwälder Alpgau. In einer weiteren Alpgauer carta von 787
bietet der Vorakt den Vermerk sub Huadalricho
comite; dieser wurde aber vom Schreiber der Urkunde nicht in
die Reiiischrift übernommen (BRUCKNER, Vorakte Nr. 17; ChLA II 17
Nr. 116, zu W I Nr. 114). Zwar liegt der Schluß auf ein Versehen
bei der Mundierung nahe, doch spricht ein weiterer Befund gegen diese Vermutung.
Der Schreiber Theoderam, der Vorakt und Urkunde gefertigt haben soll, hatte
nämlich bereits im Konzept eine ungewöhnlich genaue Datierung
niedergeschrieben, diese aber dann noch einmal nachgerechnet und in der
Ausfertigung korrigiert (BORGOLTE, Chronol. Stud. 107,112). Wenn er beim
Datum der Urkunde so sorgfältig arbeitete, kann auch ein bewußter
Verzicht auf die in die textliche Umgebung gehörende Grafennennung
nicht ausgeschlossen werden. Es ist also fraglich, ob Udalrich
787 die Grafenstellung im Alpgau innegehabt hat. Eine Unterbrechung seiner
Amtsführung könnte mit einer Nachricht Notkers von St. Gallen
in Verbindung gebracht werden, Udalrich
habe nach dem Tod der Königin Hildegart (783)
wegen eines Vergehens (pro quodam commisso) zahlreiche honores verloren
(Gesta Karoli Magni 17). Der Sturz Udalrichs
soll allerdings nur kurzfristige Wirkung gehabt haben, da KARL
DER GROSSE den Grafen schon bald wieder mit seinen froheren
Würden ausgestattet hätte (s.a. Artt. ISANBART), ADALRICH).
Als späterer Beleg für den Alpgau kommt die bereits zitierte
Urkunde vom 6. Januar 800 in Betracht, in der Udalrich
mit seinen Söhnen in der Zeugenreihe steht (W I Nr. 160; s. o. S.
249); in ihr wird Udalrich nämlich
auch in der Grafenformel genannt. Der Güterort Bonndorf kann aber
außer im Alpgau auch im Linzgau (so mit Recht MAURER 42 A. 47, anders
SCHULZE 105, KNAPP 211, TUMBÜLT, Albgau 154; vgl. BORGOLTE, Kommentar:
zu Nr. 160) bzw. im Hegau (vgl. FUNK, Hegau 13, 20 f., 24; KNAPP 199) gelegen
haben.
Im Breisgau, der Nachbarlandschaft des Alpgaus, ist Udalrich
(bzw. sein Sohn) von 786/89 (W I Nr. 110) bis ?809 IX 21 (W I Nr. 203;
ferner Nrn. 126,167,111 Anh. Nr. 2, I Nrn. 179,196) bezeugt. Eine breisgauisch-alpgauische
Doppelstellung ist nach Udalrich für
ERCHANGAR (I) und ALBRICH bezeugt, so dass mit
Udalrich eine bis Mitte des 9. Jahrhunderts währende Verbindung
beider Landschaften zu einem Comitat eingesetzt haben mag (BORGOLTE, Geschichte
der Grafschaften Alemanniens, Kap. IV. 2). Im Breisgau waren Udalrichs
Grafenrechte auf das nördliche Gebiet um das heutige Freiburg beschränkt,
da der Süden bei Lörrach damals als grafenfreier Fiskalbezirk
organisiert war (BORGOLTE, loc. cit., Kap. IV. 1); lediglich in W I Nr.
196 werden nach Eschbach bei Heitersbeim Güter in Ortschaften des
Rheinknies erwähnt. Die vermeintlich sichere Abgrenzung zwischen den
Amtszeiten des Bruders der Königin (Udalrich
I) und seines Sohnes
(Udalrich II), die auf Beobachtungen im Linz- und Argengau beruhten
(s.u.), hat dazu geführt, dass man einen Wechsel zwischen Udalrich
(I) und Udalrich
(II) im Breisgau zwischen den St. Galler Urkunden 179 (von 804
VII 4) und 196 (von 808 VIII 24) angenommen hat (TUMBÜLT, Hegau 624,
Albgau 155; KNAPP 213; anders SCHULTZE 45 Im Selbstwiderspruch zu 120;
unklar SCHULZE 105).
Mit der Grafenstellung im Unterelsaß und im Alpgau bzw. Breisgau
schloß Udalricii (I) seit 778
(bzw. 780,786/89) an den Machtbereich seines Onkels RUADBERT (I) an, der
ebenfalls seit 778 als Graf im Hegau und Linz- bzw. Argengau nachzuweisen
ist. Vermutlich stand dieser Aufstieg der Verwandten Hildegarts
in einem Zusammenhang mit dem Sturz ISANBARDS, des Sohnes Warins, der ca.
779 zuletzt als Graf im Thurgau belegt ist. Im Hegau trat Udalrich
mindestens 787,788,790 oder 791 als Ruadberts (I) Nachfolger hervor (W
I Nr. 11 5); vielleicht kann aber noch die St. Galler Urkunde W I Nr. 160
vom Jahr 800 als Zeugnis für eine Grafentätigkeit Udalrichs
im Hegau in Anspruch genommen werden (s.o.). Da Ruadbert (I) bis zur Jahrhundertwende
weiterhin in den Gebieten nördlich des Bodensees amtierte, hatte er
seinem Neffen offenbar einen Teil seiner Befugnisse abgetreten. Die Grafengewalt
im Westen und Norden des Bodensees ist somit offenkundig als Familienherrschaft
der Angehörigen Hildegarts organisiert gewesen. Mit dem Wechsel von
Ruadbert (I) zu Udalrich (I) beginnt
sich aber der Hegau administrativ vom Linz- und Argengau zu lösen
(s. BORGOLTE, Geschichte der Grafschaften Alemanniens, Kap. IX).
Zur selben Zeit wie im Hegau ist Udalrich
auch im Thurgau nachgewiesen; er dehnte seine Herrschaft also auch auf
das Gebiet südlich des Bodensees aus. Die thurgauischen Urkunden reichen
von 787 (W I Nr. 113) bis ?799 (W I Nr. 155; ferner Nrn. 118,120,125,129,
131-133,138,142; zu Nrn. 116 und 153 s.u., zu Nr. 212 s. Art. UDALRICH
III etc.). Die Kompetenz des Grafen war dabei auf die Landschaft
zwischen der Thur und dem Fiskus Zürich beschränkt (BORGOLTIE,
Geschichte der Grafschaften Alemannicas, Kap. III. 2.b). Allerdings scheint
Udalrich auch - vorübergehend?
- im Dreieck von Aare, Limmat, Glatt und Rhein amtiert zu haben (W I Nr.
153 v. 798 VIII 26), das später zum Sprengel des Zürichgaugrafen
gehörte (s. BORGOLTE, loc. cit. 93 A. 111). In der 2. der insgesamt
13 Thurgauer cartae vom 26.2.788 wird Graf Adalricus genannt (W I Nr. 116).
Der philologischen Diskrepanz brauchte man keine große Beachtung
zu schenken, wenn nicht etwa zur selben Zeit die Erwähnung Udalrichs
in einer Alpgauer Urkunde unterblieben wäre (s.o. S. 251). Da es nach
der Fuldaer Urkunde von 798 in der Umgebung des Grafen
Udalrich (I) einen Adalrich gegeben hat, könnte ein gleichnamiger
Graf aus der Verwandtschaft Udalrichs
hervorgegangen und zeitweilig an dessen Stelle getreten sein (s. Art. ADALRICH).
Freilich ist in der Frage keine Klarheit zu gewinnen; doch kann man den
Beleg der Urkunde 116 für Udalrich nur
mit Vorbehalten verwenden. Als Nachfolger Udalrichs
im Thurgau tritt ?804 II 29 SCOPO hervor.
Nach der herrschenden Lehre ist ein ?802 (W I Nr. 164) und 805 (Nr.
1 8 1) im Bereich des Argengaus belegter Graf
Udalrich mit dem Grafen des Thurgaus personengleich gewesen
(vgl. bereits NEUGART; PUPIKOFER 134f. mit anderer Auffassung). Die Annahme
konnte sich auf die Fuldaer Urkunde von 803 stützen, in der Udalrich
(I), der Aussteller, den comes-Titel trägt, aber den Zeugen
Vdilrichus und Ratbertus derselbe fehlt. Die Söhne Udalrichs schienen
deshalb zum gegebenen Zeitpunkt noch keine Grafen gewesen zu sein; Udalrich
(I) wäre demnach zunächst unter anderem Graf im Thurgau
gewesen, bevor er als Nachfolger seines Onkels RUADBERT (I) in den
Linz- und Argengau überwechselte. Bei einer solchen Argumentation
bleibt außer acht, dass der Argengaugraf von ?802 Adalrihcus hieß.
Wie in dem oben behandelten Fall der Thurgauer carta von 788 muß
man die Möglichkeit offenhalten, dass weder Udalrich
(I) noch sein Sohn Udalrich
(II) gemeint war. Ein Graf ADALRICH könnte zwischen Ruadbert
(I) und Udalrich (I, II) kurzfristig
im Linz- und Argengau amtiert haben. Deshalb kann die Identität des
Thurgaugrafen mit einem der oder mit dem Linz- und Argengaugrafen nicht
als erwiesen gelten. Anders stellt sich die Lage dar, wenn die mehrfach
erwähnte Urkunde W I Nr. 160 von 800 I 6 bereits einen Beleg Udalrichs
für den Linzgau enthält (s.o.). Nach 805 sind im Linz-
und Argengau (Grafschaft am Nordufer des Bodensees) für einige Zeit
nebeneinander ein Udalrich und ein
Ruadbert bezeugt.
Ruadbert kann man
aus chronologischen Gründen kaum mehr mit Udalrichs
(I) Onkel gleichsetzen (RUADBERT I); mit gutem Recht wird deshalb
vermutet, dass er der urkundlich bezeugte Sohn Udalrichs gewesen ist (RUADBERT
II). Die Nachweise für einen Grafen
Udalrich, die nach dem Erstbeleg dieses Ruadbert
einzuordnen waren (W I Nrn. 197,200, 202,215,219,226) glaubte man
dementsprechend auf den anderen Sohn Udalrichs (I) beziehen zu können.
Auch wenn ein derartiger Wechsel von Udalrich
(I) zu Udalrich
(II) nicht ausgeschlossen werden kann, gibt es für ihn wegen
der oben skizzierten Altersverhältnisse für Hildegart und ihren
Bruder nicht ebensogute Argumente wie für die Ablösung Ruadberts
(I) durch Ruadbert (II).
Möglicherweise ist Ruadbert
(II) also in der Verwaltung des Comitats im Linz- und Argengau
neben seinen Vater getreten.
Auf den pagg. 11 4 (D1) und 115 (B3) des Reichenauer Verbrüderungsbuches
taucht ein Odalrich comis bzw. ein Uuadalrich
comis in der Anlage der NOMINA DEFUNCTORUM auf. Der erste Eintrag
besteht außerdem aus den Namen Cerolt comis (...), Bertolt comis,
Pirihtilo comi[s], die mit Grafen in der Baar vom Ende des 8. Jahrhunderts
in Verbindung gebracht werden können (GEROLD II?, BERTOLD II, PIRIHTILO).
Odalrich ist deshalb sicher mit Udalrich
(I) gleichzusetzen, während man in Cerolt vielleicht dessen
Bruder begegnet. Auf pag. 115 geht der Uuadalrich
den comites Uuolfhold und Rafolt voraus, die ebenfalls mit Grafen
der Baar kurz vor oder um die Jahrhundertwende zusammenpassen (WOLFOLT,
RATOLF). Deshalb ist auch hier, falls man Udalrich
(I) von Udalrich
(II) zu unterscheiden hätte, eher mit dem erstgenannten zu
rechnen. Der Hinweis MITTERAUERs (19,23) auf Namen mit oder ohne Titel,
die in demselben Eintrag in der Umgebung stehen und vielleicht weiter entfernte
Verwandte Udalrichs bezeichnen, bedarf
weiterer Prüfung. Nach der ungefähr zu erschließenden Anlagezeit
der Totenliste (s. Art. SCOPO) muß Udalrich
(I, II) um 824 bereits verstorben sein.
Auf pag. 24 des Liber Viventium Fabariensis wurde in die Arkade mit
den Namen karolingischer Könige
und alemannisch-rätischer Grafen der Name Hodolricus
com(es) nachgetragen. PIPER, (Libri Confrat. 359 Note zu col.
7,1) hat diesen Grafen mit Udalrich (I,
II) gleichgesetzt, obwohl es für die Identifizierung offenbar keine
weiteren Anhaltspunkte gibt.
In der poetischen Bearbeitung der Visio Wettini, die Walahfrid Strabo
825/26 nach der Prosaniederschrift Heitos von 824/25 geschaffen hat (zuletzt
AUTFNRIETH, Visio Wettini 172 f.), ist auch von 2 Grafen die Rede, die
Wetti im Fegefeuer geschaut haben soll. Während Heito die Namen nicht
erwähnt hatte, teilte sie Walahfrid in Form von Akrostichen mit. Einer
von ihnen war Odalrih (Visio Wettini
Walahfridi 317, vgl. Heitonis Visio Wettini 270f. cap. X); mit ihm dürfte
Udalrich (I) oder Udalrich
(II) gemeint gewesen sein.
Udalrich (I) wird als Stammvater
der "UDALRICHINGER" (BAUMANN, Alpgau
21f. bzw. 202, Gaugrafschaften 35; jetzt wieder SCHULZE 121, BORST, Pfalz
Bodman 185 u. ö.; BRUNNER, Oppositionelle Gruppen 82 u.ö.) oder
"ULRICHE" (MEYER VON KNONAU, Geschlechtskunde
72; jetzt BILGERI) bezeichnet. Gelegentlich spricht man zur Kennzeichnung
seines Geschlechts im Hinblick auf seinen Vater, den Franken GEROLD
(I), und einen anderen Leitnamen auch von den "GEROLDEN" oder "GEROLDINGERN"
(zum Beispiel MITTERAUER 8ff.; WERNER, Adelsfamilien 111f., BERGEs, "Gründung
der Hildesheimer Kirche" 88ff.). Über die Problematik beider Begriffe
hat besonders SCHMID nachgedacht und vorgeschlagen, die Bezeichnung "Verwandte
der Königin Hildegart" zu gebrauchen
(Familie, Sippe und Geschlecht 13, Struktur des Adels 4f., 16).
Die Erinnerung an die Herkunft des Geschlechts, die Förderung
seiner Angehörigen durch den Herrscher und die Ansiedlung insbesondere
am Nordufer des Bodensees hat noch in der Chronik des Klosters Petershausen
aus dem 12. Jahrhundert in der sog. "Ulrichsage" einen späten Niederschlag
gefunden (Chronik Petershausen 38,40; SCHMID, "Eberhardus comes de Potamo"
329; zum Werk: WALTHER, Gründungsgeschichte und Tradition).
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Kinder:
Udalrich
- nach 815
Rodbert (Roadpert)
-
814
Bebo (Pepo) 797-803
-
Gerold 803
-
?Erih
-
Literatur:
----------
Karl Schmid: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter.
Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983,
Seite 207,401,494 -