Begraben: Verdun
Sohn des Herzogs
Gozelo I. von Nieder-Lothringen
Lexikon des Mittelalters: Band IV Seite 1601
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Gottfried III. der Bärtige
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+ 30. Dezember 1069
Verdun
Begraben: Verdun, entsprechend den Traditionen seines Hauses
Herzog von Ober-Lothringen 1044-1046; Markgraf von Tuszien 1054-1069 und Herzog von Nieder-Lothringen
Sohn Gozelos I.
1. oo Oda
Kinder:
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unter anderem Gottfried IV. der Bucklige
Ida (Mutter Gottfrieds von Bouillon)
2. oo Beatrix von Tuszien
Nach dem Tod des Vaters wurde Gottfried III. von König HEINRICH III. als Herzog von Ober-Lothringen eingesetzt, sein Bruder Gozelo II. dagegen in Nieder-Lothringen (1044). Gottfried III. beanspruchte 1046, nach dem Tode Gozelos II., auch die niederlothringische Herzogswürde. Da HEINRICH III. dies verweigerte, erhob sich Gottfried III. der Bärtige gegen den König, zum Teil gestützt auf Heinrich I. von Frankreich. HEINRICH III. ernannte im Gegenzug Friedrich von Luxemburg zum Herzog von Nieder-Lothringen (1046-1065) und setzte Gottfried III. auch in Ober-Lothringen zugunsten Gerhards I. von Elsaß ab. Da Gottfried III. wegen des Gegensatzes zu HEINRICH III. keine Chance zur Durchsetzung seiner lothringischen Herrschaftsinteressen sah, ging er nach dem Tode seiner 1., aus dem unteren Maasgebiet stammenden Gemahlin Oda nach Italien, heiratete dort 1054 in von HEINRICH III. nicht gebilligter Ehe seine Verwandte Beatrix, Tochter Friedrichs II. von Ober-Lothringen und Witwe von Bonifaz von Tuszien. 10 Jahre lang hatte Gottfried III. der Bärtige eine erstrangige Position in Italien inne. Seine vom König nicht zu erschütternde Machtposition wurde noch gestärkt durch die Wahl seines Bruders Friedrich zum Papst (Stephan IX.) und durch die Heiraten seiner drei Schwestern mit dem lothringischen Pfalzgrafen, dem Grafen von Namur und dem Grafen von Löwen. Wiederholt wurde Gottfried III. ein Streben nach der Königs-, ja Kaiserkrone zugeschrieben. Nach HEINRICHS III. Tod (1056) bemühte sich Gottfried III., durch die Heirat seines Sohnes aus 1. Ehe, Gottfrieds IV. des Buckligen, mit seiner Stieftochter Mathilde von Tuszien, um Ausbau seiner Spitzenstellung. 1065 erlangte er vom jungen König HEINRICH IV. nach Friedrichs Tod das niederlothringische Herzogtum. In seinen letzten Jahren beschränkte er sich im wesentlichen auf sein Territorialfürstentum zwischen Schelde und Rhein, behielt aber gemeinsam mit seiner Frau auch die Herrschaft über Tuszien bei. Er erbaute die Burg Bouillon, wo er eine Münzstätte einrichtete. Aus Tuszien übernahm er die Praxis, seine Urkunden von eigenen Notaren anfertigen und mit dem herzoglichen Siegel versehen zu lassen.
Literatur:
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E. Boshof, Lothringen, Frankreich und das Reich in der
Regierungszeit Heinrichs III., RhVjbll 42, 1979, 63-127.
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Glocker Winfrid: VII,96; Seite 331
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"Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der
Politik"
VII, 96 Gottfried II. ("der Bärtige")
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+ 1069 XII 21
1026 Graf von Verdun, 1044-1047 Herzog von Ober-Lothringen, 1065 Herzog von Nieder-Lothringen
1. oo Doda
+ (?) am XII 21
1054
2. oo Beatrix, Tochter Herzog Friedrichs von Ober-Lothringen
+ 1076 und Witwe Markgraf Bonifaz I. von Tuszien
Vgl. Brandenburg X, 120 sowie Renn, Grafenhaus S. 41 ff.
Im Nekrolog des Klosters S. Vanne zu Verdun ist zum XII 21 eine "Domna
Goda" genannt, die vermutlich mit der in der Vita der seligen Ida von Boulogne
(AA SS April II, S. 141; auch in RHF Band 14, S. 113) bezeugten 1. Gemahlin
Gottfrieds
des Bärtigen namens Doda
(Oda) zu identifizieren ist; so Bloch, Urkunden S. 149, Anm. 12, und
diesem zustimmend Hübinger, Beziehungen S. 33,
Allgemein informiert über Herzog
Gottfried den Bärtigen der Artikel von Kurt Reindel in
NDB Band 6, S. 662.
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Gottfried war Mitregent
seines Vaters und hoffte nach dessen Tode auf das ungeteilte Erbe. Er wurde
nur Herzog von Ober-Lothringen und Vogt von St. Vanne. Er erhob sich gegen
diese Maßnahme und wurde 1044/45 von Kaiser
HEINRICH III. inhaftiert. Er wurde zu einem Führer des
hochadligen Widerstandes gegen die Politik des Königs, rebellierte
1046-1049 erneut, verbündet mit Balduin von Flandern und Dietrich
IV. von Holland und wurde von HEINRICH III.
zur Unterwerfung gezwungen. Er verlor das Herzogtum und alle Lehen und
wurde bis 1051 auf dem Giebichenstein in Haft gehalten. Ober-Lothringen
kam an Graf Adalbert von Elsaß, den Gottfried
1048
erschlug. Er bekam etliche Lehen vom Erzbischof von Köln und wurde
durch seine gegen den Willen des Kaisers geschlossene Ehe mit der reichbegüterten
Beatrix,
der Witwe des Markgrafen Bonifaz, Markgraf von Tuszien-Canossa. Damit gewann
Gottfried
eine
neue Machtbasis, beherrschte das Papsttum und setzte seinen Kampf gegen
den Kaiser fort. 1055 vom Kaiser zur Flucht über die Alpen gezwungen,
söhnte sich dieser 1056 mit Gottfried
aus. Er erhielt allen Allodialbesitz zurück und war damit mächtigster
Graf in Lothringen.
Gottfried beeinflußte
mit dem Bruder entscheidend die Entwicklung in der Kirche, vereinigte 1057
das Herzogtum Spoleto mit seinem Besitz, während sein Bruder als
Stephan IX. den päpstlichen Stuhl bestieg. Er förderte
1058 die Wahl von Papst Nikolaus II. und 1059 dessen Wahldekret zur Bildung
des Kardinalskollegiums, womit die Loslösung von kaiserlicher Beeinflußung
eingeleitet wurde. Er war seit 1056 auch Graf von Ancona und Pisa und kaiserlicher
Statthalter in N-Italien. 1062 war er an der Entführung HEINRICHS
IV. in Kaiserswerth beteiligt und erhielt 1065 das Herzogtum
Nieder-Lothringen. Er verhinderte 1066 einen geplanten Romzug Kaiser
HEINRICHS IV., stand gegen die expandierenden Normannen in S-Italien,
führte 1066 entscheidend den Sturz des Regenten Erzbischof Adalbert
von Bremen herbei und geriet auch schroff gegen Erzbischof Anno von Köln
wegen seiner Lehen. Er hat als damals einflußreichster Reichsfürst
die weitere Entwicklung entscheidend beeinflußt.
Golinelli Paolo: Seite 116-128,147
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"Mathilde"
Unter den lothringischen Verwandten der Markgräfin
Beatrix übertraf Gottfried,
genannt "der Bärtige", alle an
Temperament und Ehrgeiz. Auch er war verwitwet. Aus seiner Ehe mit Oda
(Duota) hatte er einen Sohn, der ebenfalls Gottfried
hieß,
der aber, wie so viele im Früh- und Hochmittelalter mit einem Beinamen,
der auf eine körperliche Mißbildung hinwies, in die Geschichte
einging. An ihm sollte für alle Zeiten der Spottname "der Bucklige"
oder "der Höckerige" haften bleiben. Gottfried
der Bärtige gehörte zu jenem kriegerischen Hochadel,
auf dem seit den Zeiten KARLS DES GROSSEN
der Zusammenhalt des Reichs beruhte, der aber nun zu einem der stärksten
Faktoren für einen inneren Auflösungsprozeß geworden war.
Im Laufe der Zeit hatte sich die auf Achtung und Treue gegründete
Bindung dieser Adligen an den Kaiser gelockert. Sie gerieten sogar in offene
Konflikt mit dem Herrscher und erhoben sich gegen ihn.
Gottfried war der
Sohn des Herzogs
Gozelos I. von Lothringen, der 1033 die Nachfolge Herzog Friedrichs
II., des Vaters von Beatrix,
angetreten hatte. Nach Gozelos
Tod im Jahre 1044 hatte HEINRICH III.
Lothringen unter dessen beiden Söhnen aufgeteilt und Gottfried
in Ober-Lothringen, seinen Bruder Gozelo
II. in Nieder-Lothringen eingesetzt. Dies trieb Gottfried
zur Rebellion gegen den Kaiser, der ihn jedoch sofort zur Unterwerfung
zwang. Nach dem Tod Gozelos
II. im Jahre 1046 erhob Gottfried
von neuem Anspruch auf Nieder-Lothringen, um die beiden Teile
des ehemaligen Reichslehens seines Vaters wieder in seiner Hand zu vereinen.
Aber HEINRICH III. verweigerte ihm
dies und erhob statt dessen Friedrich von Luxemburg zum Herzog von Nieder-Lothringen.
Gottfried rebellierte von neuem und
wurde wiederum besiegt. Diesmal entzog ihm der Kaiser sein Herzogtum und
ernannte Adalbert aus dem Haus ELSASS zum Herzog von Ober-Lothringen. Gottfried
zog daher gegen Adalbert ins Feld, erschlug ihn im Kampf, ergriff
wieder Besitz von seinem Herzogtum und wurde deshalb von
HEINRICH III. gefangengenommen. Verfolgen wir die Ereignisse
in der Schilderung Lamperts von Hersfeld:
"[1044] Herzog Gozelo von Lothringen starb; sein Sohn Gottfried, ein hochbegabter und im Kriegswesen sehr erfahrener junger Fürst, griff zu den Waffen gegen das Reich, weil ihm das Herzogtum seines Vaters vorenthalten wurde. Herzog Adalbert, den der König zum Nachfolger seines Vaters eingesetzt hatte, besiegte und tötete er; er erschlug viele Menschen und verwüstete die Felder schwer; alle Ortschaften bis zum Rhein legte er in Asche bis auf diejenigen, die dem feindlichen Angriff dank ihrer Mauern entgingen oder sich durch Geldzahlungen losgekauft hatten."
Der Annalist vermischt die Ereignisse der Jahre 1044, 1046 und 1048. Abgesehen von den chronologischen Ungenauigkeiten - man darf nicht vergessen, dass er 30 Jahre nach diesen Ereignissen schrieb - gibt er aber ein anschauliches Bild der Kämpfe und von Gottfrieds Charakter:
"[1045] Herzog Gottfried unterwarf sich dem König und kam nach Giebichenstein in Haft. Nun blieb das Reich für kurze Zeit ruhig und friedlich. [...][1046-1047] Herzog Gottfried war aus der Haft entlassen worden, mußte aber erkennen, dass ihn weder die Fürsprache der Fürsten noch seine freiwillige Unterwerfung genützt hatten; darüber empört und seiner dürftigen Vermögenslage überdrüssig, begann er von neuem den Kampf. Unter anderen Schädigungen, die er dem Reich zufügte, ließ er die Pfalz Nijmwegen niederbrennen, ein Bauwerk von wunderbarer, unvergleichlicher Schönheit; ferner eroberte er Verdun und äscherte dort die Hauptkirche ein. Doch nach kurzer Zeit bereute er seine Tat so sehr, dass er sich öffentlich auspeitschen ließ und, um nicht geschoren zu werden, seine Haare mit viel Geld loskaufte; ferner zahlte er die Kosten des Wiederaufbaus der Kirche und leistete bei der Maurerarbeit öfters die Dienste eines einfachen Handlangers."
Durch das Bündnis mit der Kirche und vor allem mit
Papst Leo IX., mit dem er verwandt war, vermochte Gottfried
sein Geschick wieder zum besseren zu wenden. Im Juli 1049 verwandte sich
der Papst in Aachen beim Kaiser für den Herzog. Im Dezember traf Leo
IX. in Mainz erneut mit dem Kaiser zusammen. Herzog
Gottfried erlangte die kaiserliche
Huld wieder, wie Lampert von Hersfeld berichtet, und erhielt Ober-Lothringen
zurück. Danach soll Gottfried
zusammen mit seinem Bruder Friedrich
den Papst auf seinem Weg nach Rom begleitet haben. So festigte
sich das Bündnis zwischen dem Papst und seinen Lothringer Verwandten.
Gottfried hatte während dieser
Romfahrt wahrscheinlich Gelegenheit, seiner Cousine
Beatrix
und
dem Markgrafen Bonifaz einen Besuch abzustatten und ein Bündnis mit
ihnen zu vereinbaren. Es ist aber auszuschließen, dass die beiden
Verwandten - und späteren Ehegatten - eine Intrige eingefädelt
hatten, um den CANOSSA aus dem Weg zu räumen.
Wie vorteilhaft diese Verbindung zwischen Leo IX., Gottfried
und
Beatrix
war, sollte sich erneut 1054 erweisen, als Bonifaz' Witwe erkannte, dass
sie den großen "Staat", dessen Leitung nun in ihrer Hand lag, nicht
mehr allein regieren konnte. Beatrix
suchte
eine feste Stütze, und wahrscheinlich bewog die Vermittlung des Papstes
die beiden, sich miteinander zu verbinden. Beatrix'
Entschluß, mit dem hitzköpfigen Gottfried
eine
Ehe einzugehen, war im Interesse ihrer Herrschaft notwendig, barg aber
zugleich ein Risiko: Es war vorauszusehen, dass er beim Kaiser auf Ablehnung
stoßen würde. Deshalb legten die Brautleute das Gelübde
ab, eine Josephsehe führen zu wollen, was den Beifall des Petrus Damiani
fand. Gottfried hatte sich in den Jahren
vor dieser Eheschließung um die Kirche verdient gemacht - in Goslar
hatte er 3 manichäische Ketzer gefangengenommen - und durch seine
Waffenhilfe die Gunst des Kaisers gewonnen. Wegen seiner Vermählung
mit Markgräfin
Beatrix riskierte er jedoch, das neue Vertrauen, das ihm der Herrscher
entgegenbrachte, aufs Spiel zu setzen. Durch das Keuschheitsgelübde
versicherte er sich daher nicht nur der Unterstützung des Papstes,
sondern auch der ganzen Reformbewegung. Problematisch war auch die Tatsache,
dass er mit Beatrix
verwandt
war; obwohl es sich dabei nur um eine Verwandtschaft 8. Grades handelte,
konnte dies doch zu Schwierigkeiten mit der Kirche führen. Das Keuschheitsgelübde
war ein Mittel, um auch dieses Problem zu umgehen.
Die "politische" Ehe zwischen Gottfried
und
Beatrix
löste zudem die Frage der Nachfolge und damit die Probleme, die Beatrix
wohl
am meisten am Herzen lagen; das Schicksal ihrer Markgrafschaft und das
ihrer Tochter
Mathilde. Die Eheleute kamen nämlich überein, dass die
knapp 8-jährige Tochter des Markgrafen Bonifaz und Gottfrieds
Sohn,
Gottfried
der Bucklige, ein feierliches Eheversprechen ablegen sollten. Auf
diese Weise würde sich ihre durch die Ehe besiegelte Verbindung auch
in ihren Kindern fortsetzen und damit die Dynastie und ihre Herrschaft
festigen, die von diesem Zeitpunkt an zwei große Territorien umfaßte,
eines im Königreich Italien, das andere im Zentrum des Reichs.
Nach dem Tod Leos IX. (+ 19.4.1054) ergriff HEINRICH
III. wieder die Initiative und bewog Bischof Gebhard von Eichstätt,
der Wahl zum Papst zuzustimmen und zog mit ihm im Frühjahr 1055 nach
Italien; nicht zuletzt, um die Angelegenheit mit Gottfried
dem Bärtigen und Beatrix
von Lothringen, die nun gemeinsam die Herren von Canossa waren,
zu regeln.
Bei den Hochzeitsfeierlichkeiten hatte man bewußt
darauf verzichtet, die eigene Macht und Pracht demonstrativ zur Schau zu
stellen, aber die Eheschließung als solche hatte das strukturelle
Gleichgewicht im Gefolge des Reichs verschoben. HEINRICH
III. hatte nicht nur die Gewalt, sondern auch rechtliche Argumente
auf seiner Seite, um diese Ehe für nichtig erklären und dem Paar
einen Teil ihrer Herrschaften entziehen zu können: Sowohl Beatrix
als
auch Gottfried hätten
als Reichsvasallen ihm um seine Zustimmung zu ihrer Vermählung bitten
müssen; beide hatten Reichslehen - die Toskana und Ober-Lothringen
-, und der Kaiser konnte sie ihnen bestätigen oder entzeihen. In Anbetracht
des früheren Verhaltens Gottfrieds
wollte der Kaiser zu letzterer Maßnahme greifen. Es bestand ja in
der Tat die Gefahr, dass Gottfried
sich jenseits der Alpen mit den Besitztümern der CANOSSA
ein eigenes Königreich errichten wollte, und das mußte der Kaiser
unter allen Umständen verhindern. So eilte er nach Italien, um gegen
die neuen Herren von Canossa vorzugehen. Viele seiner Aktionen betreffen
in der Tat die Toskana. Gottfried war
inzwischen nach Lothringen geflüchtet, aus Florenz durch einen Volksaufstand
vertrieben, bei dem HEINRICH III.
vielleicht
seine Hand im Spiel gehabt hatte.
Im Februar 1057 reisten Beatrix
und Gottfried in die Toskana zurück.
Sie waren beim Tod des Kaisers in der Nähe von Goslar zugegen gewesen;
nun gaben sie Papst Viktor II. das Geleit. Die CANOSSA erwiesen sich dem
Papst auf seiner Reise nach Rom als unentbehrlich und spielten später,
bei der Wahl seines Nachfolgers, eine entscheidende Rolle, nachdem Viktor
II. am 27. Juli 1057 in Arezzo gestorben war. In nur 5 Tagen gelang es
Gottfried,
seinen Bruder Friedrich
zum Papst wählen zu lassen. Er nahm den Namen Stephan IX. an, starb
aber bereits am 29. März 1058. In dieser Krisenzeit wurde also ein
kaiserliches Vorrecht von einem Lehnsherren, Gottfried
dem Bärtigen, usurpiert.
Im Jahre 1061 kam es zum Schisma, denn der deutsche König
ließ am 28.10.1061 den Bischof Cadalus von Parma als Honorius II.
zum Papst wählen. Wenige Tage vorher hatten Hildebrand nahestehende
Kardinäle unter dem Schutz der Normannen Alexander II. zum Papst gewählt.
In der ersten Zeit verhielt sich Gottfried
neutral, wahrscheinlich deshalb, weil er sich nicht in Italien befand und
seine Interessen in Lothringen wahrnahm. Beatrix
hatte hingegen von Anfang an die Partei Alexanders II. ergriffen, vielleicht
durch Petrus Damiani beeinflußt, und versuchte, Honorius II. an der
Durchreise durch ihr Herrschaftsgebiet zu hindern. Gottfried
nahm an der Synode in Mantua teil und gab ihr durch seine Autorität
und Machtstellung die entscheidende Bedeutung. Auch diesmal gaben also
die CANOSSA für die Wahl des Papstes den Ausschlag.
Gottfried der Bärtige
kehrt krank in seine lothringischen Länder zurück, zuerst nach
Bouillon, dann nach Verdun. Als sich sein Zustand verschlimmert, ruft er
seine ganze Familie, den italienischen und den lothringischen Teil, zu
sich. Sobald sein Sohn Gottfried
und seine Stieftochter Mathilde
bei
ihm eingetroffen sind, läßt er ihre Hochzeit ausrichten, um
seine Nachfolge in den beiden Herrschaftsgebieten, Lothringen und Toskana-Poebene,
vor seinem Hinscheiden zu regeln, vielleicht in der - wohl nicht unbegründeten
- Befürchtung, dass nach seinem Tod das Eheversprechen nicht eingehalten
werde. Einer Anordnung Papst Alexanders II. nachkommend - vielleicht weil
er und Beatrix
ihr Enthaltsamkeitsgelübde nicht eingehalten hatten -, trifft er auch
die Verfügung, zwei Klöster zu gründen, in Lothringen die
Abtei Orval, in Italien die Abtei Frassinoro.
Der Markgraf stirbt am Heiligen Abend des Jahres
1069.
Sein Sohn Gottfried
der Bucklige erbt seine Reichtümer und seine Macht. Zur Festigung
seiner Position und besseren Kontrolle seiner Besitzungen und Herrschaften
hält er sich weiter in Lothringen auf. Während Beatrix
nach Italien zurückkehrt, um sich um die Angelegenheiten ihres Hauses
zu kümmern, bleibt Mathilde
bei ihrem Ehemann.
Mohr Walter: Band I Seite 82-88
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"Geschichte des Herzogtums Lothringen"
Gottfried war Mitherzog
seines Vaters und nahm 1037 an der Schlacht bei Bar gegen den Grafen Odo
von der Champagne teil.
Lothringen ist also ungeteilt geblieben. In diesem Zustand
der Regelung eines Mitherzogs ist zu einem unbekannten Zeitpunkt eine Änderung
eingetreten, die wir erst aus den Berichten über den Tod Gozelos
im April 1044 erkennen können. Irgendwie hatte HEINRICH
III. seine Meinung über Gottfried
geändert
und begünstigte jetzt dessen Bruder
Gozelo, obwohl dieser zur Übernahme des Amtes kaum befähigt
war. Ungewiß ist nur, in welchem Maße dieser Gozelo
II. bevorzugt wurde, nämlich ob er das ganze Herzogtum Lothringen
erhielt oder lediglich einen Teil, in dem man Nieder-Lothringen erblicken
wollte. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass HEINRICH
III. ganz Lothringen an Gozelo
II. übertragen wollte, was noch durch die nachfolgenden Ereignisse
erhärtet wird.
Gottfried
hat sich, nach dem Bericht der Altaicher Annalen, dem Willen
des Königs nicht fügen wollen, der ihm den von ihm verlangten
Primat nicht übergeben wollte, wobei mit Primat offensichtlich die
Herrschaft im ganzen Herzogtum Lothringen gemeint war. Wahrscheinlich faßte
der König nach dem Tode Gozelos
I. Ober- und Nieder-Lothringen wieder als die alte Einheit des
lothringischen Herzogtums auf, über die er zu verfügen habe,
während Gottfried seinerseits
Anrecht aus seiner Stellung als Mitherzog seines Vaters im ganzen Herzogtum
geltend machte. HEINRICH III. kam zum
Entschluß eines Kompromisses in einer neuerlichen Teilung Lothringens
zwischen Gottfried
und Gozelo
II.
Gottfried hat versucht,
diese Entscheidung des Königs rückgängig zu machen. Er hat
durch Bevollmächtigte und durch seine Freunde am Hofe weitere Verhandlungen
führen lassen. Offensichtlich war der König sofort nach seiner
Entscheidung zum Zug nach Ungarn aufgebrochen, so dass Gottfried
die Verhandlungen nicht persönlich führen konnte. Er ließ
alle möglichen Zusicherungen geben, wenn ihm nur beide Herzogtümer
überlassen würden. Die neuerliche Entscheidung des Königs
lautete dahin, Gottfried
habe von seinen ursprünglichen Forderungen abzusehen und
die Herrschaft mit seinem Bruder zu teilen. Gottfried
wurde anscheinend von verschiedenen Seiten bearbeitet, sich der Entscheidung
des Königs zu fügen, doch entschloß er sich zum bewaffneten
Widerstand. Zu diesem Zwecke ging er ein Bündnis ein mit König
Heinrich I. von Frankreich. Die Situation war dafür beim
französischen König günstig, der wohl an eine Wiederaufnahme
der Ansprüche auf Lothringen gedacht hat. Gottfried
hat ihm wahrscheinlich die Huldigung für ganz Lothringen angeboten.
Er hat außerdem seine Vasallen durch einen Eid gebunden, ihm 3 Jahre
lang gegen jeden zu Hilfe zu ziehen. HEINRICH
III. erfuhr von diesen Umtrieben und lud ihn vor einen Hoftag
im September 1044 nach Aachen. Gottfried
ist dort erschienen offensichtlich im Bewußtsein, dass ihm auf Grund
seiner ehemaligen Erhebung zum Mitherzog ein Recht auf ganz Lothringen
zustehe. Vermutlich glaubte er dabei, der König wisse von seinen Verhandlungen
mit dem französischen König noch nichts.
Indessen entwickelte sich der Hoftag zum Gerichtstag
über ihn. Nachdem die Tatsächlichkeit seiner hochverräterischen
Beziehungen der Versammlung offen zutage lag, kamen die ihm in der Würde
Gleichgestellten zu dem Urteil, er sei aller königlichen Benefizien
für verlustig. Auffallend ist die Tatsache, dass Gottfried
in Freiheit belassen wurde und Aachen wieder verlassen konnte.
Wir müssen in der Folgezeit davon ausgehen, dass
Gozelo
II.
Herzog von ganz Lothringen gewesen ist. Gottfried
seinerseits begann jetzt einen rücksichtslosen Kampf gegen alle Anhänger
des Königs. Dieser zog Ende des Jahres 1044 gegen ihn aus. Die Aktion
geschah anscheinend im Raum der unteren Nahe. Es konnte nichts entscheidendes
ausgerichtet werden. Der König hat nach kurzer Zeit die Operationen
eingestellt. Wodurch eigentlich Gottfried
schließlich zur Unterwerfung gebracht wurde, läßt
sich nicht deutlich erkennen. Es sind in den Berichten aus späterer
Zeit Andeutungen erhalten, einige Geistliche hätten durch ihre Ermahnungen
ihn zur Einkehr gebracht, doch scheint auch seine Lage so schlecht geworden
zu sein, dass ihm nichts anderes mehr übrig blieb. Auf letzteres deutet
auch der Ausgang dieser Unterwerfung im Juli 1045, bei der er nicht die
königliche Gnade erfuhr, sondern in Haft gesetzt wurde.
Nicht als Folge des angeblichen Todes Gozelos
II. hat HEINRICH III. auf einem
Hoftage in Aachen am 18. Mai 1046 eine Neuordnung des lothringischen Gebietes
vorgenommen, sondern weil ihn die Unfähigkeit Gozelos
dazu zwang. Der unmittelbare Anlaß dazu kann auch noch darin gelegen
haben, dass Graf Dietrich IV. von Holland sich in dieser Zeit Reichsgebiet
aneignete. Der König mag es angesichts solcher Ereignisse für
nötig erachtet haben, in Lothringen kräftigere Persönlichkeiten
als Gegengewicht zu besitzen. So kam es, dass Gottfried
aus der Haft entlassen wurde und das Herzogtum Ober-Lothringen übertragen
erhielt. Nach einer späteren Überlieferung soll er genötigt
gewesen sein, dafür seinen Sohn als Geisel zu stellen. In Nieder-Lothringen
wurde Graf Friedrich von Luxemburg wohl auch im Sinne einer Gegenwirkung
gegen Gottfried, zumal Friedrichs Oheim
Dietrich Bischof von Metz war, als Herzog eingesetzt.
Während HEINRICH III. zur
Kaiserkrönung in Italien weilte, entschloß sich Gottfried,
wieder Anspruch auf ganz Lothringen zu erheben. Er fand dazu Verbündete
im Grafen Dietrich IV. von Holland, der sich nicht mit seinem Mißerfolg
kurz zuvor abfinden wollte, und im Grafen Balduin V. von Flandern. Der
Kaiser war über diese neue Entwicklung noch nicht unterrichtet, als
er aus Italien zurückkehrte. Die Feindseligkeiten wurden im Juli 1047
durch den Grafen Dietrich begonnen und überraschten ihn. Der Angriff
richtete sich gegen das Bistum Utrecht. Gottfried
scheint
mit seinen Zurüstungen zum damaligen Zeitpunkt noch nicht fertig gewesen
zu sein, er sandte mehrmals beruhigende Versicherungen an den kaiserlichen
Hof. Der Kaiser erkannte die wirkliche Sachlage immer noch nicht, er wandte
sich im September 1047 gegen den Grafen Dietrich. Nach anfänglichen
geringen Erfolgen mußte das Unternehmen jedoch aufgegeben werden.
In diesem Zeitpunkt begannen Herzog Gottfried
und Graf Balduin von Flandern den Krieg. Balduin hatte sich zuvor noch
durch einen Gebietstausch das Wohlwollen des Grafen Hermann von Hennegau
gesichert, dem er Valenciennes und die anschließende Grafschaft Chievres
überließ. Der Angriff gegen den Kaiser führte bis zur kaiserlichen
Pfalz Nimwegen, die zerstört wurde. Gottfried
hat
sich anscheinend rasch ganz Nieder-Lothringens unterworfen. Dann wandte
er sich gegen Verdun, um dessen Grafschaft er immer wieder gekämpft
hatte. Die Stadt wurde bei dieser Aktion fast ganz zerstört, auch
die Kathedrale fiel dem Brand zum Opfer. Allerdings hatte Gottfried
die
Vernichtung der Kirche nicht beabsichtigt, er hat deshalb versucht, durch
Spenden diesen üblen Eindruck wieder auszugleichen. Bischof Dietrich
von Verdun hat ihn damals als Graf von Verdun anerkennen müssen.
Anschließend zog er gegen Lüttich. Dem dortigen
Bischof Wazo gelang es trotz des Abfalls einiger seiner Vasallen, sich
zu behaupten. Die Tatsache, dass es dann zu einem Vertrage zwischen ihm
und Gottfried kam, läßt
verschiedene Deutungen zu.
HEINRICH III. hat
in Lothringen nicht eingegriffen. Er hat lediglich Gottfried
das
Herzogtum Ober-Lothringen entzogen und gab es an einen Adalbert, über
dessen Person keine Klarheit herrscht.
Inzwischen war Adalbert, der neu ernannte Herzog von
Ober-Lothringen, gegen Gottfrieds Besitzungen
vorgegangen, wurde aber von diesem überrascht und fand im Kampf den
Tod. Das Herzogtum Ober-Lothringen wurde noch im gleichen Jahre 1048 auf
den Grafen Gerhard vom Elsaß übertragen. Er war mit vielen einflußreichen
Familien im Elsaß und Lothringen verwandt, so dass er dem Kaiser
als Gegenspieler Gottfrieds
eine entsprechende Hilfe darstellen konnte. Die eigentlichen
Aktionen begannen durch einen Angriff kaiserlicher Anhänger, wie der
Bischöfe von Utrecht, Lüttich und Metz gegen den Grafen Dietrich
von Holland, der in diesen Kämpfen fiel. Darauf gelang es Gottfried,
die Kaiserlichen wieder etwas aus Holland zu verdrängen, doch wurde
er dann in einem Gefecht besiegt und konnte nur mit Not entkommen. Die
Entscheidung fiel durch die Exkommunikation, die Papst Leo IX., der an
den kaiserlichen Hof gekommen war, über Gottfried
und
den Grafen Balduin von Flandern im Juli 1049 in Aachen aussprach, nachdem
der Kaiser alle militärischen Vorbereitungen gegen die beiden getroffen
hatte. Gottfried wollte es zu einer
Auseinandersetzung mit der geistlichen Gewalt nicht kommen lassen und unterwarf
sich. Er wurde als Gefangener dem Erzbischof Eberhard von Trier zur Bewachung
übergeben.
sehr ausführlich Band II Seiten 20-47
um 1020
1. oo Doda
-
1054
2. oo 2. Beatrix von Ober-Lothringen, Tochter
des Herzogs Friedrich II.
1023-18.4.1076
Pisa
1. oo Bonifaz
Markgraf von Canossa-Tuszien
-6.5.1052
Kinder:
1. Ehe
Gottfried IV. der Bucklige
ca 1040-26.2.1076
Ida
1040-13.4.1113
oo Eustach II. Graf von Boulogne
- 1080
Wiltrudis
-
1093
oo Adalbert II. Graf von Calw
um 1025/30-22.9.1099
Literatur:
-----------
Black-Veldtrup, Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077)
Quellenkritische Studien, Böhlau Verlag Köln 1995, Seite 14,188,191,195,317,
327 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin
Köln 1987, Seite 97-272 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan
Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 164,245,258, 263,265,383,388,391,395,398-402,406,409,412-414,420,423,431,
439,442-444,447,449,461-464,467,470,486,490,532/Band II Seite 6,9,312,330,386/Band
III Seite 268,303,305,317,320,323,506 - Goez, Elke: Beatrix von
Canossa und Tuszien. Eine Untersuchung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts,
Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 10-225 - Golinello,
Paolo: Mathilde und der Gang nach Canossa, Artemis und Winkler Düsseldorf
1998, Seite 74,102,116-121,123-125,127,135,139,144,147,154,157,248,300
- Schulze, Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum.
Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 347,385,390,394,396,402,404,410
- Weinfurter, Stefan: Herrschaft und Reich der Salier. Grundlinien
einer Umbruchszeit. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992, Seite 84,90-92,97,100,102,114,121
- Wies, Ernst W.: Kaiser Heinrich IV. Canossa und der Kampf
um die Weltherrschaft, Bechtle Esslingen 1996, Seite 36,40,50,58,74,82,143
-